1. Korinther 4 – Rühmt ihr euch ohne uns?

A. Wie die Korinther Paulus und die Apostel betrachten sollten

1. Diener und Haushalter

1. Korinther 4, 1-2

1. Korinther 4, 1-2
So soll man uns betrachten: als Diener des Christus und Haushalter der Geheimnisse Gottes. Im Übrigen wird von einem Haushalter nur verlangt, dass er treu erfunden wird.

  1. So soll man uns betrachten: Paulus bittet, dass die Korinther ihn und die anderen Apostel (uns) als Diener betrachten sollen. Paulus hatte ein echtes Problem mit den Korinthern; sie neigten dazu, auf ihn herabzublicken und seine Autorität als Apostel nicht zu respektieren. Mit sorgfältig gewählten Worten zeigt Paulus den Korinthern, wie sie ihn und die anderen Apostel angemessen – nicht zu hoch und nicht zu gering – achten sollen.
  2. So soll man uns betrachten: als Diener des Christus: Es gibt in der Sprache des Neuen Testaments verschiedene Wörter, um einen Diener zu beschreiben. Paulus verwendet hier das Wort hyperetas, das einen untergeordneten Diener beschreibt, der als freier Mensch arbeitet. Er verwendet nicht das im Neuen Testament häufiger gebrauchte Wort für einen Diener (doulos), das einen gewöhnlichen Sklaven bezeichnet.
    1. Das Wort hyperetas bedeutet wörtlich ‚Hilfsruderer‘ in dem Sinne, dass jemand ein Ruderer auf einem großen Galeerenschiff ist. Wenngleich es also nicht das niedrigste Wort für einen Diener ist, bezeichnet es ganz sicher auch keine prestigeträchtige Position. Hilfsruderer dienen „Christus, dem obersten Steuermann, indem sie ihm helfen, das Schiff der Gemeinde in den Hafen des Himmels zu navigieren“. (Trapp)
    2. Morgan beschreibt diesen ‚Hilfsruderer‘ als „einen, der auf Anweisung handelt und keine Fragen stellt, einen, der ohne Zögern das tut, wozu er berufen ist, und einen, der nur demjenigen Bericht erstattet, der über ihm steht“.
  3. Und Haushalter: Paulus möchte nicht nur als Diener betrachtet werden, sondern auch als Haushalter, d.h. als Verwalter eines Haushalts.
    1. Im Verhältnis zum Herrn eines Hauses war der Haushalter ein Sklave; im Verhältnis zu den anderen Sklaven war der Haushalter jedoch ein Herr.
    2. „Der Verwalter [Haushalter] … war der Stellvertreter des Hausherrn bei der Regelung von Familienangelegenheiten, bei der Versorgung des Haushalts mit Lebensmitteln. Er trug dafür Sorge, dass diese zu den richtigen Zeiten und Jahreszeiten und in der richtigen Menge serviert wurden. Er erhielt das gesamte Bargeld, gab aus, was für den Unterhalt der Familie notwendig war, und führte eine genaue Buchhaltung, über die er zu bestimmten Zeiten dem Hausherrn gegenüber Rechenschaft abzulegen hatte.“ (Clarke)
  4. Und Haushalter der Geheimnisse Gottes: Was ‚verwalteten‘ Paulus und die anderen Apostel im Haushalt Gottes? Sie waren unter anderem Haushalter der Geheimnisse Gottes. Die Wahrheit Gottes wurde von ihnen ‚verwaltet‘ (d.h. bewahrt und beschützt) und ‚ausgegeben‘ (im Sinne von Verteilen).
    1. Wann immer Paulus Kritik an seinem Stil oder seinem Auftreten hörte, konnte er einfach fragen: „Habe ich dir die Wahrheit gesagt?“ Als guter Verwalter [Haushalter] war es das, was ihn am meisten interessierte.
  5. Im Übrigen wird von einem Haushalter nur verlangt, dass er treu erfunden wird: Treue war die wichtigste Eigenschaft von Haushaltern [Verwaltern]. Sie mussten den Besitz ihres Herrn effizient verwalten. Ein Haushalter besaß nie die Güter oder Mittel, mit denen er arbeitete; er verwaltete sie lediglich für seinen Herrn und musste darin treu und zuverlässig sein.

2. Da wir Gottes Diener sind, verantworten wir uns nur vor ihm

1. Korinther 4, 3-5

1. Korinther 4, 3-5
Mir aber ist es das Geringste, dass ich von euch oder von einem menschlichen Gerichtstag beurteilt werde; auch beurteile ich mich nicht selbst. Denn ich bin mir nichts bewusst; aber damit bin ich nicht gerechtfertigt, sondern der Herr ist es, der mich beurteilt. Darum richtet nichts vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch das im Finstern Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbar machen wird; und dann wird jedem das Lob von Gott zuteilwerden.

  1. Mir aber ist es das Geringste, dass ich von euch oder von einem menschlichen Gerichtstag beurteilt werde: Paulus beharrt darauf, dass die geringe Wertschätzung der Korinther ihm gegenüber kaum von Bedeutung sei; wie Gott richtet, das ist entscheidend (der Herr ist es, der mich beurteilt).
    1. Kann oder sollte jeder Christ heute die gleiche Einstellung haben? Sollten wir dem, was andere Christen über uns denken, wenig oder gar keine Beachtung schenken, und einfach sagen, der Herr ist es, der mich beurteilt? So wie Paulus es meint, können wir es genau genommen nur dann sagen, wenn wir selbst Apostel sind. Wenn die Korinther behaupten würden, dass Paulus sie nicht richten könne und dass sie einfach auf Gottes Gericht warten würden, würde Paulus sie daran erinnern, dass er ein Vater für sie ist und somit das Recht hat, ihr Verhalten zu korrigieren.
  2. Auch beurteile ich mich nicht selbst: Sogar unsere Selbsteinschätzung ist in der Regel falsch. Wir sind fast immer zu hart oder zu nachsichtig mit uns selbst. Paulus ist sich dessen bewusst und verzichtet daher darauf, sich selbst zu beurteilen. Letztlich ist der Herr es, der mich beurteilt.
  3. Denn ich bin mir nichts bewusst; aber damit bin ich nicht gerechtfertigt: Paulus erkennt auch, dass er selbst nicht völlig gerecht oder unschuldig ist, nur weil er ein reines Gewissen hat. Paulus wusste, dass seine Gerechtigkeit von Jesus kam, nicht aus seinem eigenen Leben – auch wenn er ein gottgefälliges Leben führte.
  4. Darum richtet nichts vor der Zeit: Es ist, als ob Paulus sagen würde: „Ihr Korinther verhaltet euch wie Schiedsrichter bei Sportveranstaltungen, die berechtigt sind, einigen einen Pokal zu geben und andere als Verlierer wegzuschicken. Jesus ist jedoch der einzig wahre Richter, und ihr fällt euer Urteil, bevor die Veranstaltung vorüber ist.“
  5. Der auch das im Finstern Verborgene ans Licht bringen und die Absichten der Herzen offenbar machen wird: Wenn Jesus richtet, dann nach der Herzenseinstellung, nicht nur nach dem äußeren Handeln. Dies ist ein weiterer Grund, warum das menschliche Urteil oft falsch ist und warum Paulus das harte Urteil der Christen in Korinth über ihn außer Acht lassen kann.
  6. Dann wird jedem das Lob von Gott zuteilwerden: Paulus wusste, dass die Christen von Korinth nur wenig Lob für ihn übrig hatten, aber das störte ihn nicht. Er wusste, dass der Tag kommen würde, an dem unser Lob von Gott und nicht von Menschen kommen würde.

B. Eine sarkastische Zurechtweisung des korinthischen Stolzes

1. Die weiter gefasste Anwendung von Paulus’ Worten

1. Korinther 4, 6

1. Korinther 4, 6
Das aber, meine Brüder, habe ich auf mich und Apollos bezogen um euretwillen, damit ihr an uns lernt, in eurem Denken nicht über das hinauszugehen, was geschrieben steht, damit ihr euch nicht für den einen auf Kosten des anderen aufbläht.

  1. Habe ich auf … bezogen: In den ersten Versen dieses Kapitels sprach Paulus davon, dass die Apostel Diener und Verwalter sind. Er meint das nicht wörtlich, sondern im übertragenen Sinne, damit die Christen aus Korinth zu einer angemesseneren Sicht auf die Apostel gelangen.
  2. Damit ihr an uns lernt, in eurem Denken nicht über das hinauszugehen, was geschrieben steht: Paulus hofft, dass seine Briefe den Christen in Korinth dabei helfen, ihr Denken biblisch zu halten und keine anderen Maßstäbe als das Wort Gottes anzuwenden, um ihn oder die anderen Apostel zu beurteilen.
    1. Auch heute beurteilen viele Menschen einen Pastor oder einen Pfarrer nach unbiblischen Maßstäben. Sie beurteilen ihn nach seinem Humor, seinem Unterhaltungswert, seinem Auftreten oder nach seinem Geschick in Marketing und Vertrieb. Ein solches Verhalten meint Paulus damit, wenn er schreibt „über das hinauszugehen, was geschrieben steht“.
    2. Eine wichtige Lektion im weiteren Sinne: in eurem Denken nicht über das hinauszugehen, was geschrieben steht. Wir müssen jeden Hinweis aus der Heiligen Schrift aufnehmen. Früher galt etwas als biblisch, wenn es aus der Bibel stammte; heute sagt man, etwas sei ‚biblisch‘, wenn man keinen Vers finden kann, der es ausdrücklich verurteilt. Das bedeutet, in seinem Denken über das hinauszugehen, was geschrieben steht.
  3. Damit ihr euch nicht für den einen auf Kosten des anderen aufbläht: Da die Christen in Korinth unbiblische Maßstäbe zur Beurteilung der Apostel benutzten, war es auf Grundlage dieser schlechten Maßstäbe leicht für sie, den einen zu mögen und den anderen zu hassen. Aber wenn sie lernten, im Denken nicht über das hinauszugehen, was geschrieben steht, würden sie nicht stolz für bestimmte Apostel Partei ergreifen, wie sie es laut 1. Korinther 3, 4 machten.

2. Drei Fragen, um die Stolzen demütig werden zu lassen

1. Korinther 4, 7

1. Korinther 4, 7
Denn wer gibt dir den Vorzug? Und was besitzt du, das du nicht empfangen hast? Wenn du es aber empfangen hast, was rühmst du dich, als ob du es nicht empfangen hättest?

  1. Denn wer gibt dir den Vorzug? Bei den aufgeblasenen Christen aus Korinth war Stolz ein Problem. Obwohl sich dieser Stolz in den Gruppierungen um die verschiedenen Apostel zeigte, waren weniger diese Gruppen das Problem, sondern vielmehr der Stolz als solcher. Paulus wendet sich mit drei Fragen an ihre stolzen Herzen.
  2. Denn wer gibt dir den Vorzug? Wenn es einen Unterschied zwischen uns gibt, dann aufgrund dessen, was Gott in uns getan hat, also gibt es keinen Grund für Stolz.
  3. Und was besitzt du, das du nicht empfangen hast? Alles, was wir haben, haben wir von Gott, es gibt also keinen Grund für Stolz.
  4. Was rühmst du dich, als ob du es nicht empfangen hättest? Wenn das, was du geistlich hast, eine Gabe Gottes ist, warum rühmst du dich dann, als ob es deine eigene Leistung wäre? Es gibt keinen Grund für diesen selbstgefälligen Stolz.
    1. Diese drei Fragen sollten andere Fragen in meinem Herzen hervorrufen: gebe ich wirklich Gott die Ehre für meine Errettung? Lebe ich mit einem Geist demütiger Dankbarkeit? Wenn ich sehe, dass ich so viel von Gott erhalten habe, was kann ich ihm dann geben?
    2. Im Streit mit den Pelagiern (= Anhänger des Pelegianismus, einer Lehre, die besagt, dass die Verantwortung für das eigene Seelenheil bei jedem Menschen selbst liegt und er zur Erlösung nicht der Gnade Gottes bedarf), benutzte Augustinus diesen Text oft, um die totale Verderbtheit des Menschen zu betonen. Er wusste, dieser Text lehrt, dass in uns nichts Gutes ist, außer dem, was wir von Gott erhalten haben.

3. Paulus‘ sarkastische Zurechtweisung

1. Korinther 4, 8-13

1. Korinther 4, 8-13
Ihr seid schon satt geworden, ihr seid schon reich geworden, ihr seid ohne uns zur Herrschaft gelangt! O dass ihr doch wirklich zur Herrschaft gelangt wärt, damit auch wir mit euch herrschen könnten! Es scheint mir nämlich, dass Gott uns Apostel als die Letzten hingestellt hat, gleichsam zum Tod bestimmt; denn wir sind der Welt ein Schauspiel geworden, sowohl Engeln als auch Menschen. Wir sind Narren um des Christus willen, ihr aber seid klug in Christus; wir schwach, ihr aber stark; ihr in Ehren, wir aber verachtet. Bis zu dieser Stunde leiden wir Hunger und Durst und Blöße, werden geschlagen und haben keine Bleibe und arbeiten mühsam mit unseren eigenen Händen. Wenn wir geschmäht werden, segnen wir; wenn wir Verfolgung leiden, halten wir stand; wenn wir gelästert werden, spenden wir Trost; zum Kehricht der Welt sind wir geworden, zum Abschaum aller bis jetzt.

  1. Ihr seid schon satt geworden, ihr seid schon reich geworden, ihr seid ohne uns zur Herrschaft gelangt: „Meine Güte, ihr Korinther scheint alles zu haben! Ist es nicht komisch, dass wir Apostel nichts haben!“
    1. Obwohl Paulus starken Sarkasmus verwendet, ist es nicht seine Absicht, sich über die Christen in Korinth lustig zu machen. Er will sie aus ihrem stolzen, eigenwilligen Denken herausschütteln. „Er lachte über sie mit heiligem Lachen und zugleich mit einer tiefen Verachtung für das, was sie getan hatten.“ (Morgan)
  2. O dass ihr doch wirklich zur Herrschaft gelangt wärt: Wäre es nicht toll, wenn sie wirklich schon regieren würden? Dann könnte Paulus auch mit ihnen herrschen!
  3. Dass Gott uns Apostel als die Letzten hingestellt hat: Anstatt satt und reich zu sein und als Könige zu regieren, wurden die Apostel der Welt in einem demütigenden Schauspiel zur Schau gestellt. Die Christen in Korinth sahen sich selbst hoch an, während Gott die Apostel als die Letzten hingestellt hat.
    1. Das Bild des Schauspiels in 1. Korinther 4, 9 bezieht sich entweder auf das Kolosseum oder auf die Parade eines siegreichen römischen Feldherrn. Dieser zeigte zuerst seine Armeen, dann die Beute und am Ende der Prozession die besiegten Gefangenen, die zum Tod in der Arena verurteilt werden würden. So wie die Gladiatoren, die, bevor sie in die Arena gingen, morituri salutamus („Wir, die wir sterben werden, grüßen dich“)) sagten, so grüßt Paulus hier die Christen von Korinth.
    2. Das Wort, das mit Schauspiel übersetzt wird, ist ‚theatron‘, von dem wir unser Wort ‚Theater‘ herleiten. Wenn Paulus sagt, dass wir der Welt ein Schauspiel geworden sind, spricht er davon, wie die Apostel öffentlich gedemütigt wurden. Diese Art der Erniedrigung war der größte Schrecken für die stolzen Christen in Korinth.
    3. Die Christen in Korinth hatten zwei Probleme: Sie waren stolz auf ihre eigene Spiritualität, und sie schämten sich etwas für Paulus wegen dessen ‚Schwachheit‘ und Demut. Paulus versucht, diese beiden Probleme anzugehen.
  4. Wir sind Narren um des Christus willen, aber ihr seid klug in Christus: Mit einem Gegensatz nach dem anderen zeigt Paulus sarkastisch auf, wie dumm es von den Korinthern ist, zu glauben, sie seien geistlich privilegierter, gesegneter oder begabter als die Apostel.
  5. Leiden wir Hunger und Durst: Paulus‘ Beschreibung seines eigenen Dienstes konzentriert sich auf Entbehrung und Erniedrigung. Dies waren Dinge, die die Christen in Korinth in ihrem Stolz unbedingt vermeiden wollten.
    1. Dieselbe Einstellung wie damals bei den Christen in Korinth erfüllt heute große Teile der Gemeinde. Sie bemühten sich darum, weltlichem Erfolg und Macht auszustrahlen und viele von ihnen verachteten Paulus und die anderen Apostel, weil sie diesem Bild nicht entsprachen. Heutzutage mangelt es nicht an Pastoren, die weltlichen Erfolg und weltliche Macht ausstrahlen wollen, und auch nicht an Christen, die nur das an einem Pastor schätzen.
  6. Und arbeiten mühsam mit unseren eigenen Händen: In ihrer Liebe zur griechischen Weisheit hatten sich die Korinther die griechische Einstellung angeeignet, körperliche Arbeit sei nur etwas für Sklaven. Es hätte sie beleidigt, dass einer der Apostel Gottes tatsächlich mit seinen eigenen Händen gearbeitet hat!
  7. Wenn wir gelästert werden, spenden wir Trost: Paulus sagt, dass die Apostel, wenn man sie beleidigte, demjenigen, der gegen sie sprach, freundlich die Hand reichten. Auch das war ein Angriff auf das griechische Ideal; sie hielten einen Mann für einen Schwächling, wenn er sich nicht gegen Beleidigungen und Verleumdung wehrte.
  8. Zum Abschaum aller: Bei den alten Griechen gab es den Brauch, in Zeiten von Pest oder Hungersnot bestimmte Menschen, die man als wertlos erachtete, ins Meer zu werfen mit den Worten: ‚Sei unsere Reinwaschung!‘. Die Opfer wurden ‚Abschabungen‘ genannt, in dem Glauben, dass mit ihnen die Schuld der Gemeinschaften abgetragen würden.
    1. Paulus’ Worte ‚Kehricht‘ und ‚Abschaum‘ können hier also zweierlei bedeuten – zum einen, dass er verachtet wird, zum anderen, dass er ein Opfer für sie ist.
  9. Zum Kehricht der Welt sind wir geworden, zum Abschaum aller bis jetzt: Es ist etwas beschämend, Paulus‘ Beschreibung seines Dienstes zu lesen, während man an einem schönen Computer und umgeben von mehreren hundert Büchern arbeitet – insbesondere, wenn ich mir bewusst bin, wie sehr ich mir, wie die meisten Menschen, den Respekt und die Bewunderung der Welt wünsche.
    1. Denk doch mal an den Lebenslauf von Paulus: weggeschoben von Gemeinde zu Gemeinde, vertrieben aus vielen Städten, beschuldigt, Unruhen angestiftet zu haben, selten durch den Dienst ernährt, mehrmals verhaftet und eingesperrt. Wer würde Paulus heute als Pastor einstellen?
    2. Unser Problem ist, dass wir uns oft einen Mittelweg wünschen: ein wenig Popularität, ein wenig Ansehen, aber immer noch die Salbung Gottes. Wir wollen die Macht ohne die Kosten. Gott helfe uns, den Weg des Paulus zu wählen, denn dieser ist wirklich Gottes Weg.

C. Paulus‘ Warnung und eine Herausforderung

1. Paulus macht sein Recht auf Korrektur als Vater geltend

1. Korinther 4, 14-17

1. Korinther 4, 14-17
Nicht zu eurer Beschämung schreibe ich das, sondern ich ermahne euch als meine geliebten Kinder. Denn wenn ihr auch zehntausend Lehrmeister hättet in Christus, so habt ihr doch nicht viele Väter; denn ich habe euch in Christus Jesus gezeugt durch das Evangelium. So ermahne ich euch nun: Werdet meine Nachahmer! Deshalb habe ich Timotheus zu euch gesandt, der mein geliebtes und treues Kind im Herrn ist; der wird euch an meine Wege in Christus erinnern, wie ich überall in jeder Gemeinde lehre.

  1. Nicht zu eurer Beschämung … sondern ich ermahne euch: Paulus weiß, dass sich die Christen in Korinth durch seinen scharfen Sarkasmus ziemlich schämen könnten. Sie sollen wissen, dass es nicht seine Absicht war, sie zu beschämen, sondern sie vor einer erheblichen geistlichen Gefahr zu warnen – vor Stolz.
  2. Wenn ihr auch zehntausend Lehrmeister hättet: Der Lehrmeister war ein ‚paidagogoi‘, ein Hüter oder ‚leitender Sklave‘, der die Jungen zur Schule und zurück begleitete und ihr allgemeines Verhalten überwachte.
  3. Denn ich habe euch in Christus Jesus gezeugt durch das Evangelium: Der Lehrmeister hatte zwar rechtmäßige Autorität, aber sicher nicht wie ein Vater. Als Autorität und Leiter hatte Paulus unter den Christen von Korinth einen einzigartigen Stellenwert, nicht nur, weil er die Gemeinde in Korinth selbst gegründet hatte (ich habe euch … gezeugt durch das Evangelium), sondern auch wegen seiner Autorität als Apostel.
    1. Wir haben keine solche apostolische Autorität. Jemanden zu Christus zu führen, gibt dir keine besondere Autorität über sein Leben, aber es ermöglicht euch eine besondere Beziehung.
  4. So ermahne ich euch nun: Werdet meine Nachahmer: Die erste Reaktion vieler Christen aus Korinth wäre wahrscheinlich Entsetzen. „Dich nachahmen, Paulus? Du wirst als ein Narr, als schwach, als entehrt angesehen; du bist hungrig, durstig und schlecht gekleidet, obdachlos und geschlagen; du arbeitest hart, um dich von deiner Hände Arbeit zu ernähren. Die Leute schauen dich an und sehen Schmutz und Abschaum von allen Dingen. Und du willst, dass wir dich nachahmen?“
    1. Paulus könnte antworten: „Ja, ahmt mich nach. Nicht wegen all dieser Schwierigkeiten, sondern trotz und oft gerade wegen dieser Schwierigkeiten leuchtet die Herrlichkeit und Kraft Jesu Christi durch mich hindurch.“
    2. Da es damals noch keinen Buchdruck gab, konnte Paulus nicht einfach Bibeln austeilen. Die Menschen mussten das Evangelium lernen, indem sie sein Leben beobachteten. Vielleicht war das doch gar nicht so schlimm!
  5. Deshalb habe ich Timotheus zu euch gesandt: Timotheus schien Paulus‘ wichtigster ‚Problemlöser‘ zu sein, der oft zu Problemgemeinden geschickt wurde.

2. Wie möchtet ihr, dass ich zu euch komme?

1. Korinther 4, 18-21

1. Korinther 4, 18-21
Weil ich aber nicht selbst zu euch komme, haben sich etliche aufgebläht; ich werde aber bald zu euch kommen, wenn der Herr will, und nicht die Worte der Aufgeblähten kennenlernen, sondern die Kraft. Denn das Reich Gottes [besteht] nicht in Worten, sondern in Kraft! Was wollt ihr? Soll ich mit der Rute zu euch kommen, oder in Liebe und im Geist der Sanftmut?

  1. Weil ich aber nicht selbst zu euch komme, haben sich etliche aufgebläht: Einige Christen aus Korinth waren so überheblich, dass sie dachten, Paulus hätte Angst davor, sie zu besuchen. Der Gedanke, Paulus habe Angst vor ihnen, machte sie in ihren Herzen umso stolzer.
  2. Nicht die Worte der Aufgeblähten … sondern die Kraft: Diejenigen unter den Christen aus Korinth, die wohlklingende Worte und ihr erfolgreiches Image liebten, hatten ihr eigenes Wort, aber Paulus hatte die wahre Kraft des Evangeliums. Die letzte Prüfung der Weisheit ist die Kraft; das Wort des Kreuzes hat nicht nur die Kraft, geistig zu erleuchten, sondern auch moralisch zu retten.
    1. Aufgebläht: Im Wesentlichen droht Paulus damit, die Blase dieser aufgeblasenen Schwätzer platzen zu lassen.
  3. Was wollt ihr? Jetzt sind die Korinther am Zug. Wie soll Paulus zu ihnen kommen – mit der Rute der Zurechtweisung (die von den Hirten benutzt wird, um ungehorsame Schafe zu schlagen) oder im Geist der Sanftmut? Zweifellos würde Paulus es vorziehen, in Sanftmut zu kommen, aber er überlässt die Entscheidung den Christen von Korinth.
    1. In diesem Abschnitt des Briefes stellte sich Paulus einigen der wirklichen Herausforderungen des Dienstes: der Sünde entgegenzutreten, ohne zu hart zu sein oder anzudeuten, dass man über der Sünde steht; Menschen dazu zu bewegen, ihr Leben dem Evangelium anzupassen, wenn sie zu viel von sich halten. Das ist harte Arbeit, die in einem Herzen anzupacken ist, und nur ein großes Werk des Heiligen Geistes kann sie vollbringen!

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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