1. Thessalonicher 5 – Bereit für den Tag des Herrn

A. Lehre über die Bereitschaft für die Wiederkunft Jesu

1. Die Wiederkunft Jesu geschieht unvermittelt

1. Thessalonicher 5, 1-3

1. Thessalonicher 5, 1-3
Von den Zeiten und Zeitpunkten aber braucht man euch Brüdern nicht zu schreiben. Denn ihr wisst ja genau, dass der Tag des Herrn so kommen wird wie ein Dieb in der Nacht. Wenn sie nämlich sagen werden: »Friede und Sicherheit«, dann wird sie das Verderben plötzlich überfallen wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entfliehen.

  1. Von den Zeiten und Zeitpunkten aber braucht man euch Brüdern nicht zu schreiben: Die Thessalonicher waren über die Wiederkunft Jesu und andere prophetische Angelegenheiten gut unterrichtet. Paulus lehrte sie über die Zeiten und Zeitpunkte der Wiederkunft Jesu. Sie waren sich dessen bewusst, dass sie in prophetischen Zeiten lebten, und sie konnten die Zeitpunkte in der gegenwärtigen Kultur einordnen.
    1. Es ist wieder einmal beeindruckend, dass Paulus nur einige Wochen bei den Thessalonichern war (Apostelgeschichte 17, 2). In dieser Zeit lehrte er sie über die prophetischen Zeiten und Zeitpunkte hinsichtlich der Wiederkunft Jesu. Paulus wäre überrascht zu sehen, dass manche Menschen heute die Wiederkunft Jesu für eine unwichtige Lehre halten.
    2. Jesus kritisierte die religiösen Führer seiner Zeit, weil sie die Zeichen der Zeit nicht beurteilen konnten (Matthäus 16, 1-3). Auch wir sollten die Heilige Schrift studieren und auf die Welt um uns herumschauen, damit wir uns der Zeiten und Zeitpunkte bewusst sein können.
    3. Hiebert über Zeiten und Zeitpunkte: „Das erste Wort bezeichnet die Zeit in ihrer Dauer, sei es eine längere oder kürzere Zeitspanne; das zweite lenkt die Aufmerksamkeit auf die Eigenschaften der Zeit. Das erste befasst sich mit der Messung der Zeit; das zweite damit, ob ein Zeitpunkt angemessen oder kritisch ist.“
  2. Dass der Tag des Herrn so kommen wird: Mit diesem Satz verweist Paulus auf einen vertrauten Gedanken aus dem Alten Testament. Der Gedanke hinter dem Ausdruck der Tag des Herrn ist, dass dies die Zeit Gottes ist. Der Mensch hat seinen ‚Tag‘, und der Herr hat seinen Tag. Im Endeffekt wird der Tag des Herrn erfüllt, wenn Jesus die Erde richtet und in Herrlichkeit zurückkehrt.
    1. Der Ausdruck verweist nicht auf einen einzigen Tag, sondern auf eine Zeit, in der Gott seinen Plan bis zum Ende des Zeitalters schnell vorantreibt. Der Tag des Herrn „ist ein vertrauter Ausdruck aus dem Alten Testament. Er bezeichnet den Tag, an dem Gott in die Geschichte eingreift, um seine Feinde zu richten, sein Volk zu befreien und sein Reich zu errichten.“ (Hiebert)
  3. Denn ihr wisst ja genau, dass der Tag des Herrn so kommen wird wie ein Dieb in der Nacht: Die Thessalonicher wussten, und sie waren gelehrt worden, dass sie den Tag der Wiederkunft Jesu nicht wissen konnten. Dieser Tag würde unbekannt bleiben und überraschend kommen, wie ein Dieb in der Nacht. Ein Dieb gibt den genauen Zeitpunkt seines Kommens nicht an.
    1. Manche verstehen den Gedanken, dass der Tag des Herrn so kommen wird wie ein Dieb in der Nacht, so, dass man nichts über Gottes prophetischen Plan für die Zukunft wissen kann oder wissen sollte. Aber Paulus gab den Thessalonichern zu verstehen, dass sie definitiv wussten, dass der Zeitpunkt nicht endgültig bekannt sein konnte.
    2. Paulus war gewiss niemand, der in Bezug auf Prophezeiungen Zeitpunkte festlegte. Zudem untersagte Jesus es, Zeitpunkte festzulegen, als er sagte: Um jenen Tag aber und die Stunde weiß niemand (Matthäus 24, 36). Gott möchte, dass dieser Tag unerwartet kommt, aber er möchte, dass sein Volk auf das Unerwartete vorbereitet ist.
  4. Wenn sie nämlich sagen werden: »Friede und Sicherheit«, dann wird sie das Verderben plötzlich überfallen: Dass dieser Tag unerwartet kommt, wird für die Ungläubigen eine Tragödie sein. Sie werden durch die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen in den Schlaf gewogen sein, aber sie werden unsanft geweckt werden. Sie werden das erschreckende Urteil hören: „Sie werden nicht entfliehen“.
    1. Wenn die Menschen sagen ‚alles ist gut‘ und ‚alles ist sicher‘. (Moffatt)
    2. Dieses plötzliche Kommen in einer Zeit, in der sich viele in »Friede und Sicherheit« wiegen, muss sich von dem in Matthäus 24, 15-35 beschriebenen Kommen Jesu unterscheiden. Das in Matthäus 24, 15-35 beschriebene Kommen Jesu geschieht in einer Zeit großer weltweiter Katastrophen, in der niemand mehr »Friede und Sicherheit« sagen kann! Wenn man verschiedene Abschnitte wie diese vergleicht, zeigt uns das, dass die Wiederkunft Jesu in gewisser Weise zwei Aspekte haben muss.
      1. Ein Aspekt seines Kommens erfolgt zu einer unerwarteten Stunde, der andere wird eindeutig vorhergesagt.
      2. Ein Kommen geschieht in eine Welt, in der ‚business-as-usual‘ herrscht, das andere in eine Welt voller Katastrophen.
      3. Ein Kommen ist die Begegnung mit ihm in der Luft (1. Thessalonicher 4, 16-17), das andere ist das Kommen mit den Heiligen (Sacharja 14, 5).
  5. Wie die Wehen eine schwangere Frau: Der Ausdruck Wehen suggeriert sowohl Unvermeidbarkeit als auch Unerwartetes. Jesus benutzte den gleichen Gedanken in Matthäus 24, 8. Dort bezeichnete er die Katastrophen, die der Endzeit vorangehen, ebenfalls als Anfang der Wehen. Der Gedanke dahinter ist sowohl die Geburt eines neuen Zeitalters als auch eine Zunahme der Intensität und Häufigkeit dieser Katastrophen.
    1. Trapp schreibt zu wie die Wehen eine schwangere Frau: „1. Mit Sicherheit; 2. Plötzlich; 3. Unaufhaltsam, unvermeidlich.“

2. Die Grundlage für Paulus’ Ermahnungen

1. Thessalonicher 5, 4-5

1. Thessalonicher 5, 4-5
Ihr aber, Brüder, seid nicht in der Finsternis, dass euch der Tag wie ein Dieb überfallen könnte; ihr alle seid Söhne des Lichts und Söhne des Tages. Wir gehören nicht der Nacht an noch der Finsternis.

  1. Ihr aber, Brüder, seid nicht in der Finsternis: Als Paulus ihr Verhalten ansprach, sagte er den Christen in Thessalonich zunächst einfach nur, dass sie sein sollten, wer sie sind. Gott hat aus uns Söhne des Lichts und Söhne des Tages gemacht. Die Zeit, in der wir der Nacht oder der Finsternis angehörten, liegt in der Vergangenheit. Jetzt müssen wir also einfach dem gerecht werden, zu dem Gott uns gemacht hat.
    1. „In den semitischen Sprachen bedeutet, ein ‚Sohn‘ von etwas zu sein, im Allgemeinen, dass man davon charakterisiert wird.“ (Morris)
  2. Dass euch der Tag wie ein Dieb überfallen könnte: Paulus meint, dass dies nicht für die Gläubigen geschieht, die ihrer Bestimmung entsprechend als Söhne des Lichts und Söhne des Tages leben. Denn sie werden für die Wiederkunft Jesu Christi bereit sein.
    1. „Das Nachdenken über den Tag des Herrn bringt Paulus zu dem Gedanken, dass die Thessalonicher das Kommen dieses Tages nicht fürchten müssen. Das führt zu dem weiteren Gedanken, dass ihr Leben mit allem, wofür dieser Tag steht, im Einklang sein sollte.“ (Morris)
    2. In gewisser Hinsicht wird die Wiederkunft Jesu für alle eine Überraschung sein, denn niemand kennt den Tag oder die Stunde (Matthäus 24, 36). Aber für Christen, die die Zeiten und Zeitpunkte kennen, wird es keine völlige Überraschung sein. Niemand kennt die genaue Stunde, zu der ein Dieb kommen wird, aber einige bereiten sich allgemein für den Fall vor, dass Diebe kommen. Diejenigen, die nicht in der Finsternis sind, die wie Söhne des Lichts und Söhne des Tages leben, sind bereit für die Rückkehr Jesu.
    3. Aber wenn wir in der Finsternis sind – vielleicht in manche der Sünden verstrickt, vor denen Paulus zuvor in diesem Brief gewarnt hat – dann sind wir nicht bereit und müssen uns auf die Wiederkunft Jesu vorbereiten.

3. Die Ermahnungen von Paulus: Seid wach, nüchtern und aufmerksam

1. Thessalonicher 5, 6-8

1. Thessalonicher 5, 6-8
So lasst uns auch nicht schlafen wie die anderen, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein! Denn die Schlafenden schlafen bei Nacht, und die Betrunkenen sind bei Nacht betrunken; wir aber, die wir dem Tag angehören, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Brustpanzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil.

  1. So lasst uns auch nicht schlafen: Weil wir weder der Nacht noch der Finsternis angehören (1. Thessalonicher 5, 5), sollte unser geistlicher Zustand niemals vom Schlaf geprägt sein. Geistlich gesprochen müssen wir aktiv und aufmerksam sein, wir müssen bewusst wachen und nüchtern sein.
    1. Nicht schlafen: Paulus verwendet hier ein anderes Wort für Schlaf als für den Schlaf des Todes, der in 1. Thessalonicher 4, 13 erwähnt wird. „Das Wort Schlaf wird hier metaphorisch verwendet, um die Gleichgültigkeit der Gläubigen gegenüber geistlichen Realitäten zu bezeichnen. Es ist ein anderes Wort als das, was in 4, 13-15 für die Entschlafenen benutzt wird. Es umfasst alle Arten von moralischer und spiritueller Nachlässigkeit oder Gefühllosigkeit.“ (Hiebert)
    2. Der Schlaf beschreibt so vieles, was der Welt (die anderen) zu eigen ist, aber den Christen nicht zu eigen sein soll:
      1. Schlaf steht für Unkenntnis.
      2. Schlaf steht für Gefühlslosigkeit.
      3. Schlaf steht für keiner Verteidigung.
      4. Schlaf steht für Inaktivität.
    3. In einer Predigt zu diesem Text mit dem Titel ‘Erwachet! Erwachet!‘ zeigte Spurgeon die Torheit und Tragödie des schlafenden Christen in drei kraftvollen Bildern:
      1. Eine Stadt leidet unter der Pest, und ein Beamter läuft durch die Straßen und ruft: „Bringt die Toten heraus! Bringt die Toten heraus!“ Während der gesamten Zeit schläft ein Arzt, der das Heilmittel in seiner Tasche hat.
      2. Ein Passagierschiff schwankt in einem Sturm und ist kurz davor, an den Felsen zu zerschellen, was Hunderten von Passagieren den fast sicheren Tod bringt – während der gesamten Zeit, schläft der Kapitän.
      3. Ein Gefangener befindet sich in seiner Zelle steht kurz davor, zur Hinrichtung geführt zu werden; sein Herz ist mit Angst erfüllt bei dem Gedanken daran, am Strick aufgehängt zu werden, zu sterben, und vor dem, was ihn nach dem Tod erwartet. Währenddessen sitzt ein Mann mit einem Begnadigungsschreiben für den Verurteilten in einem anderen Raum – und schläft.
    4. Nüchtern heißt nicht humorlos. Das Wort meint jemanden, der den richtigen Wert der Dinge kennt und sich deshalb nicht zu sehr für die Dinge dieser Welt begeistert. Eine Person, die ihr Leben nur für Spaß und Unterhaltung lebt, ist nicht nüchtern.
    5. Bei dem Aufruf zur Nüchternheit dachte Paulus nicht an solche Menschen, die jeden Enthusiasmus und jede Begeisterung für Jesus unterdrücken, und für eine ihrer Meinung nach ausgeglichenere Lebensweise werben. Paulus selbst war ein begeisterter Anhänger Jesu und wurde des religiösen Fanatismus beschuldigt. Der römische Beamte Festus dachte, Paulus sei verrückt (Apostelgeschichte 26, 24), und die Korinther dachten, er sei außer sich (2. Korinther 5, 13).
  2. Denn die Schlafenden schlafen bei Nacht, und die Betrunkenen sind bei Nacht betrunken: Das Gegenteil von geistlicher Wachsamkeit ist geistlicher Schlaf. Das Gegenteil von geistlicher Nüchternheit ist es, geistig betrunken zu sein. Als Christen gehören wir dem Tag an, und deshalb müssen wir wachen und nüchtern sein.
  3. Angetan mit dem Brustpanzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil: Paulus benutzte das Bild der Rüstung eines Soldaten, um die Idee der Wachsamkeit zu veranschaulichen. Ein Soldat ist ein gutes Beispiel für jemanden, der wachen und nüchtern sein muss, und um das zu tun, ist er mit seiner Rüstung ausgerüstet.
    1. Wenn man diese Beschreibung der geistlichen Waffenrüstung mit derjenigen in Epheser 6 vergleicht, gibt es keine exakte Übereinstimmung. Das deutet darauf hin, dass Paulus die Idee der geistlichen Rüstung als hilfreiches Bild ansah, das aber nicht in bestimmten Details festgelegt war.
    2. Glaube und Liebe werden durch den Brustpanzer repräsentiert, weil der Brustpanzer die lebensnotwendigen Organe bedeckt. Kein Soldat würde jemals ohne Brustpanzer in die Schlacht ziehen, und kein Christ ist dazu gerüstet, das christliche Leben ohne Glauben und Liebe zu leben.
    3. Hoffnung auf das Heil wird als Helm dargestellt, denn der Helm schützt den Kopf, womit er genauso wichtig ist wie der Brustpanzer. Hoffnung wird nicht im Sinne eines Wunschdenkens verwendet, sondern im Sinne einer zuversichtlichen Erwartung von Gottes Hand in der Zukunft.

4. Die Sicherheit unserer Zukunft

1. Thessalonicher 5, 9-10

1. Thessalonicher 5, 9-10
Denn Gott hat uns nicht zum Zorngericht bestimmt, sondern zum Besitz des Heils durch unseren Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist, damit wir, ob wir wachen oder schlafen, zusammen mit ihm leben sollen.

  1. Denn Gott hat uns nicht zum Zorngericht bestimmt: Bevor wir die Hoffnung auf das Heil hatten (1. Thessalonicher 5, 8), waren wir zum Zorngericht Gottes bestimmt. Jetzt sind wir nicht länger zum Zorngericht bestimmt, sondern zum Besitz des Heils durch unseren Herrn Jesus Christus.
    1. Zorngericht: Es ist wichtig zu verstehen, dass Paulus das Zorngericht Gottes meint. Wir sind vor der Welt, dem Fleisch und dem Teufel gerettet. Aber in erster Linie sind wir vor dem Zorngericht Gottes gerettet, dem Zorngericht, welches wir verdienen. Im gesamten Kontext geht es Paulus hier um die Rettung des Gläubigen vor dem Zorngericht Gottes.
    2. Unsere Bestimmung zum Zorngericht erfolgte auf zweierlei Weise. Zum einen sind wir aufgrund dessen, was Adam uns und der ganzen Menschheit angetan hat, zum Zorngericht bestimmt (Römer 5, 14-19). Zum anderen sind wir wegen unserer eigenen Sünde zum Zorngericht bestimmt. Als Jesus am Kreuz starb, nahm er unseren Platz im Zorngericht ein und versieht uns mit einer Bestimmung zum Besitz des Heils. Wenn wir als Gläubige denken, dass wir zum Zorngericht bestimmt sind, kommen wir zu einem Termin, der von Jesus abgesagt wurde.
    3. Der für uns gestorben ist: Die Idee ist, dass Jesus an unserer Stelle gestorben ist. Es meint nicht nur, dass Jesus für uns gestorben ist, in dem Sinne, dass er uns einen Gefallen getan hat; sondern dass er stellvertretend für uns gestorben ist.
  2. Denn Gott hat uns nicht zum Zorngericht bestimmt, sondern zum Besitz des Heils: Paulus hat hier zwei interessante Gedanken nebeneinandergestellt. Das Wort bestimmt betont die Souveränität Gottes, während das Wort, das mit zum Besitz übersetzt ist, die menschlichen Bestrebungen betont. Zusammen zeigen sie, dass das volle Ausmaß der Errettung sowohl göttliche Initiative als auch menschliche Bestrebungen einschließt.
  3. Damit wir, ob wir wachen oder schlafen, zusammen mit ihm leben sollen: Nachdem wir in Besitz des Heils durch unseren Herrn Jesus Christus gekommen sind, werden wir immer zusammen mit ihm leben. Das Versprechen der Einheit mit Jesus kann nicht gebrochen werden; ganz gleich, ob wir leben oder sterben (wachen oder schlafen), wir werden immer zusammen mit ihm sein.
    1. Der für uns gestorben ist … ob wir wachen oder schlafen: Der Tod Jesu wird nicht dadurch abgeschwächt, dass er als Schlaf bezeichnet wird, aber unser Tod kann als Schlaf bezeichnet werden. Sein Tod war der Tod, damit unser Tod nur Schlaf sein würde.

5. Unser Privileg: einander beistehen

1. Thessalonicher 5, 11

1. Thessalonicher 5, 11
Darum ermahnt einander und erbaut einer den anderen, wie ihr es auch tut!

  1. Darum ermahnt einander: Das hier gebrauchte Wort kann sowohl mit ermahnen als auch mit trösten übersetzt werden [Luther-Übersetzung: „Darum tröstet euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.“]. Paulus meint hier erneut, dass wir uns nicht trösten lassen sollen, sondern selbst Trost spenden sollen. Wenn alle Christen ein Herz dafür haben, sich gegenseitig zu trösten, dann werden alle getröstet werden.
  2. Und erbaut einer den anderen: erbaut heißt baut auf. Wenn es unser größtes Interesse ist, andere Christen aufzubauen, dann erbaut uns Gott. Die Idee ist eine Gemeinde voller aktiver Teilnehmer, nicht passiver Zuschauer.
    1. „Es wird deutlich, dass in den ersten Gemeinden die Seelsorge nicht an einen einzelnen Pastor oder gar an die begabteren Brüder unter ihnen delegiert wurde; es war ein Werk, an dem jeder Gläubige Anteil haben konnte.“ (Hiebert)
  3. Wie ihr es auch tut: Es war nicht so, dass es keinen Trost unter den Thessalonichern gegeben hätte, oder dass niemand erbaut worden wäre. Aber sie sollten damit weitermachen andere zu trösten, und zwar immer mehr.

B. Dringende Bitten und Ermahnungen

1. Paulus bittet sie, drei Dinge in Bezug auf ihre Leiter zu tun

1. Thessalonicher 5, 12-13

1. Thessalonicher 5, 12-13
Wir bitten euch aber, ihr Brüder, dass ihr diejenigen anerkennt, die an euch arbeiten und euch im Herrn vorstehen und euch zurechtweisen, und dass ihr sie umso mehr in Liebe achtet um ihres Werkes willen. Lebt im Frieden miteinander!

  1. Dass ihr diejenigen anerkennt, die an euch arbeiten: Christen sollen ihre Leiter anerkennen, und Leiter werden auf drei Arten beschrieben.
    1. Diejenigen … , die an euch arbeiten. Leiter werden nicht wegen ihres Titels, sondern wegen ihres Dienstes anerkannt. Ein Titel ist in Ordnung; aber nur dann, wenn der Titel der Wahrheit entspricht und wenn er beschreibt, was diese Person vor Gott und den Menschen wirklich ist.
    2. Und euch im Herrn vorstehen. Leiter werden als diejenigen anerkannt, die der Gemeinde vorstehen, in dem Sinne, dass sie Entscheidungen treffen und Leiterschaft ausüben, so wie ein Hirte über Schafe. Dies beschreibt eine klare und legitime Ordnung von Autorität.
    3. Und euch zurechtweisen. Als Leiter werden diejenigen anerkannt, die die Gemeinde zurechtweisen. Zurechtweisen bedeutet „ermahnen oder behutsam zurechtweisen; warnen“. Morris sagt über dieses Wort: „Obwohl der Ton brüderlich ist, ist es der Ton eines großen Bruders.“
    4. „Die griechische Konstruktion besteht aus drei Partizipien, die unter einem Artikel vereint sind. Das weist darauf hin, dass es sich nicht um drei verschiedene Gruppen, sondern um eine Klasse von Männern handelt, die eine dreifache Funktion ausüben.“ (Hiebert)
  2. Und dass ihr sie umso mehr in Liebe achtet: Christen sollen ihre Führer achten und sie umso mehr in Liebe achten. Sie sollen dies um ihres Werkes willen tun. Sie verdienen Wertschätzung nicht wegen ihres Titels oder wegen ihrer Persönlichkeit, sondern wegen ihrer Arbeit für das Volk Gottes.
    1. „Christliche Pastoren, die die ganze Wahrheit predigen und nach dem Wort und der Lehre hart arbeiten, haben Anspruch auf mehr als Respekt; der Apostel gebietet, dass sie reichlich und überreichlich wertgeschätzt werden sollen; und dies soll in Liebe geschehen.“ (Clarke)
    2. Paulus erwähnt die Arbeit des Dienstes zweimal und verbindet dies mit dem Respekt, den diese Diener von denen bekommen sollten, denen sie dienen. Das legt mindestens zwei Dinge nahe:
      1. Wenn die Gemeindebesucher die Arbeit derer kennen und verstehen würden, die die geistliche Aufsicht über sie haben, würden die Gemeindebesucher die Leiter mehr schätzen und respektieren.
      2. Arbeit ist ein wesentlicher Aspekt des Dienstes und es gibt keinen Platz für einen faulen Pastor. „In erster Linie sagt er, dass sie arbeiten. Daraus folgt, dass alle Faulpelze aus der Reihe der Pastoren ausgeschlossen sind.“ (Calvin)
    3. „Die Worte im Griechischen haben einen enormen Nachdruck, der in der Übersetzung nicht gut ausgedrückt werden kann, in dem Achtung und Liebe in eine Übertreibung gesteigert werden; ihre Liebe sollte mit Achtung verbunden werden, und ihre Achtung mit Liebe, und beides sollte ihnen gegenüber reichlich und überreichlich vorhanden sein.“ (Poole)
    4. Wenn ein Christ seinen Pastor nicht achten und lieben kann, sollte er entweder auf die Knie gehen und den Heiligen Geist bitten, sein Herz zu ändern, oder woanders hingehen und sich einem Pastor unterstellen, den er achtet und liebt.
  3. Lebt in Frieden miteinander: Mit diesem einfachen Gebot sagte Paulus, dass Christen einfach ihre ganzen Zankereien und Streitigkeiten beiseitelegen sollten. Dies ist eine großartige Möglichkeit, die Leiter ihrer Gemeinde zu achten und zu lieben.

2. Paulus ermahnt sie darin, wie sie mit schwierigen Menschen umgehen

1. Thessalonicher 5, 14-15

1. Thessalonicher 5, 14-15
Wir ermahnen euch aber, Brüder: Verwarnt die Unordentlichen, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen jedermann! Seht darauf, dass niemand Böses mit Bösem vergilt, sondern trachtet allezeit nach dem Guten, sowohl untereinander als auch gegenüber jedermann!

  1. Wir ermahnen euch aber: Zu ermahnen heißt, jemandem zu sagen, was er zu tun hat, aber ohne Schärfe und ohne kritischen Geist. Es ist keine Zurechtweisung oder Verurteilung, aber es ist auch nicht nur ein Vorschlag oder ein Ratschlag. Es ist dringend und ernst, aber mit Trost verbunden.
  2. Verwarnt die Unordentlichen, tröstet die Kleinmütigen, nehmt euch der Schwachen an, seid langmütig gegen jedermann: Paulus forderte die Thessalonicher – die ganze Gemeinde, nicht nur den Pastor und die Leiter – dazu auf, auf vielfältige Weise zu dienen, je nach Zustand der Person, die den Dienst braucht. Wenn also jemand unordentlich ist, ist es die Pflicht eines Christen, ihn zu verwarnen. Andere brauchen Trost, andere müssen unterstützt werden.
    1. Die Unordentlichen sind diejenigen, die außerhalb einer Ordnung sind. Dabei wird ein militärisches Wort verwendet, das einen Soldaten beschreibt, der aus der Reihe tritt oder beim Marschieren aus dem Takt gerät. Es meint eine eigensinnige Person, die einfach ihre eigene Meinung oder Vorlieben einfordert. Diese müssen verwarnt werden.
    2. Die Kleinmütigen meint diejenigen, die – wortwörtlich – ein kleines Gemüt haben. Von Natur aus oder aus Erfahrung heraus neigen sie dazu, schüchtern zu sein und es fehlt ihnen der Mut. Sie brauchen es, dass ihnen jemand Trost – im Sinne einer unterstützenden Kraft – spendet.
    3. Die Schwachen müssen unterstützt und ihnen muss beigestanden werden, damit sie ihre eigene Stärke aufbauen, anstatt ihre Schwäche zu bewahren.
    4. Manche glauben, dass Paulus diese drei Gruppen in früheren Abschnitten von 1. Thessalonicher anspricht. Wenn dem so ist, liefern die Abschnitte gute Beispiele dafür, wie man mit Personen aus jeder Kategorie sprechen kann.
      1. Unordentlichen: Die Faulenzer aus 1. Thessalonicher 4, 11-12.
      2. Kleinmütigen: Diejenigen, die sich um ihre verstorbenen Angehörigen sorgen aus 1. Thessalonicher 4, 14-17.
      3. Schwachen: Diejenigen, die unter der Versuchung leiden, in die Unmoral zu verfallen aus 1. Thessalonicher 4, 2-8.
  3. Seid langmütig gegen jedermann: Auch wenn mit verschiedenen Menschen unterschiedlich umgegangen werden muss, müssen Christen langmütig gegen jedermann sein. Denn wahres Christentum zeigt sich in seiner Fähigkeit, schwierige Menschen zu lieben und ihnen zu helfen. Wir suchen nicht nach völlig perfekten Menschen, denen wir dienen und mit denen wir dienen.
  4. Seht darauf, dass niemand Böses mit Bösem vergilt: Ein Christ sollte niemals Rache oder Vergeltung suchen, sondern Gott Partei für uns ergreifen lassen. Stattdessen müssen wir allezeit nach dem Guten trachten, sowohl untereinander als auch gegenüber jedermann. Wenn wir ein vergebendes Herz anderen gegenüber haben, ist das nicht nur für sie gut, sondern auch für uns selbst.
    1. Im folgenden Abschnitt wird Paulus über geistlichere Aspekte wie Gebet, Danksagung und Anbetung schreiben. Aber vor diesen geistlichen oder religiösen Themen steht die Lehre über richtige Beziehungen. Jesus machte deutlich, dass wir die Dinge mit Menschen in Ordnung bringen sollten, bevor wir kommen, um Gott anzubeten (Matthäus 5, 23-24).

3. Bezüglich ihrer persönlichen Anbetung

1. Thessalonicher 5, 16-18

1. Thessalonicher 5, 16-18
James Moffatt schrieb über diese Verse: »Diese kostbaren Juwelen angemessen zu kommentieren, hieße, eine Geschichte der christlichen Erfahrungen in seinen höheren Ebenen zu umreißen.«
Freut euch allezeit! Betet ohne Unterlass! Seid in allem dankbar; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.

  1. Freut euch allezeit: Das heißt, sich nicht nur über glückliche Ereignisse zu freuen, sondern auch in Zeiten des Kummers. Ein Christ kann sich allezeit freuen, weil seine Freude nicht in den Umständen, sondern in Gott begründet ist. Die Umstände ändern sich, aber Gott nicht.
    1. „Aus den Kuriositäten der Gemeinden muss ich unbedingt erwähnen, dass ich viele zutiefst geistliche Christen kennen gelernt habe, die Angst hatten, sich zu freuen … Einige vertreten die Auffassung von Religion, dass es für sie eine heilige Pflicht ist, verdrießlich zu sein.“ (Spurgeon)
    2. „Stellt die Bibel auf den Kopf und schaut, ob es ein Gebot gibt, das er Herr euch gegeben hat, in dem er sagt: ‚Seufzt im Herrn allezeit; abermals sage ich: Seufzt!‘ Ihr könnt seufzen, wenn ihr wollt. Dazu habt ihr christliche Freiheit; aber glaubt gleichzeitig, dass ihr eine größere Freiheit habt, euch zu freuen, denn so ist es euch vorgegeben.“ (Spurgeon)
  2. Betet ohne Unterlass: Christen sollen ständig beten. Wir können nicht ohne Unterlass den Kopf senken, die Augen schließen und die Hände falten. Aber das sind auch nur Bräuche, nicht das Gebet selbst. Beten ist Kommunikation mit Gott, und wir können jede Minute des Tages in einem ständigen, fließenden Gespräch mit Gott leben.
    1. Eine Zeit, in der wir alle Ablenkungen ausschalten und uns in einem zurückgezogenen Gebet auf Gott konzentrieren, ist bedeutsam und wichtig (Matthäus 6, 6). Aber die Gemeinschaft mit Gott in jedem Augenblick des Tages hat auch ihren Platz – und großen Wert.
    2. Aus diesem Gebot ergeben sich viele wertvolle Konsequenzen:
      1. Der Gebrauch der Stimme ist kein wesentliches Element von Gebet.
      2. Die Gebetshaltung ist nicht von vorrangiger Bedeutung.
      3. Der Ort des Gebets ist nicht von großer Bedeutung.
      4. Die jeweilige Gebetszeit ist nicht wichtig.
      5. Ein Christ sollte nie an einem Ort sein, an dem er nicht beten kann.
  3. Seid in allem dankbar: Wir sind nicht dankbar für alles, aber in allem. Wir erkennen an, dass Gottes souveräne Hand das Sagen hat und nicht blindes Schicksal oder der Zufall.
    1. „Wenn Freude und Gebet verheiratet sind, ist ihr erstgeborenes Kind die Dankbarkeit.“ (Spurgeon)
  4. Denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch: Nach all diesen Ermahnungen – Freut euch allezeit! Betet ohne Unterlass! Seid in allem dankbar – wird uns gesagt, dies zu tun, weil es der Wille Gottes ist. Der Gedanke ist nicht „das ist Gottes Wille, also müsst ihr das tun“, sondern vielmehr „dies ist Gottes Wille, also könnt ihr es tun“. Es ist nicht leicht, sich allezeit zu freuen, ohne Unterlass zu beten und in allem dankbar zu sein, aber wir können es tun, weil es Gottes Wille ist.

4. Paulus ermahnt sie bezüglich ihrer öffentlichen Anbetung

1. Thessalonicher 5, 19-22

1. Thessalonicher 5, 19-22
Den Geist dämpft nicht! Die Weissagung verachtet nicht! Prüft alles, das Gute behaltet! Haltet euch fern von dem Bösen in jeglicher Gestalt!

  1. Den Geist dämpft nicht: Wir können das Feuer des Geistes entweder durch unsere Zweifel, unsere Gleichgültigkeit, unsere Ablehnung ihm gegenüber oder durch die Ablenkung anderer dämpfen. Wenn Menschen beginnen, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass sie den Geist dämpfen.
    1. „Das Wort ‚dämpfen‘ bezieht sich genau genommen auf das Erlöschen einer Flamme, wie die eines Feuers (Markus 9, 48) oder einer Lampe (Matthäus 25, 8). Dies ist die einzige Stelle im Neuen Testament, an der es in einem metaphorischen Sinne verwendet wird.“ (Morris) Thomas sagt, dass der Satz wortwörtlich übersetzt werden könnte: „Hört auf, das Feuer des Geistes zu löschen.“
    2. Dieses Gebot basiert also auf dem vertrauten Bild des Heiligen Geistes als Feuer oder Flamme. Obwohl Feuer in gewissem Sinne nicht erzeugt werden kann, können wir Bedingungen schaffen, unter denen es hell brennen kann. Doch eine Flamme kann erlöschen, wenn sie ignoriert und nicht mehr versorgt wird oder wenn die Flamme von etwas anderem verdrängt wird.
    3. „Man kann den Geist sowohl in anderen als auch in sich selbst dämpfen; Menschen können ihn in ihren Pastoren dämpfen, indem sie sie entmutigen, und untereinander als schlechte Vorbilder, oder durch Kritik an der Leidenschaft und dem Eifer, den man in anderen sieht.“ (Poole)
  2. Die Weissagung verachtet nicht: Wir erkennen an, dass der Herr auch heute zu und durch sein Volk spricht, und wir lernen, für seine Stimme offen zu sein. Natürlich prüfen wir Prophezeiungen immer (gemäß dem Befehl, Prüft alles), aber wir verachten Prophezeiungen nicht.
    1. Es ist sehr gut möglich, dass Prophetie verachtet wurde, weil einzelne Personen die Gabe missbrauchten. Es gab Faulpelze unter den Thessalonichern (1. Thessalonicher 4, 11-12), die vielleicht ihre Faulheit durch Prophetie vergeistigt haben. Es gab unter den Thessalonichern auch Leute, die ein Datum für den Tag des Herrn festlegten und über die Endzeit spekulierten (2. Thessalonicher 2, 1-5) und dann ihre Spekulationen vielleicht mit angeblich prophetischer Autorität untermauerten.
  3. Prüft alles, das Gute behaltet: Das Böse und Täuschung können sich auch in einem geistlichen Umfeld zeigen, deshalb ist es für Christen wichtig, alles zu prüfen. Nach erfolgter Prüfung (gemäß dem Standard von Gottes Wort und der Unterscheidung des Geistes unter den Leitern) behalten wir das Gute.
    1. Zwischen dem letzten Besuch von Paulus bei den Thessalonichern und dem Schreiben dieses Briefes hatte Paulus Zeit in Beröa verbracht (Apostelgeschichte 17, 10-12). Die Christen dort hatten einen vorbildlichen Charakter, weil sie die Predigten des Paulus hörten und die Heilige Schrift sorgfältig danach durchsuchten, ob das, was er sagte, wahr sei. Paulus wünschte sich, dass die Thessalonicher mehr von dem Herzen und dem Verstand der Beröer haben.
  4. Haltet euch fern von dem Bösen in jeglicher Gestalt: Bei dieser Prüfung muss jeder Aspekt des Bösen abgelehnt werden. Dazu gehört auch das Böse, das vielleicht mit einem geistlichen Schein daherkommt.
    1. „Der Begriff Gestalt (eidous) bedeutet wörtlich ‚das, was gesehen wird‘, also die äußere Erscheinung. Er weist auf die äußere Form hin, in der sich das Böse präsentiert … Sie sollen das Böse meiden, in welcher Form oder Erscheinung es sich auch immer präsentiert.“ (Hiebert)
    2. „Die Bedeutung wird ‚das Böse, das man sehen kann‘ sein, und nicht ‚das, was böse zu sein scheint‘.“ (Morris)

C. Schlussfolgerung

1. Vollständige Heiligung als Gottes Werk in uns

1. Thessalonicher 5, 23-24

1. Thessalonicher 5, 23-24
Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, und euer ganzes [Wesen], der Geist, die Seele und der Leib, möge untadelig bewahrt werden bei der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus! Treu ist er, der euch beruft; er wird es auch tun.

  1. Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch: Der Gedanke, der hinter dem Wort heiligen steht, ist ‚absondern‘ – etwas anders zu machen und sich zu unterscheiden, alte Verbindungen aufzubrechen und eine neue Verbindung einzugehen. Ein Kleid zum Beispiel ist nur ein Kleid; ein Hochzeitskleid aber ist geheiligt – abgesondert für einen besonderen, ehrenvollen Zweck. Gott möchte, dass wir für ihn abgesondert sind.
    1. Die Betonung liegt hier auf durch und durch: „Das Adjektiv (holoeleis), das nur hier im Neuen Testament vorkommt, ist eine Zusammensetzung aus holos, ‚ganz, vollständig‘, und telos, ‚Ende‘. Seine grundsätzliche Nebenbedeutung ist ‚das vollständige Erreichen des Endes, das Erreichen des beabsichtigten Ziels‘. Daher hat es also die Kraft, dass kein Teil unerreicht bleibt.“ (Hiebert)
  2. Er selbst … heilige euch: Paulus machte deutlich, dass die Heiligung Gottes Werk in uns ist. Er unterstreicht dies mit den Worten Er selbst, bewahrt werden, treu ist er, der euch beruft, und er wird es tun. Damit vervollständigt Paulus seine früheren Ermahnungen. Bei allem, was er den Christen in 1. Thessalonicher 4, 1 bis 5, 22 sagte, hatte er nie die Absicht, dass sie diese Dinge aus ihrer eigenen Kraft tun. Es werden mehr Christen auf Grund von Selbstüberschätzung besiegt als auf Grund von satanischen Angriffen.
    1. „Die Art und Weise, wie der Übergang gestaltet ist, … deutet darauf hin, dass seine Ermahnungen nur in der Kraft des Gottes, auf den er sich hier beruft, verwirklicht werden können. ‚Ich habe euch aufgefordert, bestimmte Dinge zu tun, aber nur in der Kraft Gottes werdet ihr in der Lage sein, sie zu tun.“ (Morris)
  3. Und euer ganzes [Wesen], der Geist, die Seele und der Leib, möge untadelig bewahrt werden: Paulus‘ Gebrauch von Geist, Seele und Leib in diesem Abschnitt hat viele zu einer Sicht auf den Menschen bewogen, die Trichotomie genannt wird. Sie besagt, dass der Mensch aus drei verschiedenen Teilen besteht: Geist, Seele und Leib.
    1. Diese Ansicht hat manche Vorzüge, aber auch einige Probleme. Man könnte sagen, dass Markus 12, 30 die Natur des Menschen in vier Teile teilt (Herz, Seele, Verstand und Kraft), und dass 1. Korinther 7, 34 die Natur des Menschen in zwei Teile teilt (Leib und Geist). An einigen Stellen scheinen die Begriffe Seele und Geist synonym gebraucht zu werden, an anderen Stellen erscheinen sie unterschiedlich und es scheint schwer, sie genau zu definieren. Scheinbar gibt es also tatsächlich diese drei verschiedenen Aspekte einer menschlichen Person, doch die spezifische Bedeutung von Geist oder Seele muss durch den jeweiligen Kontext bestimmt werden.
    2. Der bedeutende Gräzist Dean Alford beschreibt Geist und Seele folgendermaßen:
      1. „Der Geist (pneuma) beschreibt den höchsten und charakteristischen Teil des Menschen, das Unsterbliche.“
      2. „Die Seele meint die niedere oder animalische Seele, die die Leidenschaften und Begierden enthält, die wir mit den Tieren gemeinsam haben, die aber in uns durch den Geist veredelt und aufgezogen wird.“
    3. Als der innere, immaterielle Teil des Menschen, der unabhängig von geistlichem Leben existieren kann, verbindet sich die Seele mit der Welt durch die Sinne des physischen Körpers. Mit Gott verbindet sie sich durch den Glauben, den man als den ‚Sinn‘ des Geistes bezeichnen könnte. Wir neigen dazu, uns den Geist wie die Seele vorzustellen, aber wir können den Geist auch wie einen Körper betrachten, das Gefäß unserer Interaktion mit der geistigen Welt.
    4. Da sowohl die Seele als auch der Geist einen Bezug zum immateriellen Teil des Menschen haben, werden sie leicht verwechselt. Oft bereichert eine Erfahrung, die den Geist aufbauen soll, nur die Seele. Es ist nichts falsch daran, wenn die Seele begeistert oder bereichert wird, aber dadurch werden wir nicht geistlich erbaut. Deswegen gehen viele Christen von einer begeisternden Erfahrung zur nächsten, ohne jemals wirklich geistlich zu wachsen – der Dienst, den sie empfangen, ist nur auf die Seele bezogen.
  4. Der Geist, die Seele und der Leib, möge … bewahrt werden: Wir können diese Abfolge als von Gott inspiriert verstehen. Gott hat vorgesehen, dass es eine hierarchische Ordnung im Menschen gibt: zuerst kommt der Geist, dann die Seele und schließlich der Leib.
    1. Das heißt nicht, dass der Leib von vornherein aus böse ist; das widerspricht dem Hauptgedanken von Paulus hier, dass die ganze Person von Gott abgesondert und bewahrt wird, vollständig in Geist, Seele und Leib. Gott errettet unseren Körper ebenso wie unseren Geist oder unsere Seele. Der Körper hat eine bestimmte und wichtige Rolle im gesamten Heilsplan – er wird zu einem neuen Körper auferweckt.
    2. Dennoch hat Gott den Menschen entworfen, um nach der Ordnung von Geist, Seele und Leib zu leben und nicht umgekehrt nach Leib, Seele, Geist. Wir sollen die Bedürfnisse des Körpers der Seele und die Bedürfnisse von Körper und Seele den Bedürfnissen des Geistes unterordnen.
    3. Genau so wirkt Gott auch in uns. „Man beachte die Reihenfolge – Geist, Seele, Leib. Die Schechina seiner Gegenwart leuchtet im Allerheiligsten, und von dort fließt sie in das Heiligtum und weiter in den Vorhof, bis dahin, dass selbst die Vorhänge des Leibes von seinem Licht durchstrahlt sind.“ (Meyer)
      [Anmerkung: Mit Schechina wird im Hebräischen der Ort bezeichnet, an dem Gott unter seinem Volk lebt. Das Allerheiligste, das Heiligtum und der Vorhof sind verschiedene Teile der Stiftshütte.]

2. Bitte um Gebet und ein Grußwort

1. Thessalonicher 5, 25-26

1. Thessalonicher 5, 25-26
Brüder, betet für uns! Grüßt alle Brüder mit einem heiligen Kuss!

  1. Brüder, betet für uns: Paulus war ein Apostel und die Gemeinde in Thessalonich bestand aus jungen Christen. Trotzdem glaubte Paulus, dass er ihre Gebete brauchte, also bat er einfach: ‚betet für uns‘.
    1. „Gott erwartet, dass sein Volk für seine Pastoren betet; und es ist nicht verwunderlich, falls diejenigen, die nicht für ihre Pastoren beten, keinen Nutzen aus ihrer Lehre ziehen.“ (Clarke)
  2. Grüßt alle Brüder mit einem heiligen Kuss: Hiermit ist gemeint, dass Paulus möchte, dass diejenigen, die den Brief lesen, alle Christen in Thessalonich in seinem Namen grüßen. Wenn er persönlich anwesend wäre, würde er selbst alle Brüder mit einem heiligen Kuss grüßen, aber da er nicht da war, sendet er den Gruß durch diesen Brief.
    1. „Offenbar waren zu dieser Zeit die Geschlechter in der Versammlung getrennt, und die Männer küssten die Männer und die Frauen die Frauen … Als es dazu kam, dass der Kuss auch zwischen Männern und Frauen ausgetauscht wurde, nahmen das ihre Kritiker zum Anlass, den Christen Unreinheit vorzuwerfen. Die daraus resultierenden Peinlichkeiten gaben Anlass zu zahlreichen Regelungen bezüglich dieser Praxis durch die ersten Konzile der Kirche.“ (Hiebert)

3. Abschluss des Briefes

1. Thessalonicher 5, 27-28

1. Thessalonicher 5, 27-28
Ich beschwöre euch bei dem Herrn, dass dieser Brief allen heiligen Brüdern vorgelesen wird. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch! Amen.

  1. Ich beschwöre euch bei dem Herrn: Paulus verwendete hier deutliche Worte. Es war wichtig, dass dieser Brief unter den Christen gelesen wird. Dies ist eine ungewöhnliche Aussage, die in den Briefen von Paulus einzigartig ist. Es sind viele verschiedene Gründe vorgeschlagen worden, warum Paulus diesen Satz am Ende seines Briefes anfügte.
      1. Da es sich um seinen ersten Brief handelte, gab es bisher noch keine feste Gewohnheit, dass seine Briefe öffentlich vorgelesen wurden. Er wollte sicherstellen, dass diese Praxis etabliert wurde.
      2. Da der Brief ein Ersatz für seine persönliche Anwesenheit war, wollte Paulus nicht, dass eine Enttäuschung über seine Abwesenheit die Verbreitung des Briefes beeinträchtigt.
      3. Paulus wollte sichergehen, dass die Gemeinde den Brief aus erster Hand hört und nicht durch Dritte, die seine Botschaft falsch darstellen könnten.
      4. Vielleicht befürchtete Paulus, dass die Leute Abschnitte in dem Brief heraussuchen würden, die die Themen behandeln, die sie am meisten interessieren, und die anderen Teile ignorieren würden.
    1. „Und wir können daher auch entgegen [der Meinung] von Anhängern des Papstes zeigen, dass es dem Volk, ja allen heiligen Brüdern, bekannt gemacht werden musste und nicht nur dem Klerus; und auch in ihrer eigenen Sprache gelesen werden musste, denn genauso wurde dieser Brief ohne Frage in einer Sprache gelesen, die das Volk verstand.“ (Poole)
  2. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch: Fast alle Briefe des Paulus beginnen und enden mit dem Gedanken der Gnade. Das gilt auch für fast alles, was Gott seinem Volk zu sagen hat.
    1. Gnade ist Gottes unverdiente Gunst, sein Geschenk der Liebe und Annahme an uns aufgrund dessen, wer er ist und was Jesus getan hat. Gnade bedeutet, dass er uns mag. Alle Gründe liegen in ihm. Gnade bedeutet, dass wir aufhören können, für seine Liebe zu arbeiten, und anfangen können, sie zu empfangen.
    2. Es ist angemessen, dass dieser Brief – der erste, der von Paulus‘ Briefen an die Gemeinden erhalten ist – ein Brief voller Liebe, Ermutigung und Unterweisung, mit einem Hinweis auf die Gnade endet.
    3. „Was auch immer Gott uns zu sagen hat – und in allen Briefen des Neuen Testaments gibt es Dinge, die das Herz prüfen und es zum Beben bringen – es beginnt und endet mit Gnade … Alles, was Gott in Jesus Christus für den Menschen gewesen ist, ist darin zusammengefasst: seine ganze Sanftheit und Schönheit, seine ganze Zärtlichkeit und Geduld, die ganze heilige Leidenschaft seiner Liebe, ist in der Gnade zusammengefasst. Was könnte eine Seele einer anderen mehr wünschen, als dass die Gnade des Herrn Jesus Christus mit ihr sein möge?“ (Denney, zitiert nach Morris)

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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