Apostelgeschichte 6 – Die Einsetzung der Diakone und die Verhaftung von Stephanus

A. Die Einsetzung der Diakone

1. Ein Streit über die Verteilung der Hilfe an Witwen

Apostelgeschichte 6, 1

Apostelgeschichte 6, 1
In jenen Tagen aber, als die Zahl der Jünger wuchs, entstand ein Murren der Hellenisten gegen die Hebräer, weil ihre Witwen bei der täglichen Hilfeleistung übersehen wurden.

  1. Es entstand ein Murren der Hellenisten gegen die Hebräer: Bis zu diesem Punkt in der Apostelgeschichte kamen die Angriffe Satans auf die Gemeinde aus vielen verschiedenen Richtungen. Er probierte viele Formen des direkten Widerstands und der Einschüchterung aus, und er versuchte, die Gemeinde von innen heraus zu zerstören. Diese Strategien waren alle erfolglos, wenn es darum ging, die Arbeit der Gemeinde aufzuhalten oder zu verlangsamen. Nun hoffte Satan, „zu teilen und zu und herrschen“, indem er eine Gruppe von Christen gegen eine andere aufbrachte.
    1. Wir können sagen, dass mit Apostelgeschichten 5 und 6 die guten alten
      Zeiten für die ersten Christen vorbei war. Sie mussten sich jetzt mit Korruption aus dem Inneren auseinandersetzen, und nun auch mit Streitigkeiten und möglichen Spaltungen. Wie sie mit diesen Dingen umgingen, bewirkte den entscheidenden Unterschied.
    2. Die Tatsache, dass die Zahl der Jünger wuchs, deutet darauf hin, dass die Arbeit am Reiches Gottes durch die frühe christliche Gemeinde immer noch sehr erfolgreich war und sie die Probleme gut bewältigte.
    3. Die wiederholte Erwähnung des Wachstums erinnert uns daran, dass die frühe Gemeinde organisiert war. Sie wusste, wie viele gerettet wurden; sie traf sich an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten. Geld und Güter wurden gesammelt und an die Bedürftigen verteilt. Die Sünde wurde angesprochen und bekämpft. All dies deutet zumindest auf einen gewissen Grad an Organisation hin.
  2. Der Hellenisten gegen die Hebräer: Die Hebräer waren jene Juden, die mehr zur jüdischen Kultur neigten und meist aus Judäa stammten. Die Hellenisten waren die Juden, die eher zur griechischen Kultur neigten und meist aus der Diaspora kamen (aus dem ganzen Römischen Reich).
    1. Vereinfacht ausgedrückt, neigten die Hebräer dazu, die Hellenisten als ungeistliche und willenlose Menschen aus der griechischen Kultur zu betrachten, und die Hellenisten betrachteten die Hebräer als selbstgefällige Traditionalisten. Es gab bereits ein natürliches Misstrauen zwischen den beiden Gruppen, und Satan versuchte, sich dieses bestehende Misstrauen zu Nutze zu machen.
    2. Obwohl die Begriffe Hebräer und Hellenisten verwendet werden, sollte man sich daran erinnern, dass dies Christen, Nachfolger von Jesus waren. Sie hatten alle einen jüdischen Hintergrund, aber sie hatten auch Jesus als ihren Messias angenommen.
  3. Bei der täglichen Hilfeleistung: Die frühe Gemeinde nahm ihre Verantwortung, Witwen zu helfen ernst, weil diese oft keine andere Unterstützung bekamen; die Gemeinde erwartete aber auch, dass die Witwen der Kirche treu dienten. (1. Timotheus 5, 3-16).
    1. Es gibt hier den Hinweis auf eine wachsende Spaltung zwischen den religiösen Führern und den frühen Anhängern Jesu. Die Betreuung von Witwen und Waisen war ein wichtiger Teil des jüdischen Lebens, und normalerweise organisierten die Tempelbehörden die Verteilung der Güter an die Bedürftigen. Die christlichen Witwen wurden jedoch anscheinend nicht von den jüdischen Führern versorgt; wahrscheinlich, weil es ihnen missfiel, dass die Apostel weiterhin Jesus predigten, obwohl sie aufgefordert wurden, damit aufzuhören.
  4. Weil ihre Witwen bei der täglichen Hilfeleistung übersehen wurden: Offenbar glaubten einige der Christen mit hellenistischem Hintergrund, dass die Witwen der hebräischen Christen besser versorgt wurden.
    1. „Es wird nicht behauptet, dass das Übersehen vorsätzlich war … wahrscheinlicher ist, dass die Ursache eine schlechte Verwaltung oder Aufsicht war.“ (Stott)
    2. „In einer Gemeinde dieser Größe war es unvermeidlich, dass die Bedürfnisse von jemandem übersehen wurden.“ (MacArthur)
    3. Satan liebt es, ein ungewolltes Unrecht zu nutzen, um einen Konflikt zu schüren. Die Hebräer hatten in ihren Herzen recht, und die Hellenisten hatten mit ihren Fakten recht. Dies waren perfekte Voraussetzungen für einen Konflikt der das Potential hat, eine Gemeinde zu spalten.

2. Die Apostel veranlassen, dass Diakone ernannt werden

Apostelgeschichte 6, 2-4

Apostelgeschichte 6, 2-4
Da beriefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht gut, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen, um bei den Tischen zu dienen.
Darum, ihr Brüder, seht euch nach sieben Männern aus eurer Mitte um, die ein gutes Zeugnis haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind; die wollen wir für diesen Dienst einsetzen, wir aber wollen beständig im Gebet und im Dienst des Wortes bleiben!

  1. Es ist nicht gut, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen, um bei den Tischen zu dienen: Die Apostel erklärten, dass sie ihrer zentralen Berufung, nämlich dem Gebet und dem Dienst des Wortes, treu bleiben sollten. Für sie war es falsch, ihre Zeit mit der Verwaltung der praktischen Bedürfnisse der Witwen zu verbringen.
    1. Manche sehen darin den Beweis für eine überhebliche Haltung unter den Zwölfen; dass sie sich selbst über eine solche Arbeit stellen. Das traf wahrscheinlich nicht zu, und sie delegierten diese Aufgaben klugerweise. Denn Gott hat diese Apostel nicht berufen, alles für die Gemeinde zu sein. Gott hat und wird andere an den Punkt bringen, wo sie in der Lage sind, auf andere Weise zu dienen.
    2. Ein Gemeindeleiter sollte seine Zeit nicht mit Aufgaben verbringen, die hauptsächlich mit dem Dienen bei den Tischen zu tun haben. Hält er dies aber für unter seine Würde, hat der Gemeindeleiter eine falsche Einstellung.
    3. Dies bezog sich nicht auf die eigentliche Essensausgabe und die Reinigung der Esstische für diese Witwen. Hier ist die Rede von der Handhabung der finanziellen und praktischen Verwaltung, die für die Versorgung der Witwen maßgeblich war. „Ein ‚Tisch‘ bedeutete zu dieser Zeit einen Ort, an dem ein Geldwechsler sein Geld einsammelte oder tauschte. Die Diakone wurden gewählt, um die Verteilung von Geldern und Vorräten an die Bedürftigen in der Gemeinschaft zu beaufsichtigen.“ (Ogilvie)
  2. Wir aber wollen beständig im Gebet und im Dienst des Wortes bleiben: Die Tatsache, dass sich die Apostel vor allem mit Gebet und im Dienst des Wortes befassen, zeigt, wie tatkräftig sie diese Dinge ausführten und wie kräftezehrend es ist, richtig zu predigen und zu beten.
    1. Auch ohne die administrativen Sorgen ist das geistliche Amt sehr viel Arbeit. Ein junger Mann sagte einmal zu Donald Grey Barnhouse: „Ich würde die Welt dafür geben, die Bibel so lehren zu können wie Sie“. Dr. Barnhouse blickte ihn durchdringend an und antwortete: „Gut, denn das ist genau das, was es Sie kosten wird.“
    2. Wir wollen beständig im Gebet bleiben: Sie gaben sich mehr als dem Dienst am Wort hin. „Deshalb dürfen Pastorennicht denken, ihre Pflicht bereits vollständig erfüllt zu haben, wenn sie täglich einige Zeit in der Lehre verbracht haben“. (Calvin)
  3. Seht euch nach sieben Männern aus eurer Mitte um: Die Apostel (die Zwölf) sprachen mit der gesamten Glaubensgruppe (die Menge der Jünger) und verfolgten die Problemlösung mit viel Austausch und großer Beteiligung seitens der Gemeinde. Sie baten wahrscheinlich sogar vor allem jene, die sich benachteiligt fühlten, ihnen Männer mit gutem Charakter für diese Arbeit vorzuschlagen.
    1. Dies war eine wunderbare Art der Problemlösung. Sie schlossen die Beschwerdeführer nicht aus. Sie spalteten sich nicht in zwei Gemeinden. Sie mieden die unzufriedenen Menschen nicht. Sie bildeten keinen Ausschuss, um ewig über das Problem zu diskutieren.
    2. Es wurde zweifellos vorgeschlagen, dass sich die Apostel selbst direkter um die Versorgung der Witwen kümmern sollten. Stattdessen delegierten sie und brachten auf diese Weise mehr Menschen dazu, für die Gemeinde tätig zu sein. Der Not von Menschen zu begegnen ist eine großartige Möglichkeit, mehr Menschen in den Dienst zu bringen.
  4. Die ein gutes Zeugnis haben und voll Heiligen Geistes und Weisheit sind: Die von den Aposteln beschriebenen Qualifikationen bezogen sich auf den Charakter der zu wählenden Männer. Den Aposteln ging es weit mehr um deren innere Qualität als um ihr äußeres Erscheinungsbild oder ihr Ansehen.
    1. Der Gedanke hinter „voll des Heiligen Geistes und Weisheit“ ist, dass diese Männer sowohl geistlich als auch praktisch gesinnt sein sollten. Dies kann eine Kombination sein, die nur schwer zu finden ist.
    2. Sieben Männer: Möglicherweise wählten sie sieben aus, damit jeder an einem anderen Wochentag die Bedürfnisse der Witwen betreuen konnte.
  5. Die wir einsetzen wollen: Die endgültige Entscheidung lag bei den Aposteln. Sie baten um Vorschläge für die Ernennung (aus eurer Mitte), aber tatsächlich entschieden die Apostel. Es war keine Gemeindeleitungsaufgabe, obwohl die Apostel klugerweise den Beitrag der Gemeinde wollten und schätzten.
  6. Die wollen wir für diesen Dienst einsetzen: Sieben Männer sollten auserwählt werden, um bei Tische zu dienen. Sie wurden zu einem einfachen, praktischen Dienst ernannt; dennoch müssen sie in geistlicher Hinsicht gut qualifiziert sein, vor allem wegen der Gefahr der Uneinigkeit.
    1. Deswegen müssen die Männer einen guten Ruf haben. Sie mussten Männer sein, zu denen die Gemeindefamilie Vertrauen hatte.
    2. „Die Apostel versuchten nicht, ihre eigenen Rechte zu schützen. Sie schützten nicht einmal ihren eigenen Standpunkt. Sie wollten einfach nur das Problem lösen.“ (Boice)

3. Die Auswahl der Diakone

Apostelgeschichte 6, 5-7

Apostelgeschichte 6, 5-7
Und das Wort gefiel der ganzen Menge, und sie erwählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, einen Proselyten aus Antiochia.
Diese stellten sie vor die Apostel, und sie beteten und legten ihnen die Hände auf.
Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger mehrte sich sehr in Jerusalem; auch eine große Zahl von Priestern wurde dem Glauben gehorsam.

  1. Und das Wort gefiel der ganzen Menge: Wir können nicht sagen, dass dies eine gute Entscheidung war, nur weil sie dem Volk gefiel. Dennoch bestätigte Gott die Weisheit der Apostel durch die Zustimmung des Volkes. Die Apostel wurden vom Herrn geführt, und nicht von der Volksmeinung. Doch weil sie sich alle im Grunde einig waren, stimmten sie der Art und Weise zu, wie der Herr die Apostel führte.
  2. Stephanus … Philippus, Prochorus: Die Namen der sieben Männer waren griechisch, woraus sich schließen lässt, dass sie wohl selbst Hellenisten waren. Das Volk (und die Apostel) zeigten damit großes Einfühlungsvermögen gegenüber den verärgerten Hellenisten, indem sie diese damit beauftragten, sich um die Versorgung der Witwen zu kümmern.
    1. „Ich könnte mir vorstellen, dass es in der Gemeinde mehr aramäisch sprechende als griechisch sprechende Christen gab, aber die Gemeinde als Ganzes sagte: Lasst uns griechisch sprechende Leiter wählen“. (Boice)
  3. Diese stellten sie vor die Apostel, und sie beteten und legten ihnen die Hände auf: In diesem Fall wählte das Gemeindevolk die Männer, und die Apostel bestätigten sie, indem sie ihnen die Hände auflegten, nachdem sie Gottes um seine Führung und Zustimmung gebeten hatten.
    1. Es war wichtig, ihnen die Hände aufzulegen, auch wenn ihr Dienst hauptsächlich für die praktischen Bedürfnisse der Witwen bestimmt war. Praktischer Dienst ist geistlicher Dienst. Dasselbe griechische Wort wird sowohl für die Versorgung (Apg 6, 1) als auch für den Dienst (Apg 6, 4) verwendet. Die Bedeutung des Wortes ist an beiden Stellen der Dienst, sei es auf praktischem Weg oder in geistlicher Art und Weise.
    2. Anstatt es als eine ‚ungeistliche‘ Last zu betrachten, sollten die Menschen diese grundlegende und praktische Art des Dienstes für den Herrn als Vorrecht ansehen. Außer am Kreuz zeigte Jesus das ultimative Maß an Liebe, indem er seinen Jüngern einfach die Füße wusch. (Joh 13, 1-5).
    3. Nirgendwo in diesem Kapitel der Apostelgeschichte werden diese Männer als Diakone bezeichnet, aber die meisten sind der Auffassung, dass sie das Amt des Diakons als erste Gruppe so ausübten, wie es in 1. Timotheus 3, 8-13 beschrieben wird. Das Wort Diakon bedeutet einfach ‚Diener‘, und diese Männer waren zweifellos Diener. Sie konnten dieselbe Verheißung für einen treuen Dienst beanspruchen, die Paulus den Diakonen in 1. Timotheus 3, 13 ausdrücklich gab: Denn, wenn sie ihren Dienst gut versehen, erwerben sie sich selbst eine gute Stufe und viel Freimütigkeit im Glauben in Christus Jesus.
  4. Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger mehrte sich sehr in Jerusalem: Wenn man sich vor Augen hält, was bei dem versuchten Angriff Satans, die Gemeinde zu spalten, alles hätte schief gehen können, verdienen alle Beteiligten großen Respekt.
    1. Diejenigen mit der Beschwerde, die Hellenisten, handelten richtig: Statt zu klagen und zu lamentieren, machten sie auf die Not aufmerksam, und sie vertrauten auf die Lösung durch die Apostel.
    2. Die der anderen Partei, der Hebräer, handelte richtig: Sie erkannte an, dass die Hellenisten ein berechtigtes Anliegen hatten, und sie vertrauten auf die Lösung durch die Apostel.
    3. Die sieben auserwählten Männer handelten richtig: Sie folgten dem Ruf zum unrühmlichen Dienst.
    4. Die Apostel handelten richtig: Sie reagierten auf die Not, ohne sich von ihrer Hauptaufgabe ablenken zu lassen.
  5. Und das Wort Gottes breitete sich aus: Weil man mit Weisheit und Einfühlungsvermögen auf die Menschen einging, die sich verletzt fühlten, konnte ein möglicher Spaltungsgrund entschärft werden, und das Evangelium breitete sich weiter aus. Sogar eine große Zahl von Priestern kam zum Glauben an Jesus.
    1. „Die Gemeinde bestimmte Diakone des Heiligen Geistes und erhielt bekehrte Priester … Die Jünger erwählten Diakone des Heiligen Geistes und bekamen Märtyrer und Evangelisten des Heiligen Geistes.“
    2. „Die Männer wurden auserwählt, um bei den Tischen zu dienen – um gewöhnliche Dinge zu tun; man sah auch, wie sie ungewöhnliche Dinge vollbrachten – wie sie Zeichen und Wunder unter dem Volk bewirkten.“
    3. Satans Strategie schlug fehl. Er versuchte, die Gemeinde zu spalten, und es hat nicht funktioniert. Aber auch Satans zweite Methode versagte. Die Apostel ließen sich nicht vom Schwerpunkt des Dienstes ablenken, den Gott für sie hatte – sich auf das Wort Gottes und auf das Gebet zu konzentrieren.

B. Die falsche Anklage gegen Stephanus

1. Stephanus‘ Zeugnis für Gott

Apostelgeschichte 6, 8-10

Apostelgeschichte 6, 8-10
Und Stephanus, voll Glauben und Kraft, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk. Aber etliche aus der sogenannten Synagoge der Libertiner und Kyrenäer und Alexandriner und derer von Cilicien und Asia standen auf und stritten mit Stephanus. Und sie konnten der Weisheit und dem Geist, in dem er redete, nicht widerstehen.

  1. Stephanus, voll Glauben und Kraft, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk: Gott tat Wunder und große Zeichen durch die Apostel; aber auch durch andere wie Stephanus, einen der auserwählten Diener, der den Witwen half. Gott benutzte Stephanus, weil er voll Glauben und Kraft war.
    1. Es gibt einen kleinen textlichen Streit darüber, ob der ursprüngliche Text von Lukas besagt, dass Stephanus voller Glauben und Macht oder voller Gnade und Kraft war. Die Bedeutung ist im Wesentlichen dieselbe, denn im Glauben zu leben bedeutet, in Gottes Gnade zu wandeln.
  2. Stritten mit Stephanus: Stephanus debattierte mit Juden aus der Synagoge der Freigelassenen. Befähigt durch den Heiligen Geist, zeigte er größere Weisheit als seine Gegner (sie konnten der Weisheit und dem Geist, in dem er redete, nicht widerstehen).
    1. Es weist nichts darauf hin, dass Stephanus – an sich – klüger, besser gebildet oder ein besserer Redner war als diese Juden. Wir sollten seine Überlegenheit in der Diskussion dem Geist zuschreiben, in dem er redete.
    2. Die aus Cilicien : „Die Erwähnung von Cilicien legt nahe, dass es sich um die Synagoge des Paulus vor seiner Bekehrung handeln könnte. Er kam aus Tarsus in Cilicien.“ (Lovett)

2. Die widerstrebenden Juden, die in der Debatte unterlagen, erheben falsche Anschuldigungen gegen Stephanus

Apostelgeschichte 6, 11-14

Apostelgeschichte 6, 11-14
Da stifteten sie Männer an, die sagten: Wir haben ihn Lästerworte reden hören gegen Mose und Gott! Und sie wiegelten das Volk und die Ältesten und die Schriftgelehrten auf und überfielen ihn, rissen ihn fort und führten ihn vor den Hohen Rat. Und sie stellten falsche Zeugen, die sagten: Dieser Mensch hört nicht auf, Lästerworte zu reden gegen diese heilige Stätte und das Gesetz! Denn wir haben ihn sagen hören: Jesus, der Nazarener wird diese Stätte zerstören und die Gebräuche ändern, die uns Mose überliefert hat!

  1. Sie stifteten Männer an, die sagten: Die Gegner von Stephanus konnten einen fairen Kampf nicht gewinnen, also benutzten sie Lügen und heimliche Absprachen, um die öffentliche Meinung gegen Stephanus zu beeinflussen.
    1. Normalerweise würde Lukas nicht wissen, wie die Gegner von Stephanus die Männer anstifteten. Möglicherweise wusste er es, weil ein Mann namens Saulus von Tarsus unter den Gegnern war. Einige von ihnen stammten aus der Heimatregion des Paulus in Cilicien. Saulus (der als der Apostel Paulus bekannt wurde) könnte Lukas von diesem Vorfall erzählt haben.
  2. Sie wiegelten das Volk auf: Die Gegner von Stephanus konnten nichts gegen die Anhänger Jesu unternehmen, bis sie die öffentliche Meinung auf ihre Seite brachten. Zuvor hatte sich die Verfolgung der Apostel in Grenzen gehalten, weil die Meinung des Volkes auf ihrer Seite war (Apostelgeschichte 2, 47; 5, 26).
    1. Die öffentliche Meinung lässt sich leicht beeinflussen. Dieselben Menschenmengen, die Jesus lobten (Lukas 19, 35-40), forderten bald seine Kreuzigung (Lukas 23, 18-23). Die Menge, die die Apostel liebte (Apostelgeschichte 2, 47; 5, 26), lehnt sich gegen Stephanus auf. Aus diesem Grund sollten wir niemals zulassen, dass die öffentliche Meinung die Ausrichtung oder den Schwerpunkt der Gemeinde bestimmt, sondern sie auf Gottes ewigem Wort beruhen lassen.
  3. Wir haben ihn Lästerworte reden hören gegen Mose und Gott … dieser Mensch hört nicht auf, Lästerworte zu reden gegen diese heilige Stätte und das Gesetz … Jesus von Nazareth wird diese Stätte zerstören und die Gebräuche ändern: Das waren die Anschuldigungen gegen Stephanus. Bezeichnenderweise wurden viele der gleichen falschen Anschuldigungen gegen Jesus erhoben (Matthäus 26, 59-61). Es ist eine gute Sache, wenn man der gleichen Dinge beschuldigt wird, derer Jesus beschuldigt wurde.
    1. Sie warfen ihm diese Dinge vor, weil Stephanus eindeutig Folgendes lehrte:
      1. Jesus war größer als Mose (Lästerworte Worte gegen Mose).
      2. Jesus war Gott (Lästerworte gegen … Gott).
      3. Jesus war größer als der Tempel (Lästerworte gegen diesen heiligen Ort).
      4. Jesus war die Erfüllung des Gesetzes (Lästerworte gegen … das Gesetz).
      5. Jesus war größer als ihre religiösen Bräuche und Traditionen (Jesus von Nazareth wird diese Stätte zerstören und die Gebräuche ändern).
    2. Stephanus predigte gewiss nie gegen Mose und Gott, aber man verfälschte seine Verehrung für Jesus. Er sprach nie lästerliche Worte gegen diese heilige Stätte (den Tempel), doch erhob er sie auch nicht, wie viele Juden in jener Zeit, zu einem Gottesbild. Durch die Verdrehung seiner Worte wurden falsche Anschuldigungen gegen Stephanus erhoben.
    3. „Stephanus hat mit Sicherheit die innere Bedeutung von Jesu eigenen Worten erfasst und erläutert, unabhängig von seiner Formulierung, die zur Anschuldigung führte, würde er behaupten, dass Jesus den Tempel zerstören würde.“ (Bruce).
    4. Mehrere Kommentatoren unterstellen bzw. behaupten direkt, dass die Kernaussage von Stephanus´ Botschaft – dass Jesus den Tempel und seine auf einen Ort beschränkte Anbetung ablöst – eine Lehre war, vor deren Verkündigung selbst die Apostel zurückschreckten. Das ist jedoch eine ungerechtfertigte Behauptung. Der offenkundige Mut der Apostel ist ein unwiderlegbarer Beweis dafür, dass sie keine Wahrheit aus Angst davor zurückhielten, sie könnte zu umstritten – oder gefährlich – sein.

3. Die Haltung von Stephanus, als er angeklagt wurde

Apostelgeschichte 6, 15

Apostelgeschichte 6, 15
Und als alle, die im Hohen Rat saßen, ihn anblickten, sahen sie sein Angesicht wie das Angesicht eines Engels.

  1. Und als alle, die im Hohen Rat saßen, ihn anblickten: Stephanus stand vor dem höchsten religiösen Gericht, dem er sich stellen konnte; er wurde von angesehenen, gebildeten und einflussreichen Männern verhört. Er war zu Unrecht angeklagt worden und schien die Unterstützung des Volkes verloren zu haben.
  2. Sein Angesicht wie das Angesicht eines Engels: Das Gesicht des Stephanus hatte nicht diesen milden, weichen, engelsgleichen Ausdruck, den wir in so vielen Gemälden sehen; es war auch kein Blick des strengen Urteils und des Zorns. Stattdessen spiegelte sein Gesicht den vollkommenen Frieden und die Zuversicht von jemanden wider, der seinen Gott kennt und ihm vertraut. In seinem Gesicht spiegelte sich dieselbe Herrlichkeit wider, die Mose hatte, als er Gott aus der Nähe betrachtete.
    1. „Es handelt sich um die Beschreibung einer Person, die Gott nahe ist und etwas von seiner Herrlichkeit widerspiegelt, weil sie sich in seiner Gegenwart befindet (2. Mose 34, 29ff).“ (Marshall)
  3. Das Angesicht eines Engels bedeutet auch, dass Stephanus vollkommenen Frieden empfand. Seine Miene war nicht von Angst oder Schrecken erfüllt, weil er wusste, dass sein Leben in Gottes Hand lag und dass Jesus sein Volk niemals im Stich lässt.

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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