Apostelgeschichte 16 – Die zweite Missionsreise beginnt

A. Von der Stadt Derbe nach Troas

1. Paulus trifft Timotheus in Lystra

Apostelgeschichte 16, 1-2

Apostelgeschichte 16, 1-2
Er kam aber nach Derbe und Lystra. Und siehe, dort war ein Jünger namens Timotheus, der Sohn einer gläubigen jüdischen Frau, aber eines griechischen Vaters; der hatte ein gutes Zeugnis von den Brüdern in Lystra und Ikonium.

  1. Er kam aber nach Derbe und Lystra: Paulus (und Silas) kamen nach Derbe, wo er auf seiner ersten Missionsreise bereits großen Erfolg gehabt hatte (Apostelgeschichte 14, 20-21), und nach Lystra, wo eine Menschenmenge auf der ersten Missionsreise versucht hatte, Paulus und Barnabas als heidnische Götter zu verehren (Apostelgeschichte 14, 8-20).
    1. Paulus trat diese Missionsreise von Antiochia aus an. Zunächst setzte er sich für die Stärkung der Gemeinden in den Regionen Syrien und Cilizien ein (Apostelgeschichte 15, 40-41).
    2. Nach der Einschätzung von William Barclay endete die erste Missionsreise etwa fünf Jahre vor den Ereignissen dieses Kapitels. Paulus war bestrebt, selbst zu sehen, wie das Werk des Herrn in diesen Gemeinden, die er fünf Jahre zuvor gegründet hatte, weiterging.
  2. Dort war ein Jünger namens Timotheus: Nachdem Paulus in Lystra gewesen war, hatte dort ein junger Mann namens Timotheus dem Herrn gedient (der hatte ein gutes Zeugnis von den Brüdern). Timotheus hatte eine gläubige Mutter mit jüdischem Hintergrund (Sohn einer gläubigen jüdischen Frau) und einen (vermutlich) ungläubigen griechischen Vater.
    1. Das letzte Mal, als Paulus in Lystra war, beteten sie ihn zuerst als Gott an und versuchten dann, ihn durch eine Steinigung zu töten (Apostelgeschichte 14, 11-20). Paulus‘ Mut und Weisheit im Angesicht dieser Hindernisse übten einen tiefen und bleibenden Eindruck auf Menschen wie Timotheus aus.

2. Timotheus schließt sich Paulus und Silas an und ihre Arbeit geht weiter

Apostelgeschichte 16, 3-5

Apostelgeschichte 16, 3-5
Diesen wollte Paulus mit sich ziehen lassen. Und er nahm ihn und ließ ihn beschneiden um der Juden willen, die in jener Gegend waren; denn sie wussten alle, dass sein Vater ein Grieche war. Als sie aber die Städte durchzogen, übergaben sie ihnen zur Befolgung die von den Aposteln und den Ältesten in Jerusalem gefassten Beschlüsse. So wurden nun die Gemeinden im Glauben gestärkt und nahmen an Zahl täglich zu.

  1. Diesen wollte Paulus mit sich ziehen lassen: Paulus war von Timotheus so beeindruckt, dass er ihn bat, sich seinem Missionsteam anzuschließen. Dies zeigt, dass Gott für ihn gesorgt hat, denn Johannes Markus und Barnabas hatten Paulus gerade verlassen (Apostelgeschichte 15, 36-41). Kein einziger Arbeiter in Gottes Reich ist unersetzlich. Wenn ein Barnabas geht (aus welchem Grund auch immer), hat Gott einen Timotheus, der mit ihm weiterzieht.
  2. Und er nahm ihn und ließ ihn beschneiden um der Juden willen, die in jener Gegend waren: Paulus ließ Timotheus beschneiden, nicht um seines Heils willen (Paulus würde dies nie tun), sondern damit der Dienst unter den Juden erleichtert werden würde.
    1. In Apostelgeschichte 15 argumentierte Paulus nachdrücklich, dass es nicht heilsnotwendig sei, dass nichtjüdische Bekehrte das Gesetz des Mose befolgen müssten (Apostelgeschichte 15, 2 und 15, 12). Paulus traf Timotheus während er die Nachricht von diesem Beschluss überbrachte, welche auf dem Gemeinderat in Apostelgeschichte 15 gefasst wurde (Als sie aber die Städte durchzogen, übergaben sie ihnen zur Befolgung die von den Aposteln und den Ältesten in Jerusalem gefassten Beschlüsse).
    2. Dennoch handelte Paulus weder im Widerspruch zu seinem Glauben noch zu den Ergebnissen des Gemeinderates, als er Timotheus beschneiden ließ. Paulus tat dies nicht um Timotheus‘ Errettung willen oder damit er vor Gott bestehen konnte. Er tat es, damit Timotheus‘ Ansehen als nicht beschnittener Mann, Sohn einer jüdischen Mutter, ihre Arbeit unter den Juden und in den Synagogen nicht behinderte. Paulus tat Dinge um der Liebe willen, die er sonst nie aus dem reinen Versuch heraus, Gott durch Gesetzlichkeit zu gefallen, getan hätte. Paulus bestand darauf, dass Titus, ein nichtjüdischer Mitarbeiter, nicht beschnitten werden müsse (Galater 2, 3-5).
    3. „Nach jüdischem Gesetz war Timotheus ein Jude, weil er der Sohn einer jüdischen Mutter war, aber weil er unbeschnitten war, war er technisch gesehen ein abgestoßener Jude. Wenn Paulus seine Verbindung mit der Synagoge aufrechterhalten wollte, konnte er einen Abfall vom Glauben nicht dulden.“ (Bruce)
    4. „Aus der Sicht des Paulus bedeutete ein guter Christ zu sein nicht, ein schlechter Jude zu sein“. (Longenecker) Der Wortlaut in Apostelgeschichte 16, 3 impliziert in einigen Übersetzungen, dass Paulus selbst die Beschneidung vorgenommen hat: „und er … beschnitt ihn“ (Elberfelder).
  3. So wurden nun die Gemeinden im Glauben gestärkt und nahmen an Zahl täglich zu:
    Paulus, Silas und Timotheus arbeiteten gemeinsam erfolgreich daran, die Gemeinden zu stärken und zu vergrößern.
    1. Ihre Arbeit war erfolgreich, weil ihr erstes Interesse der Stärkung der Gemeinden galt. Starke Gemeinden werden naturgemäß täglich zahlenmäßig wachsen, ohne sich dabei menschenzentrierter und manipulativer Methoden zu bedienen.

3. Der Heilige Geist verbietet Paulus, in die Provinz Kleinasien zu reisen

Apostelgeschichte 16, 6-8

Apostelgeschichte 16, 6-8
Als sie aber Phrygien und das Gebiet Galatiens durchzogen, wurde ihnen vom Heiligen Geist gewehrt, das Wort in [der Provinz] Asia zu verkündigen. Als sie nach Mysien kamen, versuchten sie, nach Bithynien zu reisen; und der Geist ließ es ihnen nicht zu. Da reisten sie an Mysien vorbei und kamen hinab nach Troas.

  1. Wurde ihnen vom Heiligen Geist gewehrt, das Wort in [der Provinz] Asia zu verkündigen: Nachdem er die Gemeinden in der Region gestärkt hatte, wollte Paulus als nächstes in den Südwesten gehen, in Richtung der wichtigen Stadt Ephesus. Doch wurde ihnen vom Heiligen Geist gewehrt, dorthin zu gehen.
    1. Wir stellen mit Interesse fest, dass der Heilige Geist Paulus tatsächlich verboten hat, etwas zu tun, was wir normalerweise als gut erachten – Gottes Wort denen zu predigen, die es brauchen. Doch der Geist Gottes leitete diese Arbeit und Paulus war nicht die richtige Person zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um damit zu beginnen, das Evangelium in die römische Provinz Kleinasien zu bringen. Es war sicherlich nichts Falsches an Paulus‘ Wunsch, das Wort in Asia … zu verkündigen; aber es entsprach nicht dem Zeitplan Gottes, so dass es ihnen vom Heiligen Geist gewehrt wurde.
    2. Es ist schwierig, genau zu sagen, wie der Heilige Geist Nein gesagt hat; es kann durch eine Prophezeiung oder durch ein inneres Sprechen des Heiligen Geistes oder durch Umstände geschehen sein. Auf die eine oder andere Weise haben Paulus und seine Begleiter die Botschaft erhalten. Nach Ephesus würden sie später reisen, nicht jetzt.
    3. Asia bezieht sich nicht auf den Fernen Osten, wie wir ihn heute kennen. Es bezieht sich auf die römische Provinz Kleinasien, die heutige Türkei.
  2. Versuchten sie, nach Bithynien zu reisen; und der Geist ließ es ihnen nicht zu: Nach dem Versuch, nach Asia zu gehen, versuchte Paulus, nach Norden, nach Bithynien zu gehen, wurde aber wiederum vom Heiligen Geist daran gehindert. So kamen sie hinab nach Troas.
    1. Paulus hatte nicht vor, nach Troas zu gehen. Es war nur die dritte Wahl für ihn. Aber es war der Plan des Heiligen Geistes, ihn dorthin zu führen. Paulus, der auf wunderbare Weise auf den Heiligen Geist reagierte, war bereit, seinen Willen und seine Pläne niederzulegen und stattdessen der Leitung der Heiligen Geistes zu folgen.
    2. Paulus ließ sich von Hindernissen leiten. Der Heilige Geist leitet oft ebenso sehr durch das Schließen von Türen wie durch das Öffnen von Türen.
    3. David Livingstone wollte nach China gehen, aber Gott schickte ihn nach Afrika. William Carey wollte nach Polynesien gehen, aber Gott schickte ihn nach Indien. Adoniram Judson wollte nach Indien gehen, aber Gott führte ihn nach Burma. Gott führt uns auf unserem Weg, an genau den richtigen Ort.

4. Gott lenkt Paulus in die Region Mazedonien

Apostelgeschichte 16, 9-10

Apostelgeschichte 16, 9-10
Und in der Nacht erschien dem Paulus ein Gesicht: Ein mazedonischer Mann stand vor ihm, bat ihn und sprach: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! Als er aber dieses Gesicht gesehen hatte, waren wir sogleich bestrebt, nach Mazedonien zu ziehen, indem wir daraus schlossen, dass uns der Herr berufen hatte, ihnen das Evangelium zu verkündigen.

  1. Und in der Nacht erschien dem Paulus ein Gesicht: In Troas machte Gott Paulus die Richtung klar. In einem Gesicht (einer Vision) wurde Paulus in die Region Mazedonien eingeladen, über die Ägäis in westliche Richtung.
    1. Dies brachte Paulus und sein Missionsteam vom asiatischen Kontinent auf den europäischen Kontinent; es war das erste missionarische Unternehmung in Europa.
    2. Die Weisheit und Größe von Gottes Plan begann sich zu entfalten. Paulus hatte sich erhofft, ein paar Städte in seiner Region zu erreichen. Aber Gott wollte Paulus einen Kontinent geben, um ihn für Jesus Christus zu gewinnen.
  2. Ein mazedonischer Mann stand vor ihm, bat ihn und sprach: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! Der mazedonische Mann wollte Hilfe. Also ging Paulus hin, um Mazedonien das Evangelium zu bringen – die bestmögliche Hilfe.
    1. Die größte Hilfe, die wir jemandem bringen können, ist das lebensverändernde Evangelium von Jesus Christus. Es ist gut, wenn wir zusätzlich zum Evangelium auch andere Hilfen mitbringen, aber ohne das Evangelium wird wenig echte Hilfe geleistet.
  3. Als er aber dieses Gesicht gesehen hatte, waren wir sogleich bestrebt, nach Mazedonien zu ziehen: Paulus zögerte nicht, dem Ruf des mazedonischen Mannes zu folgen. Das Missionsteam des Paulus zögerte nicht, ihm auf der Grundlage dieses Rufs zu folgen. Er war ein starker, gottesfürchtiger Mann, der ein starkes, gottesfürchtiges Team anführte.
    1. Gott ruft immer noch Menschen auf das Missionsfeld, und er ruft vielleicht auf ungewöhnliche Art und Weise. Es ist immer noch möglich, dass jemand in der Erscheinung eines mazedonischen Mannes einen ungewöhnlichen Ruf zum Dienst an Gott an einem fernen Ort ausspricht. Wenn das geschieht, ist es wichtig, so zu reagieren, wie Paulus und sein Team es getan haben.
  4. Waren wir sogleich bestrebt, nach Mazedonien zu ziehen: Der Wechsel von sie (Da reisten sie an Mysien vorbei und kamen hinab nach Troas, Apostelgeschichte 16, 8) zu wir in diesem Vers bedeutet wahrscheinlich, dass Lukas sich der Gruppe der Missionare in Troas anschloss. Vielleicht begleitete er sie sogar als Paulus‘ Leibarzt.
    1. Jetzt sehen wir einen weiteren Grund, warum ihnen vom Heiligen Geist gewehrt wurde, das Wort in [der Provinz] Asia zu verkündigen. Wir sehen einen weiteren Grund, warum der Geist es ihnen nicht zuließ, nach Bithynien zu reisen. Gott wollte, dass Paulus und sein Team nach Troas gingen und einen Arzt namens Lukas abholten. Da Gott diese beiden Male ‚Nein‘ zu Paulus sagte, haben wir ein Evangelium und eine von dem Arzt Lukas verfasste Apostelgeschichte.
    2. Zu dieser Zeit hatte Paulus wahrscheinlich keine Ahnung vom Ausmaß der Absichten Gottes. Gott wollte ihm einen Kontinent für Jesus geben, ihm einen Leibarzt geben und uns allen den Mann, den Gott dazu benutzen würde, mehr vom Neuen Testament zu schreiben als jeder andere. Gott weiß, was er tut, wenn er ‚Nein‘ sagt.

B. Das Werk des Paulus in der mazedonischen Stadt Philippi

1. Ankunft in Philippi

Apostelgeschichte 16, 11-12

Apostelgeschichte 16, 11-12
So fuhren wir denn [mit dem Schiff] von Troas ab und kamen geradewegs nach Samothrace und am folgenden Tag nach Neapolis und von dort nach Philippi, welches die bedeutendste Stadt jenes Teils von Mazedonien ist, eine [römische] Kolonie. Wir hielten uns aber in dieser Stadt etliche Tage auf.

  1. Wir fuhren denn [mit dem Schiff] von Troas ab: Paulus und sein Missionsteam (jetzt einschließlich Lukas) mussten über die Ägäis segeln, vom asiatischen Kontinent zum europäischen Kontinent. Das war ein großer Schritt, vielleicht größer, als es Paulus überhaupt bewusst war.
    1. „Dass sie ‚direkt auf Samothrace zu fuhren‘, ist recht aufschlussreich, denn dies ist ein seemännischer Hinweis, der bedeutet, dass sie den Wind im Rücken hatten. Die Winde waren so perfekt, dass sie in nur zwei Tagen etwa 251 km segelten, während sie für den Rückweg in die andere Richtung zu einem späteren Zeitpunkt fünf Tage brauchten (Apostelgeschichte 20, 6).“ (Hughes)
  2. Von dort nach Philippi, welches die bedeutendste Stadt jenes Teils von Mazedoniens ist: Paulus verfolgte hier den Plan, in den großen Städten Gemeinden zu gründen. Er wusste, dass es für das Evangelium leichter war, sich von diesen Städten aus zu verbreiten als von außerhalb in diese Städte hinein.
    1. Philippi war „der Ort, an dem die Armeen von Marcus Antonius und Augustus in der entscheidenden Schlacht des zweiten römischen Bürgerkriegs 42 v. Chr. Brutus und Cassius besiegten“ (Hughes). Aus diesem Grund setzten sich viele römische Soldaten in der Gegend zur Ruhe, und Philippi war stolz auf seine Verbundenheit mit den Römern.

2. Lydias Bekehrung

Apostelgeschichte 16, 13-15

Apostelgeschichte 16, 13-15
Und am Sabbattag gingen wir vor die Stadt hinaus, an den Fluss, wo man zu beten pflegte; und wir setzten uns und redeten zu den Frauen, die zusammengekommen waren. Und eine gottesfürchtige Frau namens Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, hörte zu; und der Herr tat ihr das Herz auf, sodass sie aufmerksam achtgab auf das, was von Paulus geredet wurde. Als sie aber getauft worden war und auch ihr Haus, bat sie und sprach: Wenn ihr davon überzeugt seid, dass ich an den Herrn gläubig bin, so kommt in mein Haus und bleibt dort! Und sie nötigte uns.

  1. Und am Sabbattag gingen wir vor die Stadt hinaus, an den Fluss, wo man zu beten pflegte: Die Tatsache, dass die Juden von Philippi keine Synagoge hatten und sich am Fluss trafen, bedeutet, dass es nicht viele jüdische Männer in Philippi gab.
    1. „Wären es zehn jüdische Männer gewesen, hätten diese ausgereicht, um eine Synagoge zu gründen. Selbst unzählige Frauen würden die Abwesenheit auch nur eines Mannes nicht ausgleichen, die notwendig wäre, um die beschlussfähige Anzahl von zehn Personen zu erreichen.“ (Bruce)
  2. Lydia, eine Purpurhändlerin: Jeder dem Beruf einer Purpurhändlerin nachging, handelte mit einem wertvollen, luxuriösen Produkt. Die zur Herstellung von Purpur verwendeten Farbstoffe waren teuer und hochgeschätzt. Diese Frau war die erste Bekehrte in Europa, und man könnte sagen, dass der mazedonische Mann sich als Frau entpuppte.
    1. Aus der Stadt Thyatira: Thyatira war bekannt als ein Zentrum für diesen violetten Farbstoff und die daraus hergestellten Stoffe. Später gab es auch eine Gemeinde in Thyatira, und sie war eine der sieben Gemeinden, die in der Offenbarung angesprochen werden (Offenbarung 2, 18-29).
  3. Der Herr tat ihr das Herz auf, sodass sie aufmerksam achtgab auf das, was von Paulus geredet wurde: Bevor Lydia sich bekehrte (wie durch ihre Taufe bewiesen wurde), tat ihr der Herr das Herz auf. Das ist ein Werk, das Gott in allen, die glauben, tun muss. Genau das ist, was auch Jesus sagte: Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht, der mich gesandt hat (Johannes 6, 44).
    1. Ein wichtiges Element der Evangelisation ist daher, Gott im Gebet zu bitten, die Herzen aufzutun, denn ohne dies kann es keine echte Bekehrung geben.
  4. Bat sie und sprach: Wenn ihr davon überzeugt seid, dass ich an den Herrn gläubig bin, so kommt in mein Haus und bleibt dort! Sofort machte sich Lydia daran, Gutes zu tun. Ihre Gastfreundschaft war rührend und ein wunderbares Vorbild.

3. Eine von Dämonen besessene Sklavin folgt Paulus

Apostelgeschichte 16, 16-17

Apostelgeschichte 16, 16-17
Es geschah aber, als wir zum Gebet gingen, dass uns eine Magd begegnete, die einen Wahrsagegeist hatte und ihren Herren durch Wahrsagen großen Gewinn verschaffte. Diese folgte Paulus und uns nach, schrie und sprach: Diese Männer sind Diener des höchsten Gottes, die uns den Weg des Heils verkündigen!

  1. Eine Magd … die einen Wahrsagegeist hatte und ihren Herren durch Wahrsagen großen Gewinn verschaffte: Dieses Mädchen, obwohl es dämonenbesessen war, war als Wahrsagerin eine Geldquelle für ihre Besitzer. Vermutlich war dies darauf zurückzuführen, dass Dämonen ihr übernatürliche Einsichten in das Leben anderer gaben.
    1. „Es heißt tatsächlich: ‚Sie hatte den Geist von Pythona. Das sagt den meisten von uns nicht viel, weshalb es auch nicht wörtlich übersetzt wird. Aber ‘Pythona‘ war eine bestimmte Art von Schlange – eine Python. Sie wird hier verwendet, weil die Python mit dem Gott Apollon in Verbindung gebracht wurde … unweit von Philippi, in eben diesem Gebiet Europas, gab es einen Schrein für den pythischen Apollon“. (Boice)
    2. Heutzutage ist vieles von dem, was Wahrsager und Hellseher tun, nur Geldmacherei. Aber wenn es wahr ist und (im Gegensatz zu cleveren, aufschlussreichen Vermutungen) einen übernatürlichen Ursprung hat, besteht kein Zweifel daran, dass es von Dämonen inspiriert ist. Es gibt auch heute noch Menschen, die einen Wahrsagegeist haben.
    3. Da Dämonen erschaffene Wesen und keine ‚Götter‘ sind, nehmen wir an, dass sie weder Gedanken lesen noch die Zukunft vorhersagen können. Aber sie können menschliches Verhalten lesen und vorhersagen, und sie können versuchen, die Ereignisse auf ein zuvor vorhergesagtes Ende hinzulenken.
  2. Diese folgte Paulus und uns nach, schrie und sprach: Diese Männer sind Diener des höchsten Gottes, die uns den Weg des Heils verkündigen! Das von Dämonen besessene Sklavenmädchen predigte für Paulus und verbreitet ein dämonisches Zeugnis seiner göttlichen Beglaubigung und seiner Botschaft. Sie tat dies nicht nur einmal, sondern viele Tage lang (Apostelgeschichte 16, 18).

4. Paulus treibt den Dämon aus der Sklavin aus

Apostelgeschichte 16, 18

Apostelgeschichte 16, 18
Und dies tat sie viele Tage lang. Paulus aber wurde unwillig, wandte sich um und sprach zu dem Geist: Ich gebiete dir in dem Namen Jesu Christi, von ihr auszufahren! Und er fuhr aus in derselben Stunde.

  1. Paulus aber wurde unwillig: Paulus wurde unwillig und er wusste die kostenlose Werbung des Dämons nicht zu schätzen. Er wusste die Quelle der Empfehlung nicht zu schätzen, und er brauchte keine dämonische Zustimmung für seine Arbeit.
    1. Paulus wusste, dass ein Mann danach beurteilt wird, wen er als Freund hat und genauso darüber, wer seine Feinde sind. Er konnte auf ein dämonisches Referenzschreiben verzichten. Darin war Paulus wie Jesus, der den Dämonen oft sagte, sie sollten schweigen, auch wenn sie die Wahrheit über ihn sagten (Matthäus 8, 28-34, Markus 3, 11-12).
  2. Ich gebiete dir in dem Namen Jesu Christi, von ihr auszufahren: Jesus treibt die Dämonen mit seiner eigenen Autorität aus. Paulus war darauf bedacht, mit Dämonen nur in der Autorität Jesu Christi zu sprechen, und er sprach mit dieser Autorität Jesu nicht zu dem leidenden Mädchen, sondern direkt zu dem Dämon.
  3. Und er fuhr aus in derselben Stunde: Die Idee hinter derselben Stunde ist, dass der Dämon sofort herauskam. Jesus sagte, dass einige Dämonen schwieriger auszutreiben sein würden als andere (Matthäus 17, 21).
    1. Bruce übersetzt den Satz, Es kam auf der Stelle heraus. Er kommentiert: „Die Worte waren kaum von seinen Lippen gewichen, als sie aus ihrer Macht befreit wurde.“

5. Paulus und Silas werden verhaftet, geschlagen und eingesperrt, weil sie das Sklavenmädchen von ihrer dämonischen Besessenheit befreit haben

Apostelgeschichte 16, 19-24

Apostelgeschichte 16, 19-24
Als aber ihre Herren sahen, dass die Hoffnung auf ihren Gewinn entschwunden war, ergriffen sie Paulus und Silas und schleppten sie auf den Marktplatz vor die Obersten der Stadt; und sie führten sie zu den Hauptleuten und sprachen: Diese Männer, die Juden sind, bringen unsere Stadt in Unruhe und verkündigen Gebräuche, welche anzunehmen oder auszuüben uns nicht erlaubt ist, da wir Römer sind! Und die Volksmenge stand ebenfalls gegen sie auf; und die Hauptleute rissen ihnen die Kleider ab und befahlen, sie mit Ruten zu schlagen. Und nachdem sie ihnen viele Schläge gegeben hatten, warfen sie sie ins Gefängnis und geboten dem Kerkermeister, sie sicher zu verwahren. Dieser warf sie auf solchen Befehl hin ins innere Gefängnis und schloss ihre Füße in den Stock.

  1. Ihre Herren sahen, dass die Hoffnung auf ihren Gewinn entschwunden war: Das erklärt, warum Paulus und Silas so schlecht behandelt wurden. Die Herren des dämonenbesessenen Mädchens sorgten sich nicht um das Mädchen selbst, sondern es ging ihnen nur darum, ihre dämonische Besessenheit weiterhin als Verdienstquelle ausnutzen zu können. Sie waren okkulte ‚Zuhälter‘, die sie geistlich prostituierten.
  2. Ergriffen sie Paulus und Silas: Paulus und Silas wurden nicht nur deshalb herausgegriffen, weil es die Leiter der evangelistischen Gruppe gab, sondern auch, weil sie ihrem Aussehen nach offensichtlich Juden waren. Darauf deutet die Art und Weise hin, wie sie mit ihrer Beschuldigung begannen: „Diese Männer, die Juden sind.
    1. Lukas war ein Heide, und Timotheus war nur Halbjude. Paulus und Silas sahen jüdisch aus, und „antijüdische Gesinnungen befanden sich in der heidnischen Antike sehr dicht unter der Oberfläche“. (Bruce) Der Einwand, dass diese Männer Juden waren, ist umso interessanter, wenn man weiß, dass die jüdische Gemeinde in Philippi klein war.
  3. Diese Männer, die Juden sind, bringen unsere Stadt in Unruhe und verkündigen Gebräuche, welche anzunehmen oder auszuüben uns nicht erlaubt ist, da wir Römer sind! Ihre Anschuldigungen waren vage, sie beschuldigten Paulus und Silas einfach, Unruhestifter zu sein. Aber diese vagen Anschuldigungen reichten aus, denn sowohl die Volksmenge als auch die Hauptleute waren Paulus und Silas gegenüber voreingenommen. Sie waren voreingenommen, weil sie jüdisch aussahen und weil sie annahmen, Paulus und Silas seien keine römischen Staatsbürger.
    1. Im Römischen Reich gab es zwei sehr unterschiedliche Gesetze: eines für Bürger des Römischen Reiches und eines für diejenigen, die keine Bürger Roms waren. Römische Bürger hatten spezifische, sorgfältig geschützte Bürgerrechte. Nicht-Staatsbürger hatten keine Bürgerrechte und waren der Willkür sowohl der Volksmenge als auch der Hauptleute unterworfen.
    2. Da sie annahmen, Paulus und Silas seien keine römischen Bürger, waren sie verärgert, weil diese offensichtlich jüdischen Männer römische Bürger mit ihrer seltsamen Religion eines gekreuzigten Erlösers belästigten. Auch die Volksmenge und die Hauptleute fühlten sich berechtigt, Paulus und Silas zu beschimpfen, weil sie annahmen, dass sie keine römischen Staatsbürger seien.
    3. „Es herrschte große Empörung darüber, dass römische Bürger von umherziehenden Hausierern einer seltsamen Religion belästigt werden sollten. Solchen Leuten musste beigebracht werden, ihren richtigen Platz zu kennen und die bessergestellten Bürger nicht zu belästigen.“ (Bruce)
  4. Nachdem sie ihnen viele Schläge gegeben hatten, warfen sie sie ins Gefängnis: Nachdem sie intensiv geschlagen worden waren, wurden Paul und Silas unter Hochsicherheitsbedingungen eingesperrt (sie geboten dem Kerkermeister, sie sicher zu verwahren … ins innere Gefängnis … schloss ihre Füße in den Stock).
    1. Die jüdische Rechtstradition gab eine maximale Anzahl von Schlägen vor, die beim Schlagen einer Person ausgeführt werden durften, aber die Römer hatten keine solche Grenze. Wir wissen nur, dass Paulus und Silas heftig geschlagen wurden. Paulus schrieb später über sein Leben: Ich habe weit mehr Mühsal, über die Maßen viele Schläge ausgestanden, war weit mehr in Gefängnissen, öfters in Todesgefahren. (2. Korinther 11, 23)
    2. Nachdem sie so geschlagen worden waren, wurden sie in eine unangenehme Position gebracht (man schloss ihre Füße in den Stock). „Diese Stöcke hatten mehr als zwei Löcher für die Beine, die dadurch auseinandergedrückt werden konnten und den Gefangenen in eine äußerst unangenehme Haltung brachte, die krampfartige Schmerzen verursachte.“ (Bruce)
    3. Selbst in ihrem Schmerz war Gott nicht weit von Paulus und Silas entfernt. Tertullian sagte: „Die Beine fühlen nichts im Stock, wenn das Herz im Himmel ist“.

6. Paulus und Silas singen im Gefängnis

Apostelgeschichte 16, 25

Apostelgeschichte 16, 25
Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott mit Gesang, und die Gefangenen hörten ihnen zu.

  1. Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott mit Gesang: Obwohl sie verhaftet, geschlagen und eingesperrt wurden, weil sie Gutes getan hatten, waren Paulus und Silas voller Freude und sangen Loblieder für Gott. Es schien, als ob sie nichts davon abhalten könnte, Gott zu loben.
    1. Jeder kann unter angenehmen Umständen glücklich sein, aber wahre Freude kommt nur von innen und ist ein Geschenk, das Christen jederzeit zur Verfügung steht. „Anstatt die Menschen zu verfluchen, priesen sie Gott.“ (Stott)
  2. Und die Gefangenen hörten ihnen zu: Was waren das für die anderen Gefangenen für seltsamen Klänge! Gebete und Lobpreis für Gott um Mitternacht, inmitten eines brutalen Gefängnisses. Diese Gefängnismauern hatten wahrscheinlich noch nie solche Klänge gehört.

7. Das große Erdbeben und sein Ergebnis

Apostelgeschichte 16, 26-29

Apostelgeschichte 16, 26-29
Da entstand plötzlich ein großes Erdbeben, sodass die Grundfesten des Gefängnisses erschüttert wurden, und sogleich öffneten sich alle Türen, und die Fesseln aller wurden gelöst. Da erwachte der Kerkermeister aus dem Schlaf, und als er die Türen des Gefängnisses geöffnet sah, zog er sein Schwert und wollte sich töten, weil er meinte, die Gefangenen seien entflohen. Aber Paulus rief mit lauter Stimme und sprach: Tu dir kein Leid an; denn wir sind alle hier! Da forderte er ein Licht, sprang hinein und fiel zitternd vor Paulus und Silas nieder.

  1. Da entstand plötzlich ein großes Erdbeben: Dieses Erdbeben war eindeutig übernatürlich. Das lag nicht nur am Zeitpunkt und am Ort, sondern auch daran, dass alle Türen, und die Fesseln aller gelöst wurden.
  2. Der Kerkermeister … wollte sich töten: Der Kerkermeister tat dies aus einem guten Grund. Nach römischem Recht und Brauch erhielten Wächter, die ihren Gefangenen die Flucht ermöglichten, dieselbe Strafe, die den Gefangenen auferlegt worden war. Da Paulus dies wusste, rief er mit lauter Stimme und sprach: Tu dir kein Leid an; denn wir sind alle hier! Er versicherte dem Kerkermeister, dass niemand entkommen sei.
    1. Es wäre für Paulus und Silas ein Leichtes gewesen, anzunehmen, dass Gott für einen weiteren wunderbaren Gefängnisausbruch gesorgt hätte. Aber für sie war das Leben der anderen wichtiger als ihre persönliche Freiheit und ihr persönlicher Komfort.
    2. Dadurch, dass sie nicht flohen, zeigten sie ein enormes Urteilsvermögen. Die Umstände sagten ‚flieht‘. Aber die Liebe sagte: „Bleibt um dieser einen Seele willen.“ Sie ließen sich nicht nur von den Umständen leiten, sondern auch davon, wozu die Liebe sie drängte.
  3. Sprang hinein und fiel zitternd vor Paulus und Silas nieder: Dieser abgehärtete Kerkermeister fiel zitternd … nieder. Das war so dramatisch, wie es klingt. Dieser Mann war mehr von der Liebe und Gnade beeindruckt, die Paulus und Silas zeigten, als von dem Erdbeben. Es könnte sogar derselbe Wärter gewesen sein, der sie ein paar Stunden zuvor geschlagen hatte.

8. Die Bekehrung des Kerkermeisters aus Philippi

Apostelgeschichte 16, 30-32

Apostelgeschichte 16, 30-32
Und er führte sie heraus und sprach: Ihr Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde? Sie aber sprachen: Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du gerettet werden, du und dein Haus! Und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Haus waren.

  1. Ihr Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde? Der Kerkermeister war so beeindruckt von Paulus und Silas – von der Liebe, die sie ihm entgegenbrachten, und von ihrer Fähigkeit, selbst im Elend Freude zu empfinden – dass er sofort die Art von Leben wollte, die Paulus und Silas haben.
    1. So sieht das Leben aus, das Gott sich für uns wünscht: Natürliche Magnete, die Menschen zu Ihm ziehen. Unser Christentum sollte andere dazu bringen, das zu wollen, was wir durch Gott haben.
  2. Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du gerettet werden: Die Antwort die Paulus dem Kerkermeister gibt, ist eine klassische Aussage über die Kernaussage des Evangeliums. Es ist die Errettung, die allein aus der Gnade kommt, und allein durch den Glauben empfangen wird.
    1. Einige haben sich besorgt darüber geäußert, dass die Einladung des Paulus zur Errettung hier zu einfach ist und einen zu leichten Glauben oder eine billige Gnade fördern würde. Andere weigern sich, Buße zu predigen und behaupten behaupten, dass dieser Text besagt, dass sie nicht notwendig sei.
    2. Paulus rief den Kerkermeister nie ausdrücklich zur Buße auf, weil er bereits Buße getan hatte. Wir sehen die demütige Buße des Kerkermeisters darin, dass er zitternd niederfiel, in der vollen Bedeutung des Wortes glauben (pistis, was so viel bedeutet wie vertrauen, sich auf etwas verlassen und sich an etwas festhalten) und im Gebot, an den Herrn Jesus Christus zu glauben.
    3. Was den Kerkermeister aus Philippi betrifft, so bot Paulus ihm nicht nur Seelsorge an. Er hielt ihm keinen Vortrag über Theologie. Er erörterte nicht die geistliche Terminologie des Kerkermeisters. Er sprach nicht über Sakramente oder gar Gemeinden. Er wies diesen offensichtlich reumütigen Mann auf den Glauben an Jesus Christus hin.
    4. Es gab einen alten Hauptkaplan der britischen Armee – Bischof John Taylor Smith -, der mit Seelsorgeanwärtern einen einzigartigen Test durchführte. Er bat sie zu erklären, wie sie mit einem im Kampf verwundeten Mann, der nur noch drei Minuten zu leben hatte, darüber sprechen würden, wie er gerettet werden und mit Gott Frieden schließen könnten. Wenn sie das nicht innerhalb von drei Minuten schafften, waren sie für den Dienst des Seelsorgers nicht geeignet. Paulus wäre qualifiziert gewesen.
  3. Du und dein Haus: Dies scheint ein konkretes Versprechen für diesen Gefängniswärter aus Philippi zu sein. Unter der Inspiration durch den Heiligen Geist sagte Paulus dem Kerkermeister, dass sein Haus Jesus genauso vertrauen würde, wie er es tat.
    1. Dies war ein Versprechen, das speziell dem Kerkermeister gegeben wurde. Aber es ist ein Versprechen, das der Heilige Geist auch uns lebendig machen kann, indem er uns hilft, ihm bezüglich der Rettung unserer Familie zu vertrauen.
    2. Die Familie des Kerkermeisters wurde jedoch nicht nur deshalb gerettet, weil er gerettet wurde; Paulus und Silas kamen und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Haus waren. Sie wurden alle gerettet, weil sie alle auf das Wort Gottes vertrauten und auf Jesus, der uns durch das Wort offenbart wurde.

9. Der Kerkermeister aus Philippi dient Paulus und Silas

Apostelgeschichte 16, 33-34

Apostelgeschichte 16, 33-34
Und er nahm sie zu sich in jener Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen; und er ließ sich auf der Stelle taufen, er und all die Seinen. Und er führte sie in sein Haus, setzte ihnen ein Mahl vor und freute sich, dass er mit seinem ganzen Haus an Gott gläubig geworden war.

  1. Und er nahm sie zu sich in jener Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen: Derselbe Kerkermeister, der sie bestraft hatte, kümmerte sich nun um Paulus und Silas, versorgte ihre Wunden und setzte ihnen ein Mahl vor. Das zeigt, wie reumütig er war und dass es in derselben Liebe handelte, die er bei Paulus und Silas gesehen hatte.
  2. Er ließ sich auf der Stelle taufen, er und all die Seinen: Der Kerkermeister und seine Familie sahen keinen Grund, die Taufe auf später zu verschieben; sie wurden noch in derselben Nacht getauft, und all dies begann gegen Mitternacht (Apg 16, 25).
  3. Und … freute sich: Diesem Mann wurde in nur wenigen Minuten von Furcht und Selbstmordgedanken zu überfließender Freude verholfen. Mitten in ihrer schrecklichen Not nutzte der Heilige Geist den mutigen Lobpreis von Paulus und Silas.

10. Paulus und Silas kehren in das Gefängnis zurück und werden am nächsten Tag von den Hauptleuten freigelassen

Apostelgeschichte 16, 35-36

Apostelgeschichte 16, 35-36
Als es aber Tag wurde, sandten die Hauptleute die Gerichtsdiener mit dem Befehl: Lass jene Leute frei! Da verkündete der Kerkermeister dem Paulus diese Worte: Die Hauptleute haben die Anweisung gesandt, dass man euch freilassen soll. So geht nun hinaus und zieht hin in Frieden!

  1. Sandten die Hauptleute die Gerichtsdiener: Paulus und Silas verließen das Gefängnis (in der Schutzhaft des Kerkermeisters), um sich um die Familie des Kerkermeisters zu kümmern. Sie kehrten jedoch bereitwillig ins Gefängnis zurück, um dem Kerkermeister den sicheren Tod zu ersparen.
  2. Lass jene Leute frei: In Gesellschaften, die nur wenige Rechte für ihre Bürger anerkennen, ist es üblich, dass man verhaftet, geschlagen, eingesperrt – und dann schnell und unerwartet wieder freigelassen wird. Dieses Vorgehen terrorisiert die Bevölkerung effektiv bis zur Unterwerfung.
  3. Die Hauptleute haben die Anweisung gesandt, dass man euch freilassen soll. So geht nun hinaus und zieht hin in Frieden: Wenn Paulus und Silas am Tag nach ihrer Prügelstrafe, Verhaftung und Inhaftierung freigelassen wurden, warum hat Gott dann das Erdbeben geschickt? Wir sehen, dass das Erdbeben absolut nichts mit der Befreiung von Paulus und Silas aus dem Gefängnis zu tun hatte. Es ging stattdessen um die Rettung eines bestimmten Gefängniswärters und seiner Familie.

11. Paulus und Silas legen ihre römische Staatsbürgerschaft offen

Apostelgeschichte 16, 37-39

Apostelgeschichte 16, 37-39
Paulus aber sprach zu ihnen: Sie haben uns, die wir Römer sind, ohne Urteil öffentlich geschlagen und ins Gefängnis geworfen, und jetzt schicken sie uns heimlich fort? Nicht so; sondern sie mögen selbst kommen und uns hinausführen! Da verkündigten die Gerichtsdiener diese Worte den Hauptleuten; und diese fürchteten sich, als sie hörten, dass sie Römer seien. Und sie kamen und redeten ihnen zu und führten sie hinaus und baten sie, die Stadt zu verlassen.

  1. Sie haben uns, die wir Römer sind, ohne Urteil öffentlich geschlagen: Weil Paulus und Silas römische Staatsbürger waren, hatten sie anerkannte Bürgerrechte, die von den Hauptleuten aus Philippi verletzt wurden. Als die Hauptleute dies erfuhren, waren sie voller Angst, denn es war ein schweres Vergehen, römische Bürger so zu behandeln, wie Paulus und Silas behandelt worden waren.
    1. Warum haben Paulus und Silas ihre römische Staatsbürgerschaft nicht früher offengelegt? Es ist möglich, dass sie nicht die Gelegenheit dazu hatten, aber es ist wahrscheinlicher, dass der Heilige Geist sie anwies, sie bis zu einer bestimmten Zeit nicht zu offenbaren.
    2. Unsere Rechte sind nicht so wichtig wie unser Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes. Gott kann uns bitten, unsere Rechte zum Wohle eines anderen (in diesem Fall zum Wohle des Kerkermeisters aus Philippi) niederzulegen.
    3. Wie konnten Paulus und Silas ihre römische Bürgerschaft nachweisen? „Jeder von ihnen kann eine Kopie seiner Professio oder Geburtsurkunde bei sich gehabt haben, in der sein römischer Status vermerkt war. Diese Dokumente hatten eine handliche Größe … Wer fälschlicherweise vorgab der römischen Bürgerschaft zu besitzen, wurde mit dem Tode bestraft.“ (Williams)
  2. Sie kamen und redeten ihnen zu und führten sie hinaus und baten sie, die Stadt zu verlassen: Die Hauptleute handelten wie Politiker, die oft aus dem Instinkt heraus handeln. Sie versuchten, ihr Problem stillschweigend aus der Welt zu schaffen, indem sie es unter den Teppich kehrten.

11. Paulus und Silas verlassen Philippi zu ihren eigenen Bedingungen

Apostelgeschichte 16, 40

Apostelgeschichte 16, 40
Da verließen sie das Gefängnis und begaben sich zu Lydia; und als sie die Brüder sahen, trösteten sie sie und zogen fort.

  1. Als sie die Brüder sahen, trösteten sie sie: Erst danach erklärten sie sich bereit, zu gehen. Paulus und Silas wollten nicht aus der Stadt gejagt werden, bis sie ihre Arbeit dort zum Abschluss gebracht hätten.
    1. Der große Missionar David Livingstone fasste die Einstellung des Paulus zusammen, als er sagte: „Ich bin bereit, überall hinzugehen, solange es vorwärts geht.“ (Zitiert von Barclay)
  2. Trösteten sie sie und zogen fort: In Philippi ließen Paulus und Silas zwei bemerkenswerte Bekehrte zurück: Lydia und den Gefängniswärter. Jeder dieser beiden wurde in seinem Leben auf sehr unterschiedliche Weise von Jesus berührt.
    1. Lydia war Kirchgängerin, der Wärter nicht. Lydias Geschäftsleben florierte; der Wärter war dabei, sich umzubringen. Lydias Herz wurde sanft geöffnet; das Herz des Wächters wurde heftig konfrontiert. Der Wärter erlebte ein bemerkenswertes Zeichen – ein Erdbeben, aber alles, was Lydia erlebt hatte, war, dass der Heilige Geist sich in ihrem Herzen bewegte. Beide hörten das Evangelium und glaubten, und durch jeden von ihnen wurde ihre ganze Familie berührt!
    2. Es war eine seltsame und wunderbare Gemeinde, die sie in Philippi zurückließen: Lydia, vielleicht die Sklavin, der Kerkermeister und seine Familie und andere. Der Gebrauch von ‚Sie‘ deutet an dieser Stelle darauf hin, dass Lukas zumindest eine Zeitlang in Philippi zurückblieb, vielleicht, um sich um diese neue Gemeinde zu kümmern.

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

Pin It on Pinterest