Apostelgeschichte 21 – Paulus trifft in Jerusalem ein

A. Was auf dem Weg von Kleinasien nach Jerusalem geschah

1. Abschied von Milet und das Treffen mit den Ältesten von Ephesus

Apostelgeschichte 21, 1-2

Apostelgeschichte 21, 1-2
Als wir uns von ihnen losgerissen hatten und schließlich abgefahren waren, kamen wir geradewegs nach Kos und am folgenden Tag nach Rhodos und von da nach Patara. Und als wir ein Schiff fanden, das nach Phönizien fuhr, stiegen wir ein und fuhren ab.

  1. Als wir uns von ihnen losgerissen hatten: Bruce bekräftigt, dass sie sich wirklich von ihnen losreißen mussten. Dies war kein leichter Abschied. Paulus investierte sein Leben und sein Liebe in diese Leiter aus Ephesus, und im Gegenzug liebten auch sie ihn von ganzem Herzen.

2. Paulus wird in der Stadt Tyrus erneut gewarnt

Apostelgeschichte 21, 3-4

Apostelgeschichte 21, 3-4
Als wir aber Zypern erblickten, ließen wir es links liegen, fuhren nach Syrien und gelangten nach Tyrus; denn dort sollte das Schiff die Fracht ausladen. Und als wir die Jünger gefunden hatten, blieben wir sieben Tage dort; und sie sagten dem Paulus durch den Geist, er solle nicht nach Jerusalem hinaufziehen.

  1. Gelangten nach Tyrus … die Jünger gefunden hatten: Wir erfahren nicht, wie eine Gemeinde in Tyrus gegründet wurde, aber es gab dort Jünger. Das erinnert uns daran, dass die Apostelgeschichte nur ein unvollständiges Bild vom Engagement der frühen Gemeinde gibt.
  2. Sie sagten dem Paulus durch den Geist, er solle nicht nach Jerusalem hinaufziehen: Scheinbar prophezeiten einige der Jünger aus Tyrus Paulus die Gefahr, die ihn in Jerusalem erwartete – etwas, vor dem er schon an mehreren anderen Orten gewarnt worden war (Apostelgeschichte 20, 22-23).
    1. Es scheint, dass die ausdrückliche Warnung, Paulus solle nicht nach Jerusalem hinaufziehen, eine menschliche Interpretation der Prophezeiung des Heiligen Geistes von der Gefahr war, die Paulus erwartete. Anders ist es schwer nachzuvollziehen, warum Paulus entgegen der Anweisung des Heiligen Geistes gehandelt hätte – es sei denn, er befand sich in unmittelbarer Auflehnung, wovon einige Kommentatoren ausgehen.

3. Abreise aus Tyrus, unterwegs nach Jerusalem

Apostelgeschichte 21, 5-6

Apostelgeschichte 21, 5-6
Als wir schließlich diese Tage vollendet hatten, brachen wir auf und zogen fort, wobei sie uns alle mit Frau und Kind bis vor die Stadt hinaus begleiteten; und wir knieten am Meeresstrand nieder und beteten. Und nachdem wir voneinander Abschied genommen hatten, stiegen wir in das Schiff; sie aber kehrten wieder nach Hause zurück.

  1. Brachen wir auf und zogen fort: Trotz inniger Bitten der Christen von Tyrus ließen Paulus und seine Gruppe nicht davon ab, nach Jerusalem zu gehen. Er war davon überzeugt, dass es Gottes Wille war, und so fuhren sie los.
  2. Wobei sie uns alle … bis vor die Stadt hinaus begleiteten: Die Praxis, Reisende an den Stadtrand zu begleiten, entsprach der Tradition; doch gemeinsam am Ufer zum Gebet niederzuknien, war eindeutig eine christliche Vorgehensweise (wir knieten am Meeresstrand nieder und beteten).

4. Ankunft in Ptolemais

Apostelgeschichte 21, 7

Apostelgeschichte 21, 7
Und wir beendigten die Fahrt, die wir in Tyrus begonnen hatten, und kamen nach Ptolemais und begrüßten die Brüder und blieben einen Tag bei ihnen.

  1. Wir … kamen nach Ptolemais und begrüßten die Brüder und blieben einen Tag bei ihnen: Es muss für Paulus und seine Begleiter wunderbar gewesen sein, in nahezu jeder Stadt, in der sie Halt machten, Christen vorzufinden. Dies beweist die Ausbreitung und Verankerung der christlichen Bewegung im ganzen Römischen Reich. Überall schienen Christen zu sein.

5. Ankunft in Cäsarea und im Haus des Evangelisten Philippus

Apostelgeschichte 21, 8-9

Apostelgeschichte 21, 8-9
Am folgenden Tag aber zogen wir, die wir Paulus begleiteten, fort und kamen nach Cäsarea; und wir gingen in das Haus des Evangelisten Philippus, der einer von den Sieben war, und blieben bei ihm. Dieser hatte vier Töchter, Jungfrauen, die weissagten.

  1. Des Evangelisten Philippus, der einer von den Sieben war: In Apostelgeschichte 8, 40 erfahren wir, dass Philippus, nachdem er den äthiopischen Eunuchen zum Glauben geführt hatte, in der Küstenregion predigte und schließlich nach Cäsarea gelangte. Viele Jahre später war er noch immer dort.
    1. Das ist eine wunderbare Bezeichnung: Philippus der Evangelist. Man kannte ihn aufgrund der frohen Botschaft, die er anderen Menschen brachte – die frohe Botschaft, wer Jesus ist und was er für uns getan hat.
  2. Dieser hatte vier Töchter, Jungfrauen, die weissagten: Es ist interessant, dass anscheinend keine dieser vier Töchter Paulus etwas über seine bevorstehende Zeit in Jerusalem erzählte, obwohl sie die Gabe der Weissagung besaßen. Der Heilige Geist hätte sie hierfür einsetzen können, aber Er beschloss, jemand anderen zu gebrauchen.
    1. Alten Aufzeichnungen zufolge „erreichten die Töchter, oder zumindest einige von ihnen, ein hohes Alter und wurden als Informationsquelle hinsichtlich Personen und Ereignissen aus den frühen Jahren des jüdischen Christentums hoch geschätzt“. (Bruce)

6. Agabus warnt Paulus in Cäsarea

Apostelgeschichte 21, 10-14

Apostelgeschichte 21, 10-14
Als wir uns aber mehrere Tage dort aufhielten, kam aus Judäa ein Prophet namens Agabus herab. Der kam zu uns, nahm den Gürtel des Paulus und band sich die Hände und die Füße und sprach: So spricht der Heilige Geist: Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem so binden und in die Hände der Heiden ausliefern! Als wir aber dies hörten, baten sowohl wir als auch die Einheimischen, dass er nicht nach Jerusalem hinaufziehen solle. Aber Paulus antwortete: Was tut ihr da, dass ihr weint und mir das Herz brecht? Ich bin bereit, mich in Jerusalem nicht nur binden zu lassen, sondern auch zu sterben für den Namen des Herrn Jesus! Und da er sich nicht überreden ließ, beruhigten wir uns und sprachen: Der Wille des Herrn geschehe!

  1. Kam aus Judäa ein Prophet namens Agabus herab: Im Geiste alttestamentlicher Propheten vermittelte Agabus seine Botschaft Paulus durch eine kurze Inszenierung – dass ihn in Jerusalem eine bestimmte Gefahr erwartete.
  2. Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem so binden und in die Hände der Heiden ausliefern: Die Prophezeiung des Agabus war wahr, und wahrhaftig vom Heiligen Geist. Aber diesem wahren Wort fügten sie eine menschliche Umsetzung hinzu (sie baten … dass er nicht nach Jerusalem hinaufziehen solle). Diese ergänzenden Worte waren nicht vom Herrn, sonst wäre es von Paulus Gott gegenüber ungehorsam gewesen, nach Jerusalem zu gehen.
    1. Apostelgeschichte 21, 12 zeigt, dass sogar Lukas und die Wegbegleiter von Paulus versuchten, Paulus zu überreden, nicht nach Jerusalem zu gehen (baten … sowohl wir als auch die Einheimischen).
    2. Paulus hatte mehrere prophetische Worte zu eben diesem Thema erhalten. Es ist Gottes übliche Vorgehensweise, dass es im Hinblick auf eine so außergewöhnliche Prophezeiung eine Vielzahl an Bekräftigungen geben sollte, wie es in Mazedonien (Apostelgeschichte 20, 22-23), in Tyrus (Apostelgeschichte 21, 4) und jetzt in Cäsarea der Fall war.
  3. Ich bin bereit, mich in Jerusalem nicht nur binden zu lassen, sondern auch zu sterben für den Namen des Herrn Jesus: Dass Paulus darauf bestand, trotz der vom Heiligen Geist vorhergesagten Gefahren nach Jerusalem zu gehen, war nicht das Ergebnis einer Auflehnung gegen Gott, sondern eine gehorsame Reaktion auf den Befehl des Heiligen Geistes in seinem Herzen. Er war durch den Heiligen Geiste verpflichtet, nach Jerusalem zu gehen (Apostelgeschichte 19, 21 und 20, 22).
    1. Die Warnungen des Heiligen Geistes sollten Paulus vorbereiten, und ihn nicht aufhalten.
    2. „Sich für das Leiden zu entscheiden, bedeutet, dass etwas falsch ist; sich für Gottes Willen zu entscheiden, auch wenn dies mit Leiden verbunden ist, ist eine ganz andere Sache. Kein gesunder Heiliger entscheidet sich jemals für das Leiden; er wählt Gottes Willen, wie Jesus es tat, ob es bedeutet zu Leiden oder nicht.“ (Chambers, zitiert in Hughes)
    3. Bedenke, was für ein Erlöser das ist, für den Paulus bereit war, diesen Preis zu zahlen – und was für eine Botschaft, die eine solche Bereitschaft nach sich zog.
  4. Der Wille des Herrn geschehe: Paulus‘ Begleiter – einschließlich Lukas – gelangten zu der Erkenntnis, dass Gottes Wille geschehen würde. Sie kamen zu der Überzeugung, dass auch wenn Paulus wahrscheinlich Recht hatte – und selbst wenn nicht – Gott ihn gebrauchen würde.
    1. Nochmals: Die Warnungen vor der Gefahr kamen vom Heiligen Geist und sollten Paulus vorbereiten. Die Forderung, sich davon abzuwenden war verständlich, sogar logisch; doch sie kam nicht von Gott. Das erkannten sie, als sie an dieser Stelle Paulus‘ Beharrlichkeit, trotz der Gefahr nach Jerusalem zu gehen, dem Willen des Herrn zuschrieben.
    2. Es ist ein Leichtes – und eine Fehlerquelle – unsere Interpretation oder Anwendungsprinzipien dem hinzuzufügen, was wir für ein Wort von Gott halten, und dabei oft denken, dass sei auch vom Herrn. Es erscheint uns oft so einfach, Gottes Willen für jemand anderen zu beurteilen.

7. Abreise aus Cäsarea und Aufbruch nach Jerusalem

Apostelgeschichte 21, 15-16

Apostelgeschichte 21, 15-16
Nach diesen Tagen aber machten wir uns reisefertig und zogen hinauf nach Jerusalem. Es gingen aber auch etliche Jünger aus Cäsarea mit uns, die brachten uns zu einem gewissen Mnason aus Zypern, einem alten Jünger, bei dem wir als Gäste wohnen sollten.

  1. Machten wir uns reisefertig und zogen hinauf nach Jerusalem: Paulus und seine Begleiter waren endlich auf dem Weg nach Jerusalem. Die Tatsache, dass Paulus seine jüdischen Brüder und Schwestern von ganzem Herzen liebte, verlieh jeder Reise nach Jerusalem einen hohen Stellenwert (Römer 9, 1-3).
  2. Mnason aus Zypern, einem alten Jünger: Die Datierung von Paulus‘ Dienst in Korinth um etwa 51 n. Chr. (Bruce) und andere Überlegungen begründen die Annahme, dass Paulus im Jahre 57 n. Chr. in Jerusalem ankam. Obwohl dies nur etwa 25 Jahre nach dem Beginn der Apostelgeschichte geschah, betrachtete man einige Christen bereits als ‚alte Jünger‘ – solche, die bereits seit frühester Zeit mit den Nachfolgern Jesu in Verbindung standen.

B. Paulus kommt nach Jerusalem

1. Paulus verkündet das gute Werk Gottes unter den Heiden

Apostelgeschichte 21, 17-20a

Apostelgeschichte 21, 17-20a
Und als wir in Jerusalem angekommen waren, nahmen uns die Brüder mit Freuden auf. Am folgenden Tag aber ging Paulus mit uns zu Jakobus, und alle Ältesten fanden sich ein. Und nachdem er sie begrüßt hatte, erzählte er alles bis ins Einzelne, was Gott unter den Heiden durch seinen Dienst getan hatte. Sie aber priesen den Herrn, als sie dies hörten;

  1. Erzählte er alles bis ins Einzelne, was Gott unter den Heiden durch seinen Dienst getan hatte: Nach seiner Ankunft in Jerusalem traf sich Paulus mit den Leitern der dortigen Gemeinde (Jakobus und allen Ältesten) und gab ihnen einen ausführlichen Bericht über seinen Dienst des Predigens und Gemeindegründens.
    1. Williams zu „erzählte er alles bis ins Einzelne“: „Es ist das übliche Vorgehen des Griechen, alles bis ins kleinste Detail zu erzählen.“ Paulus schilderte diesen Christen mit jüdischem Hintergrund alles, was Gott in seinen missionarischen Bemühungen getan hatte.
  2. Sie aber priesen den Herrn, als sie dies hörten: Die Ältesten in Jerusalem waren dankbar für das, was Gott unter den Heiden tat. Sie sahen einige der bekehrten Heiden mit Paulus und konnten von deren aufrichtiger Liebe zu und ihrem Engagement für Jesus berichten.

2. Paulus erfährt, dass er bei einigen Christen in Jerusalem einen schlechten Ruf hat

Apostelgeschichte 21, 20b-22

Apostelgeschichte 21, 20b-22
Und sie sprachen zu ihm: Bruder, du siehst, welch große Zahl von Juden gläubig geworden ist, und alle sind Eiferer für das Gesetz. Es ist ihnen aber über dich berichtet worden, du würdest alle Juden, die unter den Heiden sind, den Abfall von Mose lehren und sagen, sie sollten ihre Kinder nicht beschneiden und nicht nach den Gebräuchen wandeln. Was ist nun zu tun? Auf jeden Fall muss die Menge zusammenkommen; denn sie werden hören, dass du gekommen bist.

  1. Bruder, du siehst, welch große Zahl von Juden gläubig geworden ist, und alle sind Eiferer für das Gesetz: Die Ältesten von Jerusalem freuten sich über das, was Gott unter den Heiden tat. Doch in Jerusalem war die christliche Gemeinde fast ausschließlich jüdischer Herkunft und diese Christen achteten viele der jüdischen Gesetze und Bräuche noch immer hoch. Sie waren immer noch Eiferer für das Gesetz.
  2. Es ist ihnen aber über dich berichtet worden, du würdest alle Juden, die unter den Heiden sind, den Abfall von Mose lehren: Die christliche Gemeinde von Jerusalem bekam schlimme, falsche Gerüchte über Paulus zu hören. Sie vernahmen, dass er sich im Grunde genommen gegen das Judentum gewandt habe, und den jüdischen Christen sagte, es sei falsch für sie, an den jüdischen Gesetzen und Bräuchen festzuhalten.
    1. Betrachtet man Römer 14, 4-6 scheint es, dass Paulus kein Problem mit Judenchristen hatte, die sich weiterhin an alte Bräuche und Gesetze halten wollten. Scheinbar tat er dies manchmal selbst, z.B. als er in Apostelgeschichte 18, 18-21 ein Weihegelübde (wahrscheinlich ein Nasiräer-Gelübde) ablegte und befolgte. Paulus schien damit einverstanden zu sein, solange sie nicht dachten, dass es sie vor Gott gerechter machte.
  3. Was ist nun zu tun? Auf jeden Fall muss die Menge zusammenkommen; denn sie werden hören, dass du gekommen bist: Das heißt so viel wie: „Paulus, das ist eine umstrittene Angelegenheit und die Leute werden es mitbekommen. Lass uns etwas in der Sache unternehmen“.

3. Die Führer der Jerusalemer Kirche sprechen eine Empfehlung aus

Apostelgeschichte 21, 23-25

Apostelgeschichte 21, 23-25
So tue nun das, was wir dir sagen: Wir haben vier Männer, die ein Gelübde auf sich haben; diese nimm zu dir, lass dich reinigen mit ihnen und trage die Kosten für sie, dass sie das Haupt scheren lassen; so können alle erkennen, dass nichts ist an dem, was über dich berichtet worden ist, sondern dass auch du ordentlich wandelst und das Gesetz hältst. Was aber die gläubig gewordenen Heiden betrifft, so haben wir [ja] geschrieben und angeordnet, dass sie von alledem nichts zu befolgen haben, sondern sich nur hüten sollen vor dem Götzenopfer und dem Blut und vor Ersticktem und Unzucht.

  1. Wir haben vier Männer, die ein Gelübde auf sich haben; diese nimm zu dir, lass dich reinigen mit ihnen und trage die Kosten für sie: Sie rieten Paulus, sich sowohl diesen vier Christen mit jüdischem Hintergrund anzuschließen als auch sie finanziell zu unterstützen.
    1. Vier Männer, die ein Gelübde auf sich haben: Das besondere Weihegelübde ähnelte wahrscheinlich dem in Apostelgeschichte 18, 18-21 erwähnten Nasiräer-Gelübde des Paulus.
  2. So können alle erkennen: Die Ältesten in Jerusalem glaubten, dies würde alle davon überzeugen, dass Paulus sich nicht gegen die jüdischen Gesetze und Bräuche aussprach, sofern Christen diese befolgen wollten.
    1. Paulus willigte ein, dies zu tun, um zu zeigen, dass er die Judenchristen nie gelehrt hatte, sich von Mose abzuwenden und ihre Kinder nicht zu beschneiden, und dass von ihnen nicht verlangt wurde, jüdische Bräuche zu ignorieren, was ihm einige Christen in Jerusalem zu Unrecht vorgeworfen hatten.
  3. Was aber die gläubig gewordenen Heiden betrifft: Die Ältesten in Jerusalem verstanden, dass dies nichts mit gläubig gewordenen Heiden zu tun hatte, die an Jesus glauben. Es bedeutete nicht, dass sie irgendwelche jüdischen Rituale durchführen mussten, um vor Gott gerechtfertigt zu sein. Paulus würde sich zu Recht weigern, in diesem wichtigen Punkt Kompromisse einzugehen.

4. In Übereinstimmung mit der Empfehlung unterstützt Paulus einige Christen finanziell bei einem jüdischen Reinigungsritus und schließt sich diesen dabei an

Apostelgeschichte 21, 26

Apostelgeschichte 21, 26
Da nahm Paulus die Männer zu sich und ging am folgenden Tag, nachdem er sich hatte reinigen lassen, mit ihnen in den Tempel und kündigte die Erfüllung der Tage der Reinigung an, bis für jeden von ihnen das Opfer dargebracht werden sollte.

  1. Dann nahm Paulus die Männer zu sich: Paulus konnte dem zustimmen und die vier Männer, die das Weihegelübde ablegten, finanziell unterstützen, da es keinerlei Anzeichen dafür gab, dass solche Dinge von Nichtjuden als Prüfung ihrer Rechtschaffenheit verlangt würden.
    1. „Er hatte ihnen gezeigt, dass ihre Zeremonien nutzlos, aber nicht schädlich waren; dass sie nur dann gefährlich seien, wenn man sie als heilsnotwendig betrachtete.“ (Clarke)
    2. Viele Kommentatoren glauben, dass dies ein furchtbarer Kompromiss von Paulus war, und dass er ein Heuchler war. Doch die Absicht dahinter, dass Paulus diese christlichen Juden bei der Erfüllung ihres Nasiräer-Gelübdes unterstützt, wird in 1. Korinther 9, 20 erklärt: Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne; denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich geworden, als wäre ich unter dem Gesetz, damit ich die unter dem Gesetz gewinne.
  2. Bis für jeden von ihnen das Opfer dargebracht werden sollte: Es ist wichtig zu verstehen, dass dieses Opfer – ein Tieropfer – in keiner Weise der Wiedergutmachung oder Vergebung diente. Paulus verstand vollkommen, dass nur das Opfer Jesu am Kreuz die Sünde aufheben kann. Doch nicht jedes Opfer in der jüdischen Lehre diente der Sühnung von Schuld; viele dienten der Danksagung oder – wie dieses – der Hingabe.

5. Juden aus Asien hetzen eine Menschenmenge gegen Paulus auf

Apostelgeschichte 21, 27-30

Apostelgeschichte 21, 27-30
Als aber die sieben Tage zu Ende gingen, brachten die Juden aus [der Provinz] Asia, die ihn im Tempel sahen, die ganze Volksmenge in Aufruhr und legten Hand an ihn und schrien: Ihr israelitischen Männer, kommt zu Hilfe! Das ist der Mensch, der überall jedermann lehrt gegen das Volk und das Gesetz und diese Stätte. Dazu hat er auch noch Griechen in den Tempel geführt und diese heilige Stätte entweiht! Sie hatten nämlich vorher in der Stadt den Epheser Trophimus mit ihm gesehen und meinten, Paulus habe ihn in den Tempel geführt. Da kam die ganze Stadt in Bewegung, und es entstand ein Volksauflauf; und sie ergriffen den Paulus und schleppten ihn zum Tempel hinaus, und sogleich wurden die Türen verschlossen.

  1. Brachten die Juden aus [der Provinz] Asia, die ihn im Tempel sahen, die ganze Volksmenge in Aufruhr: Sie behaupteten, Paulus sei gegen das Volk [Israel], das Gesetz und diese Stätte [den Tempel], aber diese Anschuldigungen waren unbegründet. Paulus lehnte es einfach ab, irgendetwas davon als Grundlage für die Rechtfertigung vor Gott gelten zu lassen, welche nur durch Jesus Christus bewirkt wird.
    1. Die Anschuldigungen gegen Paulus in Apostelgeschichte 21, 28 waren ein Widerhall der Anklagen, aufgrund derer Stephanus hingerichtet wurde (Apostelgeschichte 6, 13). Paulus half dabei, diese Hinrichtung zu leiten; nun wird er auf ähnliche Weise angeklagt.
  2. Da kam die ganze Stadt in Bewegung, und es entstand ein Volksauflauf: Die Menschenmenge nahm zu, weil es Festzeit war (Apostelgeschichte 20, 16). Diese Menschen waren wütend, weil sie glaubten, Paulus habe nicht nur gegen das Volk, das Gesetz und den Tempel gepredigt, sondern auch den Tempel entweiht, indem er Heiden in seine inneren Höfe brachte (sie sagten: „Dazu hat er auch noch Griechen in den Tempel geführt und diese heilige Stätte entweiht“)).
  3. Sie hatten … den Epheser Trophimus mit ihm gesehen und meinten, Paulus habe ihn in den Tempel geführt: Es war den Heiden strikt verboten, über den ausgewiesenen ‚Hof der Heiden‘ hinaus das Tempelgelände zu betreten. Es wurden Schilder aufgestellt, auf denen (sowohl in Griechisch als auch in Latein) zu lesen war: „Kein Fremder darf in den abgesperrten Bereich, der den Tempel und die Anlage umgibt, hinein. Jeder, der dabei aufgegriffen wird, dass er die Absperrung überschreitet, trägt die persönliche Verantwortung für seinen darauffolgenden Tod.“ Die Römer reagierten darauf so empfindlich, dass sie den Juden erlaubten, jeden, der auf diese Weise sündigte, hinzurichten, selbst wenn der Täter ein römischer Staatsbürger war.

6. Römische Soldaten retten Paulus

Apostelgeschichte 21, 31-36

Apostelgeschichte 21, 31-36
Als sie ihn aber zu töten suchten, kam die Meldung hinauf zu dem Befehlshaber der Schar, dass ganz Jerusalem in Aufruhr sei. Der nahm sogleich Soldaten und Hauptleute mit sich und eilte zu ihnen hinab. Als sie aber den Befehlshaber und die Soldaten sahen, hörten sie auf, den Paulus zu schlagen. Da kam der Befehlshaber herzu und verhaftete ihn und ließ ihn mit zwei Ketten fesseln und erkundigte sich, wer er denn sei und was er getan habe. In der Menge aber schrien die einen dies, die anderen das; und da er wegen des Tumultes nichts Gewisses erfahren konnte, befahl er, ihn in die Kaserne zu führen. Als er aber an die Stufen kam, musste er von den Soldaten getragen werden wegen der Gewalttätigkeit der Volksmenge.
Denn die Masse des Volkes folgte nach und schrie: Hinweg mit ihm!

  1. Als sie ihn aber zu töten suchten: Paulus war von einer aufgebrachten Menschenmenge ergriffen worden, und diese Meute wollte ihn nicht nur aus den Tempelhöfen herausholen. Sie wollten ihn töten, und zwar genau dort im äußeren Hofbereich des Tempelbergs. Paulus war schon einmal durch Angriffe mörderischer Pöbel dem Tode nahe gewesen (Apostelgeschichte 14, 5.19) und muss nun gedacht haben: „Jetzt geht das schon wieder los!“
  2. Kam die Meldung hinauf zu dem Befehlshaber der Schar, dass ganz Jerusalem in Aufruhr sei: Beim Turm von Antonia, an der nordwestlichen Spitze des Tempelbergs, waren mehr als 500 römische Soldaten stationiert – nur zwei Treppenfluchten vom Hof der Heiden entfernt.
  3. Als sie den Feldherrn und die Soldaten sahen, hörten sie auf, Paulus zu schlagen: Die Römer sympathisierten nicht mit Paulus, aber sie waren an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung interessiert, also verhafteten sie Paulus sowohl zu seinem eigenen Schutz als auch, um die Ursache des Aufruhrs zu beseitigen.
    1. Zwei Ketten hieß, dass Paulus auf beiden Seiten mit Handschellen an einen Soldaten gefesselt war. Paulus muss sich sofort an die Prophezeiung des Agabus erinnert haben (Apostelgeschichte 21, 11).
  4. Denn die Masse des Volkes folgte nach und schrie: Hinweg mit ihm! Als die Menschenmenge Paulus´ Tod forderte, muss ihm dies in Erinnerung gebracht haben, dass er selbst Teil einer solchen Meute und mit dem Martyrium von Stephanus einverstanden gewesen war (Apostelgeschichte 7, 54-8, 1).
    1. Oder es erinnerte ihn vielleicht sogar an den Prozess gegen Jesus: „Der Schrei ‚Hinweg mit ihm!‘, der ihn verfolgte, als er die Stufen hinaufgetragen wurde, war der Schrei, mit dem man etwa siebenundzwanzig Jahre zuvor nicht weit von dieser Stelle Jesu Tod gefordert hatte (Lukas 23, 18; Johannes 19, 15).“ (Bruce)
    2. Boice über Hinweg mit ihm! „Sie meinten nicht: ‚Bringt ihn weg vom Tempelgelände.‘ Sie meinten: ‚Entfernt ihn von dieser Erde.‘ Sie wollten seinen Tod.“

7. Paulus spricht mit dem römischen Befehlshaber

Apostelgeschichte 21, 37-39

Apostelgeschichte 21, 37-39
Und als Paulus in die Kaserne geführt werden sollte, sprach er zu dem Befehlshaber: Darf ich etwas zu dir sagen? Er aber sprach: Du verstehst Griechisch? Bist du also nicht der Ägypter, der vor diesen Tagen einen Aufruhr erregte und die 4.000 Mann Meuchelmörder in die Wüste hinausführte? Aber Paulus sprach: Ich bin ein jüdischer Mann aus Tarsus, Bürger einer nicht unberühmten Stadt in Cilicien. Ich bitte dich, erlaube mir, zum Volk zu reden!

  1. Und als Paulus in die Kaserne geführt werden sollte, sprach er zu dem Befehlshaber: Der römische Befehlshaber hielt Paulus zunächst für eine Art Terroristen und war erstaunt darüber, dass Paulus ein gebildeter Mann war und Griechisch verstehen konnte.
    1. Paulus Art zu reden überraschte, denn sowohl die Sprache als auch die Ausdrucksweise zeigten, dass Paulus ein Mann war, der in der griechischen Welt Bildung erlangt hatte, und kein Volksverhetzer. Die Formulierung rief Erstaunen hervor; sie wirkt viel zu höflich und zurückhaltend. Wir würden erwarten, dass Paulus schreit: ‚Hilfe, Hilfe!‘ und nicht: „Entschuldigen bitte. Darf ich etwas zu dir sagen?“
    2. Der Ägypter, der hier gemeint ist (auch der jüdische Historiker Josephus erwähnt ihn), führte ein heruntergekommenes Heer von viertausend Mann auf den Ölberg, wo sie erklärten, den Tempelberg übernehmen zu wollen. Die römischen Soldaten hatten sie schnell auseinandergetrieben, doch der Anführer entkam.
  2. Ich bin ein jüdischer Mann aus Tarsus, Bürger einer nicht unberühmten Stadt in Cilicien: Als Paulus sich dem römischen Befehlshaber zu erkennen gab, versetzte ihn das in eine ganz andere Position. Er war Bürger von Tarsus, kein mutmaßlicher Terrorist.
  3. Ich bitte dich, erlaube mir, zum Volk zu reden! In diesem Moment, als sein Leben durch eine aufgebrachte Menschenmenge bedroht wurde und man ihn verdächtigte, ein gefährlicher Verbrecher zu sein, hatte Paulus nur eines im Sinn: „Lasst mich das Evangelium predigen!“
    1. Es ist erstaunlich, dass Paulus so klar denken und sprechen konnte, wenn man bedenkt, dass er gerade geschlagen worden war. Einige Kritiker – wie der deutsche Theologe Ernst Haenchen – meinen, dies beweise, dass dieser ganze Bericht eine Erfindung ist. Was sie nicht in Betracht ziehen, ist die Kraft des Heiligen Geistes und die große Leidenschaft des Paulus.

8. Paulus darf sich an die Menschenmenge wenden, die ihn töten wollte

Apostelgeschichte 21, 40

Apostelgeschichte 21, 40
Und als er ihm die Erlaubnis gab, stellte sich Paulus auf die Stufen und gab dem Volk ein Zeichen mit der Hand. Und als es ganz still geworden war, redete er sie in hebräischer Sprache an und sagte:

  1. Und als er ihm die Erlaubnis gab: Der römische Befehlshaber ließ Paulus in zwei Ketten legen (Apostelgeschichte 21, 33), weil er ihn verdächtigte, ein Unruhestifter zu sein. Dennoch gab er Paulus die Erlaubnis, zur Menschenmenge zu sprechen – vermutlich hoffte er, dass Paulus‘ Rede die Meute zum Schweigen bringen könnte. Anfangs besänftigte sie die Leute tatsächlich.
  2. Stellte sich Paulus auf die Stufen und gab dem Volk ein Zeichen mit der Hand. Und als es ganz still geworden war, redete er sie in hebräischer Sprache an und sagte: Was für ein spannungsgeladener Augenblick! Paulus stand auf der Treppe mit Blick auf den gewaltigen offenen Hof des Tempelbergs, machte eine effektvolle Geste mit seiner Hand – und die wütende, randalierende Menschenmenge verstummte. Dann redete Paulus sie in hebräischer Sprache an wobei er sich seinen jüdischen Zuhörern als ihresgleichen zeigte, statt sich mit seinen römischen Beschützern zu identifizieren.
    1. Auf eine solche Gelegenheit hatte Paulus sein Leben lang gewartet. Er besaß eine unglaubliche Leidenschaft, was die Errettung seiner jüdischen Mitmenschen betraf (Römer 9, 1-5) und hatte sich wohl für unvergleichlich qualifiziert gehalten, ihnen das Evangelium wirkungsvoll zu überliefern – wenn er nur die richtige Gelegenheit dazu hätte.
    2. Ähnlichkeiten zwischen Jesus und Paulus, die aus Apostelgeschichte 20 und 21 hervorgehen:
      1. Wie Jesus reiste Paulus mit einer Gruppe von Jüngern nach Jerusalem.
      2. Wie Jesus erlebte auch Paulus Widerstand von feindlich gesinnten Juden, die sich gegen ihn verschworen hatten und ihm nach dem Leben trachteten.
      3. Wie Jesus machte oder empfing Paulus drei aufeinanderfolgende Vorhersagen über seine kommenden Leiden in Jerusalem, einschließlich der Auslieferung an die Heiden.
      4. Wie Jesus hatte auch Paulus Gefolgsleute, die versuchten, ihn davon abzubringen, nach Jerusalem und dem Schicksal entgegenzugehen, das ihn dort erwartete.
      5. Wie Jesus erklärte Paulus seine Bereitschaft, sein Leben hinzugeben.
      6. Wie Jesus war Paulus entschlossen, seinen Dienst zu vollenden und sich nicht davon abbringen zu lassen.
      7. Wie Jesus drückte Paulus seine Hingabe an den Willen Gottes aus.
      8. Wie Jesus kam Paulus nach Jerusalem, um etwas zu geben.
      9. Wie Jesus wurde Paulus auf Basis einer falschen Anschuldigung zu Unrecht verhaftet.
      10. Wie Jesus wurde auch Paulus allein verhaftet, und keiner seiner Gefährten.
      11. Wie Jesus hörte Paulus die Menschenmenge schreien: Hinweg mit ihm!
      12. Wie Jesus kannte der römische Befehlshaber, der Paulus´ Fall bearbeitete, dessen wahre Identität nicht.
      13. Wie Jesus wurde auch Paulus von einem römischen Beamten mit Aufrührern in Verbindung gebracht.
    3. In einer Weise, die für die meisten von uns einzigartig ist, kannte Paulus wirklich die Gemeinschaft von Christi Leiden, da er seinem Tod gleichförmig wurde (Philipper 3, 10).
    4. Paulus‘ spezifische Berufung und sein Dienst lassen diese Ähnlichkeiten besonders auffällig werden, aber auch wir sind aufgerufen, Jesus nachzufolgen. Wir sollten nicht überrascht sein, wenn Ereignisse in unserem Leben mit Ereignissen im Leben Jesu vergleichbar sind. Es mag eine Zeit der Versuchung in der Wildnis geben, eine Zeit, in der Menschen mit Bedürfnissen zu uns kommen, die nur Gott erfüllen kann, eine Zeit, in der wir einem Sturm ausgeliefert zu sein scheinen, eine Zeit, in der wir wie im Garten Gethsemane zu Gott schreien müssen, eine Zeit, in der wir einfach unser Leben hingeben und darauf vertrauen müssen, dass Gott uns auf herrliche Weise aufrichten wird. Wir sind, wie Paulus, vorherbestimmt, dem Ebenbild seines Sohnes gleichgestaltet zu werden (Römer 8, 29).
    5. Die Erfahrung des Paulus war jedoch offensichtlich in vielerlei Hinsicht anders, nicht zuletzt in der Art und Weise, wie er sich im nächsten Kapitel verteidigen wird, während Jesus sich weigerte, sich vor seinen Anklägern zu verteidigen.

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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