Apostelgeschichte 28 – Paulus kommt in Rom an

A. Paulus übt seinen Dienst auf der Insel Malta aus

1. Die Inselbewohner von Malta sind beeindruckt, als Paulus nach einem Schlangenbiss auf wundersame Weise unversehrt bleibt

Apostelgeschichte 28, 1-2

Apostelgeschichte 28, 1-2
Und als sie gerettet waren, da erfuhren sie, dass die Insel Melite hieß. Die Einwohner aber erzeigten uns ungewöhnliche Freundlichkeit, denn sie zündeten ein Feuer an und holten uns alle herbei wegen des anhaltenden Regens und wegen der Kälte.

  1. Da erfuhren sie, dass die Insel Melite (Malta) hieß: Die erfahrenen Seemänner haben sicherlich die Insel Malta gekannt, aber nicht diese Seite der Insel. Fast der gesamte Verkehr nach Malta lief über den Haupthafen auf der anderen Seite und sie erkannten diese Seite der Insel nicht.
  2. Holten uns alle herbei wegen des anhaltenden Regens und wegen der Kälte: Lukas schrieb als jemand, der dies erlebt hat, sowohl die Freundlichkeit der Einheimischen Maltas als auch die Kälte und Nässe des Sturms. Malta könnte Zuflucht bedeuten – ein passender Name.
    1. Die Bedeutung des Namens Malta ist etwas umstritten, je nachdem, ob der Name auf die Sprache der alten Phönizier oder der alten Griechen zurückgeht. Wenn der Name im Altgriechischen verwurzelt ist, hat er wahrscheinlich die Bedeutung von ‚Honig‘ wegen der Bienenzucht auf der Insel. Aber wenn der Name in der Sprache der alten Phönizier verwurzelt ist, hat er wahrscheinlich die Bedeutung von ‚Zuflucht‘.

2. Paulus und der Schlangenbiss

Apostelgeschichte 28, 3-6

Apostelgeschichte 28, 3-6
Als aber Paulus einen Haufen Reiser zusammenraffte und auf das Feuer legte, kam infolge der Hitze eine Otter heraus und biss ihn in die Hand. Als aber die Einwohner das Tier an seiner Hand hängen sahen, sprachen sie zueinander: Gewiss ist dieser Mensch ein Mörder; er hat sich zwar aus dem Meer gerettet, doch die Rache lässt nicht zu, dass er lebt! Er jedoch schleuderte das Tier ins Feuer, und ihm widerfuhr nichts Schlimmes. Sie aber erwarteten, er werde anschwellen oder plötzlich tot niederfallen. Als sie aber lange warteten und sahen, dass ihm nichts Ungewöhnliches geschah, änderten sie ihre Meinung und sagten, er sei ein Gott.

  1. Als aber Paulus einen Haufen Reiser zusammenraffte: Der große Apostel sammelte Holz für das Feuer, obwohl es unter den 276 Passagieren und der Besatzung wahrscheinlich eine Menge Leute gab, die für diese Aufgabe weitaus besser geeignet gewesen wären. Paulus‘ dienendes Herz war immer offensichtlich.
  2. Kam infolge der Hitze eine Otter heraus und biss ihn in die Hand: Paulus war Gott treu und lebte als ein wahrer Diener. Aber das bewahrte ihn nicht vor dieser Prüfung. Sein demütiger Dienst brachte eine Otter hervor, und die Otter knabberte nicht nur an Paulus, sondern biss ihn in die Hand.
    1. Paulus ließ sich davon nicht beunruhigen. Er schrie nicht: „Warum Gott? Ich kann das nicht mehr ertragen!“ oder „Siehst du nicht, dass ich dir diene?“ Paulus sah nicht zu denen, die am Feuer saßen, und sagte: „Ihr faulen Leute! Wenn ihr an meiner Stelle Holz gesammelt hättet, wäre mir das nicht passiert!“
    2. Paulus‘ Reaktion schien ruhig und unbekümmert: Er jedoch schleuderte das Tier ins Feuer.
  3. Gewiss ist dieser Mensch ein Mörder … doch die Rache lässt nicht zu, dass er lebt: Die Einheimischen waren überzeugt davon, dass die Rache diesen Gefangenen endlich eingeholt hatte. Rache ist eigentlich eine Anspielung auf die griechische Göttin der Gerechtigkeit, Dike. Die Einheimischen, die wussten, dass Paulus ein Gefangener war, nahmen an, er habe ein großes Verbrechen begangen und die Göttin der Gerechtigkeit würde nicht zulassen, dass Paulus ungestraft davonkommt.
  4. Und ihm widerfuhr nichts Schlimmes: Gott hatte Paulus nicht vor dem Sturm bewahrt, nur um ihn durch eine Schlange umkommen zu lassen. Paulus wurde beschützt. Es wurde ihm versprochen, dass er nach Rom gehen würde (Du musst auch in Rom Zeugnis ablegen, Apostelgeschichte 23, 11) und Paulus war noch nicht in Rom. Es ging nicht darum, dass nichts Paulus stoppen würde, sondern darum, dass nichts die Erfüllung von Gottes Verheißung aufhalten würde.
    1. Paulus konnte die Treue Gottes in der Vergangenheit als eine Verheißung des künftigen Segens und Schutzes verstehen.
    2. Im weiteren Sinne sehen wir auch, dass die ‚göttliche Gerechtigkeit‘ Paulus nichts mehr vorzuwerfen hatte – sie wurde durch das Werk Jesu am Kreuz vollständig beglichen. Gottes Gerechtigkeit konnte Paulus niemals schaden, noch irgendjemandem, dessen Sünden durch das Werk Jesu am Kreuz bezahlt wurden.
  5. Und sagten, er sei ein Gott: Dies ist eine typische menschliche Reaktion. Für die Einheimischen gab es bei der Sicht auf Paulus nur die beiden Extreme. Entweder er war furchtbar böse oder er galt als Gott. In Wahrheit war Paulus weder ein Verbrecher, der es verdient hatte, bestraft zu werden, noch ein Gott. Daher müssen wir umso vorsichtiger sein, wenn es darum geht, was andere von uns denken, sei es im Guten oder im Schlechten.

2. Paulus heilt den Vater von Publius und viele andere

Apostelgeschichte 28, 7-10

Apostelgeschichte 28, 7-10
Aber in der Umgebung jenes Ortes hatte der Vornehmste der Insel, der Publius hieß, ein Landgut; dieser nahm uns auf und beherbergte uns drei Tage lang freundlich. Es begab sich aber, dass der Vater des Publius am Fieber und an der Ruhr krank daniederlag. Paulus ging zu ihm hinein, betete und legte ihm die Hände auf und machte ihn gesund. Nachdem dies nun geschehen war, kamen auch die übrigen Kranken auf der Insel herbei und ließen sich heilen. Diese erwiesen uns auch viel Ehre und gaben uns bei der Abfahrt noch alles Nötige mit.

  1. Der Vornehmste der Insel … dieser nahm uns auf und beherbergte uns drei Tage lang freundlich: Das war ein großer Segen und ein starker Kontrast zu dem Elend der vorangegangenen zwei Wochen auf der See. Gott schenkte Paulus, Lukas und Aristarchus eine Zeit der Erholung und Stärkung.
    1. Der Vornehmste der Insel: Dies „ist die genaue technische Bezeichnung für die Person, die Rom an diesem Ort repräsentierte; es ist ein weiteres Beispiel für die außerordentliche Genauigkeit von Lukas.“ (Boice)
  2. Dass der Vater des Publius am Fieber und an der Ruhr krank daniederlag: Einige glauben, es handle sich hier um eine Krankheit namens Maltafieber, die durch Mikroorganismen die aus der Milch maltesischer Ziegen stammt, übertragen wird. Die Symptome halten in der Regel etwa vier Monate an.
  3. Paulus ging zu ihm hinein, betete und legte ihm die Hände auf und machte ihn gesund: Gott heilte diesen Mann, jedoch geschah es durch die Bereitschaft und das Wirken von Paulus. Gott tat die Arbeit, aber Paulus war bereit und verfügbar, um diese Aufgabe auszuführen.
  4. Kamen auch die übrigen Kranken auf der Insel herbei und ließen sich heilen: Bald erreichte die Arbeit, die Paulus tat, viele andere. Dieses Wort für heilen ist nicht das übliche Wort für eine wundersame Heilung. Das Wort bedeutet vielmehr wörtlich ‚medizinische Behandlung erhalten‘. Es könnte sein, dass Lukas (der nach Kolosser 4, 14 Arzt war) als medizinischer Missionar auf Malta diente.

B. Paulus in Rom

1. Der letzte Teil von Paulus‘ Reise nach Rom

Apostelgeschichte 28, 11-15

Apostelgeschichte 28, 11-15
Nach drei Monaten aber fuhren wir ab auf einem Schiff von Alexandria, das auf der Insel überwintert hatte und das Zeichen der Dioskuren führte. Und wir liefen in Syrakus ein und blieben drei Tage dort. Und von dort segelten wir um die Küste herum und kamen nach Regium; und da nach einem Tag ein Südwind aufkam, gelangten wir am zweiten Tag nach Puteoli. Dort fanden wir Brüder und wurden von ihnen gebeten, sieben Tage zu bleiben; und so machten wir uns auf den Weg nach Rom. Und von dort kamen uns die Brüder, als sie von uns gehört hatten, entgegen bis nach Forum Appii und Tres Tabernae. Als Paulus sie sah, dankte er Gott und fasste Mut.

  1. Nach drei Monaten: Sie verbrachten drei Monate auf Malta, sammelten ihre Kräfte und warteten auf das Ende des Winters.
  2. Und wir liefen in Syrakus ein: Dies war der erste Halt nach Malta. Syrakus war in der Antike eine berühmte Stadt, da es die Hauptstadt der Insel Sizilien war.
    1. Archimedes, der berühmte Mathematiker, hatte in Syrakus gelebt. Als die Römer die Insel eroberten, setzte ihm ein Soldat einen Dolch an die Kehle, während er an einem mathematischen Problem arbeitete, das er in den Boden zeichnete. Archimedes sagte: „Stopp, du bringst meine Gleichung durcheinander“ und der Soldat tötete ihn.
  3. Regium … Puteoli … und so machten wir uns auf den Weg nach Rom: Als Paulus und die anderen sich, auf der italienische Halbinsel auf den Weg nach Norden machten, verbrachten sie Zeit mit anderen Nachfolgern Jesu, die sie auf dem Weg trafen (fanden wir Brüder und wurden von ihnen gebeten, sieben Tage zu bleiben).
  4. Kamen … als sie von uns gehört hatten, entgegen bis nach Forum Appii und Tres Tabernae: Schließlich wurden sie außerhalb von Rom von Christen aus der Stadt begrüßt, die kamen, um sie zu treffen. Sie ehrten Paulus, indem sie ihn so begrüßten, wie die Kaiser begrüßt wurden, wenn sie in Rom ankamen: sie gingen hinaus, um ihm zu begegnen, als er in die Stadt kam, und legten den langen Weg (etwa 69 Kilometer) zum Forum Appii zurück, um Paulus und seine Gefährten willkommen zu heißen.
    1. Sie hatten einige Jahre zuvor den berühmten Brief von Paulus an die Römer erhalten, so dass sie wahrscheinlich das Gefühl hatten, ihn bereits zu kennen – und sie wollten ihn sicherlich ehren. Angesichts der Liebe und Ehre, die hinter diesem Gruß steht, ist es kein Wunder, dass Paulus Gott dankte und Mut fasste.
    2. „Lukas ist weit davon entfernt, den Eindruck zu erwecken, dass Paulus der Erste war, der das Evangelium nach Rom brachte, … die Anwesenheit dieser Christen – der Brüder, wie Lukas sie nennt – ist Beweis genug, dass das Evangelium Rom bereits erreicht hatte“ (Bruce). Viele Jahre zuvor, während der Pfingstpredigt des Petrus, waren jüdische Menschen aus Rom anwesend (Apostelgeschichte 2, 10), so dass es wahrscheinlich von Anfang an Christen aus und in Rom gegeben hat.
    3. Man könnte sagen, dass sie Paulus wie einen König behandelten. „Wenn ein Kaiser eine Stadt besuchte, war es Brauch, dass das Volk hinausging, um ihn zu treffen und sie ihn zurück in die Stadt begleiteten.“ (Horton)
    4. Dennoch wurde Paulus während seiner zweiten römischen Gefangenschaft allein gelassen und vergessen (2. Timotheus 4, 9-16), was bedeutet, dass die Christen in Rom in gewisser Weise ihre Liebe und Ehre Paulus gegenüber nicht aufrechterhalten haben (oder vielleicht nicht aufrechterhalten konnten).

2. Paulus‘ Status als Gefangener in Rom

Apostelgeschichte 28, 16

Apostelgeschichte 28, 16
Als wir aber nach Rom kamen, übergab der Hauptmann die Gefangenen dem Obersten der Leibwache; Paulus aber wurde gestattet, für sich zu bleiben mit dem Soldaten, der ihn bewachte.

  1. Als wir aber nach Rom kamen: Endlich wurde die Verheißung Jesu erfüllt. Paulus beschloss, dass er bereits bei seiner dritten Missionsreise nach Rom gehen würde (Apostelgeschichte 19, 21; Römer 1, 15). In Jerusalem versprach Jesus Paulus, dass er es bis nach Rom schaffen würde (Apostelgeschichte 23, 11) und wiederholte das Versprechen während des zweiwöchigen Sturms auf der See (Apostelgeschichte 27, 23-25).
    1. „Jetzt, ganz am Ende des Buches, kommt der Apostel nach Rom. Damit erfüllt sich die Prophezeiung Jesu, dass seine Jünger seine Zeugen ‚bis an die Enden der Erde‘ sein werden“. (Boice)
    2. Als Paulus nach Rom kam, existierte die Stadt bereits seit fast 800 Jahren. Das berühmte Kolosseum war noch nicht gebaut, aber die herausragenden Gebäude waren der Jupiter-Tempel, die Kaiserpaläste und ein Tempel für Mars (den Kriegsgott). Zu dieser Zeit hatte Rom eine Bevölkerung von etwa zwei Millionen Menschen – eine Million Sklaven und eine Million Freie. Die Gesellschaft war grob in drei Schichten eingeteilt: Eine kleine Oberschicht, eine große Unterschicht und Sklaven.
  2. Übergab der Hauptmann die Gefangenen dem Obersten der Leibwache: Dies war ein glücklicher Moment für den Hauptmann Julius, der seine Pflicht erfüllt hatte und – mit viel Hilfe von Paulus – alle Gefangenen aus Cäsarea (Apostelgeschichte 27, 1) erfolgreich nach Rom gebracht hatte.
  3. Mit dem Soldaten, der ihn bewachte: Paulus war nicht in einem normalen Gefängnis. Er durfte für sich bleiben und über seinen eigenen Wohnraum verfügen (ein gemietetes Haus nach Apostelgeschichte 28, 30). Dennoch stand er ständig unter der Aufsicht einer römischen Wache und wurde oft in Ketten gelegt. Die Rotation der Wachen gab ihm einen ständigen Zulauf an Leuten, mit denen er reden konnte.
    1. „An diesen Soldaten wurde er leicht am Handgelenk angekettet … der Soldat wurde zwar etwa alle vier Stunden abgelöst, aber für Paulus gab es keine vergleichbare Entlastung.“ (Bruce)
    2. In Philipper 1, 13, geschrieben aus dieser römischen Gefangenschaft, berichtet Paulus davon, wie seine Botschaft die Palastwache in Rom erreichte. Obwohl er der Gefangene war, hatte er ein wahrhaft gefesseltes Publikum.

3. Paulus wendet sich an die jüdische Gemeinde in Rom

Apostelgeschichte 28, 17-20

Apostelgeschichte 28, 17-20
Es geschah aber nach drei Tagen, dass Paulus die Vornehmsten der Juden zusammenrief. Und als sie versammelt waren, sprach er zu ihnen: Ihr Männer und Brüder, obwohl ich nichts gegen das Volk oder die Gebräuche der Väter getan habe, bin ich von Jerusalem aus gefangen in die Hände der Römer ausgeliefert worden. Diese wollten mich freilassen, nachdem sie mich verhört hatten, weil keine todeswürdige Schuld bei mir vorlag. Da aber die Juden widersprachen, war ich genötigt, mich auf den Kaiser zu berufen; doch keinesfalls habe ich gegen mein Volk etwas zu klagen. Aus diesem Grund also habe ich euch rufen lassen, um euch zu sehen und mit euch zu sprechen; denn um der Hoffnung Israels willen trage ich diese Kette!

  1. Dass Paulus die Vornehmsten der Juden zusammenrief: Paulus folgte seiner konsequenten Praxis in jeder Stadt, in die er als Missionar kam, zuerst zu den Juden zu gehen. Es dauerte nur drei Tage, bis er in Rom ein Treffen mit den Vornehmsten der Juden hatte.
  2. Ihr Männer und Brüder: Paulus wollte sie wissen lassen, dass er Israel nicht verlassen hatte und dass sie immer noch Brüder für ihn waren. Wie Paulus der Menge auf dem Tempelberg zu Beginn dieser Tortur erklärte, ich bin in der Tat ein Jude (Apostelgeschichte 22, 3).
  3. Obwohl ich nichts gegen das Volk oder die Gebräuche der Väter getan habe: Paulus wollte sie wissen lassen, dass er gegenüber dem Gesetz oder dem jüdischen Volk unschuldig war.
  4. Diese wollten mich freilassen, nachdem sie mich verhört hatten: Paulus wollte sie wissen lassen, dass die Römer bereit und gewillt waren, ihn freizulassen.
  5. Doch keinesfalls habe ich gegen mein Volk etwas zu klagen: Paulus wollte sie wissen lassen, dass er keine Gegenklage oder Anschuldigung gegen die jüdische Führung erhob, die ihn angeklagt hatte.
  6. Denn um der Hoffnung Israels willen trage ich diese Kette: Paulus wollte sie wissen lassen, dass er wegen seines Glaubens an den Messias, der Hoffnung Israels, ein Gefangener war.
    1. Als sich das Jahr 70 n. Chr. näherte, wurde die Zeit knapp, bis ein unvergleichliches nationales Unheil über das Jesus ablehnende Israel hereinbrach. In etwa 10 Jahren würde es klar sein, dass Jesus die Hoffnung Israels war. Eine Hoffnung, die viele von ihnen ablehnten.

4. Die jüdischen Führer antworten Paulus

Apostelgeschichte 28, 21-22

Apostelgeschichte 28, 21-22
Sie aber sprachen zu ihm: Wir haben weder Briefe deinetwegen aus Judäa empfangen, noch ist jemand von den Brüdern gekommen, der über dich etwas Böses berichtet oder gesagt hätte. Wir wollen aber gerne von dir hören, was du für Ansichten hast; denn von dieser Sekte ist uns bekannt, dass ihr überall widersprochen wird!

  1. Wir haben weder Briefe deinetwegen aus Judäa empfangen: Dies zeigt, dass die religiösen Führer, die Paulus in Jerusalem und Cäsarea anklagten, wussten, dass dies ein hoffnungsloser Fall war. Sie unternahmen keine Anstrengungen, um Dokumente vorauszuschicken, die ihren Streitfall gegen ihn bestätigten.
  2. Noch ist jemand von den Brüdern gekommen, der über dich etwas Böses berichtet oder gesagt hätte: Paulus wollte wissen, was sie aus Jerusalem über ihn erfahren hatten. Das jüdische Volk aus Rom hatte jedoch noch nichts über Paulus gehört.
  3. Wir wollen aber gerne von dir hören, was du für Ansichten hast; denn von dieser Sekte ist uns bekannt, dass ihr überall widersprochen wird: Obwohl sie nichts über Paulus wussten, hatten sie gehört, dass das Christentum bei einigen unbeliebt war und dass ihm überall widersprochen wird. Man sollte sie dafür loben, dass sie die Geschichte von Paulus selbst hören wollten.

5. Die jüdische Gemeinde in Rom hört das Evangelium von Paulus

Apostelgeschichte 28, 23-24

Apostelgeschichte 28, 23-24
Nachdem sie ihm nun einen Tag bestimmt hatten, kamen mehrere zu ihm in die Herberge. Diesen legte er vom Morgen bis zum Abend in einem ausführlichen Zeugnis das Reich Gottes dar und suchte sie zu überzeugen von dem, was Jesus betrifft, ausgehend von dem Gesetz Moses und von den Propheten. Und die einen ließen sich von dem überzeugen, was er sagte, die anderen aber blieben ungläubig.

  1. Diesen legte er vom Morgen bis zum Abend in einem ausführlichen Zeugnis das Reich Gottes dar und suchte sie zu überzeugen von dem, was Jesus betrifft, ausgehend von dem Gesetz Moses und von den Propheten: In einer wohl wunderbaren Zeit der Lehre sprach Paulus über das Reich Gottes und vermittelte eine ausführliche Lektion darüber, wie das Alte Testament von Jesus berichtete – vom Morgen bis zum Abend.
  2. Legte er … in einem ausführlichen Zeugnis das Reich Gottes dar: Indem Paulus vom Reich Gottes sprach, lehrte er zweifellos, was Jesus lehrte: dass Gott durch Jesus ein geistliches Königreich auf die Erde brachte, das in den Herzen der Menschen Wurzeln schlagen würde, bevor es die Regierungen dieser Welt übernahm. Die meisten jüdischen Menschen zur Zeit Jesu und zur Zeit des Paulus suchten nach einem politischen, und nicht nach einem geistlichen Königreich.
  3. Die einen ließen sich von dem überzeugen, was er sagte, die anderen aber blieben ungläubig: Als Reaktion auf diese erstaunliche, tagelange Lehre von Paulus, glaubten einige und vertrauten Jesus. Andere taten es nicht und blieben ungläubig. Selbst die beste Lehre vom besten Apostel unter den bestmöglichen Umständen konnte sie nicht überzeugen.

6. Paulus erklärt die Ablehnung des Evangeliums mit Jesaja 6, 9-10

Apostelgeschichte 28, 25-27

Apostelgeschichte 28, 25-27
Da sie sich aber nicht einigen konnten, trennten sie sich, nachdem Paulus das eine Wort gesagt hatte: Trefflich hat der Heilige Geist durch den Propheten Jesaja zu unseren Vätern geredet, als er sprach:
»Geh hin zu diesem Volk und sprich:
Mit den Ohren werdet ihr hören und nicht verstehen,
und mit den Augen werdet ihr sehen und nicht erkennen!
Denn das Herz dieses Volkes ist verstockt,
und mit den Ohren hören sie schwer,
und ihre Augen haben sie verschlossen,
dass sie nicht etwa mit den Augen sehen und mit den Ohren hören
und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren
und ich sie heile.«

  1. Da sie sich aber nicht einigen konnten: Dies deutet darauf hin, dass die, die überzeugt worden waren, und die Ungläubigen anfingen miteinander zu streiten.
  2. Trennten sie sich, nachdem Paulus das eine Wort gesagt hatte: Trefflich hat der Heilige Geist durch den Propheten Jesaja zu unseren Vätern geredet: Paulus verstand, dass Jesaja ihre Herzenshärte prophezeite. Sicherlich war Paulus glücklich darüber, dass einige das Evangelium annahmen, aber er war zweifellos betrübt, wenn auch nur einer von ihnen Jesus ablehnte.
  3. Mit den Ohren werdet ihr hören und nicht verstehen: Im Wesentlichen sagte Jesaja in dem Abschnitt aus Jesaja 6, 9-10 Folgendes: Wenn ihr Jesus ablehnt, könnt ihr hören, aber niemals verstehen; ihr könnt sehen, aber niemals wahrnehmen. Euer Herz ist und bleibt hart, eure Ohren und eure Augen sind verschlossen – denn ihr wollt euch wirklich nicht Gott zuwenden und von ihrer Sünde geheilt werden.
    1. Dies ist eine Botschaft, die heute noch genauso wahr ist wie damals, als Jesaja sie zum ersten Mal sagte – oder als Paulus sie zitierte. Viele hören die Gute Nachricht und lehnen sie ab, einfach weil sie sich nicht an Gott wenden und nicht von ihrer Sünde geheilt werden wollen.

7. Paulus sagt ihnen, er werde die Heilsbotschaft zu den Heiden bringen

Apostelgeschichte 28, 28-29

Apostelgeschichte 28, 28-29
So sollt ihr nun wissen, dass das Heil Gottes zu den Heiden gesandt ist; und sie werden auch hören! Und als er das gesagt hatte, gingen die Juden weg und hatten viel Wortwechsel miteinander.

  1. So sollt ihr nun wissen: Wenn einige von ihnen das Heil Gottes ablehnten, machte das die Errettung nicht wirkungslos. Es bedeutete nur, dass Gott diejenigen finden würde, die es auch hören würden – in diesem Fall die Heiden.
    1. Paulus bittet die Menschen eindringlich, aber nicht wie ein Bettler es tun würde, Jesus anzunehmen. Paulus empfand diesen Schmerz nicht um seiner selbst willen, sondern für die Personen, die Gott ablehnten – und warnte diejenigen, die ihn ablehnten ernsthaft vor den Konsequenzen.
    2. Der Prediger des Evangeliums verkündet eigentlich zwei Botschaften. Für diejenigen, die auf das Evangelium mit Glauben reagieren, ist er ein Bote des Lebens. Aber für diejenigen, die Jesus ablehnen, fügt der Prediger ihrer Verurteilung noch etwas hinzu. Für den einen sind wir ein Geruch des Todes zum Tode, den anderen aber ein Geruch des Lebens zum Leben. (2. Korinther 2, 16)
  2. Und als er das gesagt hatte, gingen die Juden weg: Diese gemischte Gruppe – einige, die gläubig waren, andere, die es nicht waren – verließen Paulus und stritten untereinander (hatten viel Wortwechsel miteinander).
    1. Nur wenige Jahre nach Paulus‘ Zurechtweisung der Juden, die Jesus ablehnten, wurde das jüdische Volk von Judäa in großem Ausmaß abgeschlachtet und Jerusalem zerstört. Gottes Gericht stand bevor und ein Teil von Paulus‘ Frustration lag daran, dass er dies ahnte.

8. Paulus verbringt zwei Jahre in Rom, bevor sein Fall vor das kaiserliche Gericht kommt

Apostelgeschichte 28, 30-31

Apostelgeschichte 28, 30-31
Paulus aber blieb zwei Jahre in einer eigenen Mietwohnung und nahm alle auf, die zu ihm kamen; und er verkündigte das Reich Gottes und lehrte von dem Herrn Jesus Christus mit aller Freimütigkeit und ungehindert.

  1. Paulus aber blieb zwei Jahre: Paulus verbrachte mehr als zwei Jahre in Cäsarea und wartete darauf, dass sein Streitfall gelöst wurde (Apostelgeschichte 24, 27). Nun verbrachte er weitere zwei Jahre damit, darauf zu warten, dass sein Fall vor dem Kaiser verhandelt wurde (Apostelgeschichte 24, 27).
    1. „Die zwei Jahre, um die sich der Aufenthalt von Paulus in Rom verlängerte, ließen sich durch die Überlastung der Gerichte erklären. Es dauerte so lange, bis sein Fall zur Verhandlung kam.“ (Bruce)
  2. Einer eigenen Mietwohnung: Wahrscheinlich setzte Paulus seine Arbeit als Zeltmacher (Lederarbeiter) fort, um die Miete für sein Haus zu bezahlen (wie in Apostelgeschichte 18, 1-2 und 20, 33-35). Paulus war immer ein hart arbeitender Mann.
  3. Nahm alle auf, die zu ihm kamen: Ein Beispiel für jemanden, den er in Rom aufnahm, war ein durch Paulus Bekehrter, ein entlaufener Sklave namens Onesimus (Philemon 1, 10), dem Paulus sagte, er solle zu seinem Herrn Philemon zurückkehren.
  4. Verkündigte das Reich Gottes und lehrte von dem Herrn Jesus Christus mit aller Freimütigkeit: Obwohl Paulus nicht reisen konnte, konnte er lehren und zu allen predigen, die zu ihm kamen – und das tat er auch. Er schrieb auch Briefe und diesen zwei Jahren römischen Gewahrsams verdanken wir die Briefe an die Epheser, Philipper und Kolosser.
    1. Diese zwei Jahre waren nicht vergeudet und Gott hat Paulus‘ Zeit in Rom nicht vergeudet. Gott verschwendet niemals unsere Zeit, auch wenn wir sie vielleicht verschwenden, indem wir Gottes Absicht für unser Leben im Moment nicht erkennen.
    2. Paulus hatte schließlich seinen Auftritt vor Kaiser Nero. Es ist vollkommen nachvollziehbar zu glauben, dass er ihm mutig und kraftvoll das Evangelium verkündete – wie Gott es ihm versprochen hatte (Apostelgeschichte 9, 15 und 23, 11).
    3. Es ist recht wahrscheinlich, dass Paulus von diesen Anklagepunkten freigesprochen wurde und nach den meisten Schätzungen weitere vier oder fünf Jahre auf freiem Fuß war, bis er erneut verhaftet, eingesperrt, verurteilt und in Rom auf Neros Befehl hin im Jahre 66 oder 67 n. Chr. hingerichtet wurde – wie es in den historischen Überlieferungen der noch frühen Gemeinde angegeben ist.
    4. Wahrscheinlich hat Lukas den Auftritt von Paulus vor dem Kaiser nicht aufgezeichnet, weil das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte geschrieben wurden, um dem römischen Gericht den Hintergrund und die Fakten von Paulus‘ Fall in seinem vor dem Kaiser stattfindenden Prozess zu vermitteln.
  5. Und ungehindert: Dies geschah völlig ungehindert. Paulus‘ Ketten und seine Haft spielten keine Rolle. Das Wort Gottes war ungehindert.
    1. Als Paulus nach Rom kam, bedrohten das Meer, die Soldaten und die Schlange sein Leben. Aber Gott erlöste ihn von allem. Durch Paulus zeigt Gott, dass der Mensch Gottes, der Gottes Willen erfüllt, nicht aufgehalten werden kann – auch wenn ihm alle möglichen Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden.
    2. Schließlich wird selbst der Unglaube einiger Juden – oder die Ablehnung Jesu durch irgendjemand anderen – das Evangelium nicht aufhalten. Das Evangelium wird sich ausbreiten und diejenigen finden, die glauben werden.
    3. Matthäus 22, 1-14 ist eine gleichnishafte Darstellung der Apostelgeschichte. Gott bereitete ein Fest für Israel vor und lud alle ein zu kommen (in den Tagen von Jesu Wirken), aber sie wollten nicht kommen. Dann sandte er eine zweite Einladung, nachdem alles vorbereitet war. Aber auch da kamen sie nicht. Stattdessen töteten sie Gottes Knechte, die die Botschaft des Festes überbrachten. Schließlich lud Gott alle ein, die kommen wollten, auch die Heiden – aber sie konnten nur kommen, wenn sie mit den Kleidern Jesu bekleidet waren.
  6. Mit aller Freimütigkeit und ungehindert: Es gibt kein Ende der Geschichte, denn die Kirchenhistorie setzt diese Geschichte im Laufe der Jahrhunderte immer weiter fort. Im Vertrauen auf Jesus, die Kraft des Heiligen Geistes und die Führung des Vaters wird sich das Wort Gottes weiterhin ungehindert ausbreiten und weiterhin Leben zur Ehre Gottes verändern. Die Apostelgeschichte ist wirklich eine unendliche Geschichte.
    1. „Ihm aber, der so wirkt, dass niemand ihn aufhalten kann, sei alle Ehre und Herrlichkeit, Herrschaft und Macht in alle Ewigkeit. Amen.“ (Poole)

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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