Galater 6 – Abschließende Anweisungen

A. Eigenverantwortung und Hilfe für andere

1. Wiederherstellung derer, die in Sünde geraten sind

Galater 6, 1

Galater 6, 1
Brüder, wenn auch ein Mensch von einer Übertretung übereilt würde, so helft ihr, die ihr geistlich seid, einem solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht; und gib dabei acht auf dich selbst, dass du nicht auch versucht wirst!

  1. Brüder, wenn auch ein Mensch von einer Übertretung übereilt würde: Paulus erkannte, dass es unter den Christen in Galatien auch solche geben könnte, die von einer Übertretung übereilt worden waren. Paulus schien den Betroffenen nicht von den Brüdern auszuschließen, dennoch sollte dieser niemals in dem von der Sünde übereilten Zustand bleiben.
    1. Die von Paulus verwendete Wortwahl spricht hier nicht von einem entschlossenen und verhärteten Sünder. Vielmehr geht es um jemanden, der in Sünde gefallen ist und sich plötzlich dessen bewusst wird – ohne dass er je damit gerechnet hätte, in eine solche Situation zu kommen. Übereilt „beinhaltet die Vorstellung des Fallens. Es ist nicht der absichtliche, geplante Aspekt der Sünde, der hier betont wird, sondern eher das unbewusste Ereignis. Irrtum anstatt Vorsatz ist die Kraft dieser Aussage, wenn auch ohne Entbindung von der Verantwortung.“ (Ridderbos, zitiert in Morris)
    2. „Wenn wir die Worte des Apostels sorgfältig abwägen, stellen wir fest, dass er nicht von lehrmäßigen Fehlern und Irrtümern spricht, sondern von viel geringeren Fehlern, die einer Person aufgrund menschlicher Schwäche passieren. Das erklärt, warum der Apostel den sanfteren Begriff ‚Fehler‘ wählt. Um ein solches Versagen noch weiter zu schmälern, als wollte er es gänzlich entschuldigen und den Schuldner freisprechen, beschreibt er dessen Situation als ‚übereilt‘ worden, vom Teufel und vom Fleisch verführt worden zu sein … Dieser tröstliche Satz hat mir einmal das Leben gerettet.“ (Luther)
  2. Helft … einem solchen … wieder zurecht: Den von der Sünde Übereilten muss geholfen werden. Sie dürfen nicht ignoriert werden. Sie dürfen nicht entschuldigt werden. Sie dürfen nicht zerstört werden. Das Ziel ist immer die Wiederherstellung, also ihnen zurecht zu helfen.
    1. Stott sagt zu zurecht helfen: „Das Verb ist aufschlussreich. Kataritzo bedeutet ‚in Ordnung bringen‘ und damit ‚in seinen früheren Zustand zurückversetzen‘ … Es wurde im säkularen Griechisch als medizinischer Begriff für die Wiederherstellung eines gebrochenen oder verrenkten Knochens verwendet. Es taucht in Markus 1, 19 auf, wo die Apostel ihre Netze ‚flickten‘.“
    2. Diese Aufgabe der Wiederherstellung wird in der Kirche oft vernachlässigt. Wir neigen dazu, entweder so zu tun, als sei die Sünde nie geschehen, oder demjenigen gegenüber, der gesündigt hat, zu hart zu reagieren. Das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Extremen kann nur geistlich ausgehandelt werden. Es sollte normal sein, Gottes Anweisung hier zu befolgen, aber das ist es nicht. Es ist nur allzu leicht, auf die Sünde eines Menschen mit Klatsch, hartem Urteil oder stillschweigender Zustimmung zu reagieren.
  3. Helft … einem solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht: Wiederherstellung muss immer im Geist der Sanftmut erfolgen, mit vollem Verständnis für unsere eigene Schwäche und unsere Verdorbenheit. Diejenigen, die sich um die Wiederherstellung des Sünders kümmern, müssen sich sowohl vor der Versuchung des Stolzes in Acht nehmen als auch vor der gleichen Versuchung, mit der der Sünder zu kämpfen hatte.
    1. „Lasst die Diener des Evangeliums von Paulus lernen, wie man mit denen umgeht, die gesündigt haben. ‘Brüder’, sagt er, ‘wenn jemand einen Fehler begangen hat, dann verschlimmere seinen Kummer nicht, schelte ihn nicht, verurteile ihn nicht, sondern erhebe ihn und stelle sanft seinen Glauben wieder her.‘“ (Luther)
    2. „Dies deutet darauf hin, dass Sanftmut aus einem Gefühl für unsere eigene Schwäche und Anfälligkeit für Sünde geboren wird.“ (Stott)
    3. Der Einfluss der Gesetzeslehrer unter den Galatern machte diese Warnung notwendig; „Nichts enthüllt den Frevel der Gesetzlichkeit besser als die Art und Weise, wie die Gesetzeslehrer diejenigen behandeln, die gesündigt haben.“ (Wiersbe)

2. Einander die Lasten tragen und unsere eigene Last tragen

Galater 6, 2-5

Galater 6, 2-5
Einer trage des anderen Lasten, und so sollt ihr das Gesetz des Christus erfüllen! Denn wenn jemand meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist, so betrügt er sich selbst. Jeder aber prüfe sein eigenes Werk, und dann wird er für sich selbst den Ruhm haben und nicht für einen anderen; denn jeder Einzelne wird seine eigene Bürde zu tragen haben.

  1. Einer trage des anderen Lasten: Als Paulus seine Gedanken über einen Menschen beschrieb, der von einer Sünde übereilt worden war, wurde damit das Bild einer Person vermittelt, die unter einer schweren Last gebeugt ist. Hier erweiterte er seinen Gedanken dahingehend, jeden Christen zu ermutigen, des anderen Lasten zu tragen.
    1. Der Schwerpunkt liegt nicht darauf, „von anderen zu erwarten, dass sie deine Lasten tragen“. Das ist egozentrisch und führt immer zu Stolz, Frustration, Entmutigung und Bedrückung. Stattdessen weist Gott uns immer an, uns auf andere zu konzentrieren, und sagt: „Einer trage des anderen Lasten.
    2. Dies ist ein einfach zu befolgender Befehl. Suche einen Bruder oder eine Schwester, die eine Last tragen, und hilf ihnen dabei. Es ist nicht kompliziert und es braucht kein großartiges Programm oder eine große Infrastruktur, um das zu tun. Suche einfach nach einer Last, die zu tragen ist, und trage sie.
    3. „Beachte die Vorstellung, die hinter diesem Gebot steht, nämlich, dass wir alle Lasten haben und dass Gott nicht will, dass wir sie allein tragen.“ (Stott)
  2. Und so sollt ihr das Gesetz des Christus erfüllen: Indem wir einander des anderen Lasten tragen, erfüllen wir das einfache Gesetz des Christus: Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander lieben sollt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt. (Johannes 13, 34-35)
    1. Durch diesen ganzen Brief hindurch kämpfte Paulus gegen die Gesetzeslehrer unter den Christen in Galatien. Hier traf er sie erneut. Paulus sagte im Wesentlichen: „Wollt ihr das Gesetz des Christus erfüllen? Hier ist euer Gesetz, das es zu erfüllen gilt: Einer trage des anderen Lasten, und so sollt ihr das Gesetz des Christus erfüllen!
    2. „Paulus will ihnen also eigentlich sagen, dass sie, anstatt anderen das Gesetz als Last aufzuerlegen, lieber ihre Lasten einander abnehmen und so das Gesetz Christi erfüllen sollten.“ (Stott)
  3. Denn wenn jemand meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist, so betrügt er sich selbst: Stolz hindert uns daran, des anderen Lasten zu tragen und das Gesetz des Christus zu erfüllen. Oft ist es der Stolz, der uns davon abhält, einander so zu dienen, wie wir es tun sollten.
    1. Stolz ist vor allem Selbstbezogenheit. Stolz sagt nicht unbedingt: „Ich bin besser als du.“ Stolz sagt einfach: „Ich bin wichtiger als du, also verdiene ich mehr eigene Aufmerksamkeit und Liebe als du.“ Im Gegensatz dazu vermittelt uns die biblische Demut: „Ich bin nicht wichtiger als du. Lass mich deine Lasten tragen und mich um deine Bedürfnisse kümmern.“
    2. Wenn jemand meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist, behindert dies auch auf eine andere Weise den Dienst. Aus Stolz werden Menschen sich weigern, Hilfe anzunehmen, wenn jemand anderes die Hand nach ihnen ausstreckt, um ihnen beim Tragen ihrer Last zu helfen.
    3. Es ist wichtig zu verstehen, dass Paulus an jeden Christen schrieb, als er sagte: „da er doch nichts ist“. Paulus will damit nicht sagen, dass einige Christen etwas sind und andere nichts, und dabei die, die nichts sind, denken, sie seien etwas. Stattdessen betont Paulus die gleichen Gedanken, die hinter Philipper 2, 3b-4 stehen: sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst. Jeder schaue nicht auf das Seine, sondern jeder auf das des anderen. Wenn ich dich höher als mich achte und du mich höher als dich achtest, dann geschieht etwas Wunderbares: Wir haben eine Gemeinschaft, in der zu jedem aufgeschaut und auf niemanden herabgeschaut wird.
    4. „Die Bedeutung ist allgemeiner und sollte daher so ausgedrückt werden: ‚Da alle Menschen nichts sind, betrügt sich derjenige selbst, der als etwas Besonderes erscheinen will und sich einredet, er sei jemand.‘“ (Calvin)
  4. Betrügt er sich selbst: Es gibt wenige Dinge, die selbstbetrügerischer sind als Stolz. Stolz zu sein bedeutet, blind zu sein – blind für Gottes freiwillig geschenkte Gnade und Gaben, blind für unsere Sünde und Verdorbenheit, blind für das Gute in anderen und blind für die Dummheit der Ich-Bezogenheit.
    1. Wir ärgern uns oft, wenn uns jemand täuscht oder betrügt. Dennoch nehmen wir die Gefahr, uns selbst betrügen zu können, nicht so ernst, wie wir es tun sollten. Es ist eine ernste und schreckliche Sache, sich selbst zu betrügen. „Das Elend der meisten Menschen besteht darin, dass ihr Verstand so schlecht eingestellt arbeitet wie ihre Augen; keiner von ihnen schaut nach innen.“ (Trapp)
    2. Dies hilft, die größte Täuschung des schlimmsten aller Betrüger – Satan selbst – zu erklären. Wenn es jemanden gab, der meinte, etwas zu sein, da er doch nichts ist, dann war es Satan – sowohl vor als auch nach seinem Fall. Und wenn es jemanden gibt, der sich selbst betrügt, dann ist es sicherlich Satan – der immer weiter gegen Gott arbeitet in der Selbsttäuschung, dass er eines Tages triumphieren könnte.
  5. Jeder aber prüfe sein eigenes Werk: Anstatt uns selbst zu täuschen, müssen wir unsere Werke vor Gott sorgfältig und nüchtern prüfen. Wenn wir das nicht tun und stattdessen unsere Selbsttäuschung fortsetzen, dann denken wir vielleicht, dass unsere Werke von Gott anerkannt sind, obwohl sie es jedoch in Wirklichkeit nicht sind. Wir wollen, dass unsere Werke von Gott anerkannt werden, damit wir unseren Ruhm am Tag der Belohnung für unsere eigene Arbeit (für sich selbst) haben und nicht für die Arbeit eines anderen.
    1. Es gibt noch einen weiteren Aspekt, für sich selbst den Ruhm zu haben. Es bedeutet, Freude an seinem eigenen Weg mit dem Herrn zu haben, anstatt sich geistlich zu fühlen, weil ein anderer neben einem vielleicht von einer Übertretung übereilt wird.
  6. Denn jeder Einzelne wird seine eigene Bürde zu tragen haben: Die Bibel spricht von einem Tag, an dem unsere Werke vor dem Herrn geprüft werden. Dies ist der Richterstuhl des Christus, der in Römer 14, 10 und 2. Korinther 5, 10 beschrieben wird. An diesem Tag wird jeder Einzelne seine eigene Bürde zu tragen haben.
    1. Es gibt keinen Widerspruch zwischen dem einer trage des anderen Lasten (Galater 6, 2) und jeder Einzelne wird seine eigene Bürde zu tragen haben (Galater 6, 5). In Galater 6, 5 sprach Paulus von unserer letztendlichen Rechenschaftspflicht vor Gott. In Galater 6, 2 sprach er von unserer Verpflichtung, für andere im Leib Christi zu sorgen.
    2. Es gibt auch einen Unterschied in der Wortwahl, die Paulus verwendet. Das Wort für Bürde in Galater 6, 5 war eine gebräuchliche Bezeichnung für den Rucksack eines Mannes. Das Wort für Lasten in Galater 6, 2 war ein anderes Wort, das ‚schwere Lasten‘ bedeutet – solche, die mehr wogen, als ein Mann tragen konnte. Letzten Endes werden wir alle für unsere eigenen Werke verantwortlich sein, aber wir können helfen, die Lasten anderer zu tragen.

3. Anderen als Hausgenossen des Glaubens Gutes tun

Galater 6, 6-10

Galater 6, 6-10
Wer im Wort unterrichtet wird, der gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allen Gütern! Irrt euch nicht: Gott lässt sich nicht spotten! Denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten. Denn wer auf sein Fleisch sät, der wird vom Fleisch Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird vom Geist ewiges Leben ernten. Lasst uns aber im Gutestun nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht ermatten. So lasst uns nun, wo wir Gelegenheit haben, an allen Gutes tun, besonders aber an den Hausgenossen des Glaubens.

  1. Wer im Wort unterrichtet wird, der gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allen Gütern: In diesem Kontext der Fürsorge füreinander weist Paulus diejenigen, die unterrichtet werden, an, ihre Lehrer zu unterstützen (gebe Anteil an allen Gütern).
    1. Die Aufforderung, Anteil an allen Gütern zu geben, konzentriert sich auf die finanzielle Unterstützung, ist aber nicht darauf beschränkt. „Unter der Vielfalt der Auslegungen der Worte von Paulus ist hier die gebräuchlichste auch die wahrscheinlichste: Anteil wird hier im Sinne des aktiven Gebens verstanden und an allen Gütern im Sinne physischer Güter (Lukas 1, 53; 12, 18-19; 16, 25).“ (Fung)
    2. Lightfoot übersetzt den Sinn wie folgt: „Ich sprach davon, die Lasten des anderen zu tragen. Es gibt eine besondere Anwendung für diese Regel. Sorgt für die irdischen Bedürfnisse eurer Lehrer in Christus.“
    3. Passagen wie diese sind wichtig, können aber für den Prediger unangenehm sein. Martin Luther schrieb: „Diese Passagen sind alle dazu bestimmt, uns Geistlichen zu nützen. Ich muss sagen, dass es mir keine große Freude bereitet, diese Verse zu erklären. Es entsteht der Eindruck, als spräche ich zu meinem eigenen Vorteil.“
    4. „Die richtige Beziehung zwischen Lehrer und Schüler oder Pfarrer und Gemeinde ist die einer koinonia, einer ‚Gemeinschaft‘ oder ‚Partnerschaft‘. Daher schreibt Paulus: ‚Wem das Wort gelehrt wird, der teile (koinoneito) alle guten Dinge mit dem, der lehrt.‘“ (Stott) Es ist keine Bezahlung; es ist ein Teilen.
    5. Dies ist ein grundlegendes, wenn auch manchmal vernachlässigtes geistliches Prinzip. Diejenigen, die dich geistlich ernähren und segnen, sollten von dir finanziell unterstützt werden. Paulus wiederholte dieses Prinzip an mehreren anderen Stellen. Wenn wir euch die geistlichen Güter gesät haben, ist es etwas Großes, wenn wir von euch diejenigen für den Leib ernten? (1. Korinther 9, 11). So hat auch der Herr angeordnet, dass die, welche das Evangelium verkündigen, vom Evangelium leben sollen. (1. Korinther 9, 14). Die Ältesten, die gut vorstehen, sollen doppelter Ehre wertgeachtet werden, besonders die, welche im Wort und in der Lehre arbeiten (1. Timotheus 5, 17). Wenn du ihnen deine geistliche Gesundheit anvertraust, solltest du ihnen auch bezüglich der Verwaltung der Gaben von Gottes Volk vertrauen. (Lukas 16, 11)
    6. „Ich habe mich oft gefragt, warum alle Apostel diese Bitte mit so peinlicher Häufigkeit wiederholten … Wir haben erkannt, warum es so notwendig ist, die Ermahnung dieses Verses zu wiederholen. Wenn Satan die Verkündigung des Evangeliums nicht mit Gewalt unterdrücken kann, versucht er, sein Ziel dadurch zu erreichen, dass er die Diener des Evangeliums mit Armut schlägt.“ (Luther)
  2. Irrt euch nicht: Gott lässt sich nicht spotten! Denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten: Für diejenigen, die zögern, ihren Lehrern Anteil an allen Gütern zu geben, erinnert Paulus an Gottes Prinzip von Saat und Ernte. Ihr Geben (gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allen Gütern) hat nichts damit zu tun, Geld wegzuwerfen; es ist wie das Säen von Samen mit dem damit verbundenen Versprechen: denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten.
    1. Den Anteil an allen Güter dem zu geben, der … unterrichtet, als Verschwendung zu betrachten, bedeutet, Gott zu verspotten. Es ist Selbstsucht, die Gottes Großzügigkeit gegenüber denen, die ihm geben, verspottet. Luther hat es deutlich ausgedrückt: „Seid vorsichtig, ihr Spötter. Gott mag seine Strafe eine Zeit lang aufschieben, aber er wird euch rechtzeitig auffinden und euch dafür bestrafen, dass ihr seine Diener verachtet. Ihr könnt Gott nicht verspotten.“
    2. Paulus will damit sagen, dass das Volk Gottes dem, der … unterrichtet, nicht Anteil an allen Gütern geben sollte, weil es gut für den Lehrer ist. Sie sollten es tun, weil es gut ist für den, der gelehrt wird und teilt; das Prinzip von Saat und Ernte verdeutlicht dieses Versprechen.
  3. Denn wer auf sein Fleisch sät, der wird vom Fleisch Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird vom Geist ewiges Leben ernten: Wenn wir vom Geist ernten wollen, sollten wir nicht zögern, mit allen Mitteln, die Gott uns gegeben hat, auf den Geist zu säen.
    1. Ein Landwirt erntet das gleiche, was er gesät hat. Wenn er Weizen sät, kommt Weizen heraus. Auf die gleiche Weise funktioniert das Säen auf das Fleisch: Wenn wir auf das Fleisch säen, wird das Fleisch an Größe und Stärke zunehmen.
    2. Der Landwirt erntet das gleiche, was er gesät hat, aber nicht genau das gleiche. Aus dem Apfelkern wachsen nicht nur mehr Apfelkerne, sondern auch mehr Äpfel mit Kernen. Wenn wir jedoch auf den Geist säen – auch mit materiellen Dingen – dann ernten wir nicht unbedingt materielle Dinge, sondern etwas Besseres: vom Geist ernten wir ewiges Leben. Unser Geben ist also keine plumpe ‚Investition‘ oder Geldmacherei, auch wenn wir davon überzeugt sind, dass wir als Geber niemals die Verlierer sein werden.
    3. Der Landwirt erntet auch mehr, wenn er mehr gesät hat, und das Verhältnis zwischen dem, was er sät, und dem, was er erntet, ist exponentiell. Ein Landwirt kann einen Apfelkern säen und im Laufe der Zeit Hunderte von Äpfeln ernten.
  4. Denn was der Mensch sät, das wird er auch ernten: Dieses Prinzip bezieht sich nicht nur auf das Geben und Unterstützen von Lehrern und Pastoren, sondern hat darüber hinaus Gültigkeit. Es kann allgemein im Leben angewandt werden; was wir aus dem Leben bekommen, ist oft das, was wir hineingeben. Aber Paulus unterstützt damit nicht irgendein Gesetz eines spirituellen Karmas, das Gutes verspricht, wenn wir Gutes tun, oder Schlechtes verheißt, wenn wir Schlechtes tun. Wenn es ein solches absolutes geistliches Gesetz gäbe, würde es uns sicherlich alle verdammen. Stattdessen bezieht Paulus einfach das Prinzip von Saat und Ernte auf unseren Umgang mit unseren Ressourcen in Verantwortung vor dem Herrn. Er verwendet dasselbe Bild in 1. Korinther 9, 11 und 2. Korinther 9, 6-10.
    1. Wir können uns selbst täuschen, indem wir viel erwarten, wenn wir wenig säen, aber wir können Gott nicht täuschen, denn die Ergebnisse unserer schlechten Aussaat werden offensichtlich sein.
  5. Lasst uns aber im Gutestun nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht ermatten: Bei der sorgfältigen Verwaltung unserer Ressourcen vor Gott nach dem Prinzip von Saat und Ernte brauchen wir Geduld. Denn die Ernte kommt nicht unmittelbar nach der Aussaat.
    1. Es ist leicht, aber gefährlich, zu ermatten (den Mut zu verlieren). In der Antike wurde dieser mit ermatten übersetzte Ausdruck für die Art von Angst und Erschöpfung verwendet, die eine Frau während der Wehen kurz vor der Entbindung empfindet. Er beschreibt eine Zeit, in der die Arbeit hart und schmerzhaft und gleichzeitig noch nicht abgeschlossen bzw. noch ohne Belohnung ist. Es ist leicht, zu ermatten, wenn wir uns so fühlen, aber genau in dieser Zeit müssen wir durchhalten und dürfen im Gutestun nicht müde werden.
  6. So lasst uns nun, wo wir Gelegenheit haben, an allen Gutes tun, besonders aber an den Hausgenossen des Glaubens: Ohne den Mut zu verlieren oder zu ermatten, streben wir danach, mit unseren Mitteln Gutes zu tun und an allen Gutes zu tun – vor allem aber denen gegenüber, die zur Familie Gottes gehören.
    1. Als Paulus schrieb „wo wir Gelegenheit haben“ und „an allen Gutes tun“, schloss er sich ganz klar in das ein, was er schrieb. Er sprach hier sowohl zu sich selbst als auch zu den Galatern. Wegen der Gefahr, die die Gesetzeslehrer mit sich brachten, war die Arbeit des Paulus unter ihnen noch nicht wirklich belohnt worden. Er musste auch sich selbst zusprechen, nicht den Mut zu verlieren.

B. Abschließende Worte

1. Einleitung in Paulus‘ persönliches Nachwort

Galater 6, 11

Galater 6, 11
Seht, mit welch großen Buchstaben ich euch geschrieben habe mit eigener Hand!

  1. Ich euch geschrieben habe mit eigener Hand: Wie es in der Antike üblich war, hat auch Paulus seine Briefe einem Schreiber diktiert. Er schrieb jedoch oft noch persönlich einen kurzen Abschnitt am Ende des Briefes, um ihn zu beglaubigen und ihm eine persönliche Note zu verleihen.
    1. Weitere Beispiele für diese Art von Nachspann zu seinen Briefen sind 1. Korinther 16, 21-24 (Das ist mein, des Paulus, handschriftlicher Gruß) und Kolosser 4, 18 (Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand). Ein Grund dafür könnte sein, dass Paulus beweisen wollte, dass er den Brief wirklich geschrieben hat, wie in 2. Thessalonicher 3, 17: Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand; dies ist das Zeichen in jedem Brief, so schreibe ich.
  2. Seht, mit welch großen Buchstaben ich euch geschrieben habe: Paulus weist darauf hin, dass er seine Schlussworte mit großen Buchstaben geschrieben hat. Viele spekulieren, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass er schlecht sehen und kleine Buchstaben nicht lesen oder schreiben konnte. Es ist aber wahrscheinlicher, dass er die Buchstaben einfach nur zur Hervorhebung groß geschrieben hat.
    1. „An diesem Punkt nimmt der Apostel die Feder aus seinem Schreibpult, und die Schlussworte werden mit seiner eigenen Hand geschrieben … Er schreibt sie auch in großen, fetten Buchstaben, damit seine Handschrift die Energie und Entschlossenheit seiner Seele widerspiegelt.“ (Lightfoot)
    2. „Die meisten Kommentatoren sind der Ansicht, dass er absichtlich große Buchstaben verwendete, entweder weil er seine Leser wie Kinder behandelte (indem er ihre geistliche Unreife mit kindlich-einfacher Schrift tadelte) oder einfach nur zur Hervorhebung … so wie wir heute Großbuchstaben verwenden oder Wörter unterstreichen würden.“ (Stott)

2. Ein letztes Wort zu den Motiven der Gesetzeslehrer unter den Galatern

Galater 6, 12-13

Galater 6, 12-13
Alle, die im Fleisch wohlangesehen sein wollen, nötigen euch, dass ihr euch beschneiden lasst, nur damit sie nicht um des Kreuzes des Christus willen verfolgt werden. Denn nicht einmal sie selbst, die sich beschneiden lassen, halten das Gesetz, sondern sie verlangen, dass ihr euch beschneiden lasst, damit sie sich eures Fleisches rühmen können.

  1. Alle, die im Fleisch wohlangesehen sein wollen, nötigen euch, dass ihr euch beschneiden lasst: Paulus bezog sich hier auf die gesetzlichen Christen unter den Galatern und schrieb offen über ihr Motiv – im Fleisch wohlangesehen sein zu wollen. Sie wollten die galatischen Christen mit nichtjüdischer Abstammung zur Beschneidung bringen, weil sie dadurch selbst wohlangesehen wären – allerdings nur im Fleisch wohlangesehen (= Anerkennung von Menschen erzielten).
    1. Die Gesetzeslehrer gaben vor, ihre Motivation käme aus Sorge um diejenigen, die sie unter das Gesetz zu bringen versuchten. Aber Paulus durchschaute diese Täuschung und sah, dass ihr Motiv in Wirklichkeit egoistisch war, da sie einfach die Ehre und den Ruhm wohlangesehen im Fleisch zu sein begehrten. Sie wollten, dass die Galater beschnitten werden, damit sie die Unterwerfung dieser Nichtjuden als Verdienstabzeichen ihres Erfolges tragen konnten. So wie David sich mit den zweihundert Vorhäuten der von ihm getöteten Philister gebrüstet hatte, so sahen diese Gesetzeslehrer die Unterordnung der Nichtjuden in erster Linie als ihre Trophäe an.
    2. Nötigen ist ein wichtiges Wort. Es war nichts falsch daran, dass ein Nichtjude beschnitten wurde. Es war jedoch alles falsch daran, einen Nichtjuden zur Beschneidung zu nötigen und zu behaupten, er könne nicht gerecht vor Gott sein, ohne sich unter das Gesetz Moses zu stellen.
  2. Nur damit sie nicht um des Kreuzes des Christus willen verfolgt werden: Neben ihrem Streben nach eigener Ehre war ihr anderes Motiv, nicht um des Kreuzes des Christus willen verfolgt zu werden. Hätten diese Gesetzeslehrer gesagt: „Wir werden nur durch das Werk des Kreuzes des Christus gerettet, nicht durch die Einhaltung der Gesetze“, wären sie verfolgt worden. Wahrscheinlich ging die Verfolgung von anderen gesetzlichen Christen aus oder von denen, die noch im Judentum waren. Da sie nicht bereit waren, sich diesem Druck zu stellen, vertraten sie falsche Lehren.
    1. Es gibt noch eine andere Möglichkeit, dies zu betrachten. Indem man das Christentum und das Judentum durch Betonung der Beschneidung und des Gesetzes des Moses einander anglich, konnte man vermeiden durch die Römer verfolgt zu werden. „Die Beschneidung zu befürworten bedeutete, die neue Bewegung mit dem Judentum in Einklang zu bringen, einer Religion, die offiziell von den Römern anerkannt war und daher keine Verfolgung nach sich zog. Die Prediger, die Paulus hier angegriffen hat, mögen das Kreuz in ihre Verkündigung aufgenommen haben, aber indem sie die Notwendigkeit der Beschneidung hinzufügten, vermieden sie die Verfolgung.“ (Morris)

3. Paulus schreibt über seine Motive

Galater 6, 14-15

Galater 6, 14-15
Von mir aber sei es ferne, mich zu rühmen, als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt. Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern eine neue Schöpfung.

  1. Von mir aber sei es ferne, mich zu rühmen, als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus: Paulus’ Herzensanliegen war es nicht, sich aus Ansehen zu rühmen. Er legte keinen Wert auf Ruhm, der von Reichtum herrührte. Er interessierte sich nicht für Ruhm, der sich aus Status und Macht bei den Menschen ergab. Es ging ihm nur um den Ruhm des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus.
    1. Es fällt uns schwer zu verstehen, wie merkwürdig Paulus’ Worte hier sind. Für Menschen, die wussten, worum es bei einer Kreuzigung ging, passten die Worte ‚Kreuz‘ und ‚rühmen‘ einfach nicht zusammen. Sie waren direkte Gegensätze, denn es gab keine erniedrigendere, beschämendere Art der Hinrichtung als das Kreuz. Es schien viel logischer, im Fleisch wohlangesehen zu sein, als durch das Kreuz. Aber Paulus denkt und schreibt mit einer himmlischen Logik, die alles auf dieser Erde übertrifft.
    2. „Das Wort Kreuzigung wurde in der höflichen römischen Gesellschaft nicht ausgesprochen … selbst wenn man zum Tode durch Kreuzigung verurteilt wurde, war der Ausdruck dafür eine archaische Formulierung, die als eine Art unglückliche Umschreibung diente: arbori infelici suspendito, ‚häng ihn an den elenden/unglücklichen Baum‘.“ (Bruce, zitiert in Morris) Aber Paulus benutzte nicht nur dieses zu vermeidende Wort, er rühmte sich dessen sogar.
    3. „Was meinte er jedoch mit dem Kreuz? Natürlich interessierte er sich nicht für das spezielle Stück Holz, an das diese gesegneten Hände und Füße genagelt waren, denn das war bloßer Materialismus und ist aus dem Gedächtnis verschwunden. Er meint die herrliche Lehre von der Rechtfertigung – der kostenlosen Rechtfertigung – durch das Sühnopfer Jesu Christi.“ (Spurgeon)
  2. Durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt: In Galater 5, 24 schreibt Paulus darüber, dass das Fleisch gekreuzigt wurde samt den Leidenschaften und Lüsten. Mit dem Fleisch am Kreuz hat er nun auch die Welt ans Kreuz geschlagen und sieht sich selbst als tot für die Welt. Die Welt konnte somit keinen Einfluss mehr auf Paulus haben, weil sie tot für ihn war, und Paulus konnte auf keinen Einfluss von ihr mehr reagieren, weil er für die Welt tot war.
    1. Die Welt – in dem Sinne, wie Paulus es hier meint – war nicht die Erde; und auch nicht die Masse der Menschheit (die Gott selbst so sehr liebt, Johannes 3, 16). Stattdessen meinte er die Gemeinschaft der sündigen Menschheit, die in der Rebellion gegen Gott vereint ist.
    2. Es gibt nichts Weltlicheres, als zu versuchen, im Fleisch wohlangesehen zu sein. Wenn wir für den Ruhm leben, der sich an Ansehen, Reichtum, Status oder Macht unter den Menschen orientiert, ist die Welt für uns sehr lebendig und wir ebenso für sie.
    3. Paulus und die Welt konnten sich in einer Sache einig sein: Sie mochten einander nicht. „’Die Welt ist mir gekreuzigt,‘ bedeutet, dass ich die Welt verdamme. ‚Ich bin der Welt gekreuzigt,‘ bedeutet, dass die Welt wiederum mich verdammt.“ (Luther) „Die Welt und ich sind uns einig. Die Welt sorgt sich nicht um mich, und ich kümmere mich genauso wenig um die Welt.“ (Trapp)
    4. „Zu leben, um den Menschen zu dienen, ist eine Sache – zu leben, um sie zu segnen, ist eine andere; und das werden wir tun, mit Gottes Hilfe, indem wir Opfer für ihr Wohl erbringen. Aber die Menschen zu fürchten, sie um ihre Einwilligung zum Denken zu bitten, ihre Anweisungen zu erfragen, was wir sprechen und wie wir es sagen sollen – das ist eine Schande, die wir nicht zulassen können. Dank Gottes Gnade haben wir uns nicht so erniedrigt und werden es auch niemals tun.“ (Spurgeon)
  3. Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern eine neue Schöpfung: Zweifellos war Paulus überzeugt, dass Christen nach einem moralischen Standard leben sollten (beschrieben wie z.B. in Galater 5, 19-21). Aber was wirklich zählte, war nicht, was wir tun, um das Gesetz zu halten (vor allem in Bezug auf seine Zeremonien), sondern was Gott in uns getan hat – nämlich uns zu einer neuen Schöpfung zu machen.
    1. Für die Gesetzeslehrer unter den galatischen Christen war die Beschneidung ein großes Thema, denn sie war die Einführung in das Leben gemäß dem mosaischen Gesetz. Auch wenn es für die Gesetzeslehrer wichtig war, wusste Paulus, dass dieses Thema überhaupt keine Rolle spielte (gilt weder … noch etwas). Wenn man beschnitten wurde, aber keine neue Schöpfung war, gehörte man nicht zu Jesus. Wenn man unbeschnitten, aber eine neue Schöpfung geworden war, gehörte man zu Jesus.
    2. Wir machen uns nicht selbst zu einer neuen Schöpfung; Gott wirkt es in uns. Im Grunde geht es im Christentum immer um das, was Gott in uns tut, nicht um das, was wir für Gott tun. Damit wird auf einfache Art und Weise der Unterschied zwischen dem System der Gnade und dem der Gesetzlichkeit definiert.

4. Ein Segen für diejenigen, die in Gottes Wahrheit wandeln

Galater 6, 16

Galater 6, 16
Über alle, die nach dieser Regel wandeln, komme Frieden und Erbarmen, und über das Israel Gottes!

  1. Über alle, die nach dieser Regel wandeln: Lightfoot schreibt zu der Regel, dem altgriechischen Wort kanon: „Die Orientierungslinie, die ein Zimmermann oder Vermesser vorgibt, nach der etwas ausgerichtet werden soll.“ Es gibt eine Regel für das christliche Leben, die durch Gottes Wort offenbart wird. Wir denken sie uns nicht einfach so aus. Wir müssen uns an dieser Regel messen.
  2. Über alle … komme Frieden und Erbarmen: So wie Paulus bereit war, einen Fluch über diejenigen auszusprechen, die Irrlehren weitergaben (Galater 1, 8-9), so war er auch bereit, denen, die nach dieser Regel wandeln, einen Segen zu versprechen. Das sind diejenigen, die das wahre Israel Gottes sind, die Nachkommen Abrahams gemäß ihrem Glauben.

5. Letzte Worte

Galater 6, 17-18

Galater 6, 17-18
Hinfort mache mir niemand weitere Mühe; denn ich trage die Malzeichen des Herrn Jesus an meinem Leib. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geist, Brüder! Amen.

  1. Ich trage die Malzeichen des Herrn Jesus an meinem Leib: Paulus schrieb als jemand, der für Jesus gelitten hatte und der diese Zeichen an seinem Leib trug. Nachdem er so gelitten hat, kann er sagen: Hinfort mache mir niemand weitere Mühe, in dem Sinne, dass es für jeden vergeblich ist, es zu versuchen, denn er hat bereits das Schlimmste ertragen.
    1. In 2. Korinther 11, 23-25 beschreibt Paulus sein körperliches Leiden um Jesu willen. Was er ertrug, reichte aus, um Narben zu hinterlassen, Malzeichen des Herrn Jesus.
    2. Manche denken, „mache mir niemand weitere Mühe“ sei Paulus‘ Art gewesen, den Christen in Galatien zu sagen: „Macht mir keinen Ärger, indem ihr weiterhin mit diesen falschen Lehren herumspielt – ich habe schon genug gelitten.“
  2. Die Malzeichen des Herrn Jesus: Einige meinten, dass Paulus hier von einem Phänomen spricht, das als Stigmata (Brandmal) bekannt ist. Es soll sich dabei um Markierungen am Körper handeln, die den Wunden Jesu ähneln, etwa Wunden an den Händen, Füßen, an der Seite oder am Kopf als Ergebnis einer intensiven mystischen Identifikation mit Jesus. Eine solche Sichtweise interpretiert zu viel in die einfachen Worte des Textes, und oft werden sie dazu benutzt, eine ungesunde Mystik zu rechtfertigen.
    1. Die Malzeichen des Herrn Jesus waren keine Wunden, die den Wunden Jesu ähnlich waren; es sind Malzeichen, die Paulus als einen Nachfolger Jesu identifizieren – oder sogar ‚brandmarken‘. In der Antike wurden Sklaven mit dem Namen ihres Herrn gebrandmarkt. „Oft brandmarkte ein Herr seine Sklaven mit einem Zeichen, das zeigte, dass sie ihm gehörten. Höchstwahrscheinlich meint Paulus, dass die Narben seiner Leiden für Christus die Brandmale sind, die ihn als Sklave Christi identifizieren.“ (Barclay)
    2. Die Praxis des Brandmarkens war auch im militärischen Leben bekannt: „Es gibt Berichte, nach denen sich Soldaten mit dem Namen ihres Generals brandmarkten als Zeichen ihrer absoluten Hingabe an seine Sache.“ (Rendall) Paulus sagte, seine Malzeichen seien ‚Brandmarken‘ seiner Zugehörigkeit.
    3. „Denn so wie die irdische Kriegsführung ihre Abzeichen hat, mit denen die Generäle die Tapferkeit eines Soldaten ehren, so hat Christus, unser Leiter, seine eigenen Zeichen, von denen er Gebrauch macht, um einige seiner Anhänger auszuzeichnen und zu ehren. Diese Zeichen unterscheiden sich jedoch sehr von den anderen; denn sie haben die Charakteristik des Kreuzes, und in den Augen der Welt sind sie erbärmlich … aber vor Gott und den Engeln übertreffen sie alle weltliche Ehre.“ (Calvin)
  3. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geist: Paulus konnte sich für die Galater nichts Größeres wünschen als dies. Wenn dieser Wunsch Wirklichkeit werden würde, würden sie in einer Beziehung zu Gott leben, die von Gnade geprägt ist anstatt in der gesetzlichen, leistungsbezogenen Beziehung, die sie so gefährdete. Dies ist ein passendes Ende für den Brief und ein Gebet für unser aller Leben.
    1. „Nach dem Sturm und der Anstrengung und der Intensität des Briefes kommt die Ruhe des Segens. Paulus hat argumentiert und getadelt und gedrängt, aber sein letztes Wort ist GNADE, für ihn das einzige Wort, das wirklich zählte.“ (Barclay)

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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