Johannes 6 – Das Brot vom Himmel

A. Vorbereitung auf das Wunder

1. Eine Menschenmenge versammelt sich um Jesus am See Genezareth

Johannes 6, 1-4

Johannes 6, 1-4
Danach fuhr Jesus über den See von Galiläa bei Tiberias. Und es folgte ihm eine große Volksmenge nach, weil sie seine Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus aber ging auf den Berg und saß dort mit seinen Jüngern beisammen. Es war aber das Passah nahe, das Fest der Juden.

  1. Danach fuhr Jesus über den See von Galiläa: Johannes zeichnet nun einige der Taten und Worte Jesu in der Region Galiläa nördlich von Judäa auf. Johannes hat vor allem Dinge aufgezeichnet, die Jesus in Judäa und Jerusalem getan und gesagt hat, aber manchmal auch Begebenheiten, die die Schreiber der anderen Evangelien ebenfalls festgehalten haben, hauptsächlich in der Region von Galiläa.
  2. Und es folgte ihm eine große Volksmenge nach: Dieses Wunder ist auch in den anderen drei Evangelien festgehalten. Lukas erwähnte, dass sich Jesus bei dieser Gelegenheit an einen einsamen Ort zurückzog, um allein zu sein (Lukas 9, 10), doch die Menge folgte ihm dorthin. Trotz dieser Belastung diente Jesus der Menge immer noch mit großem Mitgefühl.
  3. Weil sie seine Zeichen sahen, die er an den Kranken tat: Lukas 9, 11 sagt uns, dass Jesus diese Menge auch lehrte, etwas, das Johannes nicht ausdrücklich erwähnt.
    1. Morris gibt den Sinn der Zeitformen der griechischen Verben von Johannes 6, 2 wieder: „Die Menge ‚folgte‘ Jesus weiterhin ‚nach‘, weil sie ‚ständig‘ die Zeichen ‚sahen‘, die er ‚üblicherweise‘ an den Kranken ‚tat‘.“ (Morris)
  4. Es war aber das Passah nahe, das Fest der Juden: Johannes ist der Einzige der vier Evangelienschreiber, der uns sagt, dass dies unmittelbar vor dem Passahfest stattfand. Vielleicht bestand diese große Volksmenge aus galiläischen Pilgern, die auf dem Weg nach Jerusalem waren.
    1. Passah wird mit dem Exodus und Gottes Versorgung Israels in der Wüste in Verbindung gebracht. Jesus wird diese Menge in ihrer kleinen ‚Wüste‘ bald mit Brot vom Himmel versorgen – sowohl wörtlich als auch geistlich.
    2. Ging auf den Berg: „Die ‚Anhöhe‘ ist das stark ansteigende Gelände östlich des Sees, heute bekannt als die Golanhöhen. Von dort aus überblickt man die Ebene östlich des Flusses und den See. “ (Bruce)

2. Jesus stellt Philippus eine Frage

Johannes 6, 5-7

Johannes 6, 5-7
Da nun Jesus die Augen erhob und sah, dass eine große Volksmenge zu ihm kam, sprach er zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese essen können? Das sagte er aber, um ihn auf die Probe zu stellen, denn er selbst wusste wohl, was er tun wollte. Philippus antwortete ihm: Für 200 Denare Brot reicht nicht aus für sie, dass jeder von ihnen auch nur ein wenig bekommt!

  1. Wo kaufen wir Brot, damit diese essen können? Vielleicht hat Jesus Philippus diese Frage gestellt, weil er aus Bethsaida stammte (Johannes 1, 44) und sich in der Nähe des Ortes befand, an dem dieses Wunder geschah (Lukas 9, 10).
    1. „Johannes sagt nicht, wie Markus (Markus 6, 34 f.), dass die Menge den ganzen Tag Jesu Lehre gehört hatte, aber das erklärt seine Sorge um ihr leibliches Wohl.“ (Bruce)
  2. Das sagte er aber, um ihn auf die Probe zu stellen, denn er selbst wusste wohl, was er tun wollte: Jesus wusste, welches Wunder er im Begriff zu tun war, wollte aber die Gelegenheit nutzen, seine Jünger zu lehren. Für Jesus ging es dabei nicht nur darum, eine Arbeit zu erledigen (die Volksmenge zu versorgen), sondern auch darum, seine Jünger nebenbei zu schulen.
    1. Philippus hatte Jesus bereits viele Wunder tun sehen; es hätte für ihn keine Frage sein sollen, welche göttlichen Möglichkeiten Jesus hatte.
  3. Für 200 Denare Brot reicht nicht aus: Ihr Problem war mindestens zweigeteilt. Erstens hatten sie nicht die Mittel, Brot zu kaufen und die Menge zu versorgen. Zweitens, selbst wenn sie das Geld gehabt hätten, wäre es unmöglich gewesen, genug Brot aufzutreiben, dass es für alle gereicht hätte.
    1. Mit mehr Glauben und Wissen hätte Philippus sagen können: „Meister, ich weiß nicht, wo genug Essbares ist, um diese Menge zu versorgen. Aber du bist größer als Moses, den Gott jeden Tag in der Wüste dazu benutzte, eine Menschenmenge zu versorgen. Gott kann sicherlich ein geringeres Werk durch einen größeren Diener tun. Du bist größer als Elisa, den Gott benutzt hat, um viele Söhne der Propheten mit wenig Nahrung zu versorgen. Außerdem sagt die Heilige Schrift, dass der Mensch nicht vom Brot allein leben soll, und du bist mächtig genug, um diese Menge durch die Worte deines Mundes zu sättigen.“
  4. Für 200 Denare Brot reicht nicht aus für sie: Philippus‘ Kenntnis der Situation war genau und beeindruckend (zweihundert Denare sind mehr als sechs Monatslöhne), aber sein Wissen brachte ihm nichts, um das Problem zu lösen.
    1. Philippus dachte materiell; und wie viel Geld es kosten würde, Gottes Werk im Kleinen zu verrichten (dass jeder von ihnen auch nur ein wenig bekommt). Wir begrenzen Gott oft auf die gleiche Weise, indem wir überlegen, wie Gottes Werk auf die kleinstmögliche Weise ausgeführt werden kann. Jesus wählt einen völlig anderen Ansatz und versorgt in großem Stil.
    2. „Er war ein Mann der Zahlen; er glaubte an das, was man in Tabellen und Statistiken schreiben kann. Ja, und wie Menschen seines Typs ließ er ein klitzekleines Element in seinem Kalkül aus, und das war Jesus Christus. So bewegt sich seine Antwort auf niedrigem Niveau.“ (Maclaren)
    3. „Philippus war offensichtlich eine nüchterne Person (Johannes 14, 8), ein schneller Rechner und guter Geschäftsmann, und daher eher bereit, sich auf seine eigenen klugen Berechnungen zu verlassen als auf unsichtbare Ressourcen.“ (Dods)

3. Die Hilfe von Andreas

Johannes 6, 8-9

Johannes 6, 8-9
Da sprach einer von seinen Jüngern, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, zu ihm: Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele?

  1. Da sprach einer von seinen Jüngern, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, zu ihm: Es ist ein Knabe hier: Andreas stellte Jesus noch einmal jemanden vor. Zuerst war es sein Bruder Petrus (Johannes 1, 40-42). Nun war es ein Knabe mit einigen Gerstenbroten und zwei Fischen.
    1. „Das Wort für ‚Knabe‘ ist eine doppelte Diminutivform [grammatische Verkleinerungsform], die wahrscheinlich ‚kleiner Junge‘ bedeutet.“ (Morris)
  2. Fünf Gerstenbrote: Gerste galt schon immer als einfaches Nahrungsmittel, das für Tiere mehr geeignet war als für Menschen. Das bedeutet, dass der Junge wahrscheinlich aus einer armen Familie stammte.
    1. Im Talmud [Schriftwerk des Judentums, das die Umsetzung der Gesetze im Alltag auslegt] gibt es eine Stelle, an der ein Mann sagte: „Es gibt eine gute Gerstenernte“, und ein anderer Mann antwortete: „Erzähle das den Pferden und Eseln.“
    2. „Gerste hatte kaum ein Drittel des Wertes von Weizen im Orient: siehe Offenbarung 6, 6. Die Tatsache, dass es eine sehr einfache Kost war, geht aus Hesekiel 13, 19 hervor, wo von den falschen Prophetinnen gesagt wird, dass sie den Namen Gottes für einige Hände voll Gerste, d.h. für den geringsten Lohn, entweihen sollen.“ (Clarke)
    3. Zwei Fische: „Während die anderen Evangelisten das übliche Wort für Fisch (ichthys) verwenden, nennt Johannes sie ὀψάρια (osparia), was darauf hinweist, dass es sich um zwei kleine (vielleicht gesalzene) Fische handelte, die als schmackhafte Zugabe zusammen mit den Gerstenkuchen gegessen wurden.“ (Bruce)
  3. Doch was ist das für so viele? Es gab nicht viel, mit dem man arbeiten konnte, aber Gott braucht nicht viel. Tatsächlich braucht Gott keine Hilfe – aber er hält seine Arbeit oft absichtlich zurück, bis er unsere Mitwirkung hat.
    1. „Kleine Dinge sind nicht immer verachtenswert. Es hängt alles von den Händen ab, in denen sie sich befinden.“ (Taylor)

B. Die Speisung der Fünftausend

1. Jesus befiehlt der Gruppe, sich zu setzen

Johannes 6, 10

Johannes 6, 10
Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich setzen! Es war nämlich viel Gras an dem Ort. Da setzten sich die Männer; es waren etwa 5 000.

  1. Lasst die Leute sich setzen: Jesus war weder in Panik noch in Eile. Er hatte einen riesigen Catering-Auftrag zu erfüllen, aber er ging seiner Arbeit geordnet nach, indem er sie sich auf das Gras setzen ließ.
    1. Man könnte sagen, dass Jesus hier die Rolle des liebenden Hirten in Psalm 23, 1-2 erfüllte. Er weidet mich auf grünen Auen. Dieser Psalm gab auch das Bild des Herrn als Gastgeber, der seinem Knecht eine Mahlzeit als Gast serviert: Du bereitest vor mir einen Tisch … Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, mein Becher fließt über … Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar (Psalm 23, 5-6).
  2. Da setzten sich die Männer, es waren etwa 5 000: Jesus handelte in allem auf systematische Art und Weise. Sie mussten zunächst Jesu Befehl folgen, um seine wunderbare Versorgung zu erhalten. Diejenigen, die seinem Befehl folgten, würden bald vollständig gesättigt sein.
    1. „Unser heiliger Meister hat herrliche Muße, denn er ist immer pünktlich. Verspätete Menschen sind in Eile; aber er, der nie zu spät kommt, eilt nie. “ (Spurgeon)

2. Die Fünftausend werden versorgt

Johannes 6, 11

Johannes 6, 11
Und Jesus nahm die Brote, sagte Dank und teilte sie den Jüngern aus, die Jünger aber denen, die sich gesetzt hatten; ebenso auch von den Fischen, so viel sie wollten.

  1. Und Jesus sagte Dank: Jesus hatte nur ein paar Brote und ein paar Fische, aber er war entschlossen, seinem Vater für das, was er hatte, Dank zu sagen.
    1. „Für fünf Kuchen und zwei Sprotten dankte Christus dem Vater; anscheinend ein dürftiger Grund zum Loben, aber Jesus wusste, was er aus ihnen machen konnte, und dankte deshalb für das, was sie bald vollbringen würden. ’Gott liebt uns’, sagt Augustinus, ’für das, was wir werden.’ Christus dankte für diese Kleinigkeiten, weil er sah, wohin sie wachsen würden.“ (Spurgeon)
  2. Jesus nahm die Brote … und teilte sie den Jüngern aus: Das Wunder lag in den Händen Jesu, nicht in der Verteilung. Wenig ist viel in seinen Händen.
    1. „Eben noch gehörten sie diesem Jungen, jetzt aber gehören sie Christus. ‚Jesus nahm die Brote‘. Er hat sie in Besitz genommen; sie sind sein Eigentum.“ (Spurgeon)
    2. „Die Vermehrung des Essens erfolgte offensichtlich nicht mit großem Trara.“ (Tenney) Es stimmt, dass uns nicht genau gesagt wird, wo die Vermehrung stattfand. Es scheint geschehen zu sein, als Jesus das Brot und die Fische brach und sie den Jünger austeilte. „Es waren nicht die ganzen Brote oder ganzen Fische, die sich vervielfältigten, sondern die gebrochenen Teile davon.“ (Trench)
      1. Die meisten aßen und wurden satt, hatten aber keine Ahnung, dass gerade ein Wunder geschah
      2. Nicht die Jünger wirkten das Wunder; sie verteilten einfach das wundersame Werk Jesu
    3. Brot wird aus Getreide gemacht, das die Kraft der Vermehrung und Reproduktion in sich trägt. Aber wenn es zu Brot verarbeitet wird, wird das Korn zermahlen, wodurch es ‚tot‘ ist – niemand hat jemals Weizen durch den Anbau von Mehl vermehrt. Doch Jesus kann aus dem Tod Leben bringen; er vermehrte Brotlaibe aus totem, zermahlenem Korn und aus totem Fisch.
    4. „Diese fünf Laibe (durch eine seltsame Art der Mathematik) wurden durch Teilung multipliziert und durch Subtraktion vermehrt.“ (Trapp)
  3. Er teilte sie den Jüngern aus: Jesus verließ sich bei diesem großen Wunder auf die Arbeit der Jünger. Er hätte Brot und Fisch in der Tasche oder im Beutel eines jeden Menschen schaffen können, aber das tat er nicht. Jesus wählte absichtlich eine Methode, die die Jünger in die Arbeit mit einbezog.
    1. Jesus lehnte es ab, sich auf wundersame Weise Brot zu beschaffen, um sich während der Versuchungen in der Wüste zu versorgen; aber er tat für andere und mit anderen, was er für sich selbst nicht tun wollte.
  4. So viel sie wollten: Gottes Versorgung war üppig, so viel, wie jeder von ihnen wollte. Alle aßen, bis sie völlig satt waren.
    1. „Für die Bedeutung dieser Geschichte müssen wir uns vor Augen halten, dass das Bild des Essens und Trinkens im Alten Testament weit verbreitet ist. Es ist ein Bild des Wohlstands … und es wird oft für den Segen verwendet, den das Volk Gottes im verheißenen Land genoss.“ (Morris)
    2. So viel sie wollten, schloss auch den kleinen Jungen ein, der die fünf Brote und zwei Fische schenkte. Der Junge selbst bekam am Ende mehr, als er am Anfang hatte. Es war sicherlich eine angemessene Mahlzeit für ihn selbst; aber er gab es Jesus, und der verwandelte es auch für den Jungen in ein All-you-can-eat-Büffet.

3. Einsammeln der Reste des Festes

Johannes 6, 12-13

Johannes 6, 12-13
Und als sie gesättigt waren, sprach er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brocken, damit nichts verdirbt! Da sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die denen übriggeblieben waren, welche gegessen hatten.

  1. Als sie gesättigt waren: Jesus war großzügig und gab jedem so viel, wie er wollte. Das war ein außergewöhnliches Wunder. Einige denken, dass die Jünger hätten vorhersehen sollen (oder können), dass Jesus so etwas tun würde.
    1. In Passagen des Alten Testaments wird davor gewarnt, Gottes Versorgung anzuzweifeln: Und sie redeten gegen Gott und sprachen: „Kann Gott uns wohl einen Tisch bereiten in der Wüste?“ (Psalm 78, 19) 2. Könige 4, 38-44 ist ein Beispiel dafür, wie Gott Gerstenbrote vermehrte, wobei das Wunder bei Jesus ein viel größeres Ausmaß hatte.
    2. Obwohl die Jünger das Wunder weder verstanden noch vorhersahen, lud Jesus sie ein, daran teilzunehmen. Sie verteilten das auf wundersame Weise vermehrte Brot und den Fisch. Ohne ihre Arbeit wäre niemand versorgt worden.
    3. Jesus demonstrierte ihnen den gebenden Charakter Gottes – derselbe Charakter, den Gott in uns aufbauen möchte. Sprüche 11, 24 sagt: Einer teilt aus und wird doch reicher; ein anderer spart mehr, als recht ist, und wird nur ärmer. Dieses Brot wurde vervielfacht, während es verteilt wurde.
  2. Sammelt die übrig gebliebenen Brocken, damit nichts verdirbt: Jesus war großzügig, aber niemals verschwenderisch. Jesus wollte alles gut nutzen.
    1. „Bei den Brocken handelt es sich nicht um die halb gegessenen Brocken und Krümel, die für Vögel und Tiere hätten übrigbleiben können, sondern um die zerteilten Portionen, die für die Verteilung vorgesehen waren.“ (Trench)
    2. „Der für ‚Korb‘ κοφίνους (Kophinos) verwendete Begriff bezeichnet gewöhnlich einen großen Korb, wie er z.B. für Fische oder sperrige Gegenstände verwendet wurde.“ (Tenney)

C. Die Reaktion auf das Wunder

1. Jesus als der von Moses vorhergesagte Prophet

Johannes 6, 14

Johannes 6, 14
Als nun die Leute das Zeichen sahen, das Jesus getan hatte, sprachen sie: Das ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll!

  1. Als nun die Leute das Zeichen sahen, das Jesus getan hatte: Die Art und Weise, wie Jesus eine Vielzahl von Menschen unter freiem Himmel (an einem wüstenähnlichen Ort) mit Brot versorgte, erinnerte die Leute daran, wie Gott durch Mose wirkte, um Israel in der Wüste mit Manna zu versorgen.
  2. Dies ist wahrhaftig der Prophet: Moses sagte das Kommen des Propheten voraus, den sie erwarteten: Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, erwecken aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern; auf ihn sollst du hören! (5. Mose 18, 15) Wenn der kommende Prophet wie Mose sein würde, war es naheliegend, dass auch er das Volk auf wunderbare Weise versorgen würde, so wie es Mose tat.
    1. Diese Menge war bereit, Jesus zu unterstützen, solange er ihnen das gab, was sie wollten – Brot. Es ist leicht zu kritisieren, dass die Menge Jesus für das Brot, das er ihnen gab, liebte. Aber wir lieben Jesus oft nur für das, was er uns gibt. Wir sollten ihn auch einfach dafür lieben und ihm gehorchen, wer er ist – Herr und Gott.
    2. „Einem Rabbiner einer späteren Zeit wird die Beobachtung zugeschrieben, dass ‚wie der erste Erlöser dafür sorgte, dass Manna herunterkam, … . so wird der letzte Erlöser bewirken, dass das Manna herunterkommt‘, und diese allgemeine Vorstellung scheint im ersten Jahrhundert aktuell gewesen zu sein.“ (Bruce)

2. Das Volk versucht, Jesus zu seinem irdischen König zu machen

Johannes 6, 15

Johannes 6, 15
Da nun Jesus erkannte, dass sie kommen würden, um ihn mit Gewalt zum König zu machen, zog er sich wiederum auf den Berg zurück, er allein.

  1. Dass Sie kommen würden, um ihn mit Gewalt zum König zu machen:
    König war ein politischer Titel. Die Menge wollte Jesus gegen seinen Willen zum König einsetzen, um mit seiner Macht die römische Unterdrückung entweder direkt in Judäa oder indirekt über Herodes Antipas in Galiläa abzuschütteln.
    1. „Plötzlich war da dieser ungewöhnliche Mann Jesus. Er hatte übernatürliche Kraft. Sie müssen sich also etwa gesagt haben: ‘Wäre es nicht wunderbar, wenn wir ihn auf unsere Seite ziehen und ihn dazu bringen könnten, uns zu helfen, die Römer zu vertreiben?’“ (Boice)
    2. „Während die Galiläer nicht direkt unter römischer Kontrolle lebten, wie es ihre Brüder in Judäa taten, war ihr Herrscher Herodes Antipas nichtdestotrotz ein Geschöpf Roms, und sie waren nicht von patriotischen Stolz erfüllt, wenn sie sich die herodianische Dynastie vor Augen führten.“ (Bruce)
  2. Er zog sich wiederum auf den Berg zurück, er allein: Jesus war nicht beeindruckt oder verführt von einer Menschenmenge, die ihn zum König machen wollte. Er wandte sich von der Menge ab und ging beten, weil Jesus mehr daran interessiert war, mit seinem Vater im Himmel zusammen zu sein, als den Applaus der Menge zu hören.
    1. „Aber für Jesus war die Aussicht auf ein irdisches Königreich nichts anderes als eine Versuchung des Teufels, und er lehnte sie entschieden ab.“ (Morris)
    2. „Er sah, dass die Menge in großer Aufregung war und vorhatte, zu kommen und ihn gewaltsam zu nehmen und zu ihrem König und Messias zu erklären, in Opposition zur Zivilmacht; vielleicht sah er bereits, wie seine Jünger anfingen, sich in dieser wilden Begeisterung zu verfangen.“ (Trench)
    3. „Er, der bereits König ist, ist gekommen, um sein Königreich den Menschen zu öffnen; aber in ihrer Blindheit versuchen die Menschen, ihn zu zwingen, der König zu sein, den sie haben wollen; somit misslingt es ihnen, den König zu bekommen, den sie wollen, und sie verlieren auch noch das Königreich, das er anbietet.“ (Morris)

D. Jesus geht auf dem Wasser

1. Die Jünger fahren auf den See Genezareth hinaus

Johannes 6, 16-17

Johannes 6, 16-17
Als es aber Abend geworden war, gingen seine Jünger hinab an den See, und sie stiegen in das Schiff und fuhren über den See nach Kapernaum. Und es war schon finster geworden, und Jesus war nicht zu ihnen gekommen.

  1. Gingen seine Jünger hinab an den See, und sie stiegen in das Schiff: Matthäus und Markus erzählen uns, dass Jesus seine Jünger nötigte in das Schiff steigen (Markus 6, 45). Sie machten sich auf den Weg über den See Genezareth, weil Jesus ihnen befohlen hatte, es zu tun.
    1. „Nach Markus 6, 45 ‚zwang‘ ἠνάγκασεν (anankazo) Jesus seine Jünger, ins Boot zu steigen und über den See zurückzufahren; vielleicht sah er, dass sie von der Aufregung der Menge angesteckt waren.“ (Bruce)
  2. Es war schon finster geworden: Mehrere der Jünger waren Fischer, die alle an das Fischen auf eben diesem See gewöhnt waren. Als sie ins Boot stiegen, beunruhigte sie der Gedanke nicht, nachts über den See zu rudern.
  3. Jesus war nicht zu ihnen gekommen: Dies war bereits das zweite Mal, dass Jesus sich um seine Jünger auf dem stürmischen See Genezareth kümmerte. Im ersten Sturm (Matthäus 8, 24) war Jesus mit ihnen im Boot anwesend und er wies den Sturm zurecht und stillte ihn. In diesem Sturm forderte Jesus von seinen Jüngern, seiner unsichtbaren Fürsorge und Sorge um sie zu vertrauen.

2. Der Wind stört ihre Bemühungen, den See zu überqueren

Johannes 6, 18

Johannes 6, 18
Und der See ging hoch, da ein starker Wind wehte.

  1. Und der See ging hoch: Der Wind allein war schon schlimm genug, aber der Wind peitschte auch das Wasser auf und sorgte für eine unruhige See.
  2. Da ein starker Wind wehte: Der See Genezareth war und ist bekannt für seine plötzlichen, heftigen Windstürme, die den See schnell gefährlich machen.
    1. „Der See Genezareth liegt 212 Meter unter dem Meeresspiegel, in einer kesselartigen Senke zwischen den Hügeln. Wenn die Sonne untergeht, kühlt sich die Luft ab; und wenn die kühlere Luft aus dem Westen über den Hang hinunterstürzt, wirbelt der Wind den See auf. Da die Jünger in Richtung Kapernaum ruderten, ruderten sie gegen den Wind; folglich kamen sie nur kaum voran.“ (Tenney)

3. Jesus kommt zu seinen Jüngern, indem er auf dem Wasser geht

Johannes 6, 19

Johannes 6, 19
Als sie nun ungefähr 25 oder 30 Stadien gerudert hatten, sahen sie Jesus auf dem See gehen und sich dem Schiff nähern; und sie fürchteten sich.

  1. Als sie nun ungefähr 25 oder 30 Stadien gerudert hatten: Im ersten Sturm auf dem See Genezareth erschraken die Jünger (Matthäus 8, 25-26). Zu Beginn des zweiten Sturms waren sie eher frustriert als ängstlich. Jesus befahl ihnen, über den See zu rudern, und trotz ihrer harten Arbeit schienen sie kaum Fortschritte zu machen.
    1. Laut Matthäus 14, 25 geschah dies in der vierten Nachtwache, irgendwann zwischen drei und sechs Uhr morgens. Sie ruderten also vielleicht sechs bis acht Stunden lang hart und waren erst etwas mehr als die halbe Strecke über den See gekommen. 25 oder 30 Stadien sind etwa fünf oder sechs Kilometer.
    2. Sie befanden sich an diesem frustrierenden Ort nach dem Willen Jesu und taten genau das, was er ihnen auftrug. Zusätzlich heißt es in Markus 6, 48, dass Jesus die Jünger beobachtete, als sie über den See ruderten. Sein Auge war die ganze Zeit auf sie gerichtet. Sie folgten dem Willen Jesu und wurden von Jesus beobachtet, dennoch arbeiteten sie die ganze Zeit hart in ihrer Frustration.
    3. „Oben auf dem Berg hatte Jesus gebetet und mit Gott gesprochen; als er aufbrach, hatte der silberne Mond die Szene fast taghell erscheinen lassen; und unten auf dem See konnte er das Boot mit den Ruderern sehen, die sich an den Rudern abrackerten … Er hatte sie nicht vergessen. Er war nicht zu sehr mit Gott beschäftigt, um an sie zu denken.“ (Barclay)
    4. „Er ist auf dem Berg, während wir auf dem Meer sind. Die ruhige Ewigkeit des Himmels hält ihn fest; wir werden von der rastlosen Veränderlichkeit der Zeit hin und her geworfen, in der wir uns auf Seinen Befehl hin abmühen.“ (Maclaren)
  2. Sahen sie Jesus auf dem See gehen … und sie fürchteten sich: In Markus 6, 49-50 heißt es, dass die Jünger sich fürchteten, weil sie dachten, Jesus, der auf dem Wasser wandelte, sei ein Gespenst oder ein Geist.
    1. Markus „fügt das bemerkenswerte Detail hinzu, dass Jesus ‚beabsichtigte, an ihnen vorbeizugehen‘, d.h. zu überholen, als hätte er sich gewünscht, dass allein sein Anblick ihnen genügend Unterstützung und Zuversicht geben würde.“ (Trench)
    2. Die Jünger waren nicht bereit für irgendeine Form übernatürlicher Hilfe. Sie wussten, was Jesus ihnen befohlen hatte, und sie machten sich daran, es zu tun – aber ohne direkte Hilfe von Jesus. Deshalb waren sie überrascht und hatten Angst, übernatürliche Hilfe auf sich zukommen zu sehen.
    3. Jesus gab ihnen auch Gründe und Hinweise, auf seine übernatürliche Hilfe zu vertrauen. Zweifellos nahmen sie zumindest einige der zwölf Körbe mit Brotresten mit (Johannes 6, 13). Dennoch waren sie wieder schockiert, als die übernatürliche Hilfe auf dem Meer zu ihnen kam.

4. Die beruhigenden Worte Jesu

Johannes 6, 20

Johannes 6, 20
Er aber sprach zu ihnen: Ich bin’s, fürchtet euch nicht!

  1. Ich bin’s: Für Jesus genügte es, seine Gegenwart anzukündigen. Er war bei seinen Jüngern und begegnete ihnen in ihrer Frustration und Angst.
    1. „Es gibt Stellen in diesem Evangelium, an denen die Worte ego eimi die Bedeutung einer göttlichen Bezeichnung haben (wie wir in 8, 24+28 sehen werden), aber hier bedeuten sie einfach ‚Ich bin‘s.“ (Bruce)
  2. Fürchtet euch nicht: Jesus kam, um seinen Jüngern übernatürliche Hilfe und Trost zu bringen. Seine Gegenwart gab ihnen, was sie brauchten, auch wenn er auf unerwartete Weise kam.
    1. Wir wissen aus Matthäus 14, 28-32, dass Petrus Jesus danach fragte, ob er aussteigen und auf dem Wasser gehen könne, und Petrus ging auf dem Wasser – für kurze Zeit.

5. Jesus bringt sie an ihr Ziel

Johannes 6, 21

Johannes 6, 21
Da wollten sie ihn in das Schiff nehmen, und sogleich war das Schiff am Land, wohin sie fahren wollten.

  1. Da wollten sie ihn in das Schiff nehmen: Im englischen Text heißt es ‚gerne aufnehmen‘. Daraus wird gefolgert, dass Jesus nicht kommen würde, wenn er nicht gerne aufgenommen werden würde. Selbst als er auf dem See Genezareth ging, wartete Jesus darauf, von seinen Jüngern willkommen geheißen zu werden.
  2. Sogleich war das Schiff am Land, wohin sie fahren wollten: Als sie ihn in das Schiff genommen hatten, geschah das Wunderbare. Dies war ein bemerkenswertes Wunder. Die Arbeit, die wenige Augenblicke zuvor so frustrierend war, wurde plötzlich göttlich vollbracht.
    1. „Johannes liefert ein Detail, aus dem hervorgeht, dass das Schiff sich scheinbar automatisch, ohne Segel oder Ruder, im Gehorsam gegenüber seinem Willen zu bewegen schien: so dass es ohne Anstrengung der Jünger oder der Besatzung schnell die verbleibende Strecke (etwa drei Kilometer) überquerte und an Land kam.“ (Trench)
    2. Man könnte sagen, dass Jesus seine Jünger vor Frustration und Sinnlosigkeit gerettet hat. Jesus möchte, dass wir hart arbeiten; aber er möchte nicht, dass wir sinnlos arbeiten. Ihre Arbeit war nicht vergeblich gewesen, aber sie wartete auf die Berührung göttlicher Kraft und Gegenwart.
  3. Sogleich war das Schiff am Land, wohin sie fahren wollten: Solch ein bemerkenswertes Wunder war für die Jünger hilfreich, besonders weil Jesus gerade ein Angebot abgelehnt hatte, als König Messias anerkannt zu werden. Dies versicherte ihnen, dass er voll göttlicher Macht war, auch wenn er keinen Thron nach der Erwartung und Meinung des Volkes beanspruchte.
    1. „Wie weit sie von dem Ort entfernt waren, an dem sie gelandet sind, als unser Herr zu ihnen kam, wissen wir nicht. Aber der Evangelist scheint von ihrer plötzlichen Ankunft dort als außergewöhnlich und wunderbar zu sprechen.“ (Clarke)
    2. „Kaum hat ein sterbender Heiliger den Tod in seinen Schoß genommen, ist er auch schon am Kai von Kanaan, am Himmelreich, gelandet.“ (Trapp)

E. Jesus, das Brot des Lebens

1. Die Menge folgt Jesus und seinen Jüngern nach Kapernaum

Johannes 6, 22-24

Johannes 6, 22-24
Am folgenden Tag, als die Volksmenge, die am jenseitigen Ufer des Sees stand, gesehen hatte, dass kein anderes Schiff dort war, als nur das eine, in welches seine Jünger gestiegen waren, und dass Jesus nicht mit seinen Jüngern in das Schiff gestiegen war, sondern dass seine Jünger allein abgefahren waren, (es kamen aber andere Schiffe von Tiberias nahe an den Ort, wo sie das Brot gegessen hatten nach der Danksagung des Herrn) — da also die Volksmenge sah, dass Jesus nicht dort war, auch nicht seine Jünger, stiegen auch sie in die Schiffe und kamen nach Kapernaum und suchten Jesus..

  1. Am folgenden Tag: Am Tag nach der wunderbaren Speisung der 5.000 und der nächtlichen Überquerung des See Genezareth fragten sich viele aus der Menge, die von Jesus und den Jüngern versorgt und satt gemacht worden waren, wohin Jesus und die Jünger gegangen waren. Sie sahen die Jünger (ohne Jesus) in einem Boot wegfahren, und nun stellten sie fest, dass Jesus nicht bei ihnen war.
    1. Es kamen aber andere Schiffe von Tiberias: „Die beiläufig erwähnte Tatsache im Vers 23, dass Boote aus Tiberias am Ostufer angelegt hatten, ist eine zufällige Bestätigung dessen, dass in der Nacht zuvor ein Sturm gewütet hatte.“ (Dods)
  2. Stiegen auch sie in die Schiffe und kamen nach Kapernaum und suchten Jesus: Diese Leute stammten aus der gleichen Menschenmenge, die Jesus versorgte und sättigte, aus der gleichen Menge, die Jesus zwingen wollte, als irdischer König anerkannt zu werden (Johannes 6, 14-15).
    1. „Die Menge vergewisserte sich also, dass Jesus nirgends in der Nähe war und dass es keine Anzeichen dafür gab, dass die Jünger zurückkehrten, um ihn zu holen, und so fuhren sie zur Westseite hinüber, um nach ihm zu suchen.“ (Bruce)
    2. „Das heißt, so viele von ihnen, wie in Booten untergebracht werden konnten, nahmen sie mit und gelangten so nach Kapernaum. Aber viele andere machten sich zweifellos zu Fuß auf den Weg dorthin. Denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass genügend Boote für fünf- oder sechstausend Personen vorhanden waren, die sie hätten befördern können.“ (Clarke)

2. Jesus antwortet auf ihre erste Frage: Rabbi, wann bist du hierher gekommen?

Johannes 6, 25-27

Johannes 6, 25-27
Und als sie ihn am anderen Ufer des Sees fanden, sprachen sie zu ihm: Rabbi, wann bist du hierher gekommen? Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht deshalb, weil ihr Zeichen gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid. Wirkt nicht [für] die Speise, die vergänglich ist, sondern [für] die Speise, die bis ins ewige Leben bleibt, die der Sohn des Menschen euch geben wird; denn diesen hat Gott, der Vater, bestätigt!

  1. Wann bist du hierher gekommen? Jesus hat diese Frage nicht beantwortet. Die Antwort wäre gewesen: „Ich bin in der Nacht über den See Genezareth gelaufen, um meinen Jüngern zu helfen, dann transportierte ich unser Boot auf wundersame Weise über die verbleibende Strecke des Sees. So bin ich hierher gekommen.“
    1. Später in diesem Kapitel erzählt uns Johannes, dass dies in der Synagoge von Kapernaum bei einem Sabbatgottesdienst geschah (Johannes 6, 59). Auch in Matthäus 15 wird berichtet, dass Schriftgelehrte und Pharisäer aus Jerusalem nach Kapernaum kamen, um Jesus zu befragen. Auch sie gehörten zu dieser Menschenmenge.
  2. Ihr sucht mich nicht deshalb, weil ihr Zeichen gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid: Anstatt ihnen zu sagen, wann und warum er kam, sagte Jesus ihnen, warum sie kamen – weil sie mehr Nahrung wollten, die Jesus auf wundersame Weise zur Verfügung gestellt hatte.
    1. Wenn wir den Grund verstehen, warum wir Gott eine Frage stellen, können wir oft mehr lernen, als aus der Antwort auf die Frage selbst.
      Das war auch bei denen so, die Jesus in Galiläa folgten und die Frage nach seiner Ankunftszeit stellten.
    2. Sie wollten das Brot, aber mehr als nur das Brot; sie wollten auch eine Demonstration des Wunderbaren und einen Wunder-König, der sie gegen ihre römischen Unterdrücker anführt.
    3. „Sie waren ziemlich unberührt von der Weisheit seiner Worte und der Schönheit seiner Taten. Aber ein Wunder, bei dem Nahrung auftauchte, entsprach genau ihren Bedürfnissen. Und so entstand eine aufgeregte, aber unreine Begeisterung, die für Jesus sehr unwillkommen war.“ (MacLaren)
  3. Wirkt nicht [für] die Speise, die vergänglich ist, sondern [für] die Speise, die bis ins ewige Leben bleibt: Diejenigen, die diese Frage an Jesus stellen, haben viel Mühe auf sich genommen, ihm zu folgen und ihn zu finden. Und doch kümmerten sie sich um die Nahrung, die vergeht – Dinge, die den Magen füllen, genauso wie Herrschaft und irdische Königreiche. Jesus wollte, dass sie sich um die Nahrung bemühen, die bis ins ewige Leben bleibt.
    1. Jesus unterschied zwischen materiellen und geistlichen Dingen. Es zeigt sich fast überall, dass sich Menschen mehr zu materiellen als zu spirituellen Dingen hingezogen fühlen. Ein Schild, auf dem steht: Geld und Nahrung gratis, wird mehr Menschen anziehen als eines, auf dem steht: spirituelle Erfüllung und ewiges Leben.
    2. „Er traf die Wurzel der materialistischen Bestrebungen dieser fleischlich- gesinnten Galiläer.“ (Tasker)
  4. Die der Sohn des Menschen euch geben wird: Sie waren zu Recht beeindruckt von dem Wunder des Brotes, das durch Jesus gewirkt wurde; aber er wollte, dass sie stärker von der geistlichen Nahrung beeindruckt sind, die er durch ein Wunder bringt.
    1. Sohn des Menschen: „Er vermeidet es, den Begriff ‘Messias‘ oder irgendeinen anderen zu verwenden, der an die militanten Ambitionen seiner Zuhörer angeknüpft hätte. Die Bezeichnung ‚Sohn des Menschen‘ entsprach diesem Zweck; sie war in ihrem religiösen oder politischen Vokabular nicht gängig und konnte daher jede beliebige Bedeutung tragen, die er dem Begriff zuschrieb.“ (Bruce)
  5. Denn diesen hat Gott, der Vater, bestätigt: Ein Siegel war ein Zeichen des Eigentums und eine Garantie für den Inhalt. Sie sollten Vertrauen in Jesus haben, weil Gott der Vater ihn ‚garantiert‘ hat.
    1. „Wenn die Zeitform des griechischen Wortes (Aorist= Zeitform der Vergangenheit) für ‚versiegelt‘ (Gk. esphragisen) darauf hindeutet, dass wir das Versiegeln mit einem bestimmten Ereignis verbinden, sollten wir wahrscheinlich an die Taufe unseres Herrn denken (vgl. Johannes 1, 32-34).“ (Bruce)
    2. Versiegelt durch zweifelsfreies Zeugnis, wie bei seiner Taufe; und seitdem durch seine Wunder.“ (Alford)
    3. „Wie ein Mensch, der einem anderen, der sich in der Ferne befindet, seine Gedanken mitteilen will, einen Brief schreibt, ihn mit seinem eigenen Siegel versiegelt und ihn an die Person sendet, für die er geschrieben wurde, so kam Christus, der im Schoß des Vaters lag, den göttlichen Willen für den Menschen zu übersetzen, indem er das Bild, die Überschrift und das Siegel Gottes trug, in der unbefleckten Heiligkeit seiner Natur, der unbefleckten Wahrheit seiner Lehre und in den erstaunlichen Beweisen seiner Wunder.“ (Clarke)

3. Jesus beantwortet ihre zweite Frage: Was sollen wir tun, um die Werke Gottes zu wirken?

Johannes 6, 28-29

Johannes 6, 28-29
Da sprachen sie zu ihm: Was sollen wir tun, um die Werke Gottes zu wirken?
Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.

  1. Was sollen wir tun, um die Werke Gottes zu wirken? Jesus sagte ihnen: Wirkt nicht [für] die Speise, die vergänglich ist (Johannes 6, 27). In ihrer Antwort verwendeten sie dasselbe Wort, das Jesus gebrauchte, und fragten: „Wie sollen wir dafür wirken bzw. arbeiten?“
    1. Das Ziel hinter ihrer Frage schien zu sein: „Sag uns einfach, was wir tun sollen, damit wir von dir bekommen, was wir wollen. Wir wollen dein Wunderbrot und Du sollst unser Wunderkönig sein; sag uns, was wir tun sollen, um es zu bekommen.“
    2. Diejenigen, die Jesus in Frage stellten, schienen sicher zu sein, dass sie Gott durch ihre Werke Gottes gefallen könnten, wenn Jesus ihnen nur sagen würde, was sie tun sollen. Für diese Menschen, wie für viele Menschen heute, liegt das Wohlgefallen Gottes in der richtigen Formel für die Ausführung von Werken, die Gott gefallen werden.
  2. Dies ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat: Jesus hat ihnen (und uns) zuallererst geboten, nicht zu tun, sondern zu vertrauen. Wenn wir das Werk Gottes tun wollen, beginnt es damit, Jesus zu vertrauen.
    1. Ein Elternteil will nicht nur Gehorsam von seinem Kind; eine Beziehung des Vertrauens und der Liebe ist für den Elternteil sogar noch wichtiger. Die Hoffnung ist, dass der Gehorsam aus dieser Beziehung des Vertrauens und der Liebe erwächst. Dasselbe Muster wünscht sich Gott in der Beziehung von uns zu ihm.
    2. Das erste Werk ist, an den zu glauben, den er gesandt hat, doch Gott ist auch um unseren Gehorsam besorgt. Deshalb ist unser Glaube an ihn kein Ersatz für Werke; unser Glaube ist die Grundlage für Werke, die Gott wirklich wohlgefällig sind.
    3. Maclaren über den Unterschied zwischen Werke und Werk: „Sie dachten an eine Vielzahl von Beobachtungen und Handlungen. Er fasst sie alle in Einem zusammen.“
    4. „Der Priester sagt: ‚Riten und Zeremonien.‘ Der Denker sagt: ‚Kultur, Bildung.‘ Der Moralist sagt: ‚Tu dies, das und die andere Sache‘, und zählt eine ganze Reihe einzelner Handlungen auf. Jesus Christus sagt: ‚Eine Sache ist notwendig … Das ist das Werk Gottes.’“ (Maclaren)
    5. „Dies ist ein höchst wichtiger Ausspruch unseres Herrn, da er den Keim jener Lehre enthält, die später in den Schriften vom Heiligen Paulus so umfassend ausgelegt wurde.“ (Alford)

4. Jesus beantwortet ihre dritte Frage: Was tust du denn für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was wirkst du?

Johannes 6, 30-33

Johannes 6, 30-33
Da sprachen sie zu ihm: Was tust du denn für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was wirkst du? Unsere Väter haben das Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben steht: »Brot aus dem Himmel gab er ihnen zu essen«. Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot aus dem Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot aus dem Himmel. Denn das Brot Gottes ist derjenige, der aus dem Himmel herabkommt und der Welt Leben gibt.

  1. Was tust du denn für ein Zeichen: Die Menge, die Jesus in der Synagoge von Kapernaum hörte, folgte ihm seit der Speisung der 5.000. Unter ihnen waren aber auch jüdische Autoritäten aus Jerusalem (Matthäus 15, 1; Johannes 6, 41). Diese hörten das aufgeregte Gerede von der wunderbaren Speisung, wollten es aber noch einmal sehen. Dazu kam, dass diejenigen, die gegessen hatten, wieder essen wollten!
    1. „Sie stehen wieder unter dmn Einfluss der Schriftgelehrten aus Jerusalem, die nach Kapernaum gereist waren (Matthäus 15, 1; Markus 7, 1), um ihm entgegenzuwirken und ihn zu vertreiben.“ (Trench)
  2. Unsere Väter haben das Manna gegessen in der Wüste: Jesu Fragesteller hofften, ihn zu manipulieren, damit er ihnen das tägliche Brot gibt, so wie Israel es von Gott während des Auszugs aus Ägypten bekommen hatte. Sie verwendeten bei dem Versuch sogar ein Zitat der Heiligen Schrift („Brot aus dem Himmel gab er ihnen zu essen“, vgl. Psalm 105, 40: ‚Himmelsbrot‘).
  3. Mein Vater gibt euch das wahre Brot aus dem Himmel: Wir könnten die Antwort Jesu so umschreiben: „Welch anderes Werk werde ich tun? Dies ist das Werk: euch das Wort Gottes und das ewige Leben in und durch mich zu geben. Dies ist das geistliche Brot, von dem ihr euch ernähren müsst, um Leben zu haben.“
    1. „Unser Herr leugnet hier nicht, sondern bekräftigt den wundersamen Charakter des Manna.“ (Alford)
  4. Denn das Brot Gottes ist derjenige, der aus dem Himmel herabkommt: Jesus versuchte, ihre Gedanken über die irdischen Dinge zu erheben und auf himmlische Realitäten zu lenken; auf ein Verständnis, dass er für das geistliche Leben ebenso notwendig ist wie Brot für das physische Überleben.
    1. „Das Brot Gottes war der, der vom Himmel herabkam und den Menschen nicht nur die Stillung des physischen Hungers, sondern das Leben schenkte. Jesus behauptete, die einzige wirkliche Erfüllung sei in ihm.“ (Barclay)

5. Jesus beantwortet ihre vierte Bitte: Herr, gib uns allezeit dieses Brot!

Johannes 6, 34-40

Johannes 6, 34-40
Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit dieses Brot! Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird niemals dürsten. Aber ich habe es euch gesagt, dass ihr mich gesehen habt und doch nicht glaubt. Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.
Denn ich bin aus dem Himmel herabgekommen, nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. Und das ist der Wille des Vaters, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat, sondern dass ich es auferwecke am letzten Tag. Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben hat; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag.

  1. Gib uns allezeit dieses Brot: Wir fragen uns, ob diejenigen, die über den See Genezareth reisten, um Jesus zu finden und ihm zu begegnen, hungrig waren, als sie dieses Gespräch mit Jesus führten. Sie wollten das materielle Brot, das Jesus auf wundersame Weise bereitgestellt hatte, und sie wollten es allezeit haben.
    1. Wenn wir hungrig sind, haben wir das Gefühl, dass Nahrung alle unsere Probleme lösen wird. Genauso verhält es sich mit fast allen anderen praktischen Schwierigkeiten, in denen wir uns befinden. So wie Jesus versuchte, ihren Verstand über ihre materiellen, physischen Bedürfnisse zu erheben, so müssen wir unseren Verstand erheben lassen.
    2. „Was sie wollten, wollte er nicht geben; was er anbot, wollten sie nicht erhalten.“ (Bruce)
    3. Herr, gib uns allezeit dieses Brot: „‘Kyrie’ (κύριε) sollte in diesem Vers wohl eher mit der Anrede ‚Meister‘ als mit ‚Herr‘, (im Sinne von Herr Jesus,) übersetzt werden, da aus Vers 36 klar hervorgeht, dass diese Galiläer nicht an Jesus glaubten.“ (Tasker)
  2. Ich bin das Brot des Lebens: In der Antwort Jesu hoffte er, ihre Augen von materiellem Brot und irdischen Reichtümern zu geistlichen Realitäten hin zu erheben. Sie mussten ihr Vertrauen auf Jesus statt auf das materielle Brot setzen.
    1. „Dies ist der erste der charakteristischen ‘Ich bin‘ Worte dieses Evangeliums (wo Jesus ἐγώ εἰμι (ego eimi) mit einem Prädikat verwendet).“ (Bruce)
  3. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern: Jesus erklärte, dass derjenige, der zu ihm kommt – d.h. ihn aufnimmt, an ihn glaubt – seinen geistlichen Hunger in Jesus gestillt bekommt.
    1. „Das Herkommen, das hier gemeint ist, wird durch Wunsch, Gebet, Zustimmung, Einwilligung, Vertrauen und Gehorsam vollzogen.“ (Spurgeon)
    2. „Dieser Vers sollte nicht als eine abstrakte Aussage angesehen werden. Er stellt eine Berufung dar. Da Jesus das Brot des Lebens ist, sind die Menschen eingeladen, zu ihm zu kommen und an ihn zu glauben.“ (Morris)
    3. „Der Glaube an Christus wird einfach und wahrhaftig als ein Kommen zu ihm beschrieben. Es ist keine akrobatische Leistung; es ist einfach ein Kommen zu Christus. Es ist keine Übung tiefer geistlicher Fähigkeiten; es ist ein Kommen zu Christus. Ein Kind kommt zu seiner Mutter, ein blinder Mann kommt zu seinem Haus, sogar ein Tier kommt zu seinem Herrn. Das Kommen ist in der Tat eine sehr einfache Handlung; es scheint nur zwei Dinge zu beinhalten, das eine ist, von etwas wegzukommen, und das andere ist, zu etwas zu kommen.“ (Spurgeon)
  4. Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen: Jesus machte deutlich, dass das Kommen zu Jesus mit dem Werk des Vaters beginnt, und er wird alle empfangen, die zu ihm kommen.
    1. Alles, was mir der Vater gibt: „’Alles‘ ist Neutrum, was es sehr allgemein macht, obwohl sicherlich Personen gemeint sind.“ (Morris)
    2. Den werde ich nicht hinausstoßen: „Unser gelobter Herr spielt auf den Fall eines Menschen in tiefer Not und Armut an, der in das Haus eines vornehmen Mannes kommt, um Hilfe zu bekommen: Die Person erscheint; und der Hausherr empfängt ihn, weit davon entfernt, den armen Mann mit Schroffheit zu behandeln. Er nimmt ihn freundlich auf und versorgt ihn mit seinen Bedürfnissen. Das tut Jesus auch.“ (Clarke)
    3. Ich werde nicht hinausstoßen: Eine kraftvolle Rede und eine höchst angenehme Überlegung. Wer käme nicht zu Jesus Christus auf solch liebevolle Ermutigung hin?“ (Trapp)
  5. Nicht damit ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat: Als Jesus sie einlud zu ihm zu kommen, erinnerte er sie auch daran, dass es sicher war zu ihm zu kommen. Er war nicht an seiner eigenen Sache interessiert, sondern am Willen seines Vaters.
  6. Dass ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat: Dies ist ein weiterer zwingender Grund zum Sohn zu kommen – alle, die ihm vom Vater gegeben sind und zu ihm kommen, bewahrt er sicher auf.
  7. Jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, hat ewiges Leben: Dies ist die wunderbare Bestimmung aller, die ihm vom Vater gegeben sind und die zu Jesus kommen.
    1. Bei all dem hatte Jesus sowohl die breite Gemeinschaft der Gläubigen (nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat) als auch den einzelnen Gläubigen (jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt) im Sinn.
    2. Jeder, der den Sohn sieht: „In diesem ‚Blicken auf‘ den Sohn gibt es sicherlich einen Hinweis auf die bronzene Schlange, die von Moses in der Wüste auf einem Pfahl (in Form eines Kreuzes, wie die rabbinische Tradition sagt) emporgehoben wurde, und jeder, der sie ansah, wurde geheilt.“ (Trench)

6. Jesus erklärt, warum sie ihn ablehnen

Johannes 6, 41-46

Johannes 6, 41-46
Da murrten die Juden über ihn, weil er gesagt hatte: Ich bin das Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist, und sie sprachen: Ist dieser nicht Jesus, der Sohn Josephs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann dieser denn sagen: Ich bin aus dem Himmel herabgekommen? Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen: Murrt nicht untereinander! Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht, der mich gesandt hat; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag. Es steht geschrieben in den Propheten: »Und sie werden alle von Gott gelehrt sein«. Jeder nun, der vom Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir. Nicht, dass jemand den Vater gesehen hätte; nur der, welcher von Gott ist, der hat den Vater gesehen.

  1. Ist dieser nicht Jesus, der Sohn Josephs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Die Leute murrten über Jesus, weil sie dachten, was er über sich selbst sagte, sei zu groß, zu erhaben (Wie kann dieser denn sagen: Ich bin vom Himmel herabgekommen?)
    1. „Sechs Mal sagt Jesus in diesem unmittelbaren Zusammenhang, dass er ‚vom Himmel herabkam‘ (6, 33+ 38 +41 +50 +51 +58). Der Anspruch auf seinen himmlischen Ursprung ist unverkennbar.“ (Tenney)
    2. „Dies war wirklich eine der Schwierigkeiten der Zeitgenossen Jesu. Der Messias sollte ‚mit den Wolken‘ kommen und plötzlich erscheinen; aber Jesus war in aller Stille unter ihnen aufgewachsen.“ (Dods)
    3. Da murrten die Juden über ihn: „ Die Juden,‘ nicht wie man erwarten würde, ‚die Galiläer‘, wahrscheinlich weil Johannes diese ungläubige Menge verallgemeinernd mit ungläubigen Juden identifiziert.“ (Dods)
  2. Murrt nicht untereinander: Als Jesus zu der Menge in der Synagoge sprach, murrten und diskutierten sie untereinander.
    1. „’Murren‘ bedeutet Unzufriedenheit. Es ist das verwirrte Geräusch, das durch eine Menge geht, wenn sie wütend und in Widerspruch ist.“ (Morris)
  3. Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht, der mich gesandt hat: Die Juden dachten, dass sie alle aufgrund ihrer physischen, natürlichen Abstammung von Gott auserwählt seien. Jesus machte aber deutlich, dass Gott sie ziehen muss, bevor sie zu Gott kommen können. Jeder, der daraufhin dem Vater folgt, wird auch dem Sohn folgen.
    1. „Wenn Gott uns nicht zu ihm zieht, wird niemand jemals zu Christus kommen; denn niemand könnte ohne dieses Ziehen jemals das Bedürfnis nach einem Erlöser empfinden.“ (Clarke)
    2. Wir mögen oft das Gefühl haben, dass wir in unserer Beziehung zu Gott ‚leiten‘. In Wahrheit ruft er und wir kommen. Dieses Verständnis von Gottes Erlösungsinitiative sollte uns in der Evangelisation zuversichtlicher machen, da wir wissen, dass Gott die Menschen zu sich zieht und wir dürfen erwarten, dass diejenigen, die der Vater zieht, auch zu ihm kommen.
    3. „Das Wort, das Johannes für heranziehen verwendet, ist ἑλκύσῃ (helkyein). Das Wort, das in der griechischen Übersetzung des Hebräischen verwendet wird, als Jeremia Gott sagen hört, … : ‚Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Gnade‘ (Jeremia 31, 3).“ (Barclay)
    4. „Dass dieses ‘Heranziehen‘ keine unwiderstehliche Gnade ist, bekennt sogar Augustinus selbst, der große Verfechter der Gnadenlehre. Wenn ein Mann herangezogen wird, könnte man einwenden, er kommt gegen seinen Willen. (Wir antworten), wenn er widerwillig kommt, glaubt er nicht: wenn er nicht glaubt, kommt er nicht. Denn wir laufen nicht auf unseren Füßen zu Christus, sondern durch den Glauben, nicht mit der Bewegung des Körpers, sondern mit dem freien Willen des Herzens … Denke nicht, dass du gegen deinen Willen gezogen wirst; der Verstand kann durch Liebe gezogen werden.’“ (Alford)
    5. Ziehen, oder locken, nicht schleppen ist hier zu verstehen. ‘Wer sich an den heiligen und gepriesenen Gott klammern will, den hält Gott fest und stößt ihn nicht von sich’, sagen die Rabbiner (Synops. Sohar, S. 87). Die besten griechischen Schriftsteller verwenden das Verb in demselben Sinne von locken, anregen.“ (Clarke)
    6. „Chrysostomos sagt: ‚Dieser Ausdruck nimmt uns nicht unseren Anteil am Kommen, sondern zeigt vielmehr, dass wir wollen, dass Hilfe kommt.’“ (Alford)
    7. Vater zieht „hat die gleiche Bedeutung wie ‘ziehen‘ allgemein. Es wird verwendet, um ein Schiff zu ziehen, einen Karren zu schleppen oder an einem Seil zu ziehen, um die Segel zu setzen. Aber es wird auch für eine sanfte, aber starke moralische Anziehungskraft verwendet (Johannes 12, 32).“ (Dods)
  4. Und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag: Alle, die zu Jesus kommen und vom Vater zu ihm gezogen werden, erhalten das ewige Leben und werden am letzten Tag, also am Jüngsten Tag, auferstehen.
  5. Und sie werden alle von Gott gelehrt sein: Jesus zitierte aus Jesaja 54, 13, was möglicherweise Teil der Synagogenlesung an jenem Sabbat war. Der Gedanke ist, dass alle, die zu Gott gehören, von Gott gelehrt werden und zu ihm hingezogen werden (jeder nun, der vom Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir).
    1. „Gott wird sein Volk selbst lehren, d.h. er wird dann in ihren Herzen lehren. Nur diejenigen, die auf diese Weise gelehrt werden, kommen zu Jesus.“ (Morris)
    2. „Das war so, als wollte er sagen: ‘Der Vater hat euch nie gelehrt. Ihr habt nichts von ihm gelernt, sonst würdet ihr zu mir kommen. Aber indem ihr mich ablehnt, beweist ihr, dass euch die Gnade Gottes fremd ist.’“ (Spurgeon)
  6. Jeder nun, der vom Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir: Diejenigen, die eine Offenbarung von Gott dem Vater haben, werden zu seinem Sohn und vollkommenen Stellvertreter kommen. Vom Sohn hören und vom Sohn lernen heißt, vom Vater hören und vom Vater lernen.
    1. „Aber ob es auch wahr ist, dass jeder, den Gott lehrt, (zum Sohn) kommt, wird hier nicht gesagt; καὶ μαθὼν (kai mathon) (und gelernt hat) führt ein fragwürdiges Element ein.“ (Dods)
    2. „Wenn Jesaja 54 zu den für diese Jahreszeit vorgesehenen Lektionen in der Synagoge gehörte, wie manche glauben, dann waren die von Jesus zitierten Worte vielen seiner Zuhörer noch frisch im Gedächtnis.“ (Bruce)
  7. Der hat den Vater gesehen: Jesus betonte hier erneut seine einzigartige Beziehung zu Gott, dem Vater. Er beanspruchte eine Beziehung und Verbindung zu Gott, dem Vater, die niemand sonst hatte.
    1. „Ihr Unglaube ändert nichts an der Tatsache, noch schwächt er seine (Jesu) Gewissheit über diese Tatsache.“ (Dods)
    2. „Er lehrt die Theologen über das Wesen Gottes, dass die Einheit Gottes nicht das letzte Wort der Offenbarung über den einen Gott ist. Solange man glaubt, dass es in Gott nur eine Person gibt, kann die Menschwerdung und der ganze Erlösungsplan unmöglich verstanden werden.“ (Trench)

7. Das wahre Brot vom Himmel

Johannes 6, 47-51

Johannes 6, 47-51
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der hat ewiges Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben das Manna gegessen in der Wüste und sind gestorben; dies ist das Brot, das aus dem Himmel herabkommt, damit, wer davon isst, nicht stirbt. Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist. Wenn jemand von diesem Brot isst, so wird er leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich geben werde, ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.

  1. Wer an mich glaubt, der hat ewiges Leben: Wir lesen diese atemberaubende Erklärung mit zwei Hauptgedanken im Kopf. Erstens, was es bedeutet, in dem Sinne zu ‚glauben‘, wie Jesus es meinte, d.h. zu vertrauen, sich darauf zu verlassen und daran festzuhalten. Es ist eine vertrauensvolle Liebe. Zweitens denken wir an die unfassbare Eigenschaft dieser Behauptung. Kein anderer Prophet oder heilige Mensch der Bibel hat jemals so etwas gesagt: „Glaubt an mich und findet das ewige Leben.“
  2. Ich bin das Brot des Lebens Jesus hat diese Metapher wiederholt und fortgesetzt. So wie Brot für das physische Leben notwendig ist, so ist Jesus notwendig für das geistliche und ewige Leben.
    1. „Jeder Mensch ernährt sich von etwas anderem. Der eine holt sich seine Sonntagszeitung; wie er sich davon ernährt! Ein anderer geht zu frivolen Vergnügungen, und er ernährt sich von ihnen. Ein anderer ernährt sich von seinem Geschäft und von Gedanken an seine vielen Sorgen! Aber all das ist schlechte Nahrung; es ist nur Asche und Schale. Wenn sie nur wahres geistliches Leben besäßen, würden sie die tiefe Notwendigkeit erkennen, sich von Christus zu ernähren.“ (Spurgeon)
  3. Eure Väter haben das Manna in der Wüste gegessen und sind gestorben: Das geistliche Brot, das Jesus anbietet, ist sogar noch größer als das Manna, das Israel in der Wüste aß. Was sie aßen, gab ihnen nur zeitliches Leben; was Jesus anbietet, bringt ewiges Leben.
  4. Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist. Wenn jemand von diesem Brot isst, so wird er leben in Ewigkeit: Jesus sprach in einer Redewendung. Die Metapher von Essen und Trinken war zu Jesu Zeiten gebräuchlich und deutete auf eine Aufnahme in das Innerste des Menschen hin.
    1. „Wenn ein Mensch es einmal zu sich nimmt, wird er nicht sterben. (‚Essen‘ steht im Aorist, im Sinne der einmaligen Aufnahme Christi)“ (Morris)
    2. Viele Christen haben diesen Abschnitt im Verlauf der Geschichte so verstanden, dass er von der christlichen Praxis des Abendmahls spricht, dem Tisch des Herrn, wie er von Jesus in der Nacht vor seiner Kreuzigung eingesetzt (Lukas 22, 14-23), von den frühen Christen gefeiert (Apostelgeschichte 2, 42) und in den Briefen des Paulus (1. Korinther 11, 23-26) gelehrt wurde. Viele haben gedacht, dass der Empfang von Brot und Kelch des Tisches des Herrn für die Erlösung unerlässlich ist und dass allen, die dies tun, die Erlösung garantiert ist.
    3. Einige andere Kommentatoren haben einen anderen Ansatz vorgeschlagen, dass das, wovon Jesus hier sprach, nicht das Abendmahl, der Tisch des Herrn, ist- und doch ist das Konzept mit dem des Abendmahls verwandt. „Unser Herr spricht in dieser Rede zwar nicht direkt vom Abendmahl, aber er legt die Wahrheit dar, die das Abendmahl vermittelt.“ (Bruce)
    4. „Viele Kommentatoren tun so, als ob sich das Wort ‚Fleisch‘ selbstverständlich auf das Heilige Abendmahl bezöge. Natürlich tut es nichts dergleichen. Es kommt weder in den Einsetzungsberichten noch in 1. Korinther 10, noch in 1. Korinther 11 im Zusammenhang mit dem Sakrament vor. Auch bei den Vätern ist es in diesem Sinne nicht üblich.“ (Morris)
    5. „Die Väter legten diesen Teil der Predigt unseres Erlösers gewöhnlich so aus, als ob sie vom Sakrament des Abendmahls sprächen, und verfielen so in den Irrtum, dass niemand außer Kommunikanten [Teilnehmer am Abendmahl] gerettet werden können; deshalb gaben sie das Sakrament auch Kleinkindern und legten es in den Mund der Toten.“ (Trapp)
    6. „Er sagt: ‚Ihr müsst aufhören, mich als Gegenstand theologischer Debatten zu betrachten; ihr müsst mich in euch aufnehmen, und ihr müsst in mich kommen; und dann werdet ihr echtes Leben haben.’“ (Barclay)
    7. Crede et manducasti, sagte Augustinus, ‚glaube‘ – oder besser gesagt, ‚vertraue‘ – und du hast gegessen.“ (Maclaren)
  5. Das Brot aber, das ich geben werde, ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt: Jesus erklärte deutlich, was er in diesem Zusammenhang mit Brot meinte. Dieses Brot war sein Fleisch, das er für das Leben der Welt gab. Es war sein bevorstehendes Werk am Kreuz, als er sein Leben hingab, als ein Gott dem Vater wohlgefälliges Opfer und als Stellvertreter für schuldige Sünder.
    1. Morris über die Verwendung von Fleisch: „Es ist ein starkes Wort und eines, das Aufmerksamkeit auf sich zieht. Seine fast grobe Eindringlichkeit lenkt die Aufmerksamkeit auf die historische Tatsache, dass Christus sich selbst für die Menschen hingegeben hat.“
    2. „Sein Fleisch zu geben, kann kaum etwas anderes bedeuten als den Tod. Die Formulierung hier deutet auf einen Tod hin, der sowohl freiwillig (‚Ich werde geben‘)) als auch stellvertretend („für das Leben der Welt“)) ist.“ (Bruce)
    3. „Die Worte sind also eine versteckte Anspielung auf den Sühnetod, den Christus sterben würde. Sie ist verbunden mit der Herausforderung, in die engste und innigste Beziehung zu ihm zu treten.“ (Morris)
    4. „Nun, Brüder und Schwestern, die Speise eures Glaubens findet ihr im Tod des Herrn Jesus für euch, und, oh, was für eine gesegnete Speise ist das!“ (Spurgeon)
    5. „Hier erklärt unser Herr klar und deutlich, dass sein Tod ein stellvertretendes Opfer und eine Sühne für die Sünde der Welt sein sollte. Und wie kein menschliches Leben erhalten werden kann, wenn nicht Brot (richtige Nahrung) aufgenommen wird, so kann keine Seele gerettet werden, außer durch den Verdienst seines Todes.“ (Clarke)
    6. Jesus erklärte, dass ihn als Brot zu empfangen nicht bedeute, ihn als großen moralischen Lehrer, Vorbild oder Propheten zu empfangen. Es bedeutet auch nicht, ihn als einen guten oder großen Mann oder edlen Märtyrer zu empfangen. Sondern es bedeutet, ihn im Hinblick dessen zu empfangen, was er am Kreuz getan hat, seinen letzten Akt der Liebe für die verlorene Menschheit.

8. Jesus im vollkommenen Sinn annehmen

Johannes 6, 52-59

Johannes 6, 52-59
Da stritten die Juden untereinander und sprachen: Wie kann dieser uns [sein] Fleisch zu essen geben? Darum sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esst und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag. Denn mein Fleisch ist wahrhaftig Speise, und mein Blut ist wahrhaftig Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat und ich um des Vaters willen lebe, so wird auch der, welcher mich isst, um meinetwillen leben. Dies ist das Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist; es ist nicht wie das Manna, das eure Väter gegessen haben, und sind gestorben; wer dieses Brot isst, der wird leben in Ewigkeit! Dies sprach er, als er in der Synagoge von Kapernaum lehrte.

  1. Wie kann dieser uns [sein] Fleisch zu essen geben? Es ist wahrscheinlich, dass die jüdischen Autoritäten Jesus an diesem Punkt absichtlich missverstanden haben. Er erklärte gerade, dass das Brot sein Leib sei, der als Opfer für das Leben der Welt gegeben wird (Johannes 6, 51). Sie verdrehten vorsätzlich seine Worte, um einen bizarren Kannibalismus anzudeuten.
    1. Dies war das Ergebnis ihrer Streitereien (Da stritten die Juden untereinander). „Ihr Urteil über ihn fiel unterschiedlich aus. Einige bezeichneten ihn ungehalten als wahnsinnig, andere meinten, dass an seinen Worten etwas Wahres dran sei.“ (Dods)
    2. „Unser Erlöser wurde jedoch zu diesen Bemerkungen veranlasst, weil die unwissenden Juden wirklich dachten, er meine, sie sollten Kannibalen werden und ihn auffressen, als er davon sprach, sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken. Ihr mögt über eine so absurde Vorstellung lächeln, aber ihr wisst, dass diese Idee in der Kirche von Rom immer noch vorherrschend ist. Der römische Priester versichert uns feierlich, dass die Menschen, die das Brot essen und den Wein trinken, oder das Zeug, was er Brot und Wein nennt, sich tatsächlich wie Kannibalen verhalten und den Leib Christi essen und sein Blut trinken.“ (Spurgeon)
  2. Wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esst und sein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch: Jesus antwortete auf ihr absichtliches Missverständnis, indem er noch kühner sprach und damit die Aussage in Johannes 6, 51 verstärkte – sein ‚Fleisch‘ sei sein hingegebenes Leben.
    1. Das Brot des Lebens ist eine Metapher. Brot vom Himmel ist eine Metapher. Lebendiges Brot ist eine Metapher. Das Brot Gottes ist eine Metapher. Es überrascht nicht, dass Jesus die Brotmetapher auf sein tatsächliches, baldiges Opfer am Kreuz ausdehnt.
    2. „Er gab ihnen eine weitere Erklärung, die sie als Rechtskundige nicht übersehen konnten, die sich in der Opfertheorie gut auskannten. Das „Essen des Fleisches und Trinken des Blutes“ war eine klare Anspielung auf den Opfergedanken.“ (Trench)
    3. Der gekreuzigte und auferstandene Jesus muss aufgenommen und verinnerlicht werden – metaphorisch Essen – oder es gibt kein wahres geistliches Leben, kein ewiges Leben.
    4. „Das Essen von Christi Fleisch und das Trinken seines Blutes deuten auf die zentrale Erlösungshandlung hin, die anders beschrieben wird, z.B. in Johannes 3, 16. Der Tod Christi öffnet den Weg zum Leben. Menschen betreten diesen Weg durch den Glauben … Das Essen des Fleisches und das Trinken des Blutes sind eine eindrucksvolle Art, dies zu sagen.“ (Morris)
    5. „Unser Herr ging noch weiter und sprach in mystischer Sprache von der Notwendigkeit, sein Blut zu trinken. Das Bild deutete auf einen Weg ins Leben durch Tod und Opfer hin.“ (Morgan)
    6. „In Vers 54 ist es die Person, die das Fleisch des Menschensohnes isst und sein Blut trinkt, die am letzten Tag von ihm auferweckt werden wird; in Vers 40 wird dieselbe Verheißung jedem gegeben, ‚der den Sohn sieht und an ihn glaubt‘.“ (Bruce)
  3. Denn mein Fleisch ist wahrhaftig Speise, und mein Blut ist wahrhaftig Trank: Das geopferte Leben Jesu ist Speise und Trank für die hungrige und durstige Seele. Wenn wir Jesus Christus als den für uns Gekreuzigten empfangen und verinnerlichen, bleiben wir wirklich in Jesus und er in uns (bleibt in mir, und ich in ihm).
    1. Solche radikalen Äußerungen beleidigen viele; zum Teil war dies die Absicht Jesu. Als Antwort auf diejenigen, die seine Worte und seine Bedeutung verdrehten, machte er die Metaphern stärker, nicht schwächer. Er weigerte sich, vor der Wahrheit zurückzuweichen: Ich bin das Brot des Lebens, und die Substanz dieses Brotes ist sein Opfer am Kreuz, die Hingabe seines Fleisches und Blutes. Was Er am Kreuz gab, müssen wir empfangen.
    2. „Das eigentliche Fleisch und Blut, das menschliche Leben Christi, wurde für die Menschen gegeben; und die Menschen essen sein Fleisch und trinken sein Blut, wenn sie sein Opfer zu ihrem eigenen Vorteil nutzen, wenn sie alle Wirkungen, die in ihm waren, ihrem eigenen Wesen einverleiben.“ (Dods)
    3. Bleibt in mir, und ich in ihm: „Er lebt in ihnen, und sie in ihm; denn sie haben Anteil an der göttlichen Natur bekommen: 2. Petrus 1, 4.“ (Clarke)
  4. Welcher mich isst, wird um meinetwegen leben: Wer zu Jesus kommt, an Ihn glaubt und sich von Ihm nährt, wird Leben finden. Sie werden leben, aber nicht, weil sie die Antwort gefunden oder verdient haben, sondern weil Jesus freiwillig gegeben hat, was er am Kreuz gewonnen hat – um meinetwillen.
    1. Welcher mich isst: „Das heißt, der an meiner Person, meinen Verdiensten, Leidenschaften und Vorrechten teilhat; derjenige, der mich in allen meinen Diensten und Wirkungen empfängt.“ (Trapp)
    2. „Beim Essen und Trinken ist der Mensch kein Produzent, sondern ein Konsument; er ist weder Macher noch Geber; er nimmt einfach nur auf. Wenn eine Königin essen würde, selbst wenn eine Kaiserin essen würde, sie würde ebenso völlig zur Empfängerin werden wie der Bettler im Armenhaus. Das Essen ist in jedem Fall ein Akt der Aufnahme. So ist es mit dem Glauben: Man muss nicht tun, nicht sein, nicht fühlen, sondern nur empfangen.“ (Spurgeon)
  5. Wer dieses Brot isst, der wird leben in Ewigkeit: Jesus bietet uns das himmlische Brot für das ewige Leben an, aber wir müssen es essen. Der Glaube an Jesus wird nicht mit Schmecken oder Bewundern verglichen, sondern mit Essen. Jesus sagt, dass wir ihn in uns haben müssen, und wir an ihm teilhaben müssen.
      1. Einen Laib Brot auf einem Teller zu sehen, wird unseren Hunger nicht stillen
      2. Die Zutaten des Brotes zu kennen, wird unseren Hunger nicht stillen.
      3. Das Fotografieren des Brotes wird unseren Hunger nicht stillen
      4. Anderen Menschen vom Brot zu erzählen, wird unseren Hunger nicht stillen
      5. Der Verkauf des Brotes wird unseren Hunger nicht stillen
      6. Mit dem Brot Fangen zu spielen, wird unseren Hunger nicht stillen
      7. Nichts wird unseren Hunger stillen und uns Leben bringen, außer das Brot tatsächlich zu essen. Wer dieses Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.
  6. Dies sprach er, als er in der Synagoge von Kapernaum lehrte: Diese bemerkenswerte Rede Jesu, die in Johannes 6, 26 beginnt und das Hin und Her mit seinen Zuhörern einschließt, geschah während eines Gottesdienstes in der Synagoge. Jesus wurde wahrscheinlich die Freiheit der Synagoge gewährt, eben die Möglichkeit zu der Gemeinde zu sprechen.
    1. „‘Diese Dinge sprach er in einer Synagoge, lehrte in Kapernaum‘, und zweifellos an einem Sabbat, wie mehrere Manuskripte hinzufügen.“ (Trench)

F. Reaktion auf die radikalen Aussagen Jesu

1. Viele Jünger wenden sich ab

Johannes 6, 60-64

Johannes 6, 60-64
Viele nun von seinen Jüngern, die das hörten, sprachen: Das ist eine harte Rede! Wer kann sie hören? Da aber Jesus bei sich selbst erkannte, dass seine Jünger darüber murrten, sprach er zu ihnen: Ist euch das ein Ärgernis? Wie nun, wenn ihr den Sohn des Menschen dorthin auffahren seht, wo er zuvor war? Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben. Aber es sind etliche unter euch, die nicht glauben. Denn Jesus wusste von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde.

  1. Das ist eine harte Rede: Dies bezieht sich auf das, was hart, also schwer zu akzeptieren ist, nicht auf das, was schwer zu verstehen ist. Zweifellos fanden diese Jünger (Jünger im weiten Sinne, nicht im engeren Sinne) die Worte Jesu etwas rätselhaft, aber es waren die Teile, die sie verstanden, die wirklich beunruhigend waren.
    1. „Es ist kein Wunder, dass die Jünger die Rede Jesu als schwierig empfanden. Das griechische Wort ist σκληρός (skleros) was nicht schwer zu verstehen, sondern schwer zu akzeptieren bedeutet.“ (Barclay)
  2. Ist euch das ein Ärgernis? Jesus verstand, dass viele seiner Zuhörer an seiner Lehre Anstoß nahmen, doch er änderte die Lehre nicht und hielt es auch nicht für seinen Fehler. Jesus hat nicht gepredigt, um seinen Zuhörern zu gefallen. Wenn es ihm darum gegangen wäre, hätte er das eben Gesagte sofort wieder zurückgenommen, als seine Zuhörer beleidigt waren. Jesus hat es nicht zurückgenommen. Er hat sie noch mehr herausgefordert und konfrontiert.
    1. „Die Ereignisse dieses Kapitels hatten nur allzu deutlich gemacht, dass seine Nachfolge etwas anderes bedeutete als alles, was sie erwartet hatten. Es wird nichts gesagt, was uns eine klare Vorstellung von ihren Ansichten gibt. Aber es ist wahrscheinlich, dass sie an einem messianischen Königreich im Einklang mit der allgemeinen Erwartung interessiert waren.“ (Morris)
  3. Wie nun, wenn ihr den Sohn des Menschen dorthin auffahren seht, wo er zuvor war? Jesus sagte im Wesentlichen: „ Wenn euch das alles beleidigt hat, was werdet ihr dann denken, wenn ihr mich in der Herrlichkeit seht und euch vor dem Gericht verantworten müsst?“ Es ist besser, jetzt beleidigt zu sein und darüber hinwegzukommen, als an jenem Tag beleidigt zu sein.
  4. Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt gar nichts: Dies könnte durchaus die thematische Aussage für diese ganze Rede Jesu sein. Er rief die Anwesenden und uns immer wieder auf, unser Herz und unseren Fokus auf geistliche Realitäten und nicht auf materielle Dinge zu richten.
    1. „Der Geist verleiht dem Gläubigen Leben; es wird nicht durch den Prozess des physischen Essens übertragen.“ (Tenney)
  5. Jesus wusste von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten: Weil Jesus Gott ist, hatte er das göttliche Vorrecht, das Herz des Menschen zu kennen. Es ist jedoch durchaus möglich, dass Jesus dies einfach als ein Mensch wusste, der dem Vater unterstellt und vom Heiligen Geist begabt war. Er wurde nie von einem falschen Glauben getäuscht, noch von demjenigen, der ihn verraten würde.

2. Der geistliche Grund, warum viele weggegangen sind

Johannes 6, 65-66

Johannes 6, 65-66
Und er sprach: Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben! Aus diesem Anlass zogen sich viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm.

  1. Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben: Jesus tadelte ihre eigenen materiellen und irdischen Beweggründe, ihm nachzufolgen. Statt ihn durch den Geist zu suchen, baten sie ihn um Nahrung und ein Königreich. Damit waren sie überhaupt gar nicht zu ihm gekommen.
    1. Vielleicht folgten sie ihm auf halbem Weg um den See Genezareth, aber sie konnten erst wirklich zu Jesus kommen, als sie in dem Sinne kamen, dass sie an ihn glaubten, ihm vertrauten und ihn liebten (Johannes 6, 35).
  2. Aus diesem Anlass zogen sich viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm: Nachdem Jesus alle materiellen und irdischen Motive für seine Nachfolge abgeschüttelt hatte, hörten viele auf, ihm zu folgen. Sie waren auch entmutigt und vielleicht verwirrt durch die absichtliche Kontroverse (Johannes 6, 52), die von den religiösen Autoritäten ausgelöst wurde, die aus Jerusalem kamen (Matthäus 15, 1).
    1. Aus diesem Anlass: „’Von diesem Zeitpunkt an‘ ist eine mögliche Übersetzung von ἐκ τούτου (ek toutou). Es könnte auch bedeuten: ‘Wegen dieser [Äußerung].’ Letzteres ist sinnvoll, denn es war nicht nur die Chronologie, die die Haltung der Jünger veränderte.“ (Tenney)
    2. Als so viele weggingen, sah es so aus, als hätten die Feinde Jesu gewonnen. „Es ist die Krise des ersten großen Glaubensabfalls in seinem Dienst. Seine Feinde, ‚die Juden‘, haben sich allem Anschein nach durchgesetzt.“ (Trench)
      Jesus blieben nur noch die 12, und vielleicht würden auch sie gehen. Doch die Schlacht war noch nicht vorbei. Viele, die weggegangen waren, würden zurückkommen. Aber der Verlust derer, die Jesus aus materiellen oder unreinen Motiven folgten, war schmerzhaft – man wünschte sich, sie blieben, um das Wirken des Geistes zu hören und zu empfangen. Ihr Weggang bewies nicht, dass Jesus und diejenigen, die bei ihm blieben, falsch lagen.
    3. „Die Kirchen haben Sommer wie unsere Gärten, und dann sind alle Dinge voll; aber dann kommen ihre Winter, und ach, welche Leerungen sind zu sehen!“ (Spurgeon)
    4. Es ist wichtig, so zu handeln, wie Jesus es getan hat, und andere nicht aus materiellen und weltlichen Motiven zu ermutigen, Jesus nachzufolgen: Indem man für Jesus wirbt, um ein besseres Leben zu schaffen. Von denen, die auf solche Weise kommen, kann sich herausstellen, dass ihnen nicht vom Vater gegeben wurde, Jesus nachzufolgen.

3. Die Jünger stehen beispielhaft für die Bereitschaft zur Nachfolge, auch wenn sie nicht alles verstehen

Johannes 6, 67-69

Johannes 6, 67-69
Da sprach Jesus zu den Zwölfen: Wollt ihr nicht auch weggehen? Da antwortete ihm Simon Petrus: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Christus bist, der Sohn des lebendigen Gottes!

  1. Wollt ihr nicht auch weggehen? Was für eine Szene! Unzählige Möchtegern-Nachfolger Jesu verließen ihn, und er fragte die Zwölf, ob sie auch gehen würden. Jesus untersuchte die Motive aller, die ihm folgten, einschließlich der Zwölf. Als sich die Synagoge leerte, stellte Jesus diese Frage, die ein ‚Nein‘ als Antwort voraussetzte.
    1. „Wenn Johannes die Frage unseres Herrn auf Griechisch formuliert, impliziert er, dass sie nicht in einer Stimmung der Verzweiflung gestellt wurde; die Verwendung der griechischen Verneinung μὴ (me) in einer Frage deutet darauf hin, dass die Antwort ‚Nein‘ erwartet wird. ‚Ihr wollt doch nicht auch weggehen, oder?’“ (Bruce)
  2. Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens: Für die Zwölf sprach Simon Petrus, der ein wunderbares Glaubensbekenntnis abgab.
      1. Er erkannte Jesus als Herrn an
      2. Er erkannte Jesus als die bevorzugte Alternative, trotz der Schwierigkeiten
      3. Er erkannte den Wert geistlicher Dinge, mehr als die materiellen und irdischen Wünsche derer, die weggingen (Worte des ewigen Lebens)
      4. Er erkannte Jesus als Messias (der Christus) und Gott (der Sohn des lebendigen Gottes) an

4. Das Wissen Jesu über seine eigenen Jünger

Johannes 6, 70-71

Johannes 6, 70-71
Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölf erwählt? Und doch ist einer von euch ein Teufel! Er redete aber von Judas, Simons Sohn, dem Ischariot, denn dieser sollte ihn verraten, er, der einer von den Zwölfen war.

  1. Habe ich nicht euch Zwölf erwählt: Jesus hat in der Tat die zwölf Jünger erwählt. Doch einer von ihnen war wie ein Teufel – und sollte ihn verraten.
    1. „Einer von ihnen war ein διάβολός (diabolos) – das griechische Wort bedeutet ‚Verleumder‘ oder ‚Verschmäher‘ oder ‚falscher Ankläger‘, aber es wird hier wahrscheinlich als Gegenstück zum hebräischen Satan, ‚Widersacher‘, verwendet.“ (Bruce)
    2. „Bei der dunklen Tat, die hier prophezeit wird, stand Judas unter der unmittelbaren Anstiftung des Satans und lieferte sich ihm aus.“ (Alford)
    3. „Es gibt Judasse unter den scheinbaren Anhängern des Herrn in unserer Zeit. Sie sind in unseren Kirchenbänken, sogar auf unseren Kanzeln, und sie bleiben manchmal unentdeckt. Sie verraten den Herrn und das Evangelium sowohl durch ihre Worte als auch durch ihre Taten. “ (Boice)
  2. Er redete von Judas: Die schlichte, geistliche Hingabe der Jünger an Jesus machte den Kontrast des Glaubensabfalls von Judas noch viel schrecklicher. Auch wenn viele weggehen und einige sogar Jesus verraten, sollte dies nicht den Glauben oder den Weg des wahren Nachfolgers Jesu Christi verändern.
    1. Judas, Simons Sohn, dem Ischariot: „Nicht nur Judas‘ Vater stammte aus Karioth, sondern auch Judas selbst stammte aus Karioth, wie wir aus allen vier Evangelien erfahren. Denn alle nennen ihn Ischariot, was so viel bedeutet wie ‚ein Mann aus Karioth.’“ (Trench)
    2. „Keriot war eine Stadt im südlichen Teil von Juda (Josua 15, 25), südlich von Hebron im trockenen Negeb.“ (Tenney)

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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