Johannes 8 – Das Licht der Welt

A. Eine Frau, die beim Ehebruch ertappt wurde, wird für ein Urteil vor Jesus gebracht

1. Jesus lehrt im Tempel

Johannes 8, 7, 53-8, 2

Johannes 8, 7, 53-8, 2
Und so ging jeder in sein Haus. Jesus aber ging an den Ölberg. Und früh am Morgen kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kam zu ihm; und er setzte sich und lehrte sie.

  1. Und so ging jeder in sein Haus: Die Bedeutung des Textes, wie wir ihn haben, ist, dass Jesus seine Gegner verwirrte, als er im Tempel predigte, und dann gingen sie ihre eigenen Wege. Jesus ging an den Ölberg, um zu schlafen.
    1. Mit Blick auf den Originaltext ist dies ein Abschnitt (Johannes 7, 53-8, 11), der Debatten und Kontroversen verursacht. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Manuskripts scheint es unwahrscheinlich, dass dieser Abschnitt Teil des Originaltextes des Johannes-Evangeliums war, oder zumindest an dieser Stelle.
      1. Die meisten der frühesten antiken griechischen Manuskripte lassen diesen Abschnitt aus.
      2. Viele spätere Manuskripte markieren diesen Abschnitt mit Sternchen.
      3. Eine Gruppe von Manuskripten fügt diesen Abschnitt nach Lukas 21, 38 ein.
      4. Einige wenige Manuskripte haben diesen Abschnitt nach Johannes 21, 24 und eines hat ihn nach Johannes 7, 36.
      5. „All diese Hinweise legen nahe, dass die Gelehrten die genaue Position dieses Abschnitts oft nicht kannten, und dennoch waren sie bestrebt, ihn als Teil der vier Evangelien beizubehalten.“ (Tasker) Sie wussten, dass er dazugehörte, aber nicht genau, wohin er gehörte.
    2. Einige antike Christen (wie Augustinus und Ambrosius) ließen diese Geschichte aus, nicht so sehr wegen der textlichen Beweise, sondern weil sie dachten, dass Jesus hier als jemand dargestellt wird, der sexuelle Unmoral billigt oder sie zumindest als nicht besonders ernstzunehmend betrachtet.
    3. Gleichzeitig lässt der Charakter der Geschichte sie offensichtlich als echt erscheinen, und viele Gelehrte betonen, dass sie historisch und sachlich ist. Frühchristliche Schriftsteller erwähnen diese Geschichte bereits zu Beginn des zweiten Jahrhunderts (100 n. Chr.). Wir haben guten Grund zu der Annahme, dass sie tatsächlich geschehen ist und dass Johannes sie wirklich geschrieben hat. Es wird darüber diskutiert, wo genau die Geschichte in die Evangelienberichte gehört, aber es gibt guten Grund zu der Annahme, dass sie dazugehört.
    4. „Auch wenn es vielleicht keine Einfügung des Johannes war, dann war es dennoch eine sehr frühe Einfügung: möglicherweise gewann sie die Zustimmung von Simeon oder Judas (Anfang des 2. Jahrhunderts), dem zweiten und dritten Bischof von Jerusalem, den ‚Brüdern‘ unseres Herrn, den letzten Überlebenden des apostolischen Zeitalters. Diese beiden scheinen mit der Bearbeitung dieses Evangeliums in Verbindung gestanden zu haben, denn sie sind wahrscheinlich das ‚wir‘ in Johannes 21, 24 und die beiden namenlosen Jünger von Johannes 21, 2“. (Trench)
    5. „Wenn wir auch nicht das Gefühl haben, dass dies ein Teil des Johannesevangeliums ist, so können wir doch empfinden, dass die Geschichte dem Charakter von Jesus entspricht.“ (Morris)
  2. Und früh am Morgen kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kann zu ihm; und er setzte sich und lehrte sie: Wenn wir die Chronologie des Johannes-Evangeliums in seiner jetzigen Zusammensetzung betrachten, dann blieb Jesus nach dem Laubhüttenfest noch einige Tage in Jerusalem (Johannes 7, 37). Obwohl die religiösen Autoritäten ihn zum Schweigen bringen und verhaften wollten, lehrte er immer noch mutig große Menschenmengen auf dem öffentlichsten Platz in Jerusalem – dem Tempel.

2. Die Frau wird auf frischer Tat beim Ehebruch ertappt und zu Jesus gebracht

Johannes 8, 3-5

Johannes 8, 3-5
Da brachten die Schriftgelehrten und Pharisäer eine Frau zu ihm, die beim Ehebruch ergriffen worden war, stellten sie in die Mitte und sprachen zu ihm: Meister, diese Frau ist während der Tat beim Ehebruch ergriffen worden. Im Gesetz aber hat uns Mose geboten, dass solche gesteinigt werden sollen. Was sagst nun du?

  1. Brachten … eine Frau zu ihm, die beim Ehebruch ergriffen worden war: Sie taten dies, als Jesus gerade öffentlich im Tempel lehrte. Sie wollten dies so öffentlich wie möglich machen, um sowohl die Frau als auch Jesus in Verlegenheit zu bringen.
    1. „Alles deutet darauf hin, dass ihre Ankläger eine besondere Rachgier gegen sie hegten. Dies zeigt sich auch in der Tatsache, dass sie die Frau öffentlich dorthin brachten … Das war unnötig. Sie hätte in Gewahrsam gehalten werden können, während der Fall an Jesus verwiesen wurde.“ (Morris)
    2. Das Verb ergriffen steht im Perfekt. „Das Perfekt deutet auf eine Bedeutung hin wie ‚beladen mit ihrer Schande wurde sie mitgenommen‘. Es weist auf ihren fortwährenden Charakter als Ehebrecherin hin.“ (Morris)
  2. Diese Frau ist während der Tat beim Ehebruch ergriffen worden: Die religiösen Autoritäten brachten diese Frau unter schambehafteten, demütigenden Umständen zu Jesus. Sie wurde gegen ihren Willen gefangen gehalten, eine Gefangene im Gewahrsam der Religionspolizei, die sie mit einem Mann während der Tat beim Ehebruch erwischte, der nicht ihr Ehemann war.
    1. Um das Offensichtliche zu erwähnen: Es war auch ein Mann in eben diese Tat des Ehebruchs verwickelt – doch der Schuldige wurde nicht vor Jesus zum Gericht gebracht. Das bedeutete auch, dass es vorab arrangierte Spione gab, die als Zeugen dieser Tat geschickt wurden, und sie notierten sorgfältig die schmutzigen Details.
    2. Morris weist darauf hin, dass der Beweisstandard für dieses Verbrechen rechtlich gesehen sehr hoch war. Es musste zwei Zeugen geben, und sie mussten vollkommen übereinstimmen. Sie mussten sehen, dass der sexuelle Akt stattfand; es reichte nicht aus, zu sehen, dass das Paar zusammen den gleichen Raum verließ und auch nicht, dass es zusammen auf dem gleichen Bett lag. „Die tatsächlichen körperlichen Bewegungen des Paares dürfen keine andere Erklärung zugelassen haben … . Die Bedingungen waren so streng, dass sie nur in seltenen Fällen hätten erfüllt werden können.“ (Morris)
    3. „Unter diesen Bedingungen wäre das Beschaffen von Beweisen bei Ehebruch fast unmöglich, wenn die Situation nicht eine bewusst gestellte Falle wäre.“ (Boice)
  3. Im Gesetz aber hat uns Moses geboten, dass solche gesteinigt werden sollen: Es stimmt, dass Ehebruch nach jüdischem Recht ein Kapitalverbrechen war, aber die Beweisregeln in Kapitalverbrechen waren äußerst streng. Die eigentliche Tat musste von mehreren Zeugen beobachtet werden, die in ihrer Aussage genau übereinstimmten. In der Praxis wurde praktisch niemand wegen Ehebruchs hingerichtet, da es sich um eine relativ private Sünde handelte.
    1. „Es scheint, dass im ersten Jahrhundert nach Christus die volle Strenge des Gesetzes nicht mehr als allgemeine Regel angewandt wurde, jedenfalls nicht mehr in städtischen Gemeinden.“ (Bruce)
    2. „Da in Vers 5 auf das Gesetz Bezug genommen wird, könnte der Eindruck entstehen, dass die Frau dieser besonderen Strafe unterlag, weil sie während der Zeit der Verlobung gesündigt hatte und Unzucht in dieser Zeit als Ehebruch angesehen wurde.“ (Tasker)
  4. Was sagst nun du? Sie stellten Jesus eine Falle. Sollte Jesus sagen: ‚Lass sie gehen‘, dann würde er das Gesetz Mose brechen. Sollte er sagen: „Richtet sie für das Verbrechen des Ehebruchs hin“, dann würde Jesus hart und vielleicht grausam erscheinen. Außerdem würde er das römische Gesetz brechen, weil die Römer den Juden das Recht auf offizielle Hinrichtung für religiöse Vergehen genommen hatten.
    1. Dies war ein ähnliches Dilemma wie bei der Frage an Jesus, ob man Steuern an Caesar zahlen sollte (Matthäus 22, 15-22).

3. Jesus ignoriert die Ankläger, als hätte er sie nicht gehört

Johannes 8, 6

Johannes 8, 6
Das sagten sie aber, um ihn zu versuchen, damit sie ihn anklagen könnten. Jesus aber bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde.

  1. Das sagten sie aber, um ihn zu versuchen, damit sie ihn anklagen könnten: Die religiösen Autoritäten – elende Männer, wie sie waren – benutzten diese Frau als Waffe gegen Jesus. Sie stellten sie vor Jesus als Sünderin dar, ignorierten dabei aber ihre eigene Sünde in der Angelegenheit.
    1. Sie kümmerten sich nicht um wahre Gerechtigkeit, denn es war offensichtlich, dass sie sowohl die ehebrecherische Tat als auch die Verhaftung der Frau sorgfältig arrangiert hatten. Sie behaupteten, dass diese Frau ist während der Tat beim Ehebruch ergriffen worden – doch sie brachten den schuldigen Mann nicht vor Jesus. Es ist möglich, dass der Mann einer von ihnen war, und sie benutzten die Frau einfach als Waffe oder Pfand in ihrem Konflikt gegen Jesus.
    2. „Ehebruch ist nicht die Art von Straftat, die von einer Person in der Einsamkeit begangen werden kann; wenn sie auf frischer Tat ertappt wurde, wie konnte man ihren schuldigen Partner entkommen lassen?“ (Bruce)
    3. „Sie betrachteten diese Frau überhaupt nicht als Person; sie betrachteten sie nur als ein Ding, als ein Instrument, wodurch sie Jesus anklagen konnten.“ (Barclay)
  2. Jesus bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde: Dies war eine vorsichtige und überlegte Antwort von Jesus. Anstatt eine sofortige verbale Antwort zu geben, bückte er sich nieder. Dann schrieb er mit seinem Finger auf die Erde, vermutlich in den Schmutz auf dem Boden.
    1. Bückte sich nieder bedeutet Demut. Jesus reagierte nicht mit Zorn oder sofortiger Empörung. Er schrie die Frau oder diejenigen, die die Frau gebracht hatten, nicht an. Jesus hielt inne und bückte sich nieder.
    2. Bückte sich nieder ist eine niedrige Körperhaltung, die sich mit der Demütigung der Frau identifiziert. Jesus tat, was er konnte, um sich mit dieser Frau zu identifizieren, für sie zu sorgen und ihre Beschämung zu lindern. Man kann sagen, dass diese Geschichte das große Problem veranschaulicht: Wie kann Gott dem Sünder Liebe und Gnade erweisen, ohne ungerecht zu sein, ohne sein eigenes Gesetz zu brechen? Er tut es, indem er sich zuerst mit dem Sünder in seinem niedrigen Zustand identifiziert.
    3. Schrieb auf die Erde bedeutet, dass Jesus schreiben konnte, und dass er in Gegenwart der Frau und dieser Männer schrieb. Was Jesus schrieb, ist bis heute für Lehrer, Prediger und Kommentatoren eine endlose Quelle der Spekulation geblieben.
      1. „Manche denken, dass Jesus einfach in den Dreck gekritzelt hat. Das übersetzte Verb schrieb könnte auch ‚zeichnen‘ bedeuten.“ (Morris)
      2. Manche meinen, Jesus habe einfach nur auf Zeit gespielt.
      3. Einige denken, dass Jesus die Gesetzespassage geschrieben hat, die die ehebrecherische Frau verurteilte.
      4. Einige meinen, Jesus habe einen Abschnitt wie 2. Mose 23, 1 aufgeschrieben: Du sollst kein falsches Gerücht verbreiten! Leihe keinem Gottlosen deine Hand, sodass du durch dein Zeugnis einen Frevel unterstützt.
      5. Einige denken, dass Jesus die Namen der Ankläger geschrieben hat.
      6. Manche denken, dass Jesus die Sünden der Ankläger niederschrieb.
      7. Einige denken, dass Jesus der römischen Gerichtspraxis folgte und sein Urteil niederschrieb, bevor er es aussprach.
    4. „Das normale griechische Wort für schreiben ist graphein; aber hier wird das Wort katagrapheini verwendet, was bedeuten kann, eine Aufzeichnung gegen jemanden aufzuschreiben.“ (Barclay)
  3. Als ob er nicht gehört hätte (Dieser Vers-Teil ist in der englischen Bibelübersetzung noch zusätzlich enthalten): Als Jesus sich bückte und schrieb, verhielt er sich, als hätte er die Anklage gegen die Frau gar nicht gehört. Vielleicht ignorierte Jesus sie, weil er ihr böses Werk verachtete. Vielleicht ignorierte Jesus sie auch, weil er sich der Frau zuliebe schämte.
    1. Paulus bezog sich auf die Sanftmut und Güte Christi (2. Korinther 10, 1) – das ist es, was wir hier zu sehen bekommen.

4. Jesus spricht das Urteil über die Ankläger

Johannes 8, 7-8

Johannes 8, 7-8
Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie! Und er bückte sich wiederum nieder und schrieb auf die Erde.

  1. Als sie nun fortfuhren, ihn zu fragen: Jesus beugte sich nieder, schrieb auf den Boden und tat so, als ob er die Ankläger der Frau, die beim Ehebruch ergriffen worden war, nicht hörte. Die Männer, die die Frau mitbrachten, hörten nicht auf Jesus zu fragen, was mit ihr getan werden sollte – sie fuhren fort, ihn zu fragen.
  2. Er richtete sich auf und sprach zu ihnen: Jesus sagte dies direkt zu den Anklägern der Frau und stand auf, um mit ihnen Augenkontakt aufzunehmen.
  3. Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie: Im jüdischen Gesetz waren es die Zeugen des Kapitalverbrechens, die mit der Steinigung begannen. Jesus sagte in Wirklichkeit: „Wir dürfen sie hinrichten, aber wir müssen es richtig tun. Einer der Zeugen muss mit ihrer Hinrichtung beginnen. Wer von euch ist also derjenige, der Zeuge dieses Verbrechens war und nur die Frau zu mir gebracht hat, nicht den Mann? Wer hat die Erniedrigung dieser armen Frau geplant?“
    1. Anstatt ein Urteil über die Frau zu fällen, fällte Jesus ein Urteil über seine Ankläger. Er sagte nicht: „Richtet sie nicht hin.“ Er verlangte lediglich, dass das Recht fair und gerecht angewandt werde.
    2. Wer unter euch ohne Sünde ist: Es war nicht so, dass diese Männer nicht schon ein- oder zweimal gesündigt hatten und deshalb kein Recht hatten, sich um die Sünde der Frau zu kümmern. Es war vielmehr so, dass sie die Sünde der Frau und ihre Schande inszeniert und geplant hatten und sie als Waffe gegen Jesus benutzten. Bei diesem direkten Vorfall hatten sie eine größere Sünde und eine größere Schuld.
    3. Darin entlarvte Jesus eine weit verbreitete Sünde: den Wunsch, die Sünden anderer zu bestrafen, während wir unsere eigene Sünde ignorieren. König David war ein Beispiel dafür, als der Prophet Nathan ihm die Geschichte eines Mannes erzählte, der das Lieblingslamm eines anderen Mannes stahl und tötete (2. Samuel 12, 1-10).
    4. Wenn wir uns die Sünden anderer ansehen müssen, müssen wir uns bewusst sein, dass auch wir gesündigt haben. Es gibt immer noch einen Platz für das Aufdecken und Zurechtweisen und den direkten Umgang mit den Sünden anderer in Gottes Familie, aber es muss immer mit einem Herzen geschehen, das sich selbst als Sünder anerkennt, dem vergeben wurde. Wenn es richtig gemacht wird, wird der Sünde öfter mit Tränen und einem gebrochenen Herzen begegnet als mit Zorn und Verurteilung.
  4. Und er bückte sich wiederum nieder und schrieb auf die Erde: Jesus schien alles zu tun, was er konnte, um die Aufregung und Anspannung in dieser Situation zu beruhigen, wahrscheinlich aus Sorge um die Würde und Sicherheit der Frau. Wieder schrieb Jesus auf die Erde.
    1. Er starrte die anklagenden Männer nicht in einem Akt der Einschüchterung an. Jesus tat in dieser Situation alles, um die Dinge weniger angespannt zu machen, nicht noch angespannter. Er versuchte nicht, sie durch Einschüchterung zu verändern.
    2. Jesus sorgte sich weiterhin um die Schande der Frau und tat, was er konnte, um sie zu lindern. Scham mag einem hilfreichen Zweck dienen, aber Gott hat nie beabsichtigt, dass sie ein dauerhafter Zustand ist.

5. Die Ankläger antworten, indem sie gehen

Johannes 8, 9

Johannes 8, 9
Als sie aber das hörten, gingen sie — von ihrem Gewissen überführt — einer nach dem anderen hinaus, angefangen von den Ältesten bis zu den Geringsten; und Jesus wurde allein gelassen, und die Frau, die in der Mitte stand.

  1. Von ihrem Gewissen überführt: Sie wurden durch das, was sie von Jesus hörten, überführt. Anscheinend war es nicht das, was Jesus schrieb (obwohl das vielleicht etwas damit zu tun hatte). Mehr noch, es war das, was Jesus sagte, was ihr Gewissen überführte.
    1. Das sprach für diese Männer, dass ihr Gewissen nicht tot oder abgestumpft war. Sie konnten immer noch von ihrem Gewissen überführt werden. Sie waren sich nun ihrer eigenen Sünde mehr bewusst als der Sünde der Frau.
  2. Gingen sie – einer nach dem anderen hinaus, angefangen von den Ältesten bis zu den Geringsten: Wir verstehen, warum sie gingen; sie wurden von ihrem Gewissen überführt. Es ist nicht sofort klar, warum sie der Reihe nach gegangen sind; die Ältesten bis hin zu den Geringsten. Vielleicht sind die Ältesten zuerst gegangen, weil sie am ehesten verstanden, dass Jesus über sie sprach.
    1. „Die kontinuierliche Zeitform in diesem letzten Verb weckt das Bild einer Prozession. Sie blieben dabei hinauszugehen.“ (Morris)
    2. Einige spekulieren, dass Jesus auf dem Boden eine Auflistung ihrer eigenen Sünden schrieb, beginnend von den Ältesten bis zu den Geringsten – was die Reihenfolge ihres Weggangs erklärte.
  3. Die Frau, die in der Mitte stand: Dies ist der einzige Hinweis in der Erzählung auf die körperliche Haltung der Frau. Es ist möglich, dass die religiösen Führer, die sie zu Jesus brachten, sie zwangen, die Tortur durchzustehen. Doch die menschliche Natur und die wiederholte gebeugte Haltung Jesu lassen vermuten, dass die Frau während dieser Tortur ganz oder teilweise in einer niedrigen Haltung am Boden stand.
    1. Das altgriechische Wort, das mit ‚stehen‘ (histemi) übersetzt wird, bedeutet oft ‚stehen‘, wird aber manchmal auch im übertragenen Sinne verstanden – wie zum Beispiel ‚setzen‘ oder ‚aufstellen‘, wie in Matthäus 4, 5 und 18, 2. Der Ausdruck „in der Mitte stehen“ verlangt nicht, dass die Frau tatsächlich auf ihren Füßen stand.
    2. Trench sagt über eine spätere Verwendung von histemi in Johannes 18, 18 und 18, 25: „Lukas ist ganz sicher, dass sie und Petrus saßen: so wie Matthäus, was Petrus betrifft. Johannes scheint von ihnen und Petrus als stehend zu sprechen: aber diese von Johannes benutzten Worte sind so häufig idiomatisch, dass sie lediglich ‚stehen bleiben‘, ‚weitergehen‘, ‚da sein‘, ‚sein‘ bedeuten, genau wie das italienische stare, so dass das Stehen nicht sicher bestätigt werden kann – genauso wenig hier in dieser Textpassage wie z.B. an den anderen neunzehn Stellen, wo sie im Johannesevangelium vorkommen.“ (Trench)

6. Jesus fordert die Frau auf, nicht mehr zu sündigen

Johannes 8, 10-11

Johannes 8, 10-11
Da richtete sich Jesus auf, und da er niemand sah als die Frau, sprach er zu ihr: Frau, wo sind jene, deine Ankläger? Hat dich niemand verurteilt? Sie sprach: Niemand, Herr! Jesus sprach zu ihr: So verurteile ich dich auch nicht. Geh hin und sündige nicht mehr!

  1. Da richtete sich Jesus auf, und da er niemand sah als die Frau: Die Ankläger gingen, als Jesus gebückt am Boden saß und in den Schmutz schrieb.
  2. Wo sind jene, deine Ankläger? Hat dich niemand verurteilt? Da ihre Ankläger weg waren, gab es niemanden mehr, der die Frau verurteilen konnte, und Jesus verurteilte sie nicht.
  3. Sie sprach: ‚Niemand, Herr‘: Die Frau – schuldig der Sünde, und zwar einer großen Sünde – erkannte die Güte, nicht verurteilt zu werden. Sie gelangte von der Sünde und einem Todesurteil zu Vergebung und Leben.
  4. So verurteile ich dich auch nicht: In gewissem Sinne nahm Jesus ihre Schuld auf sich, zumal er sich so demonstrativ bückte. Er allein war ohne Sünde unter ihnen. Da er alles wusste, hatte er das Recht, den ersten Stein zu werfen – aber er tat es nicht. Die Frau fand Zuflucht in der Verbindung mit Jesus.
    1. „Sie kannten den Kick, Macht auszuüben, um zu verdammen; Jesus kannte den Kick, die Macht auszuüben, um zu vergeben.“ (Barclay)
    2. In gewissem Sinne bildete Jesus hier die große Wahrheit aus Römer 8, 1 ab: Dass es keine Verurteilung für diejenigen gibt, die in Christus Jesus sind.
  5. Geh hin und sündige nicht mehr: Jesus schickte sie weg mit der Aufforderung, mit ihrer Sünde aufzuhören und weiterzuleben, ohne erneut diese Sünde zu begehen. Er schickte sie weg, ohne ihre Sünde jemals zu billigen oder zu akzeptieren.
    1. „Die Form des Befehls impliziert die Beendigung einer bereits begonnenen Aktion: ‚Hör auf mit deiner sündigen Gewohnheit‘. Und das ‚nicht mehr‘ steht für den Gedanken, dass es keine Rückkehr gibt.“ (Morris)
    2. Jesus tat mehrere Dinge mit diesen mächtigen Worten.
      1. Er erkannte an, dass das, was die Frau getan hatte, Sünde war, weil er ihr sagte, sie solle aufhören zu sündigen.
      2. Er sagte ihr, sie solle Buße tun und ihre Sünde nicht fortsetzen.
      3. Er gab ihr die Hoffnung, dass ihr Leben in Freiheit von sexueller Sünde weitergehen könnte.
      4. Er gab ihr ein Wort der Hoffnung, um gegen die Schande zu sprechen, die später wahrscheinlich drohen würde, ihr Leben zu überwältigen.
    3. Die Frau brauchte Hoffnung, weil die Folgen ihrer Sünde schwer genug sein würden. Danach würde sie wahrscheinlich von ihrer Gemeinschaft gemieden und von ihrem Ehemann zurückgewiesen werden, vielleicht sogar geschieden (vorausgesetzt, sie war verheiratet oder verlobt).

B. Das Licht der Welt antwortet auf den Widerstand im Tempel

1. Jesus, das Licht der Welt

Johannes 8, 12

Johannes 8, 12
Nun redete Jesus wieder zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern er wird das Licht des Lebens haben.

  1. Nun redete Jesus wieder zu ihnen: Wenn wir die Anordnung des Johannes-Evangeliums so nehmen, wie sie im allgemeinen Text steht, unterbrach der Vorfall der Ehebrecherin Jesus, als er in den Tagen unmittelbar nach dem Laubhüttenfest in den Tempelhöfen lehrte. Nun setzte er seine Lehre fort.
  2. Ich bin das Licht der Welt: Das Licht war ein wichtiges Symbol beim Laubhüttenfest. Während des Laubhüttenfestes erinnerten viele Symbole und Zeremonien an die Feuersäule, die Israel während des Auszugs aus Ägypten Licht gab. Nun nahm Jesus dieses wichtige Symbol und bezog es einfach auf sich selbst: Ich bin das Licht der Welt.
    1. Barclay und einige andere verbinden die Aussagen zum Licht der Welt mit einer Zeremonie, die mit dem Laubhüttenfest verbunden ist und als die Illumination des Tempels (Lichtzeremonie) bekannt ist. „Es war Brauch, in der ersten Nacht, wenn nicht sogar in jeder Nacht des Laubhüttenfestes, zwei große goldene Leuchter im Vorhof der Frauen zu entzünden, deren Licht ganz Jerusalem erleuchtete. Die ganze Nacht über hielten sie einen festlichen Tanz beim Licht ab.“ (Alford) [Nach anderer Überlieferung handelte es sich um vier große Leuchter.]
    2. Dies war ein starker und aussagekräftiger Kontrast zur Dunkelheit derer, die Jesus entgegengetreten waren, die gerade die Ehebrecherin zu ihm gebracht hatten.
    3. „’Ich bin‘ ist hervorgehoben. Es ist genau der Stil der Gottesdarstellung, den wir in diesem Evangelium schon einmal gesehen haben.“ (Morris)
  3. Wer Mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln: Jesus, der das Licht der Welt ist, bringt Licht zu denen, die ihm nachfolgen. Wenn wir ihm nachfolgen, bleiben wir im Licht und wandeln nicht in der Finsternis.
    1. Wer mir nachfolgt: „ Wenn ein Mann so schnell reisen könnte, dass er immer der Sonne folgt, würde er natürlich immer im Licht sein. Sollte jemals der Tag kommen, an dem die Geschwindigkeit der Eisenbahn gleich der Geschwindigkeit der Bewegung der Welt ist, dann kann ein Mensch so leben, dass er niemals das Licht verliert. Wer aber Christus nachfolgt, wird niemals in der Finsternis wandeln.“ (Spurgeon)
    2. Die hebräischen Schriften sprachen oft von Gottes Wort als Licht.
      1. Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg (Psalm 119, 105).
      2. Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten (Psalm 43, 3).
    3. Da Jesus das Wort ist (Johannes 1, 1), ist es einleuchtend, dass er auch das Licht ist.

2. Das erste Zeugnis für Jesus: Jesus selbst

Johannes 8, 13-16

Johannes 8, 13-16
Da sprachen die Pharisäer zu ihm: Du legst von dir selbst Zeugnis ab; dein Zeugnis ist nicht glaubwürdig! Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Auch wenn ich von mir selbst Zeugnis ablege, so ist mein Zeugnis doch glaubwürdig, denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wisst nicht, woher ich komme und wohin ich gehe. Ihr richtet nach dem Fleisch; ich richte niemand. Aber auch wenn ich richte, so ist mein Gericht wahrhaftig; denn ich bin nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat.

  1. Du legst selbst Zeugnis von dir ab; dein Zeugnis ist nicht glaubwürdig: Jesus hat gerade verkündet, dass er das Licht der Welt sei, aber die Pharisäer konnten es nicht sehen. Sie konnten sein Licht nicht sehen; das lag daran, dass sie blind waren und nicht daran, dass das Licht Jesu nicht schien.
    1. Ein sehender Mensch braucht niemanden, der das Licht beweist; er sieht es einfach. „Licht begründet seinen Anspruch. Es tut dies nicht durch Argumente, sondern durch Leuchten. Licht muss immer für sich selbst akzeptiert werden, und das ungeachtet der Einwände der Blinden.“ (Morris)
    2. Die Pharisäer konnten nicht beweisen, dass Jesus nicht der Messias war, für den er sich ausgab. Sie hofften, das Argument umdrehen zu können, indem sie sagten, Jesus könne nicht beweisen, dass er der Messias und Gott sei, und dass er nicht die Zeugen habe, die diese Behauptung beweisen könnten.
    3. Wenn sie Jesus, den Zeugen, schon nicht töten konnten, so hofften sie, ihn einschüchtern zu können. Wenn sie ihn wiederum nicht einschüchtern konnten, so hofften sie zu zeigen, dass er kein vertrauenswürdiger Zeuge war.
  2. Auch wenn ich von mir selbst Zeugnis ablege, so ist mein Zeugnis doch glaubwürdig: Jesus würde zustimmen, dass unter normalen Umständen das Zeugnis eines Mannes über sich selbst nicht als wahr anerkannt werden kann. Dennoch wies Jesus darauf hin, dass er qualifiziert sei, ein Zeugnis über sich selbst abzulegen.
    1. Jesus kann über sich selbst Zeugnis ablegen, weil er (und nicht sie) einen Blick auf die Ewigkeit hatte: Ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe.
    2. Jesus kann von sich selbst zeugen, weil er (und nicht sie) gerecht gerichtet hat: Ihr richtet nach dem Fleisch; ich richte niemand. „Sie hatten sich selbst zu seinen Richtern ernannt, und entschieden gegen ihn, weil er ‚nach dem Fleisch‘ in Galiläa geboren war.“ (Dods)
    3. Jesus kann über sich selbst Zeugnis ablegen, weil sein Zeugnis von Gott, dem Vater, voll und ganz unterstützt wurde: so ist mein Gericht wahrhaftig; denn ich bin nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat.
    4. „Er muss über sich selbst Zeugnis ablegen: Niemand sonst ist qualifiziert, über sein Wesen und über seine wesentliche Arbeit Zeugnis abzulegen.“ (Trench)
  3. Ich bin nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat: Obwohl die religiösen Führer ihm widersprachen, war Jesus absolut unerschütterlich und sicher in seiner Identität, trotz aller Stimmen, die ihm etwas anderes sagten. Damit ist Jesus ein wunderbares Beispiel für die Gläubigen von heute und ihrer Verankerung und Gewissheit in der eigenen Identität.

3. Das zweite Zeugnis für Jesus: Gott der Vater

Johannes 8, 17-18

Johannes 8, 17-18
Es steht aber auch in eurem Gesetz geschrieben, dass das Zeugnis zweier Menschen glaubwürdig ist. Ich bin es, der ich von mir selbst Zeugnis gebe, und der Vater, der mich gesandt hat, gibt auch Zeugnis von mir.

  1. Es steht aber auch in eurem Gesetz geschrieben, dass das Zeugnis zweier Menschen glaubwürdig ist: Jesus glaubte, dass sein Zeugnis genug sei. Doch um ihnen entgegenzukommen, brachte er noch ein weiteres Zeugnis.
    1. „Wenn die Juden nun zwei Zeugen verlangen, um das jüdische Beweisgesetz zu erfüllen, dann existieren diese beiden Zeugen; es sind Jesus und sein Vater.“ (Tasker)
  2. Ich bin es, der ich von mir selbst Zeugnis gebe, und der Vater, der mich gesandt hat, gibt auch Zeugnis von mir: Gott der Vater bezeugte ebenfalls, dass Jesus der Messias war, der Sohn Gottes und Gott der Sohn.
    1. „Unser Herr spricht hier genau in der Gestalt eines Botschafters. Eine solche Person bringt keine zweite Person mit, die für seine Wahrheit bürgt; seine Legitimation durch den König gibt Aufschluss über seinen Charakter: Er vertritt die Person des Königs. Unser Herr vertritt also den Vater, der zusammen mit ihm Zeuge ist.“ (Clarke)

4. Jesus kennt seinen Vater; die Pharisäer kannten ihn nicht

Johannes 8, 19-20

Johannes 8, 19-20
Da sprachen sie zu ihm: Wo ist dein Vater? Jesus antwortete: Ihr kennt weder mich noch meinen Vater. Wenn ihr mich kennen würdet, so würdet ihr auch meinen Vater kennen. Diese Worte redete Jesus bei dem Opferkasten, als er im Tempel lehrte; und niemand ergriff ihn, denn seine Stunde war noch nicht gekommen.

  1. Wo ist dein Vater? Die Pharisäer beabsichtigten dies wahrscheinlich als eine tief schneidende Beleidigung Jesu. Sie verwiesen auf die Kontroverse um seine jungfräuliche Geburt und auf die Gerüchte, dass es sich nicht um eine wundersame, sondern um eine unreine Empfängnis handelte.
    1. „Im Orient ist die Infragestellung der Vaterschaft eines Mannes eine eindeutige Beleidigung seiner Legitimität.“ (Tenney)
  2. Ihr kennt weder mich noch meinen Vater: Indem sie sich auf die Abstammung Jesu bezogen, dachten die Pharisäer, sie hätten einige schädliche oder skandalöse Informationen über ihn. Sie müssen gedacht haben: „Beobachten wir mal, wie er reagiert, wenn wir offenbaren, was wir über ihn wissen.“ Daraufhin stellte Jesus klar, dass sie nichts über ihn oder seinen Vater wussten.
    1. „Sie waren stolz darauf, ihren Gott zu kennen. Jesus sagt ihnen, dass sie überhaupt keine Kenntnis von ihm haben.“ (Morris)
  3. Diese Worte redete Jesus bei dem Opferkasten: Johannes erinnert uns daran, dass Jesus diese Debatte mit seinen Gegnern auf dem öffentlichsten Platz in Jerusalem führte – direkt auf dem Tempelberg. Doch niemand ergriff ihn, denn seine Stunde war noch nicht gekommen.

5. Jesus erzählt von seinem kommenden Fortgehen; die religiösen Führer beleidigen ihn

Johannes 8, 21-22

Johannes 8, 21-22
Nun sprach Jesus wiederum zu ihnen: Ich gehe fort, und ihr werdet mich suchen, und ihr werdet in eurer Sünde sterben. Wohin ich gehe, dorthin könnt ihr nicht kommen! Da sagten die Juden: Will er sich etwa selbst töten, dass er spricht: Wohin ich gehe, dorthin könnt ihr nicht kommen?

  1. Ich gehe fort … Wohin ich gehe, dorthin könnt ihr nicht kommen: Jesus wusste, dass er in den Himmel kommen würde. Wegen ihres Hasses gegen ihn konnte Jesus sagen, dass seine Ankläger nicht in den Himmel kämen. Wo er hinging, konnten sie ihm nicht folgen.
    1. Wenn wir Jesus auf der Erde folgen, werden wir ihm in den Himmel folgen. Wenn wir kein Verlangen ausdrücken, ihm auf der Erde zu folgen, was lässt uns dann denken, wir würden ihm in den Himmel folgen?
  2. Will er sich etwa selbst töten? Dies war eine weitere Beleidigung gegen Jesus. Die Juden zur Zeit Jesu lehrten, dass die niedrigsten Stufen des Hades (Unterwelt nach dem Tod) für diejenigen bestimmt seien, die Selbstmord begingen. Hier versuchten die Pharisäer, die Worte Jesu so zu verdrehen, dass sie andeuteten, er werde Selbstmord begehen und deshalb verdammt werden.
    1. „Nach jüdischem Denken waren die Tiefen der Hölle denen bestimmt, die sich das Leben nahmen.“ (Barclay)

6. Zwei Schicksalswege: Jesus wird zur Herrlichkeit gehen; auf ihrem jetzigen Weg werden sie in ihren Sünden sterben

Johannes 8, 23-24

Johannes 8, 23-24
Und er sprach zu ihnen: Ihr seid von unten, ich bin von oben. Ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt. Darum habe ich euch gesagt, dass ihr in euren Sünden sterben werdet; denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, so werdet ihr in euren Sünden sterben.

  1. Ihr seid von unten, ich bin von oben. Ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt: Die Pharisäer, die sich Jesus entgegenstellten, deuteten an, dass er (nach ihrer Lehre) als Selbstmörder in die Hölle kommen würde. Jesus antwortete, dass sie in der Tat unterschiedliche Schicksalswege hatten, nur nicht so, wie sie dachten.
  2. Denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, so werdet ihr in euren Sünden sterben: Diese Männer waren Schriftgelehrte und Pharisäer, lebten aber in der Dunkelheit, die ihren Verstand und ihre Taten erfüllte. Die Finsternis blieb, weil sie das Licht ablehnten (nicht glaubt). Jesus gab ihnen eine ernste Warnung; der Tag der Gnade würde nicht ewig dauern. Der Tod würde ihre sündige Finsternis dauerhaft machen.
    1. Menschen werden in Sünde geboren (Psalm 51, 5), und wenn wir an unserer Sünde festhalten und uns nicht mit ihnen befassen, werden wir in unseren Sünden sterben. Da keine Sünde unbestraft bleibt, werden diejenigen, die in ihren Sünden sterben, in der Hölle für ihre Sünden bezahlen müssen. Aber wenn wir uns jetzt, diesseits des Todes, mit unseren Sünden befassen, indem wir darauf vertrauen, wer Jesus ist und was er getan hat, um uns zu retten, können wir vermeiden, in unseren Sünden zu sterben.
    2. „Der Plural ‚Sünden‘ wird in Vers 24 verwendet, im Gegensatz zum Singular ‚Sünde‘ in Vers 21; der Singular drückt die Wurzelsünde des Unglaubens aus, der Plural jene besonderen Haltungen, Worte und Handlungen, die die Frucht des Unglaubens sind. “ (Bruce)
  3. Wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, so werdet ihr in euren Sünden sterben: Jesus rief sie auf, zu glauben, dass ich es bin. Der Titel ‚Ich bin‘ ist ein Anspruch auf Göttlichkeit, und wenn die Pharisäer davor bewahrt werden sollen, in ihren Sünden zu sterben, müssen sie an Jesus glauben und daran, wer Er wirklich ist – Gott der Sohn.
    1. „Wir sollten [den Titel] wahrscheinlich in Anlehnung an den ähnlichen Ausdruck in der Septuaginta (älteste durchgehende Übersetzung der hebräisch-aramäischen Bibel in die altgriechische Alltagssprache) verstehen, der den Stil der Göttlichkeit darstellt … Derselbe griechische Ausdruck kommt in Kapitel 6, 20 + 18, 6 vor, von denen keiner schwer zu verstehen ist.“ (Morris)

7. Jesus erzählt von seiner Abhängigkeit von Gott dem Vater, für alles, was er sagte

Johannes 8, 25-27

Johannes 8, 25-27
Da sagten sie zu ihm: Wer bist du? Und Jesus sprach zu ihnen: Zuerst das, was ich euch eben sage! Ich habe vieles über euch zu reden und zu richten; aber der, welcher mich gesandt hat, ist wahrhaftig, und was ich von ihm gehört habe, das rede ich zu der Welt. Sie verstanden aber nicht, dass er vom Vater zu ihnen redete.

  1. Wer bist du? Dies ist eine wunderbare Frage, wenn man sie mit einem aufrichtigen Herzen stellt. Doch diese Frage der Pharisäer entsprang einer Kombination aus vorsätzlicher Verwirrung und Verachtung. Obwohl Jesus ihnen immer wieder sagte, wer er sei, hörten sie nicht auf zu fragen, immer in der Hoffnung auf eine Antwort, mit der sie ihn in die Falle locken und verurteilen könnten.
    1. Manche Fragen werden nicht benutzt, um die Wahrheit zu entdecken; sie werden benutzt, um der Wahrheit zu widerstehen und um zu rechtfertigen, dass man sich weigert zu glauben. Die religiösen Führer stellten viele feindselige Fragen:
      1. Wo ist dein Vater? (Johannes 8, 19)
      2. Wird er sich selbst töten? (Johannes 8, 22)
      3. Wer bist du? (Johannes 8, 25)
    2. „Die Frage ‚Wer bist du eigentlich?‘ zeigt die Verärgerung der Pharisäer über Jesu Andeutungen und seine scheinbar übertriebenen Behauptungen und Ansprüche.“ (Tenney)
  2. Zuerst das, was ich euch eben sage: Jesus hatte keine neue Antwort für sie. Er wiederholte die Wahrheiten und Themen, die er ihnen zuvor viele Male gesagt hatte.
    1. Ich habe vieles über euch zu reden und zu richten: „Ich könnte rasch all eure Missetaten aufdecken – euren Stolz und Ehrgeiz, eure Heuchelei und Ungläubigkeit, euren Hass gegenüber dem Licht und eure Bosheit gegen die Wahrheit, zusammen mit dem gegenwärtigen hartnäckigen Unglauben eurer Herzen; und ich könnte zeigen, dass dies die Gründe sind, warum ich sage, dass ihr in euren Sünden sterben werdet.“ (Clarke)
  3. Was ich von ihm gehört habe, das rede ich zu der Welt: Jesus betonte noch einmal, dass seine Worte von Gott, dem Vater, kamen. Wenn also die Pharisäer gegen Jesus waren, waren sie im Grunde gegen Gott den Vater.

8. Jesus erzählt von seiner Abhängigkeit von Gott, dem Vater, bei allem, was er tut

Johannes 8, 28-30

Johannes 8, 28-30
Darum sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Sohn des Menschen erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin; und ich tue nichts von mir selbst aus, sondern wie mich mein Vater gelehrt hat, so rede ich. Und der, welcher mich gesandt hat, ist mit mir; der Vater lässt mich nicht allein, denn ich tue allezeit, was ihm wohlgefällt. Als er dies sagte, glaubten viele an ihn.

  1. Wenn ihr den Sohn des Menschen erhöht haben werdet: Das ‚Erhöhen‘, das Jesus beschrieb, hatte nichts mit dem ‚Verherrlichen‘ von Jesus zu tun, wie wir normalerweise denken würden. Es ging nicht darum, ihm Applaus und Berühmtheit zu verschaffen. Stattdessen ging es darum, Jesus an einem Kreuz vom Boden zu ‚erhöhen‘. Als Jesus gekreuzigt wurde, sahen sie den vollkommenen Gehorsam des Sohnes gegenüber dem Vater. Sie sahen wahrhaftig: ich tue nichts von mir selbst aus.
    1. „Sein ‚Erhöhen‘ wäre seine Rechtfertigung: Dann wäre es offenkundig, dass er durchgehend aus der Autorität des Vaters heraus gehandelt und gesprochen hatte.“ (Bruce)
  2. Der Vater lässt mich nicht allein: Die Einheit zwischen dem Vater und dem Sohn hielt an und wird weiter bestehen. Trotz der Anschuldigungen der Pharisäer war Jesus seinem Vater so nahe wie eh und je.
  3. Ich tue allezeit, was ihm wohlgefällt: Jesus war mutig genug, diese Worte zu seinen Gegnern zu sagen – im Wesentlichen forderte er seine Feinde heraus, etwas zu finden, was er tat oder tut, das Gott, dem Vater, nicht gefällt. Als Antwort darauf schwiegen seine Feinde. Dies war ein bemerkenswertes Zeugnis für die Sündlosigkeit Jesu.
    1. Ich tue allezeit, was ihm wohlgefällt: Es ist leicht zu sagen: „Ich tue immer den Willen des Vaters“, wenn man nur theologische Punkte diskutiert. Es ist eine völlig andere Sache, „immer den Willen des Vaters zu tun“, wenn dies bedeutet, ans Kreuz zu gehen. Das Kreuz würde den vollkommenen Gehorsam Jesu beweisen.
  4. Als er dies sagte, glaubten viele and ihn: Als die Pharisäer Jesus sprechen hörten, wandten sie sich immer mehr gegen ihn. Dennoch gab es viele, die die gleichen Worte hörten und an ihn glaubten. Sie glaubten trotz der offensichtlichen Opposition der religiösen Führer.
    1. Die Botschaft Jesu von seiner Einheit mit dem Vater wurde von einigen so gut aufgenommen, weil sein Leben mit der Botschaft übereinstimmte. Im Gegensatz zu den Pharisäern konnte man sehen, dass Jesus Gott nahe war. Die Pharisäer pflegten ein Bild der Intimität mit Gott, aber es war offensichtlich, dass sie Gott nicht wirklich nahe waren.

9. Jesus bietet denen, die an ihn glauben, Jüngerschaft und Freiheit an

Johannes 8, 31-32

Johannes 8, 31-32
Da sprach Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen!

  1. Da sprach Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: Der vorangehende Vers sagt uns, dass viele an ihn glaubten (Johannes 8, 30). Jesus sprach zu denen, die diesen beginnenden Glauben hatten, und sagte ihnen, was sie brauchten, um im Glauben zu bleiben.
    1. „Dieser Abschnitt der Rede richtet sich an diejenigen, die glauben und doch nicht glauben. Offensichtlich waren sie geneigt zu glauben, dass das, was Jesus sagte, wahr sei. Aber sie waren nicht bereit, ihm die weit reichende Treue zu erweisen, die echtes Vertrauen in ihn bedeutet. Dies ist ein höchst gefährlicher geistlicher Zustand.“ (Morris)
  2. Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger: Wenn wir die Jünger Jesu sein wollen, müssen wir in seinem Wort bleiben. Es gibt keinen anderen Weg. Ein Nachfolger Jesu – des fleischgewordenen Wortes – zu sein, bedeutet, in seinem Wort zu bleiben (darin zu leben, darin zu wohnen).
    1. Wenn ihr in meinem Wort bleibt: „Zu denen, die gerade als an ihn glaubend beschrieben worden sind, sagte Jesus weiter: ‚Wenn ihr‘ – betont im Unterschied zu denen, die nicht geglaubt haben – ‚in meinem Wort bleibt‘ – euch nicht damit begnügt, den ersten Schritt zum Glauben und Gehorsam zu tun – ‚dann‘ – aber nur dann – ‚seid ihr wirklich meine Jünger.‘“ (Dods)
    2. Tasker beschrieb, was es bedeutet, in seinem Wort zu bleiben: „Es willkommen zu heißen, in ihm zu Hause zu sein und mit ihm so beständig zu leben, dass es Teil des Lebens des Gläubigen wird, ein ständiger Einfluss und Ansporn bei jedem neuen Fortschritt in Güte und Heiligkeit.“ (Tasker)
    3. Auch dies ist eine weitere Aussage, die die Einheit zwischen dem Vater und dem Sohn widerspiegelt. Jesus rief die Menschen auf, in seinem Wort zu bleiben. Im Mund eines anderen als Jesus wären diese Worte absurd.
    4. „Unser Umgang mit den Worten unseres Herrn zeichnet uns aus: Wer meine Gebote hat und sie hält, der liebt mich.“ (Meyer)
  3. Und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen: Dies ist das Ergebnis des Festhaltens und Bleibens im Wort Jesu. Wir erweisen uns als seine Jünger, und wir erkennen die Wahrheit. Gott wirkt seine Freiheit in unserem Leben durch seine Wahrheit. Die Freiheit, von der Jesus sprach, kommt nicht nur aus einem akademischen Streben nach Wahrheit im Allgemeinen, sondern aus der Treue zu und dem Festhalten an seinem Wort und daraus, dass wir seine Jünger sind.
    1. Es geht nichts über die Freiheit, die wir in Jesus haben können. Kein Geld kann sie kaufen, kein Status kann sie erlangen, keine Werke können sie verdienen, und nichts kann sie übertreffen. Es ist tragisch, dass nicht jeder Christ diese Freiheit erfährt, die nie gefunden werden kann, es sei denn, man hält sich an und bleibt in Gottes Wort und ist Jesu Jünger.

10. Jesus antwortet auf ihren Protest, dass sie bereits frei sind

Johannes 8, 33-36

Johannes 8, 33-36
Sie antworteten ihm: Wir sind Abrahams Same und sind nie jemandes Knechte gewesen; wie kannst du da sagen: Ihr sollt frei werden? Jesus antwortete ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der die Sünde tut, ist ein Knecht der Sünde. Der Knecht aber bleibt nicht ewig im Haus; der Sohn bleibt ewig. Wenn euch nun der Sohn frei machen wird, so seid ihr wirklich frei.

  1. Wir sind Abrahams Same und sind nie jemandes Knechte gewesen: Die Reaktion der religiösen Führer war nicht: „Das ist wunderbar! Erzähle uns mehr darüber, was es bedeutet, frei zu sein, indem wir auf dein Wort vertrauen.“ Stattdessen reagierten sie so: Das brauchen wir nicht. Uns geht es gut.
    1. Dies war eine bemerkenswerte und unreflektierte Aussage. Das jüdische Volk war unter Ägypten und den Philistern in Knechtschaft gewesen; unter Babylon, unter dem Persischen, Assyrischen und Römischen Reich. „Gab es nicht auch eine römische Garnison, die von der Burg auf die Tempelhöfe hinunterblickte, wo diese prahlerische Falschheit geäußert wurde?“ (MacLaren)
    2. Dennoch hatten viele jüdische Menschen dieser Zeit ein starkes Bewusstsein der eigenen Unabhängigkeit. „Josephus schreibt von den Anhängern des Judas in Galiläa, die eine berühmte Revolte gegen die Römer anführten: ‚Sie haben ein unantastbares Bekenntnis zur Freiheit, und sie sagen, dass Gott ihr einziger Herrscher und Herr sein soll‘ (Josephus, Jüdische Altertümer, Buch 18 Kap. 1 Nr. 6).“ (Barclay)
    3. „Die Macht der Selbsttäuschung im unbekehrten Menschen ist unendlich.“ (Ryle)
  2. Jeder, der die Sünde tut, ist ein Knecht der Sünde: Sünde tun ist in diesem Abschnitt in einer Verbform geschrieben, die auf eine gewohnheitsmäßige, fortwährende Handlung hinweist. Die Person, die gewohnheitsmäßig sündigt, ist ein Sklave der Sünde.
    1. „Die Partizipialkonstruktion ‚wer Sünde tut‘ befindet sich im Präsens, was eher eine fortwährende Gewohnheit des Sündigens als eine gelegentliche Verfehlung impliziert.“ (Tenney)
    2. „Es gibt eine andere Art der Sklaverei als soziale oder wirtschaftliche Sklaverei. Die Sünde ist ein Sklavenhalter, und es ist selbst für Menschen, die sich für frei halten, möglich, in der Sünde versklavt zu werden.“ (Bruce)
    3. „Es ist weitaus verbreiteter, dass ein Mensch ein bestimmtes Übel nie getan hat, sich nie betrunken hat, nie gestohlen hat oder ähnliches, als es nur einmal getan zu haben.“ (MacLaren)
    4. „Wir sollten die Kraft von ‚Knecht bzw. Leibeigener‘ nicht herunterspielen. Damit ist nicht eine Person gemeint, die einen Lohn erhält und über einen beträchtlichen Freiraum verfügt. Es bedeutet ein Sklave zu sein.“ (Morris)
  3. Der Knecht aber bleibt nicht ewig im Haus; der Sohn bleibt ewig: Die Sklaverei der Sünde ist die schlimmste Art der Sklaverei, denn es gibt kein Entkommen vor unserem Selbst. Ein Sohn kann uns frei machen. Der Sohn Gottes macht uns frei und bringt uns in das Haus Gottes.
    1. „Der Sklave hat keinen festen Platz im Haus; er kann entlassen oder verkauft werden.“ (Dods)
  4. Wenn euch nun der Sohn frei machen wird, so seid ihr wirklich frei: Wenn wir aus unserer Sklaverei der Sünde befreit werden – befreit durch einen Sohn und befreit, indem wir in Jesu Wort bleiben und seine Jünger sind – dann sind wir wirklich frei und haben eine wahre Freiheit, die im Gegensatz zu der ‚Freiheit‘ steht, die die Pharisäer in Johannes 8, 33 blind beanspruchten.
    1. Der Sohn frei machen wird: „So kann der Sklave der Sünde seinen Status nicht von sich aus ändern. Er kann sich weder selbst bekehren, noch kann er von irgendeinem Mitsünder bekehrt werden … Der Befreier von unserer Knechtschaft muss von außerhalb der Reihen der versklavten Menschheit kommen.“ (Tasker)
    2. „Wenn wir Sklaven der Sünde sind, dann dürfen wir aus ihrem Haushalt versetzt und in unsere wahre Heimat im Haus unseres Vaters gebracht werden. Dies ist also die glückliche Hoffnung für uns alle.“ (MacLaren)
    3. Eine 82-jährige Christin aus Hongkong erzählte von ihrem Leben in China, benutzte aber immer noch einen Großteil des Vokabulars, das die Kommunisten bei der Beschreibung ihrer Revolution verwendeten – sie nannten diese ‚die Befreiung‘. Man fragte sie: „Als Sie wieder in China waren, stand es Ihnen frei, sich mit anderen Christen zum Gottesdienst zu versammeln?“ ‚Oh nein‘, antwortete sie. „Seit der Befreiung ist es niemandem mehr erlaubt, sich zu christlichen Gottesdiensten zu versammeln.“ „Aber Sie konnten sich doch sicher in kleinen Gruppen zusammenfinden und über den christlichen Glauben diskutieren?“ „Nein, konnten wir nicht“, antwortete die Frau. „Seit der Befreiung sind solche Zusammenkünfte verboten.“ „Waren Sie so frei, die Bibel zu lesen?“ „Seit der Befreiung steht es niemandem mehr frei, die Bibel zu lesen.“
    4. Der Punkt ist klar: Freiheit besteht nicht in dem Wort ‚Freiheit‘ oder in Worten, sondern in der Beziehung zu Jesus Christus, indem man in seinem Wort bleibt und sein Jünger ist.

11. Sie zeigen, dass sie anders sind als ihr Vater Abraham

Johannes 8, 37-41a

Johannes 8, 37-41a
Ich weiß, dass ihr Abrahams Same seid; aber ihr sucht mich zu töten, denn mein Wort findet keinen Raum in euch. Ich rede, was ich bei meinem Vater gesehen habe; so tut auch ihr, was ihr bei eurem Vater gesehen habt. Sie antworteten und sprachen zu ihm: Abraham ist unser Vater! Jesus spricht zu ihnen: Wenn ihr Abrahams Kinder wärt, so würdet ihr Abrahams Werke tun. Nun aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der euch die Wahrheit gesagt hat, die ich von Gott gehört habe; das hat Abraham nicht getan. Ihr tut die Werke eures Vaters!

  1. Ich weiß, dass ihr Abrahams Same seid: Jesus gab zu, dass sie in einem genetischen Sinne Abrahams Nachkommen sind, aber in einem geistlichen Sinne war Abraham nicht ihr Vater. Als Boten des Himmels zu Abraham kamen, empfing er sie (1. Mose 18); aber diese genetischen Nachkommen Abrahams lehnten den vom Himmel Gesandten ab und versuchten, ihn zu töten.
    1. „Mörderische Absichten gegen jemanden zu hegen, der ihnen die Wahrheit Gottes vermittelt hat, ist nicht das Kennzeichen der Kinder Abrahams.“ (Bruce)
  2. Denn mein Wort findet keinen Raum in euch: Ihre Ablehnung des Wortes Jesu und von Jesus, dem Wort Gottes, bewies, dass sie nicht wie Abraham waren, und dass sie nicht die Freiheit hatten, die sich aus dem Bleiben in seinem Wort ergibt.
    1. Spurgeon zog mehrere Möglichkeiten in Betracht, wie Gottes Wort im Gläubigen einen Raum haben sollte.
      1. Das Wort Gottes sollte einen inneren Platz haben
      2. Das Wort Gottes sollte einen hohen Ehrenplatz haben
      3. Das Wort Gottes sollte einen Ort des Vertrauens haben
      4. Das Wort Gottes sollte einen Ort der Herrschaft haben
      5. Das Wort Gottes sollte einen Ort der Liebe haben
      6. Das Wort Gottes sollte einen festen Platz haben
  3. Ich rede, was ich bei meinem Vater gesehen habe: Jesus erinnerte sie daran, dass das, was er tat, mit seinem Vater übereinstimmte, und dass das, was sie taten, mit ihrem Vater übereinstimmte (so tut auch ihr, was ihr bei eurem Vater gesehen habt). Jesus würde ihnen bald klar sagen, wer ihr Vater war.
  4. Abraham ist unser Vater: Die religiösen Führer protestierten, dass Abraham ihr wahrer Vater sei. Dies war in genetischem Sinn richtig, aber nicht im geistlichen Sinn. Jesus stimmte zu, dass sie Nachkommen (Johannes 8, 37) von Abraham waren, aber keine Kinder Abrahams, weil sie Jesus töten wollten, während Abraham ihn annahm. Sie taten die Werke ihres Vaters.
    1. Jesus deckte die Inkonsequenz in ihrem Leben auf. Sie sagten, sie seien Kinder Abrahams, aber sie verhielten sich überhaupt nicht so. „Wenn ihre Herkunft gänzlich auf Abraham zurückgeführt werden könnte, dann würde ihr Verhalten dem seinen ähneln.“ (Dods)
    2. Der Punkt Jesu war wichtig. Unsere geistliche Abstammung bestimmt unser Wesen und unser Schicksal. Wenn wir wiedergeboren werden und Gott als unseren Vater haben, wird sich das in unserem Wesen und unserer Bestimmung zeigen. Aber wenn unser Vater Satan oder Adam ist, wird sich das auch in unserem Wesen und unserer Bestimmung zeigen – so wie es sich in diesen Gegnern Jesu zeigt.

12. Die religiösen Führer stellen erneut die Abstammung Jesu in Frage

Johannes 8, 41b-43

Johannes 8, 41b-43
Da sprachen sie zu ihm: Wir sind nicht unehelich geboren; wir haben einen Vater: Gott! Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr mich lieben, denn ich bin von Gott ausgegangen und gekommen; denn nicht von mir selbst bin ich gekommen, sondern er hat mich gesandt. Warum versteht ihr meine Rede nicht? Weil ihr mein Wort nicht hören könnt!

  1. Wir sind nicht unehelich geboren: Wie zuvor in Johannes 8, 19 beleidigten sie erneut die Abstammung Jesu und nannten ihn ein uneheliches Kind. Die Implikation war: „Wir sind nicht unehelich geboren, aber wir wissen nicht, wie das bei dir ausschaut, Jesus.“
    1. „Obwohl Johannes nicht direkt von der Jungfrauengeburt spricht, mag es Hinweise darauf geben, dass er davon wusste und dass einige der Leute wussten, dass es ein Geheimnis um Jesu Herkunft gab.“ (Tenney)
  2. Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr mich lieben: Jesus stellte erneut eine bemerkenswerte Behauptung auf. Wenn jemand so leben würde, als sei Gott sein Vater, so wie Jesus und der Vater sich in ihrem Wesen nahestanden und -stehen, würde er auch Jesus lieben. Es gibt keinen Spielraum mehr für die Person, die sagt: „Ich liebe Gott, aber Jesus lehne ich ab.“
  3. Denn ich bin von Gott ausgegangen und gekommen: Jesus beschrieb hier seine Einheit mit Gott dem Vater hinsichtlich Charakters, Absicht und Willen.
    1. Gekommen vermittelt das Ergebnis des von Gott ausgegangen, das in seiner tieferen theologischen Bedeutung verstanden werden muss; das Ausgehen des Ewigen Sohnes aus dem Wesen des Vaters.“ (Alford)
    2. Denn ich bin von Gott ausgegangen und gekommen: „Das deutet darauf hin, dass sein irdisches Leben das dauerhafte Ergebnis einer ersten Handlung ist, die freiwillig war und von ihm ausging und hinter der sich eine unbestimmte Existenz erstreckte.“ (MacLaren)
    3. „Solange die Juden dachten, es gäbe nur Eine Person in der Gottheit, war es ihnen unmöglich, richtig an unseren Herrn zu glauben: daher sein Beharren gegenüber ihren Theologen, dass er einen Vater hat, dass er nicht der Vater, sondern der Sohn ist; dass der Sohn, obwohl er nicht der Vater ist, dennoch vollständig Gott ist.“ (Trench)
  4. Warum versteht ihr meine Rede nicht? Weil ihr mein Wort nicht hören könnt: Jesus erklärte, dass das Problem ihres Unverständnisses darin wurzelte, dass sie nicht in der Lage waren und darin scheiterten, auf sein Wort zu hören. Das erinnert uns daran, dass die Fähigkeit, auf sein Wort zu hören, ein Geschenk ist, für das man dankbar sein sollte.
    1. „Das Unverständnis hatte geistliche Wurzeln. Vorurteile, Eifersucht und Gegensätze machten den wahren Christus für sie unhörbar, obwohl jede seiner Silben an ihr Ohr drang.“ (Morrison)

13. Jesus offenbart die Identität ihres wahren Vaters

Johannes 8, 44-47

Johannes 8, 44-47
Ihr habt den Teufel zum Vater, und was euer Vater begehrt, wollt ihr tun! Der war ein Menschenmörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit, denn Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und der Vater derselben. Weil aber ich die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht. Wer unter euch kann mich einer Sünde beschuldigen? Wenn ich aber die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht? Wer aus Gott ist, der hört die Worte Gottes; darum hört ihr nicht, weil ihr nicht aus Gott seid.

  1. Ihr habt den Teufel zum Vater, und was euer Vater begehrt, wollt ihr tun: Die religiösen Autoritäten brachten die Frage der Abstammung zur Sprache, indem sie Jesus in Johannes 8, 41 beleidigten. Jesus antwortete, indem er ihre geistliche Abstammung erklärte – sie seien die geistlichen Kinder des Teufels. Dies zeigte sich darin, dass ihre Wünsche mit den Begierden des Teufels übereinstimmten: dem Wunsch zu töten und zu täuschen.
    1. „Dieser Vers ist eines der entscheidendsten Zeugnisse für die objektive Persönlichkeit des Teufels. Es ist völlig unmöglich, in einer so feierlichen und direkten Behauptung wie dieser anzunehmen, dass hier eine Anpassung an jüdische Ansichten oder eine metaphorische Rede vorliegt.“ (Alford)
    2. Der war ein Menschenmörder von Anfang an: „Kyrill und einige andere meinen, dass hier die Rede vom ersten Mord, also dem an Abel, ist (1. Johannes 3, 15); aber viel wahrscheinlicher geht es hier um die Einführung des Todes durch die erste Sünde.“ (Dods)
  2. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen: Jesus gibt uns einen Einblick in den Charakter Satans. Die Lüge ist der Kern des Charakters des Teufels, und er ist der gefährlichste von allen Betrügern – der Betrüger, der sich selbst betrogen hat.
  3. Weil aber ich die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht: Sie lehnten Jesus ab, weil er ihnen Wahrheit sagte, die sie nicht hören wollten. Sie lehnten ihn nicht ab, weil er Lügen sprach.
  4. Wer unter euch kann mich einer Sünde beschuldigen? Wieder gab Jesus seinen Feinden – die ihn so sehr hassten, dass sie ihn töten wollten – die Gelegenheit, eine Sünde in ihm zu benennen – und sie konnten es nicht. Dies war ein weiteres bemerkenswertes Zeugnis für die Sündlosigkeit Jesu Christi.
    1. „Wir sind oft so sehr an der Tatsache interessiert, dass sie keine Anklage fanden, dass wir diese andere Tatsache übersehen: das wirklich Auffällige hier ist, dass Jesus herausfordert. Das zeugt von einem klaren und ruhigen Gewissen. Nur jemand, der sich in der engsten und intimsten Gemeinschaft mit dem Vater befand, konnte solche Worte sprechen.“ (Morris)
  5. Darum hört ihr nicht, weil ihr nicht aus Gott seid: Jesus drückte den Punkt der geistlichen Abstammung nachdrücklich aus; diese zeigte sich in ihrem Handeln – insbesondere in ihrer Ablehnung Jesu und seines Wortes.

14. Jesus antwortet auf die Anklage, er sei von Dämonen besessen

Johannes 8, 48-50

Johannes 8, 48-50
Da antworteten die Juden und sprachen zu ihm: Sagen wir nicht mit Recht, dass du ein Samariter bist und einen Dämon hast? Jesus erwiderte: Ich habe keinen Dämon, sondern ich ehre meinen Vater, und ihr entehrt mich. Ich aber suche nicht meine Ehre; es ist Einer, der sie sucht und der richtet.

  1. Sagen wir nicht mit Recht, dass du ein Samariter bist und einen Dämon hast? Die Feinde Jesu waren frustriert und verärgert. Sie waren nicht in der Lage, Jesus schlecht aussehen zu lassen, und sogar noch mehr Menschen hatten an ihn geglaubt (Johannes 8, 30). Also starteten sie ihren letzten Angriff: Beleidigungen.
      1. Du bist Samariter (für die Juden eine der am meisten verachteten Rassen).
      2. Und hast einen Dämon (was so viel heißt, dass Jesus von einem Dämon besessen war).
  2. Ich habe keinen Dämon; sondern ich ehre meinen Vater: Jesu Wunsch, Gott zu ehren, und seine persönliche Demut widerlegten jeden Vorwurf dämonischer Besessenheit. Da diejenigen, die Satan als ihre geistlichen Eltern haben, einige Merkmale Satans aufweisen, zeigen sie einen offensichtlichen Stolz und Selbstsucht – Dinge, die in Jesus fehlten und fehlen.
    1. „Von keinem Menschen, der Gott ehrt, kann gesagt werden, er habe einen Teufel; denn der böse Geist ist von Anfang an der Feind all dessen gewesen, was den Vater verherrlicht.“ (Spurgeon)

15. Das große Versprechen an diejenigen, die Jesus annehmen und sein Wort halten

Johannes 8, 51-53

Johannes 8, 51-53
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn jemand mein Wort bewahrt, so wird er den Tod nicht sehen in Ewigkeit! Da sprachen die Juden zu ihm: Jetzt erkennen wir, dass du einen Dämon hast! Abraham ist gestorben und die Propheten, und du sagst: Wenn jemand mein Wort bewahrt, so wird er den Tod nicht schmecken in Ewigkeit! Bist du größer als unser Vater Abraham, der gestorben ist? Und die Propheten sind auch gestorben. Was machst du aus dir selbst?

  1. Wenn jemand mein Wort bewahrt, so wird er den Tod nicht sehen in Ewigkeit: Dies ist eine weitere bemerkenswerte Behauptung, die nur dann Bedeutung hat, wenn Jesus Gott ist und mit Gott dem Vater eins ist. Jesus verspricht denjenigen ewiges Leben, die sein Wort halten.
    1. Mein Wort bewahrt, wie ‚in meinem Wort bleibt, Vers 31, ist nicht nur äußerer Gehorsam, sondern die Ausdauer und der Gehorsam des Glaubens.“ (Alford)
    2. Den Tod nicht sehen in Ewigkeit: „Unser Gesicht ist vom Tod abgewandt … Das Griechische wird durch das Wort ‘sehen‘ nicht vollständig erfasst: es ist ein intensiveres Wort. Laut Westcott handelt es sich bei dem hier erwähnten Anblick um „eine lange, beständige, umfassende Vision, bei der wir uns langsam mit der Natur des Objekts, auf das sie gerichtet ist, vertraut machen.“ … Solange ich keine Vergebung habe, kann ich nur darauf blicken und es als mein Verhängnis ansehen. Wenn aber das Evangelium des Herrn Jesus zu meiner Seele kommt und ich im Glauben an seinen Worten festhalte, dann bin ich völlig umgekrempelt. Mein Rücken ist dem Tod zugewandt, und mein Gesicht ist dem ewigen Leben zugewandt.“ (Spurgeon)
  2. Jetzt erkennen wir, dass du einen Dämon hast! Abraham ist gestorben: Diese große Behauptung Jesu freute die religiösen Autoritäten; sie glaubten, dass sie ihn nun endlich in einer eindeutig blasphemischen Behauptung ertappen. Sie lehnten Jesu Anspruch ab, ewiges Leben zu gewähren.
    1. Wir stellen fest, dass die religiösen Autoritäten Jesu Worte geringfügig verdrehten. Er sagte, dass derjenige, der sein Wort hält, dem Tod nie von Angesicht zu Angesicht ins Auge blicken würde; sie behaupteten, er habe gesagt, dass dieser niemals den Tod schmecken würde. Der Gläubige wird zwar den Tod schmecken, aber er wird von diesem besiegten Feind nicht erschreckt und terrorisiert.
  3. Bist du größer als unser Vater Abraham: Sie stellten Jesus die Frage ganz klar. In der Hoffnung, Jesus würde weiter in eine Falle tappen, fragten sie: „Was machst du aus dir selbst?

16. Der Anspruch Jesu, Gott zu kennen, stand im Gegensatz zum Anspruch der Pharisäer und Schriftgelehrten

Johannes 8, 54-55

Johannes 8, 54-55
Jesus antwortete: Wenn ich mich selbst ehre, so ist meine Ehre nichts; mein Vater ist es, der mich ehrt, von dem ihr sagt, er sei euer Gott. Und doch habt ihr ihn nicht erkannt; ich aber kenne ihn. Und wenn ich sagen würde: Ich kenne ihn nicht!, so wäre ich ein Lügner, gleich wie ihr. Aber ich kenne ihn und halte sein Wort.

  1. Wenn ich mich selbst ehre, so ist meine Ehre nichts: Bevor Jesus ihre Frage in Johannes 8, 53 beantwortete, kam er auf die Frage der geistlichen Abstammung zurück. Jesus war sicher in dem Wissen, dass Gott sein Vater war und dass es mein Vater ist, der mich ehrt.
    1. „Es ist nicht schwer, sich selbst zu ehren; es ist leicht genug – ja sogar verhängnisvoll leicht – sich im Sonnenschein der eigenen Zustimmung zu sonnen.“ (Barclay)
  2. Und doch habt ihr ihn nicht erkannt; ich aber kenne ihn: Die religiösen Autoritäten behaupteten, der Vater im Himmel sei ihr Gott, aber das war keine wahre Behauptung. In Wahrheit kannten sie Gott nicht, aber Jesus kannte ihn.
  3. Aber ich kenne ihn und halte sein Wort: Jesus konnte nicht lügen und konnte seine wahre Erkenntnis von Gott, dem Vater, nicht leugnen – seine Erkenntnis, die sich in einem Leben des Gehorsams gegenüber Gottes Wort zeigt.

17. Jesus gibt die große Erklärung ab: Ich bin

Johannes 8, 56-59

Johannes 8, 56-59
Abraham, euer Vater, frohlockte, dass er meinen Tag sehen sollte; und er sah ihn und freute sich. Da sprachen die Juden zu ihm: Du bist noch nicht 50 Jahre alt und hast Abraham gesehen? Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham war, bin ich! Da hoben sie Steine auf, um sie auf ihn zu werfen. Jesus aber verbarg sich und ging zum Tempel hinaus, mitten durch sie hindurch, und entkam so.

  1. Abraham, euer Vater, frohlockte, dass er meinen Tag sehen sollte; und er sah ihn und freute sich: Jesus machte einen weiteren bemerkenswerten Anspruch geltend, indem er ihre Fragen in Johannes 8, 53 beantwortete. Jesus behauptete nicht nur, dass er größer sei als Abraham, sondern dass auch Abraham selbst dies anerkannte.
    1. „Aber wann ‚frohlockte‘ er, dass er den Tag Christi sehen sollte? Vielleicht als er zu Isaak auf dem Weg zur Opferstätte sagte: „Mein Sohn, Gott wird für ein Lamm zum Brandopfer sorgen“ (1. Mose 22, 8).“ (Bruce)
    2. „Es ist auch interessant, dass der hebräische Ausdruck in 1. Mose 24, 1, der besagt, dass Abraham ‚alt und recht betagt war‘, von einigen Rabbinern in seiner Bedeutung so verstanden wurde, dass Abraham in die ferne Zukunft sah.“ (Tasker)
  2. Du bist noch nicht 50 Jahre alt, und hast Abraham gesehen? Die bemerkenswerte Aussage, dass Abraham die Größe Jesu sah und anerkannte, war mehr, als sie verstehen konnten. Sie fragten: „Woher kannst du wissen, dass Abraham über dich frohlockte? Warst du etwa dabei? “
    1. „Vielleicht hatten ihn die Spannungen seines Lebens vorzeitig altern lassen, doch offensichtlich war Jesus weniger als fünfzig Jahre alt.“ (Tenney)
    2. „’Fünfzig Jahre kann als runde Zahl verwendet werden, die für ihren Zweck ausreichend genau ist und nicht dazu dient, das Alter Jesu genau zu bestimmen.“ (Dods)
    3. „Warum fünfzig? Das war das Alter, in dem die Leviten von ihrem Dienst zurücktraten (4. Mose 4, 3). Die Juden sagten zu Jesus: ‘Du bist ein junger Mann, noch in der Blüte seines Lebens, noch nicht einmal alt genug, um dich aus dem Dienst zurückzuziehen. Wie kannst du Abraham je gesehen haben? ’“ (Barclay)
  3. Ehe Abraham war, bin ich: Mit diesem dramatischen Satz sagte Jesus ihnen, dass er der ewige Gott sei, der nicht nur während der Zeit Abrahams, sondern davor bis in die Ewigkeit hinein existierte. Jesus behauptete, der große Ich Bin, zu sein, die Stimme des Bundes vom Gott Israels, die am brennenden Dornbusch offenbart wurde (2. Mose 3, 13-14).
    1. Ich Bin: Dies ist das dritte Mal in diesem Kapitel, dass Jesus den Satz Ich Bin verwendet (Johannes 8, 24; 8, 28), und hier in Johannes 8, 58. Der altgriechische Ausdruck ist ego eimi, derselbe Ausdruck, der zu Jesu Zeiten in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments verwendet wurde, um die Stimme aus dem brennenden Busch zu beschreiben. „Alle früheren Blitze verblassen in ihrer Bedeutung angesichts des Aufloderns dieser Textstelle.“ (Barclay)
    2. Bei der Verwendung des Satzes Ich bin (Johannes 8, 24 +58 +13, 19) benutzte Jesus einen klaren göttlichen Titel, der allein Jahwe gehört (2. Mose 3, 13-14, 5. Mose 32, 39, Jesaja 43, 10), dieser wurde von Jesu Zuhörern als solcher interpretiert (Johannes 8, 58-59). „ICH BIN wurde von den Juden als ein Gottheitstitel anerkannt.“ (Tenney)
    3. „Bevor Abraham ins Dasein kam, bin ich, ewig existent … Es gibt keine stärkere Bestätigung der Präexistenz.“ (Dods)
    4. „Wenn dieser Anspruch Jesu nicht begründet war, dann waren seine Worte offen blasphemisch: Er benutzte eine Sprache, die nur Gott gebrauchen konnte.“ (Bruce)
  4. Da hoben sie Steine auf, um sie auf ihn zu werfen: Dies zeigt, dass die religiösen Führer genau verstanden, was Jesus meinte. Er behauptete, ewiger Gott zu sein, und sie betrachteten das als Gotteslästerung. Sie meinten, er habe den Tod verdient und beabsichtigten, das Urteil sogleich zu vollziehen.
    1. „Ihre Leidenschaft wurde geweckt. Sie waren erzürnt. Also nahmen sie das Gesetz in ihre eigenen Hände.“ (Morris)
    2. „Die Steine, die sie aufhoben, hatten sie wohl im Hof der Heiden gefunden, denn der Tempel (d.h. seine Höfe) war noch im Bau.“ (Trench)
    3. „Eine Steinigung im Tempel wird von Josephus erwähnt, Jüdische Altertümer 17.9, 3.“ (Dods).
  5. Jesus aber verbarg sich und ging zum Tempel hinaus, mitten durch sie hindurch: Sie wollten Jesus töten, konnten es aber nicht, weil seine Stunde noch nicht gekommen war (Johannes 7, 30).
    1. „Es scheint hier keine wundersame Flucht beabsichtigt zu sein, obwohl man wohl annehmen kann, dass eine solche Flucht unter den gegebenen Umständen sicherlich wundersam ist.“ (Alford)
    2. Adam Clarke hatte eine fantasievolle Perspektive auf die Flucht Jesu: „Aller Wahrscheinlichkeit nach machte er sich unsichtbar – auch wenn einige behaupten, er habe sich von den Juden, die seine Feinde waren, entfernt, indem er sich mit den vielen vermischte, die an ihn glaubten.“ (Clarke)

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

Pin It on Pinterest