Kolosser 4 – Gebetsleben, persönliches Zeugnis und Abschlussgrüße

A. Das innere Leben des Gebets und das äußere Leben des Zeugnisses

1. Das innere Leben des Gebets

Kolosser 4, 2-4

Kolosser 4, 2-4
Seid ausdauernd im Gebet und wacht darin mit Danksagung. Betet zugleich auch für uns, damit Gott uns eine Tür öffne für das Wort, um das Geheimnis des Christus auszusprechen, um dessentwillen ich auch gefesselt bin, damit ich es so offenbar mache, wie ich reden soll.

  1. Seid ausdauernd im Gebet: Paulus unterstützte die Gemeinde in Kolossä, indem er für sie betete (Kolosser 1, 3-8). Ihr Leben und ihr Dienst würden durch die stetigen
    Gebete Paulus´ und der Gemeinde selbst weiterwachsen.
    1. Das altgriechische Wort, das mit haltet fest (Elberfelder Übersetzung) übersetzt wird, meint „Gebaut sein auf einer Wurzel, was ‚stark sein‘ bedeutet und ist durch ein ernsthaftes Festhalten an einer Person oder einer Sache gekennzeichnet. In diesem Abschnitt meint es Beharrlichkeit und Eifer“. (Vaughan)
    2. Diese Art von ausdauerndem Gebet ist wichtig, aber auch nicht einfach. Ausdauernd im Gebet beinhaltet große Anstrengungen, die ständig unternommen werden. „Das Himmelstor soll nicht nur von einer sondern von vielen Waffen gestürmt werden. Scheue keine Pfeile, Christ. Sieh zu, dass keine der Waffen in deinem Arsenal rostig ist. Belagere den Thron Gottes mit hunderten Händen, und schaue mit hunderten Augen auf die Verheißung. Du hast ein großes Werk vor dir, denn du musst den Arm bewegen, der die Welt bewegt; daher achte auf jede Möglichkeit, diesen Arm zu bewegen. Sieh zu, dass du jedes Versprechen einlöst, dass du jedes Argument benutzt und dass du mit aller Kraft ringst.“ (Spurgeon)
  2. Wacht darin mit Danksagung: Wir sollen im Gebet wachsam sein, aber immer mit Danksagung für die großen Dinge beten, die Gott getan hat.
    1. Barclay zu wacht: „Wörtlich aus dem Griechischen übersetzt steht hier wachsam sein.“ Der Satz könnte durchaus bedeuten, dass Paulus ihnen sagt, dass sie nicht einschlafen sollen, wenn sie beten. Manchmal kämpfen wir gegen die Müdigkeit unseres Körpers oder Geistes und gegen den Schlaf, wenn wir beten. Zu anderen Zeiten beten wir, als ob wir schlafen würden, und unsere Gebete fühlen sich müde und schläfrig an und klingen auch so.
    2. „Das Gebet sollte mit Lobpreis vermischt werden. Ich habe gehört, dass die Puritaner in Neuengland, nachdem sie sich dort bereits lange Zeit niedergelassen hatten, regelmäßig einen Tag der Demut, des Fastens und des Gebets einlegten, bis sie so viele Tage des Fastens, der Demut und des Gebets hatten, dass endlich ein weiser Senator vorschlug, sie sollten es einmal abändern und einen Tag des Dankens abhalten.“ (Spurgeon)
    3. „Der hier hergestellte Zusammenhang mit Danksagung mag auf die immer wiederkehrende Abfolge von drei Schritten hindeuten: Fürbitte, ‚Ausschau halten‘ nach Gebetserhörungen und Danksagung, wenn die Erhörung erkennbar wird.“ (Wright)
  3. Betet zugleich auch für uns: Paulus schien zu sagen: „Da wir noch beim Thema Gebet sind, betet bitte für uns!“ Aber Paulus bat nicht um Gebet für seine persönlichen Bedürfnisse (von denen er auch einige hatte), sondern darum, dass Gott uns eine Tür öffne für das Wort.
    1. Dasselbe Bild einer offenen Tür als offene Gelegenheit für das Evangelium wird in anderen Passagen wie Apostelgeschichte 14, 27, 1. Korinther 16, 9 und 2. Korinther 2, 12 verwendet.
  4. Wie ich reden soll: Auch wenn Paulus wegen seiner Treue zum Evangelium gefesselt war, so wusste er doch, dass er derart reden soll, wie es das Evangelium offenbar (deutlich sichtbar) machen würde. Paulus wollte Gebet dafür, dass er das Evangelium weiterhin klar und deutlich verkünden würde, auch wenn das für ihn bedeutete, weiterhin gefesselt zu sein.
    1. Robertson kommentiert die Worte des Paulus ‘wie ich reden soll’: „So wunderbar die Predigt des Paulus für seine Zuhörer war und auch uns erscheint, war er nie zufrieden damit. Aber welcher Prediger kann das schon sein?“

2. Das äußere Leben des Zeugen

Kolosser 4, 5-6

Kolosser 4, 5-6
Wandelt in Weisheit denen gegenüber, die außerhalb [der Gemeinde] sind, und kauft die Zeit aus! Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt, damit ihr wisst, wie ihr jedem Einzelnen antworten sollt.

  1. Wandelt in Weisheit denen gegenüber, die außerhalb [der Gemeinde] sind: Das christliche Leben wird nicht nur im Gebetsraum gelebt. Es muss auch eine Christenheit geben, die in der Praxis, denen gegenüber, die außerhalb [der Gemeinde] sind, ein weises Leben führt. Wie wir sprechen, hat viel damit zu tun, deshalb müssen wir unser Wort allezeit in Gnade geschehen lassen.
    1. „Verzerrte Darstellungen christlichen Verhaltens und Glaubens waren im Umlauf; es war wichtig, dass die Christen diesen Verleumdungen keinen Halt gaben, sondern sie durch eine geregelte Lebensweise Lügen straften.“ (Bruce)
    2. Euer Wort sei allezeit in Gnade: „Das Wort ‚Gnade‘ hat – im Griechischen wie im Deutschen – eine mögliche doppelte Bedeutung, Gottes Gnade und menschliche Gnade.“ (Wright)
    3. „Klassische Schriftsteller meinten mit ‚Salz‘ den Humor, mit dem Gespräche gewürzt wurden.“ (Peake) „Gnade und Salz (Witz, Verstand) stellen eine ideale Kombination dar.“ (Robertson)
  2. Damit ihr wisst, wie ihr jedem Einzelnen antworten sollt: Paulus glaubte, dass Christen anderen mithilfe der biblischen Wahrheit antworten und dass sie daran arbeiten würden, zu erlernen, wie sie diese Antworten denen mitteilen sollten, die außerhalb [der Gemeinde] sind.
    1. Barclay übersetzt Kolosser 4, 6 auf diese Weise: Lasst eure Rede immer mit gnädigem Charme, gewürzt mit dem Salz des Humors, sein, damit ihr in jedem Fall die richtige Antwort wisst. Er erklärt: „Hier sehen wir eine interessante Anleitung. Es ist nur allzu wahr, dass das Christentum in den Köpfen vieler mit einer Art scheinheiliger Dummheit und einer Sichtweise verbunden ist, in der das Lachen einer Ketzerei gleicht … Der Christ muss seine Botschaft mit dem Charme und dem Humor verkünden, die in Jesus selbst steckten.“
    2. „Sie müssen danach streben, die Gabe der angenehmen und weisen Konversation zu kultivieren, so dass sie in der Lage sind, mit jedem einzelnen (und dessen besonderen Bedürfnissen), mit dem sie in Kontakt kommen, angemessen zu sprechen.“ (Peake)
    3. Kolosser 4, 2-6 zeigt, dass Gott sowohl um unser persönliches Gebetsleben als auch um unsere Interaktion mit der Welt besorgt ist. Er sorgt sich sowohl um den Gebetsraum als auch um die öffentliche Straße, und er möchte, dass wir uns auch um beides kümmern.
    4. Dies ist auch ein wichtiger Gedanke, um eine Verbindung zu den früheren Kolosserpassagen herzustellen. Paulus verbrachte in diesem Brief viel Zeit damit, die Wahrheit zu erklären und die Irrlehre zu widerlegen. Doch all das richtige Wissen nutzte wenig, bis es sowohl im Gebetsraum als auch auf der öffentlichen Straße des täglichen Lebens angewandt wurde. Man könnte sagen, dass Paulus hier seinen Brief wirklich vervollständigt.

B. Persönliche Notizen als Abschluss des Briefes

1. Bezüglich Tychikus und Onesimus, Boten des Briefes

Kolosser 4, 7-9

Kolosser 4, 7-9
Alles, was mich betrifft, wird euch Tychikus mitteilen, der geliebte Bruder und treue Diener und Mitknecht im Herrn, den ich eben deshalb zu euch gesandt habe, damit er erfährt, wie es bei euch steht, und damit er eure Herzen tröstet, zusammen mit Onesimus, dem treuen und geliebten Bruder, der einer der Euren ist; sie werden euch alles mitteilen, was hier vorgeht.

  1. Tychikus … , der geliebte Bruder: Anscheinend wussten die kolossischen Christen nicht, wer Tychikus war. Er würde ihnen diesen Brief überbringen (alles, was mich betrifft, wird euch Tychikus mitteilen).
    1. Offenbar wollte Epaphras, der Paulus die Nachricht aus Kolossä nach Rom überbrachte (Kolosser 1, 7), nicht so bald nach Kolossä zurückkehren; deshalb schickte Paulus stattdessen Tychikus.
    2. Tychikus wird in Apostelgeschichte 20, 4 als einer der Männer erwähnt, die mit Paulus aus der römischen Provinz Asien nach Jerusalem kamen, um die Spenden der Gläubigen zu den bedürftigen Christen nach Jerusalem und Judäa zu bringen.
    3. „Der Hinweis auf Tychikus ist fast Wort für Wort identisch mit Epheser 6, 21-22. Er war offensichtlich der Überbringer des Briefes an die Epheser ebenso wie der Überbringer dieses Briefes.“ (Bruce)
  2. Mit Onesimus, dem treuen und geliebten Bruder: Onesimus war ein Sklave, der einem Gläubigen in Kolossä gehörte. Aber er lief weg und begegnete Paulus in Rom. Onesimus wurde dort Christ und ein engagierter Helfer des Paulus. Seine Geschichte wird in Paulus‘ Brief an Philemon fortgesetzt.
    1. Paulus hätte über Onesimus schreiben können, „der entflohene Sklave, den ich zu seinem Herrn zurückschicke.“ Stattdessen nannte er ihn einen treuen und geliebten Bruder und ließ die Christen in Kolossä wissen, dass Onesimus nun einer der Ihren ist.

2. Grüße von drei treuen jüdischen Freunden des Paulus

Kolosser 4, 10-11

Kolosser 4, 10-11
Es grüßt euch Aristarchus, mein Mitgefangener, und Markus, der Vetter des Barnabas — ihr habt seinetwegen Anordnungen erhalten; wenn er zu euch kommt, so nehmt ihn auf! —, und Jesus, der Justus genannt wird, die aus der Beschneidung sind. Diese allein sind meine Mitarbeiter für das Reich Gottes, die mir zum Trost geworden sind.

  1. Aristarchus: Er war ein Mazedonier aus Thessalonich (Apostelgeschichte 20, 4). Er war der Reisebegleiter des Paulus und war dabei, als der Epheser-Mob den Apostel Paulus ergriff (Apostelgeschichte 19, 29). Er war auch bei Paulus, als dieser während seiner römischen Gefangenschaft nach Rom segelte (Apostelgeschichte 27, 2). Hier nennt Paulus ihn mein Mitgefangener. Es scheint, dass Aristarchus die interessante Gewohnheit hatte, während Paulus´ schweren Zeiten bei ihm zu sein. Einige (wie beispielsweise William Ramsay) vermuten, dass er sich tatsächlich selbst zu Paulus´ Sklaven machte, damit er ihn auf dieser Reise nach Rom begleiten konnte.
  2. Markus, der Vetter des Barnabas … wenn er zu euch kommt, so nehmt ihn auf: Obwohl Paulus sich bereits einige Zeit zuvor mit Barnabas und Markus zerstritten hatte (Apostelgeschichte 13, 5+13 und 15, 36-40), lag zu der Zeit, als dieses Schreiben verfasst wurde, dies alles eindeutig in der Vergangenheit. Die Gnade Gottes, die in Paulus wirkte, zeigte sich auch darin, dass die Zeit ihn veränderte und er anderen gegenüber, die ihn zuvor beleidigt hatten, Milde walten ließ.
    1. „Nur durch diesen Hinweis erfahren wir, dass Markus der Cousin von Barnabas war – eine Information, die Licht darauf wirft, warum Barnabas Markus eine besondere Bedeutung in der Erzählung der Apostelgeschichte zukommen lässt.“ (Bruce)
    2. Da Paulus hier Markus in Bezug auf dessen Beziehung zu Barnabas kennzeichnete, scheint es, als ob die Christen in Kolossä wussten, wer Barnabas war. Entweder hatte er dort einen gewissen Ruf erlangt oder er hatte bereits an Missionsreisen dorthin teilgenommen, von denen nichts in der Apostelgeschichte verzeichnet ist. Dies erinnert uns daran, dass die Apostelgeschichte eine unvollständige Aufzeichnung der Geschichte der frühen Kirche ist.
  3. Jesus, der Justus genannt wird: Von diesem Mann wissen wir nicht mehr als seinen Namen. Er wird zu den vier Männern gezählt, die Paulus während seiner römischen Haft vor seinem Prozess vor dem Kaiser getröstet haben (die mir zum Trost geworden sind).
  4. Die aus der Beschneidung sind. Diese allein sind meine Mitarbeiter: Zu dieser Zeit hatte Paulus nur drei Mitarbeiter jüdischer Herkunft. Doch diese drei leisteten eine herausragende Arbeit, da sie Paulus zum Trost geworden sind.
    1. Paulus war aufgrund eines jüdischen Aufruhrs auf dem Tempelberg wegen der bloßen Erwähnung von Gottes Gnadenangebot an die Heiden in römische Gefangenschaft genommen worden (Apostelgeschichte 22, 21-22).
    2. Adam Clarke zog die folgende logische Schlussfolgerung aus den Worten: … die aus der Beschneidung sind. Diese allein sind meine Mitarbeiter für das Reich Gottes: „Es ist daher offensichtlich, dass Petrus zu dem Zeitpunkt nicht in Rom war, sonst wäre er sicherlich in dieser Auflistung erwähnt worden; denn wir können nicht annehmen, dass er auf der Liste derer stand, die Christus auf außergewöhnliche Weise verkündeten, und das aber aus unreinen und unheiligen Motiven: Es gibt in der Tat keinen Beweis dafür, dass Petrus jemals Rom betreten hat.“

3. Grußworte von Epaphras

Kolosser 4, 12-13

Kolosser 4, 12-13
Es grüßt euch Epaphras, der einer der Euren ist, ein Knecht des Christus, der allezeit in den Gebeten für euch kämpft, damit ihr fest steht, vollkommen und zur Fülle gebracht in allem, was der Wille Gottes ist. Denn ich gebe ihm das Zeugnis, dass er großen Eifer hat um euch und um die in Laodizea und in Hierapolis.

  1. Der allezeit in den Gebeten für euch kämpft: Gebet ist harte Arbeit und Epaphras arbeitete hier mit vollem Eifer, vor allem im Wissen um die Gefahr, die durch die Irrlehren in Kolossä drohte. So betete Epaphras, dass die Christen in Kolossä vollkommen und zur Fülle gebracht werden in allem, was der Wille Gottes ist. Dies ist ein wunderbares Gebet, welches man für jeden sprechen kann.
    1. Paulus nannte Epaphras einen Knecht des Christus, wobei er einen Ausdruck verwendete, den er sonst fast nur bei sich selbst anwandte. Lediglich hier und in Philipper 1, 1, wo er von sich selbst und Timotheus zusammen als Knechte Jesu spricht, verwendet Paulus diese Bezeichnung.
    2. Epaphras war ein Knecht und das Gebet war ein wichtiger Bereich, in dem er hart arbeitete. Allezeit … für euch kämpft „ist eine freie Übersetzung von echei polyn ponon, ein Satz, dessen Schlüsselwort (ponom) ‘schweres Schuften bis zum äußersten Schmerz’ suggeriert.“ (Vaughan)
  2. Dass er großen Eifer hat um euch: Epaphras hat eifrig gebetet, weil er sich mit Eifer gekümmert hat. Wenn er mit dem Eifer nachlässig geworden wäre, wäre er sicherlich auch im Gebet nachlässig geworden.

4. Grüße von Lukas und Demas

Kolosser 4, 14

Kolosser 4, 14
Es grüßt euch Lukas, der geliebte Arzt, und Demas.

  1. Lukas, der geliebte Arzt: Dies ist die einzige Stelle, die uns darüber informiert, dass Lukas, der menschliche Autor des Lukas-Evangeliums und der Apostelgeschichte, ein Arzt war. Wir sehen auch, dass seine Werke mit einer eher wissenschaftlichen, analytischen Denkweise geschrieben sind (Lukas 1, 1-4) und viele Details enthalten, die einen Arzt interessieren würden (Lukas 4, 38, 5, 12-15 und 8, 43).
    1. Möglicherweise war Lukas in Rom, um ein Dokument abzuliefern, das er kürzlich fertiggestellt hatte – das Lukas-Evangelium und die Apostelgeschichte, die wahrscheinlich zusammen als eine Art Bericht für das römische Gericht dienten und den Römern erklärten, warum Paulus vor dem Gericht Cäsars stand.
  2. Demas: Hier wird nichts Positives über Demas gesagt, nur, dass er die Christen in Kolossä grüßt und ihnen daher bekannt gewesen sein muss. In Philemon 1, 24 wird er zu den Mitarbeitern des Paulus gezählt. Doch bei seiner letzten Erwähnung (2. Timotheus 4, 10) sagte Paulus, dass Demas ihn verlassen habe, da er die jetzige Weltzeit lieb gewonnen hat, und nach Thessalonich weitergezogen sei.
    1. „Mit Sicherheit erkennen wir hier die schwachen Umrisse eines Beispiels von Degeneration, Begeisterungsverlust und Versagen im Glauben.“ (Barclay)
    2. Die sechs Personen, die die Kolosser grüßten, standen mit Paulus in Rom während der Zeit seines Hausarrests und seiner Haft in Verbindung, bevor sie vor Cäsar vor Gericht erschienen. Dies zeigt, dass Paulus während dieser Gefangenschaft – im Gegensatz zu der später in 2. Timotheus beschriebenen – zwar angekettet war, aber zumindest gelegentlich die Gesellschaft vieler Freunde und Gefährten genoss.

5. Gruß an Nymphas und die Laodizeer

Kolosser 4, 15

Kolosser 4, 15
Grüßt die Brüder in Laodizea und den Nymphas und die Gemeinde in seinem Haus.

  1. Laodizea: Dies war dieselbe Stadt, die später in der scharfen Zurechtweisung in Offenbarung 3, 14-22 erwähnt wurde, und sie war – ebenso wie Hierapolis (Kolosser 4, 13) – eine Nachbarstadt von Kolossä.
  2. Nymphas: Es gab bereits etliche Debatten darüber, ob Paulus einen Mann oder eine Frau mit diesem Namen bezeichnete. Einige Manuskripte beinhalten die männliche Form und andere die weibliche.
    1. „Viel Tinte ist über die Frage verschüttet worden, ob die hier erwähnte Person eine Frau (Nympha) oder ein Mann (Nymphas) ist. Beide Formen finden sich in der Handschriftentradition und Gewissheit scheint in diesem (glücklicherweise nicht sehr bedeutsamen) Punkt unmöglich.“ (Wright)
  3. Die Gemeinde in seinem Haus: Da die frühe Kirche keine eigenen Gebäude hatte, traf sie sich in ‚Hauskirchen‘. Da nur wenige Häuser groß genug waren, gab es in einer Stadt gewöhnlich mehrere ‚Hauskirchen‘, die jeweils durch einen Pastor oder einem Ältesten geleitet wurden.
    1. „Solche Hauskirchen waren anscheinend kleinere Kreise der Gemeinschaft innerhalb der größeren Gemeinschaft der Stadtkirche (griech. ekklesia).“ (Bruce)
    2. „Wir dürfen nicht vergessen, dass es so etwas wie ein besonderes Kirchengebäude erst seit dem dritten Jahrhundert gab. Bis zu diesem Zeitpunkt trafen sich die christlichen Gemeinden in den Häusern der Kirchenleiter.“ (Barclay)

6. Anweisungen zur Verbreitung der Botschaft in diesem Brief

Kolosser 4, 16

Kolosser 4, 16
Und wenn der Brief bei euch gelesen ist, so sorgt dafür, dass er auch in der Gemeinde der Laodizeer gelesen wird, und dass ihr auch den aus Laodizea lest.

  1. Und wenn der Brief bei euch gelesen ist: Als Paulus und andere Apostel Briefe an Kirchen schrieben, wurden die Briefe in den Gemeinden einfach öffentlich vorgelesen. Es war eine Möglichkeit für den Apostel, in dieser Kirche zu lehren, auch wenn er persönlich nicht vor Ort sein konnte.
  2. So sorgt dafür, dass er auch in der Gemeinde der Laodizeer gelesen wird: Es war allgemein üblich, alle apostolischen Briefe unter den Kirchen zu verteilen, insbesondere unter den Kirchen, die einander nahestanden.
    1. „Hier haben wir zweifellos den Hauptgrund für die Bewahrung der Briefe des Paulus in der subapostolischen Zeit und ihre letztendliche Annahme als Teil der kanonischen Bücher des ‚Neuen Bundes‘: Ihr Autor wollte, dass sie die Autorität, die ihm als Apostel verliehen worden war, schriftlich festhalten.“ (Wright)
    2. Dies hilft uns zu verstehen, wie und warum die Briefe umgehend kopiert werden sollten und wie sich geringfügige Fehler beim Kopieren der Schreiben zu einem frühen Zeitpunkt einschleichen konnten.
  3. Und dass ihr auch den aus Laodizea lest: Offenbar hat Paulus einen Brief an die Laodizeer geschrieben, den wir heute nicht mehr haben. Wir sollten daraus nicht schließen, dass unser Schatz an Informationen unvollständig ist. Der Heilige Geist hat sich entschieden, jene Briefe zu bewahren, denen eine derartige Inspiration zu Grunde lag, dass sie für die Kirche eine wichtige Bedeutung haben sollten. Paulus wurde nicht jedes Mal, wenn er die Feder zu Papier brachte, auf diese Weise inspiriert.
    1. Es kann sein, dass dieser ‚fehlende‘ Laodizeer-Brief in Wirklichkeit der Brief an die Epheser war. „Es ist so gut wie sicher, dass der Epheserbrief nicht an die Kirche in Ephesus geschrieben wurde, sondern ein Zirkelschreiben war, welches unter den Kirchen Asiens in Umlauf gebracht werden sollte. Es kann sein, dass dieser Rundbrief Laodizea erreicht hatte und sich nun auf dem Weg nach Kolossä befand.“ (Barclay)
    2. Es gibt einen lateinischen Brief des Paulus an die Laodizeer, der bereits im fünften Jahrhundert von Hieronymus erwähnt wurde. Hieronymus selbst nannte ihn jedoch eine Fälschung und die meisten Menschen seiner Zeit waren sich einig, dass er nicht authentisch war. Er besteht hauptsächlich aus Phrasen des Philipper- und des Galaterbriefs. Adam Clarke hält wenig von diesem Brief: „Was das Werk des heiligen Paulus betrifft, so braucht wenig oder gar nichts gesagt zu werden; die Bedeutungslosigkeit, die Stillosigkeit, die Zusammenhangslosigkeit und das totale Fehlen von Gestaltung und Zielsetzung sind eine ausreichende Widerlegung des Anspruches, ein Werk des Paulus zu sein.“

7. Besondere Worte, die an Archippus gerichtet sind

Kolosser 4, 17

Kolosser 4, 17
Und sagt dem Archippus: Habe acht auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, damit du ihn erfüllst!

  1. Und sagt dem Archippus: Diese speziell an Archippus gerichteten Worte sind von besonderem Interesse. Paulus schrieb noch ein kurzes Wort hinsichtlich Archippus in einem anderen Brief, in dem er Archippus als unseren Mitstreiter, und an die Gemeinde in deinem Haus erwähnte (Philemon 1, 2).
    1. Diese Erwähnung in Philemon 1, 2 lässt manche Leute glauben, dass er der Sohn von Philemon war, da er im Zusammenhang mit der Frau von Philemon (Apphia) und seinem Haushalt (die Gemeinde in deinem Haus) erwähnt wird. Es zeigt auch, dass Paulus eine hohe Meinung von Archippus hatte und ihn als Mitarbeiter an Gottes Werk schätzte (unser Mitstreiter).
    2. Der Kontext von Kolosser 4, 17 lässt einige glauben, dass Archippus zwar zur Familie von Philemon gehörte, aber mit der Kirche in Laodizea verbunden war. Vielleicht war Archippus der Pastor der Gemeinde in Laodizea. Natürlich gibt es keine Möglichkeit, dies mit Gewissheit sagen zu können.
  2. Sagt dem Archippus: Habe acht auf den Dienst: Paulus wollte, dass Archippus ermutigt und gestärkt wird, aber er richtete diesen Appell nicht direkt an Archippus. Er bat darum, dass dieser Apell durch die Kolosser (oder die Laodizeer) zu Archippus komme.
    1. „Vermutlich würde er anwesend sein, wenn der Brief vorgelesen wurde, entweder in der Gemeinde von Kolossä oder später, als er nach Laodizea geschickt wurde. Dies war vielleicht bewusst so beabsichtigt, um ihn so im Rahmen einer öffentlichen Ansprache für seine Verantwortungsbereitschaft und die Ausübung seines Dienstes zu würdigen.“ (Bruce)
    2. Daher war es passender, dass die Kolosser (oder die Laodizeer) dies an Archippus ausrichten, und nicht Paulus selbst. Er musste dies von den Menschen um sich herum hören: ‚Erfülle deinen Dienst.‘ Als die Kolosser diese Worte aussprachen, wurde Archippus sich dessen bewusst, dass sein Dienst erwünscht war. „So manch ein Archippus ist träge, weil die Kolosser schweigen.“ (Dyke)
    3. Sie müssen ‚erfülle deinen Dienst‘ direkt zu Archippus sagen, nicht hinter seinem Rücken. Nur hinter seinem Rücken zu flüstern, würde nichts nützen. Sie mussten es ihm sagen.
  3. Habe acht auf den Dienst: Diese Ermutigung an Archippus spricht sowohl zu ihm als auch zu uns heute über einige beständige Prinzipien des Dienstes.
      1. Gott beauftragt sein Volk mit einem Dienst.
      2. Der wahre Dienst wird im Herrn empfangen.
      3. Dienst kann unerfüllt bleiben.
      4. Man muss acht haben auf seinen Dienst, damit er erfüllt werden kann.
      5. Wir sollten andere ermutigen, ihren Dienst zu erfüllen.
    1. „Es ist daher wahrscheinlicher, dass die Worte des Apostels keinen Tadel vermitteln, sondern ihn vielmehr zu weiterem Fleiß anspornen und ihn bei der Arbeit ermutigen sollen, da er mit so viel Irrlehre und so vielen Irrlehrern zu kämpfen hatte.“ (Clarke)
    2. Da er Archippus für einen Pastor hält, wendet Trapp bei ihm das Prinzip von habe acht auf den Dienst wie folgt an: „Die Kirche ist dein eigentliches Element, die Kanzel dein rechter ubi [Ort]; das Heiligtum sollte das Zentrum deines ganzen Wirkungskreises sein.“

8. Abschluss

Kolosser 4, 18

Kolosser 4, 18
Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand. Gedenkt an meine Fesseln! Die Gnade sei mit euch! Amen.

  1. Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand: Wie es damals üblich war, diktierte Paulus im Allgemeinen seine Briefe und unterzeichnete die Nachschrift persönlich mit seiner eigenen Hand.
  2. Gedenkt an meine Fesseln: In diesem einfachen Satz steckt viel Emotion, Kummer und Stärke. Paulus kannte nicht nur die Gefangenschaft und Einsamkeit des Gefangenseins; er lebte auch mit der Unsicherheit, nicht zu wissen, ob sein Verfahren vor dem Gericht des Kaisers mit einer Hinrichtung enden würde.
    1. „Die Kette klirrte erneut, als Paulus den Stift nahm, um den Gruß zu unterschreiben. Es war unwahrscheinlich, dass er selbst sie vergessen könnte.“ (Robertson)
    2. „Paulus´ Hinweise auf seine Leiden sind kein Plädoyer für Mitgefühl; sie sind sein Anspruch auf Autorität, die Garantie für sein Recht, zu sprechen.“ (Barclay)
  3. Die Gnade sei mit euch: Paulus‘ Abschluss ist der einzig mögliche für den Apostel der Gnade, da er sich mit der Irrlehre konfrontiert sieht, die die Erkenntnis als komplizierte verborgene Geheimnisse darstellt und Werksgerechtigkeit betont. Wir können im christlichen Leben nur dann sicher vorankommen, wenn die Gnade mit uns ist.

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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