Hebräer 3 – Jesus ist größer als Mose

A. Jesus betrachten

1. Daher: wer wir im Hinblick auf die vorherigen Abschnitte sind

Hebräer 3, 1a

Hebräer 3, 1a
Daher, ihr heiligen Brüder, die ihr Anteil habt an der himmlischen Berufung,

  1. Daher: Im vorigen Kapitel haben wir Jesus als unseren himmlischen Hohenpriester kennengelernt. Diese Tatsache hilft uns besser zu verstehen, wer wir sind. Für ein gesundes Leben als Christ ist es absolut notwendig zu erkennen, wer wir sind – in Anbetracht dessen, wer Jesus ist und was er getan hat. Dadurch werden wir vor den gleichen Abgründen der Entmutigung bewahrt, vor denen die hebräischen Christen standen.
  2. Heilige Brüder: Das sind wir, weil Jesus uns so sieht. Unser himmlischer, heiliger Hoherpriester schämte sich nicht, sie Brüder zu nennen (Hebräer 2, 11). Es sollte uns segnen und ermutigen, dass Jesus uns seine heiligen Brüder nennt.
  3. Die ihr Anteil habt an der himmlischen Berufung: Weil Jesus sich verpflichtet hat „viele Söhne zur Herrlichkeit zu führen“ (Hebräer 2, 10), haben wir Anteil an seiner himmlischen Berufung. Das sollte uns segnen und ermutigen durchzuhalten – auch in schwierigen Zeiten oder in Anfechtungen.

2. Daher: was wir im Hinblick auf die vorherigen Abschnitte tun sollen

Hebräer 3, 1b

Hebräer 3, 1b
Betrachtet den Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses, Christus Jesus,

  1. Betrachtet den Apostel: Wir verwenden dieses Wort nicht oft für Jesus, aber er ist unser Apostel. Das altgriechische Wort, das hier mit ‚Apostel‘ übersetzt wird, beschreibt so etwas wie einen Botschafter. Jesus ist der höchste Botschafter des Vaters (Hebräer 1, 1-2). Gott der Vater hatte eine Botschaft der Liebe zu übermitteln, die so wichtig war, dass er sie durch Christus Jesus sandte.
    1. Das altgriechische Wort für ‚betrachten‘ ist katanoein: „Es bedeutet nicht einfach etwas anzusehen oder etwas zu bemerken. Jeder kann etwas ansehen oder es bemerken, ohne es wirklich zu sehen. Das Wort bedeutet, die Aufmerksamkeit in einer Weise auf etwas zu richten, so dass seine innere Bedeutung erkannt wird und die Lektion, die es vermitteln soll, aufgenommen werden kann“. (Barclay) Das gleiche Wort wird auch in Lukas 12, 24 verwendet (‚Betrachtet die Raben‘)). Es ist eine ernsthafte Aufforderung hinzusehen, zu lernen und zu verstehen.
    2. Die Botschaft ist klar: Betrachte! Betrachte, dass Gott dich so sehr liebt, dass er den höchsten Botschafter, Christus Jesus, sandte. Betrachte auch wie wichtig es für dich ist, aufmerksam auf Gottes hervorragendsten Apostel, Christus Jesus zu achten.
    3. Gott erwählte außerdem seine ersten, bevollmächtigten ‚Botschafter‘ für die Gemeinde. Für uns sind das die ersten zwölf Apostel. Gott erwählt immer noch Botschafter, die mit geringerer Autorität ausgestattet sind. In gewissem Sinne sind wir alle Botschafter für Gott. Und doch war und ist Jesus der ultimative Botschafter des Vaters.
  2. Betrachtet den … Hohenpriester: Jesus ist der Eine, der uns auf vollkommene Art und Weise vor dem Vater vertritt und der für uns der Repräsentant des Vater ist. Gott sorgt sich so sehr um uns, dass er den höchsten Mittler, den höchsten Hohenpriester zwischen sich und die sündigen Menschen stellte.
    1. Die Botschaft ist klar: Betrachte! Betrachte, dass Gott dich so sehr liebt, dass er dir einen so großartigen Hohenpriester schenkt. Betrachte die Tatsache: Wenn uns so ein großartiger Hohenpriester geschenkt worden ist, müssen wir diesen Hohenpriester, Christus Jesus, ehren und uns ihm unterordnen.
  3. Unseres Bekenntnisses: Jesus ist der Botschafter und der Mittler unseres Bekenntnisses. Das Christentum ist ein Bekenntnis– wir bekennen unseren Glauben mit dem Mund und mit dem Leben (Matthäus 10, 32; Römer 10, 9).
    1. Das Wort ‚Bekenntnis‘ bedeutet ‚dasselbe zu sagen‘. Wenn wir unsere Sünden bekennen, sagen wir über sie ‚dasselbe‘ wie Gott. In Bezug auf die Erlösung sagen alle Christen ‚dasselbe‘: dass sie errettet werden müssen und dass Gott ihnen in Jesus Errettung geschenkt hat.

3. Betrachte, dass Jesus in seinen Pflichten dem Vater gegenüber treu ist

Hebräer 3, 2

Hebräer 3, 2
Welcher dem treu ist, der ihn eingesetzt hat, wie es auch Mose war in seinem ganzen Haus.

  1. Welcher treu ist: Wenn wir die bisherige Treue Jesu betrachten, verstehen wir, dass er auch weiterhin treu sein wird. Wie er dem Vater gegenüber treu war, der ihn eingesetzt hat, wird er auch uns treu sein. Diese Tatsache sollte uns ermutigen und ein Segen für uns sein.
  2. Wie es auch Mose war in seinem ganzen Haus: Mose zeigte eine erstaunliche Treue in seinem Dienst. Jesus aber zeigte vollkommene Treue, die sogar Moses‘ Treue übertraf.

B. Jesus ist größer als Mose

1. Jesus empfing mehr Ehre als Mose

Hebräer 3, 3a

Hebräer 3, 3a
Denn dieser ist größerer Ehre wertgeachtet worden als Mose,

  1. Mose: Mose empfing viel Ehre von Gott. Das wird deutlich durch sein strahlendes Angesicht, nachdem er Zeit mit Gott verbracht hatte (2. Mose 34, 29-35) und auch daran, wie er vor Miriam und Aaron (4. Mose 12, 6-8) und vor den Söhnen Korahs (4. Mose 16) von Gott gerechtfertigt wurde.
  2. Denn dieser ist größerer Ehre wertgeachtet worden als Mose: Aber Jesus empfing weitaus größere Ehre vom Vater. Das wird deutlich bei der Taufe (Matthäus 3, 16-17), der Verklärung (Markus 9, 7) und der Auferstehung Jesu (Apostelgeschichte 2, 26-27 und Apostelgeschichte 2, 31-33).

2. Mose, der Diener – Jesus, der Sohn

Hebräer 3, 3b-6

Hebräer 3, 3b-6
Wie ja doch der, welcher ein Haus gebaut hat, mehr Ehre hat als das Haus selbst. Denn jedes Haus wird von jemand gebaut; der aber alles gebaut hat, ist Gott. Auch Mose ist treu gewesen als Diener in seinem ganzen Haus, zum Zeugnis dessen, was verkündet werden sollte, Christus aber als Sohn über sein eigenes Haus; und sein Haus sind wir, wenn wir die Zuversicht und das Rühmen der Hoffnung bis zum Ende standhaft festhalten.

  1. Wie ja doch der, welcher ein Haus gebaut hat, mehr Ehre hat als das Haus selbst: Mose war ein Mitglied des Hauses Gottes, aber Jesus ist der Erbauer dieses Hauses und deshalb der größeren Ehre würdig.
    1. Nach Aussage von Morris hielten die früheren Rabbiner Mose für den größten Menschen, der jemals gelebt hat, größer noch als die Engel. Der Verfasser des Hebräerbriefes kritisiert Mose nicht, sondern er betrachtet ihn in einem angemessenen Vergleich zu Jesus.
  2. Auch Mose ist treu gewesen als Diener in seinem ganzen Haus ( … ) Christus aber als Sohn über sein ganzes Haus: Mose war ein treuer Diener, aber er wurde im Gegensatz zu Jesus niemals Sohn genannt. Dies zeigt, dass Jesus größer als Mose ist.
  3. Und sein Haus sind wir, wenn wir … bis zum Ende standhaft festhalten: Wir sind Teil des Hauses Jesu, wenn wir standhaft festhalten. Der Autor ermutigt diejenigen, die am liebsten umkehren wollten und hilft ihnen standhaft festzuhalten, indem er ihnen erklärt, welche Vorteile es hat, Jesus weiterhin nachzufolgen.
    1. Wahre Hingabe zu Jesus zeigt sich über einen langen Zeitraum, nicht nur in einer euphorischen Anfangsphase. Wir vertrauen darauf, dass der, welcher in euch ein gutes Werk angefangen hat, es auch vollenden wird bis auf den Tag Jesu Christi (Philipper 1, 6).
    2. Sein Haus sind wir: 1. Petrus 2, 4-5 sagt, dass wir als geistliches Haus aufgebaut werden. Gott möchte durch sein Volk ein Werk bauen, so wie man ein Haus bauen kann.

C. Die Schlussfolgerung aus der Tatsache, dass Jesus größer ist als Mose

1. Ein Zitat aus Psalm 95, 7-11 und seine Bedeutung

Hebräer 3, 7-11

Hebräer 3, 7-11
Darum, wie der Heilige Geist spricht:
»Heute, wenn ihr seine Stimme hört,
so verstockt eure Herzen nicht, wie in der Auflehnung,
am Tag der Versuchung in der Wüste,
wo mich eure Väter versuchten; sie prüften mich
und sahen meine Werke 40 Jahre lang.
Darum wurde ich zornig über jenes Geschlecht
und sprach: Immer gehen sie in ihrem Herzen in die Irre,
und sie haben meine Wege nicht erkannt,
so dass ich schwor in meinem Zorn:
Sie sollen nicht in meine Ruhe eingehen!«

  1. Darum, wie der Heilige Geist spricht: Der Geist Gottes (der durch sein Wort spricht) hat uns gesagt, dass Jesus, der Messias, viel größer ist als Mose. Diese Wahrheit sollte uns dazu bewegen, zu handeln. Genau zu diesem Handeln will der Verfasser des Hebräerbriefs die Leser nun ermutigen.
  2. Verstockt eure Herzen nicht: Gott erwartete vom Volk Israel, dass es sich Mose unterordnete, ihm nachfolgte und ihm vertraute. Von uns erwartet Gott, dass wir uns Jesus unterordnen, ihm nachfolgen und vertrauen, weil er ein viel größerer Leiter als Mose ist.
    1. Die Aussage ist klar. Wenn der Heilige Geist spricht, müssen wir auf seine Stimme hören und wir dürfen nicht zulassen, dass sich unsere Herzen verhärten. Wir hören das Reden des Heiligen Geistes in der Bibel sowie in unseren Herzen. Wir hören es in denen, die er zur Errettung führt und auch durch sein Wirken.
    2. Genauso, wie der Geist auf vielerlei Arten spricht, können auch wir auf vielerlei Weise unser Herz verhärten.
      1. Manche verstocken ihre Herzen, indem sie in ihre alte Gleichgültigkeit zurückfallen.
      2. Manche verstocken ihre Herzen durch Unglauben.
      3. Manche verstocken ihre Herzen, indem sie um weitere Zeichen bitten.
      4. Manche verstocken ihre Herzen, indem sie die Gnade Gottes als selbstverständlich ansehen.
  3. Heute: Die Stimme des Heiligen Geistes spricht mit Dringlichkeit. Er fordert uns nie auf, morgen mit Gott ins Reine zu kommen oder auf das Gestern zu vertrauen – der Heilige Geist spornt uns einzig und allein an, heute zu handeln.
    1. Der Heilige Geist sagt uns „Heute!“, weil seine Einladung ernstgemeint ist. Er sagt auch deshalb „Heute!“, weil er wirklich möchte, dass wir zu Jesus kommen. Wenn mich jemand zu sich nach Hause zum Abendessen einlädt, aber weder Tag noch Zeit nennt, weiß ich, dass diese Einladung noch nicht wirklich feststeht. Aber wenn jemand sagt: „Komm an diesem Tag zu dieser Uhrzeit“, dann weiß ich, dass die Einladung feststeht, dass man wirklich möchte, dass ich komme, dass mein Gastgeber auf mein Kommen vorbereitet ist und mich tatsächlich erwartet. Der Heilige Geist nennt dir eine Zeit für seine Einladung – heute.
    2. Charles Spurgeon erklärt, warum der Heilige Geist so eindringlich spricht: „Er wartet außerdem darauf, seine Lieblingsaufgabe als Tröster ausüben zu können. Er kann die Seele, die nicht nach Gott fragt, nicht trösten. Er kann nicht die trösten, die ihre Herzen verhärtet haben. Den Ungläubigen zu trösten, würde ihr Verderben bedeuten. Da er sich daran erfreut, der Tröster zu sein, und vom Vater ausgesandt wurde, um besonders diese Fähigkeit auszuüben, damit er das Volk Gottes tröstet, hält er mit suchenden Augen nach denen Ausschau, die zerbrochenen und zerschlagenen Geistes sind, um ihnen den Balsam von Gilead aufzutragen und ihre Wunden zu heilen“.
    3. Auch uns muss sehr wichtig sein, dass es heute geschieht. „Stell dir den stärksten Mann vor, den du kennst, und nimm einmal an, dass dein ewiges Wohlergehen davon abhängt, ob er im nächsten Jahr noch am Leben ist oder nicht. Mit welch großer Sorge würdest Du vernehmen, dass er krank ist? Wie besorgt wärst du um seine Gesundheit? Nun, Sünder, du setzt deine Errettung mit deinem eigenen Leben aufs Spiel. Ist das etwa sicherer?“ (Spurgeon)
  4. Wie in der Auflehnung, am Tag der Versuchung: Der Tag der Versuchung bezieht sich zunächst auf die Versuchung in Meriba (4. Mose 20, 1-13). Im weiteren Sinn spricht es auch von Israels Weigerung zu vertrauen und nach dem Auszug aus Ägypten in das Verheißene Land zu ziehen (4. Mose 13, 30-14, 10). Gott akzeptierte ihren Unglauben nicht und verurteilte diese Generation des Unglaubens zum Tod in der Wüste (4. Mose 14, 22-23 und 14, 28-32).
    1. Das ergibt nur Sinn, weil es eine gewisse Kontinuität in Gottes Wirken unter seinem Volk durch die Jahrhunderte hindurch gibt. Wir können aus den Fehlern des früheren Volkes Gottes lernen.
  5. Und sahen meine Werke 40 Jahre lang: Wegen ihres Unglaubens drohte dem Volk Israel das Gericht, welches nach vierzig Jahren schließlich seinen Höhepunkt erreichte. Diese Warnung im Hebräerbrief wurde ca. 40 Jahre, nachdem die Juden Jesus zum ersten Mal abgelehnt hatten, aufgeschrieben. Gottes Zorn kam schnell über das jüdische Volk, das Jesus abgelehnt hatte und erreichte seinen Höhepunkt mit der römischen Zerstörung Jerusalems.
  6. Darum wurde ich zornig über jenes Geschlecht: Gott war über jenes Geschlecht zornig wegen seines Unglaubens. Sie weigerten sich, Gott für die großen Dinge, die er verheißen hatte, zu vertrauen, und sie waren unwillig im Glauben weiterzugehen. Deshalb konnten sie nicht in die Ruhe eingehen, die Gott für sie bestimmt hatte, nämlich in das Land Kanaan.

2. Habt acht: Seid nicht wie das Geschlecht, das in der Wüste ums Leben kam

Hebräer 3, 12-15

Hebräer 3, 12-15
Habt acht, ihr Brüder, dass nicht in einem von euch ein böses, ungläubiges Herz sei, das im Begriff ist, von dem lebendigen Gott abzufallen! Ermahnt einander vielmehr jeden Tag, solange es »Heute« heißt, damit nicht jemand unter euch verstockt wird durch den Betrug der Sünde! Denn wir haben Anteil an Christus bekommen, wenn wir die anfängliche Zuversicht bis ans Ende standhaft festhalten, solange gesagt wird:
»Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht, wie in der Auflehnung«.

  1. Dass nicht in einem von euch ein böses, ungläubiges Herz sei: Das sind harte Worte, aber wir unterschätzen oft die schreckliche Natur unseres Unglaubens. Sich zu weigern, Gott zu glauben, ist eine schwere Sünde, denn es zeigt ein böses Herz, das im Begriff ist, von dem lebendigen Gott abzufallen.
    1. „Unglaube ist nicht die Unfähigkeit zu verstehen, sondern der Unwille zu vertrauen. ( … ) Es ist der Wille, nicht der Intellekt, der hier entscheidend ist“. (Newell)
    2. Man kann aufrichtig an Gott glauben und doch gelegentlich von Zweifeln geplagt sein. Es gibt einen Zweifel, der Gottes Verheißungen glauben möchte, aber im Moment zu schwach dazu ist. Unglaube ist keine Schwäche des Glaubens, sondern er macht sich zu einem Gegner des Glaubens.
    3. „Von der großen Sünde, nicht an den Herrn Jesus Christus zu glauben, wird oft leichtfertig und in einem sehr belanglosen Ton gesprochen, so, als ob es gar keine richtige Sünde sei. Und doch wird in diesem Text und im Zusammenhang der ganzen Schrift deutlich, dass Unglaube bedeutet, Gott einen Lügner zu nennen und was könnte schlimmer sein?“ (Spurgeon)
    4. „Horche, oh Ungläubiger, du hast gesagt: ‚Ich kann nicht glauben’, aber es wäre ehrlicher, wenn du gesagt hättest: ‚Ich will nicht glauben’. Darin liegt die Gefahr. Du bist an deinem Unglauben schuld, er ist kein Unglück, das dir zugestoßen ist. Dein Unglaube ist eine Krankheit, aber er ist auch ein Verbrechen; er ist eine schreckliche Wurzel des Elends für dich und zwar zu Recht, denn er ist ein scheußlicher Angriff gegen den Gott der Wahrheit.“ (Spurgeon)
    5. „Habe ich nicht schon oft Menschen sagen hören: ‚Ach, ich versuche schon seit Jahren zu glauben.‘ Schreckliche Worte! Sie machen die Sache nur schlimmer. Stell dir vor, jemand käme, nachdem ich etwas Bestimmtes gesagt hätte, auf mich zu und würde sagen, dass er mir nicht glauben könne, obwohl er es wirklich gerne täte. Ich wäre sicherlich gekränkt. Er würde aber die Angelegenheit noch schlimmer machen, wenn er hinzufügen würde: „Ich versuche seit Jahren, ihnen zu glauben, und ich kann es nicht.“ Was meint er damit? Was kann er anderes meinen, als dass ich so gründlich Unrecht habe und solch ein hartnäckiger Lügner bin, dass er, obwohl er es ja versucht habe, mir wirklich nicht glauben kann? Obwohl er sich so sehr darum bemüht, steht es nicht in seiner Macht, mir zu glauben? Ein Mensch also, der sagt: ‚Ich habe mich bemüht an Gott zu glauben’, sagt in Wirklichkeit genau dasselbe gegenüber Gott, dem Allerhöchsten.“ (Spurgeon)
    6. Dem lebendigen Gott: „Dieser göttliche Titel ist von höchster Bedeutung und zeigt, dass Gottes Charakter gegenüber allen derselbe ist, den Gläubigen wie auch gegenüber allen anderen.“ (Griffith-Thomas)
  2. Ermahnt einander vielmehr jeden Tag: Wenn wir unseren Glauben stärken und es vermeiden wollen, dass der Unglaube uns ins Verderben führt, müssen wir uns mit Christen umgeben, die uns ermahnen, oder anders ausgedrückt, die uns ernsthaft ermutigen. Dies zeigt unsere Verantwortung, sowohl andere zu ermahnen als auch sich ermahnen zu lassen. Wir sollen einander vielmehr jeden Tag ermahnen. Es ist leicht, zu urteilen und zu kritisieren, aber das ist keine Ermahnung.
    1. Wenn man keine Gemeinschaft mit anderen Christen hat, kann man nicht ermahnen und auch nicht ermahnt werden. Dann gibt es viel weniger, dass uns davor bewahren könnte, durch den Betrug der Sünde verstockt zu werden.
    2. Manche denken, dass das Gebot Jesu, sich nicht mit dem „Splitter im Auge des Bruders“ zu beschäftigen, während wir selbst „einen Balken im Auge“ haben (Matthäus 7, 5), bedeutet, dass wir uns nicht einander vielmehr jeden Tag ermahnen sollten. Aber Jesus sagte uns, dass wir uns zuerst mit dem Balken im eigenen Auge beschäftigen sollen und dann mit dem Splitter im Auge unseres Bruders. Er hat nicht gesagt, dass wir den Splitter ignorieren sollen, sondern, dass wir die richtige Reihenfolge einhalten müssen.
    3. Die Betonung, wie wichtig Gemeinschaft unter Christen ist, steht im Gegensatz zum heutigen gesellschaftlichen Denken. Eine US-Studie belegt, dass mehr als 78% der Bevölkerung und 70% der Gemeindebesucher glauben, dass man „ein guter Christ sein kann, ohne zu einer Gemeinde zu gehen.“ (Roof und McKinney)
    4. „Ihr sollt auf eure Brüder achten. Ihr sollt einander täglich ermahnen, besonders ihr, die ihr Aufseher der Gemeinde oder die ihr älter und erfahrener seid. Habt acht, damit keiner eurer Brüder in der Gemeinde allmählich vom Glauben abfällt, oder jemand sein Herz dauerhaft in Unglauben verstockt und in seiner Sünde zugrunde geht. Er, der dich bittet, auf dich selbst zu achten, möchte nicht, dass du dich selbstsüchtig nur um dich sorgst, damit du nicht wie Kain wirst, der es sogar wagte, zum Herrn selbst zu sagen: ‚Bin ich der Hüter meines Bruders?‘“ (Spurgeon)
  3. Damit nicht jemand unter euch verstockt wird: Christen müssen sehr wachsam sein gegen die Verstockung des eigenen Herzens. Diese versteckte Sünde, die du dir erlaubst – keiner vermutet sie bei dir, weil du sie gut versteckst. Du betrügst dich selbst, wenn du glaubst, dass sie kaum Schaden anrichtet. Du denkst, du kannst ja später immer noch um Vergebung bitten. Es reicht doch, wenn du dir selbst erst irgendwann in der Zukunft stirbst und dich dann Jesus hingibst. Du kannst hingegen nicht sehen oder spüren, dass diese versteckte Sünde dein Herz verstockt. Während es sich immer mehr verhärtet, wirst du deiner Sünde gegenüber immer weniger sensibel. Du entfernst dich immer weiter von Jesus. Und die geistliche Gefahr wird jeden Tag größer.
  4. Der Betrug der Sünde: Die Sünde des Unglaubens hat ihre Wurzel im Betrug und ihre Frucht ist durch Verstockung gekennzeichnet (damit nicht jemand unter euch verstockt wird). Unglaube und Sünde sind betrügerisch. Denn wenn wir Gott nicht glauben, hören wir nicht auf zu glauben- wir beginnen stattdessen einer Lüge zu glauben.
    1. Eine große Gefahr, die von der Sünde ausgeht, ist ihr Betrug. Wenn sie ganz offen zum Vorschein käme, und alle ihre Auswirkungen sichtbar würden, wäre die Sünde unattraktiv – aber das Wesen der Sünde ist Betrug.
    2. Von Anfang an liegt ein wesentlicher Teil der Macht der Sünde in ihrem Betrug.
      1. Die Sünde ist betrügerisch in der Art und Weise, wie sie zum Vorschein kommt.
      2. Die Sünde ist betrügerisch in dem, was sie uns verspricht.
      3. Die Sünde ist betrügerisch in dem, wie sie sich selbst nennt.
      4. Die Sünde ist betrügerisch in ihren Ausreden, die sie vor und nach der Sünde vorbringt.
  5. Anteil an Christus: Gläubige, die sich von der Sünde abwenden und ihr Leben selbstlos Jesus anvertrauen, haben in herrlicher Art und Weise Anteil an Christus.
    1. Anteil an Christus – all das Folgende ist damit gemeint: Wir haben Anteil an seinem Gehorsam, Anteil an seinem Leiden, Anteil an seinem Tod, Anteil an seiner Auferstehung, Anteil an seinem Sieg, Anteil an seinem Plan, Anteil an seiner Macht, Anteil an seinem Dienst der Fürbitte, Anteil an seinem Werk, Anteil an seiner Herrlichkeit, Anteil an seiner Bestimmung. Wir haben ‚Anteil an Christus‘. Das sagt alles.
    2. Die Einheit des Gläubigen mit Jesus wird vielfältig beschrieben:
      1. Wie ein Stein, der in das Fundament zementiert ist.
      2. Wie ein Weinstock, der mit seinen Reben verbunden ist.
      3. Wie eine Frau, die mit ihrem Mann verheiratet ist.
  6. So verstockt eure Herzen nicht: Wir sagen oft, dass unsere Herzen hart werden durch das, was andere oder unsere Lebensumstände uns antun. Aber in Wirklichkeit verhärten wir selbst unsere Herzen durch die Art und Weise, wie wir auf diese Dinge reagieren.

3. Ein guter Anfang reicht nicht aus

Hebräer 3, 16-19

Hebräer 3, 16-19
Denn einige lehnten sich auf, als sie es hörten, aber nicht alle, die durch Mose aus Ägypten ausgezogen waren. Über wen war er aber 40 Jahre lang zornig? Waren es nicht die, welche gesündigt hatten, deren Leiber in der Wüste fielen? Welchen schwor er aber, dass sie nicht in seine Ruhe eingehen sollten, wenn nicht denen, die sich weigerten zu glauben? Und wir sehen, dass sie nicht eingehen konnten wegen des Unglaubens.

  1. Denn einige lehnten sich auf, als sie es hörten: Als Volk hat Israel einen guten Anfang gemacht. Es erforderte schließlich viel Glauben das Schilfmeer zu überqueren. Und doch kam diese ganze erste Generation in der Wüste um, außer den beiden Männern des Glaubens – Josua und Kaleb.
    1. Man bedenke ihr großes Privileg:
      1. Sie sahen die zehn Plagen, die über Ägypten kamen.
      2. Sie erhielten große Offenbarung von Gott.
      3. Sie erlebten Gottes große Geduld mit ihnen.
      4. Sie erfuhren große Barmherzigkeit.
  2. Dass sie nicht in seine Ruhe eingehen sollten: Elf Mal spricht der Hebräerbrief in den Kapiteln 3 und 4 davon in die Ruhe einzugehen. Diese Ruhe wird im nächsten Kapitel detailliert beschrieben. Aber hier wird der Schlüssel aufgezeigt, der notwendig ist, um in diese Ruhe einzugehen: Glaube.
  3. Und wir sehen, dass sie nicht eingehen konnten wegen des Unglaubens: Man könnte versucht sein zu denken, dass der Schlüssel zum Eintritt in die Ruhe der Gehorsam ist, insbesondere wenn man von Hebräer 3, 18 ausgeht: „Welchen schwor er aber, dass sie nicht in seine Ruhe eingehen sollten, wenn nicht denen, die sich weigerten zu glauben“. Aber der in Hebräer 3, 18 angesprochene Ungehorsam, [ihre Weigerung], ist eine Frucht des Unglaubens, der in Hebräer 3, 19 erwähnt wird. Zuerst kam der Unglaube, dann der Ungehorsam.
    1. Es war einzig und allein der Unglaube, der verhinderte, dass sie ins das Land Kanaan eingehen konnten.
      1. Nicht ihre Sünde hielt sie fern vom Land Kanaan
      2. Nicht fehlende Zeichen Gottes hielten sie fern vom Land Kanaan
      3. Nicht fehlende Ermutigungen hielten sie fern vom Land Kanaan
      4. Keine schwierigen Umstände hielten sie vom Land Kanaan fern
    2. Im neutestamentlichen Verständnis steht die Erhabenheit Jesu Christ im Mittelpunkt unseres Glaubens, wer er wahrhaftig ist (ganz Gott und ganz Mensch) und dass er für uns als treuer Hoherpriester Versöhnung bewirkt hat (wie in Hebräer 2, 17). Wenn wir auf diese Dinge vertrauen und sie zur ‚Nahrung‘ unserer Seelen machen, gehen wir in Gottes Ruhe ein.
  4. Sie nicht eingehen konnten: Israels großes Versagen lag darin, dass sie nicht im Glauben ausharrten. Nachdem sie einen so großen Teil der Wüste im Vertrauen auf Gott durchquert hatten und so viele Gründe gesehen hatten, warum es sich lohnt, ihm zu vertrauen, schafften sie es am Ende doch nicht. Sie versagten, weil sie nicht im Glauben an Gott und seine Verheißungen ausharrten.
    1. Im Gleichnis vom Sämann und den unterschiedlichen Arten von Böden erinnert uns Jesus daran, dass es nicht genug ist, einen guten Anfang zu machen. Durch die Saat, die auf steinigen Grund oder unter die Dornen fällt, macht er uns darauf aufmerksam, dass es nicht ausreicht, einen guten Anfang zu machen. Wahrer Glaube harrt bis zum Ende aus. Es ist wunderbar, einen guten Anfang zu machen, aber wie wir am Ende abschließen, ist noch wichtiger als wie wir angefangen haben.
    2. C.S. Lewis schrieb in „Dienstanweisungen an einen Unterteufel“ über die Schwierigkeiten des Ausharrens (aus der fiktiven Perspektive eines verführerischen Dämons): „Der Feind [Gott] hat ihn vor dir geschützt, als die erste große Welle der Versuchung über ihn hereinbrach. Wenn es dir nun gelingt, ihn am Leben zu erhalten, so hast du die Zeit selbst zu deinem Verbündeten. Die lange, langweilig-eintönige Periode des Wohlstands oder der Widerwärtigkeiten des gesetzteren Alters sind ausgezeichnetes Wetter für einen Feldzug. Du musst begreifen, es fällt diesen Geschöpfen überaus schwer, auszuharren! Die alltäglichen Widrigkeiten, der langsame Zerfall jugendlicher Liebe und jugendlicher Hoffnungen, die stille Verzweiflung (die kaum als Schmerz empfunden wird) darüber, ob sie jemals die ständigen Versuchungen überwinden werden, mit denen wir sie immer wieder besiegen, die Eintönigkeit, mit der wir ihr Leben erfüllen, und der unartikulierte Unmut, mit dem wir sie lehren, darauf zu reagieren – all dies schafft vortreffliche Gelegenheiten, eine Seele durch Zermürbung zu erschöpfen. Wenn andererseits die mittleren Jahre von Wohlstand geprägt sind, so ist unsere Ausgangslage noch besser. Der Wohlstand fesselt den Menschen an die Welt. Er glaubt‚ `seinen Platz in ihr zu finden’, während in Wirklichkeit sie ihren Platz in ihm gefunden hat. ( … ) Daher müssen wir unseren Patienten oft ein langes Leben wünschen. Siebzig Jahre sind kein Tag zu viel für die schwierige Aufgabe, ihre Seele vom Himmel zu lösen und eine feste Verbundenheit mit der Erde zu schaffen“.
    3. Wenn wir in Gottes Ruhe eingehen, dann werden wir in den vor uns liegenden Jahren im Vertrauen und in unserer Zuversicht auf Jesus weiter wachsen. Wenn wir aber durch Unglauben darin versagen, in die Ruhe einzugehen, dann werden wir uns in den vor uns liegenden Jahren immer mehr von einer leidenschaftlichen, vertrauensvollen Beziehung zu Jesus entfernen.

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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