Hebräer 10 – An einem vollkommenen Opfer festhalten

A. Das ein für alle Mal dargebrachte Opfer von Jesus

1. Die Opfer unter dem Alten Bund konnten Sünden nicht endgültig wegnehmen

Hebräer 10, 1-4

Hebräer 10, 1-4
Denn weil das Gesetz nur einen Schatten der zukünftigen [Heils-] Güter hat, nicht die Gestalt der Dinge selbst, so kann es auch mit den gleichen alljährlichen Opfern, die man immer wieder darbringt, die Hinzutretenden niemals zur Vollendung bringen. Hätte man sonst nicht aufgehört, Opfer darzubringen, wenn die, welche den Gottesdienst verrichten, einmal gereinigt, kein Bewusstsein von Sünden mehr gehabt hätten? Stattdessen geschieht durch diese [Opfer] alle Jahre eine Erinnerung an die Sünden. Denn unmöglich kann das Blut von Stieren und Böcken Sünden hinwegnehmen!

  1. Nur einen Schatten der zukünftigen [Heils-] Güter: Den Gedanken, dass der Alte Bund (das Gesetz) nur ein bloßer Schatten der Dinge ist, die im Neuen Bund aufgedeckt werden, finden wir auch in Kolosser 2, 17 und Hebräer 8, 5. Schatten bedeutet, dass das Gesetz eine Vorstellung von und Hinweise auf die Dinge vermittelte, die in Jesus erfüllt wurden, aber dass es nicht die Gestalt der Dinge selbst war.
    1. Ein Schatten ist nichts Schlechtes. Manchmal kann uns ein Schatten vieles verraten. Aber der Schatten ist nicht das Original selbst. Der Alte Bund und sein Gesetz waren nicht an sich schlecht oder böse, sie waren nur unvollständig und unzureichend, wenn es darum ging, eine vollständige Reinigung von der Sünde herbeizuführen und zu retten. Der Schatten … kann … die Hinzutretenden niemals zur Vollendung bringen.
    2. Newell bemerkt, dass das Gesetz hier Schatten und nicht die Gestalt der Dinge selbst genannt wird. Es ist kein eikon. „Wie eine gute Statue oder eine Fotografie gibt ein Bild oder eikon Merkmale und Einzelheiten genau wieder. Das kann ein Schatten nicht … Das Gesetz aber hatte nur einen Schatten.“ (Newell)
    3. „Wenn du zum Beispiel eine Ladung Holz braucht, gehst du zum Waldarbeiter. Dieser geht mit dir zu einer großen Eiche, die in einer entlegenen Ecke des Grundstücks wächst. Er zeigt auf den langen Schatten, den sie wirft und bietet an, dir diesen Schatten zu verkaufen. Wirst Du ihn nehmen? Wenn Gott also sagt, dass das Gesetz nur ein Schatten ist, also noch nicht einmal ein genaues Abbild der Dinge und natürlich auch nicht die Gestalt der Dinge selbst, warum solltest Du Dich dann am Schatten festhalten?“ (Newell)
    4. „Im Grunde sagt er: ‚Ohne Christus kommt man nicht über die Schatten Gottes hinaus‘.“ (Barclay) Das eigentliche Bild: Das altgriechische Wort eikon „deutet an, was an sich wesentlich ist, und gibt auch eine wahre Darstellung dessen, was es abbildet.“ (Dods)
  2. Hätte man sonst nicht aufgehört, Opfer darzubringen? Der Verfasser des Hebräerbriefes wiederholt ein bekanntes Argument: Die Wiederholung der Opfer zeigt ihre Schwäche auf. Wenn Tieropfer das Problem der Sünde gelöst hätten, hätte man aufgehört, Opfer darzubringen.
  3. Wenn die, welche den Gottesdienst verrichten, einmal gereinigt, kein Bewusstsein von Sünden mehr gehabt hätten? Stattdessen geschieht durch diese [Opfer] alle Jahre eine Erinnerung an die Sünden: Jedes wiederholt dargebrachte Opfer war eine Erinnerung an die Sünden. Es machte den Menschen ihre Sünde immer und immer wieder bewusst. Aber Jesu Werk am Kreuz nimmt Sünden weg.
    1. „Sie sind nichts anderes als eine Erinnerung an die Sünde. Sie sind weit davon entfernt, den Menschen zu reinigen, sondern erinnern ihn daran, dass er nicht rein ist und dass seine Sünden immer noch zwischen ihm und Gott stehen.“ (Barclay)
    2. „Eine Reinigung, die ständig wiederholt werden muss, ist keine echte Reinigung; ein Gewissen, das einmal im Jahr gereinigt werden muss, ist nie wirklich gereinigt worden.“ (Robinson)
  4. Denn unmöglich kann das Blut von Stieren und Böcken Sünden hinwegnehmen: Tieropfer unter dem Alten Bund konnten Sünde bedecken. Das hebräische Wort für Sühne ist kophar und bedeutet wörtlich ‚bedecken‘. Tieropfer konnten aber niemals Sünden hinwegnehmen. Nur Jesus, das vollkommene Opfer des Neuen Bundes kann Sünden hinwegnehmen.
    1. „Es gab eine Art priesterliche Tretmühle des Opfers … Dieser Prozess nahm kein Ende und ließ die Menschen im Bewusstsein ihrer Sünde und in der Entfremdung von Gott zurück.“ (Barclay)
    2. „’Hinwegnehmen‘ (aphaireo) wird für ein buchstäbliches Entfernen verwendet, wie bei Petrus, der dem Sklaven des Hohenpriesters das Ohr abschneidet (Lukas 22, 50), oder im übertragenen Sinn für die Entfernung der Schmach (Lukas 1, 25). Es bedeutet die vollständige Beseitigung der Sünde, so dass sie in der jeweiligen Situation keine Rolle mehr spielt. Das ist es, was gebraucht wird, und das ist es, was die Opfer nicht bieten konnten.“ (Morris)
    3. „Hering weist beispielsweise darauf hin, dass sich das Christentum dadurch von den mystischen Religionen unterscheidet, in denen das Opfer des Gottes jährlich wiederholt wurde. In der Tat gibt es keine andere Religion, in der ein einziges großes Ereignis durch die Jahrhunderte und die ganze Welt hindurch das Heil bringt. Das ist die unverwechselbare Lehre des Christentums.“ (Morris)

2. Die prophetische Grundlage für Jesu vollkommenes Opfer unter dem Neuen Bund

Hebräer 10, 5-10

Hebräer 10, 5-10
Darum spricht er bei seinem Eintritt in die Welt:
»Opfer und Gaben hast du nicht gewollt; einen Leib aber hast du mir bereitet. An Brandopfern und Sündopfern hast du kein Wohlgefallen. Da sprach ich: Siehe, ich komme — in der Buchrolle steht von mir geschrieben —, um deinen Willen, o Gott, zu tun!«
Oben sagt er: »Opfer und Gaben, Brandopfer und Sündopfer hast du nicht gewollt, du hast auch kein Wohlgefallen an ihnen« — die ja nach dem Gesetz dargebracht werden —, dann fährt er fort: »Siehe, ich komme, um deinen Willen, o Gott, zu tun«. [Somit] hebt er das Erste auf, um das Zweite einzusetzen. Aufgrund dieses Willens sind wir geheiligt durch die Opferung des Leibes Jesu Christi, [und zwar] ein für alle Maleachi

  1. Spricht er: Psalm 40, 7-9 wird hier zitiert nach der Septuaginta (die Septuaginta ist die altgriechische Übersetzung des Alten Testaments, die im ersten Jahrhundert die am häufigsten verwendete Bibel war). Es zeigt, dass Jesus prophetisch den unzureichenden Charakter des Opfers des Alten Bundes erklärte und sich bereit erklärte, im Rahmen des Neuen Bundes ein vollkommenes Opfer darzubringen.
    1. „Man folgt im Wesentlichen dem Text der Septuaginta, der sich vom Hebräischen vor allem dadurch unterscheidet, dass dort sōma (Körper) statt ōtia (Ohren) steht.“ (Robertson)
  2. Opfer und Gaben hast du nicht gewollt: Noch mehr Tieropfer, die unter dem Gesetz gebracht wurden, würden Gott nicht gefallen. Wiederholt hat Gott im Alten Testament seinen Wunsch nach Gehorsam statt nach Opfern zum Ausdruck gebracht.
    1. Opfer und Gaben … Brandopfer und Sündopfer: „Es ist wahrscheinlich, dass die vier Begriffe, die der Psalmist für Opfer verwendet, alle im Dienst der Leviten vorgeschriebenen Arten von Opfern abdecken sollen.“ (Bruce)
  3. Einen Leib aber hast du mir bereitet: Stattdessen konnte das, was Gott gefiel, nur durch Jesus, den menschgewordenen Sohn Gottes, kommen. In der Fleischwerdung Christi war der Körper Jesu perfekt bereitet und geeignet, um voll und ganz als Mensch und voll und ganz als Gott zu leben.
    1. „Es besteht kein Zweifel daran, dass der Autor davon überzeugt ist, dass die Präexistenz Christi real ist.“ (Guthrie)
    2. „Seine Menschwerdung selbst wird als ein Akt der Unterwerfung unter den Willen Gottes und als solcher als eine Vorwegnahme seiner endgültigen Unterwerfung unter diesen Willen in seinem Tod angesehen.“ (Bruce)
  4. Siehe, ich komme … um deinen Willen, o Gott, zu tun: Jesu Unterwerfung unter den Willen Gottes, des Vaters, hat seine ultimative Erfüllung in Jesu Gehorsam am Kreuz. Dieser Wunsch, den Willen Gottes zu tun, zeigte sich im Garten Gethsemane (Lukas 22, 39-44).
    1. „Deinen Willen zu tun, o Gott, ist das Ziel des vollkommenen Menschen. Außer von Jesus ist er selbst von den frommsten Menschen nur unvollständig erfüllt worden. Was der Psalmist als das erstrebenswerteste Ziel ansah, wird auf den Lippen Jesu zu einem Ausdruck der Tatsache.“ (Guthrie)
  5. Siehe, ich komme, um deinen Willen, o Gott, zu tun: Das Opfer Jesu war vor der Grundlegung der Welt beschlossen worden (1. Petrus 1, 20; Offenbarung 13, 8). Trotzdem war es eine bewusste Willensentscheidung Jesu, sich dem Kreuz zur vorherbestimmten Zeit zu unterwerfen. Aufgrund dieses Willens sind wir geheiligt durch die Opferung des Leibes Jesu Christi.
    1. Unsere Heiligung – unsere Auserwählung für Gott – beruht auf dem Willen Jesu, nicht auf unserem eigenen Willen. Sie gründet sich auf der Opferung Jesu, nicht auf unsere eigenen Opfer für Gott.
  6. Ein für alle Mal: Das sind die entscheidenden Worte dieses Abschnittes, und der Verfasser des Hebräerbriefes wiederholt das Thema immer und immer wieder: ein für alle Mal.
    1. „Das eine Opfer vollbringt das Werk, das die vielen nicht vollbracht haben. Man fragt sich, wie Priester, die behaupten, die ‚Messe‘ sei das Opfer des Leibes Christi, diesen Vers interpretieren.“ (Robertson)
    2. „Der himmlische Hohepriester hat in der Tat ein fortwährendes Amt, das er für sein Volk zur Rechten des Vaters ausübt; aber das ist das Amt der Fürbitte auf der Grundlage des ein für alle Mal dargebrachten und angenommenen Opfers, es ist nicht die ständige oder wiederholte Darbringung seines Opfers. Dieses letzte Missverständnis wurde in der westlichen Kirche zweifellos durch eine fehlerhafte Wiedergabe der Vulgata gefördert, die auf eine bekannte Unzulänglichkeit des lateinischen Verbs zurückzuführen ist.“ (Bruce)

3. Das vollendete Werk Jesu Christi

Hebräer 10, 11-18

Hebräer 10, 11-18
Und jeder Priester steht da und verrichtet täglich den Gottesdienst und bringt oftmals dieselben Opfer dar, die doch niemals Sünden hinwegnehmen können; Er aber hat sich, nachdem er ein einziges Opfer für die Sünden dargebracht hat, das für immer gilt, zur Rechten Gottes gesetzt, und er wartet hinfort, bis seine Feinde als Schemel für seine Füße hingelegt werden. Denn mit einem einzigen Opfer hat er die für immer vollendet, welche geheiligt werden. Das bezeugt uns aber auch der Heilige Geist; denn nachdem zuvor gesagt worden ist: »Das ist der Bund, den ich mit ihnen schließen will nach diesen Tagen, spricht der Herr: Ich will meine Gesetze in ihre Herzen geben und sie in ihre Sinne schreiben«, sagt er auch: »An ihre Sünden und ihre Gesetzlosigkeiten will ich nicht mehr gedenken.« Wo aber Vergebung für diese ist, da gibt es kein Opfer mehr für Sünde.

  1. Und jeder Priester steht da … täglich: Die Priester mussten bei ihrer Arbeit immer stehen. Ihre Arbeit wurde täglich verrichtet, Opfer mussten oftmals dargebracht werden. Die Priester konnten sich niemals hinsetzen! Aber Jesus hat sich zur Rechten Gottes gesetzt, weil er sein Werk, das Opfer für Sünde, vollendet hat.
    1. Er aber: „Im Gegensatz zu der Vielzahl der levitischen Priester geht es hier um ein Opfer, das einmal und für immer dargebracht wird und nicht um viele Opfer die immer wieder dargebracht werden mussten, wie es im Alten Bund geschah.“ (Trapp)
    2. Die Opfer unter dem Alten Bund konnten das Sündenproblem nie heilen, ließen uns wie einen Patienten zurück, der ständig die Medizin braucht, oder wie ein Unkraut, dem man nur den Kopf ausreißt, nicht aber die Wurzel.
    3. Die Tatsache, dass Jesus sitzt, ist wichtig. Dies zeigt, dass sein Werk vollendet ist. Es war nicht mehr nötig, täglich den Gottesdienst zu verrichten und oftmals dieselben Opfer darzubringen, wie es die Priester unter dem Alten Bund tun mussten. Jesus dient weiterhin im Himmel. Sein Dienst besteht darin, Fürbitte für sein Volk zu tun. Aber dieser Dienst ist das Ergebnis seines vollendeten Werkes, so dass er eine Position der Ruhe einnehmen kann: Er aber hat sich … zur Rechten Gottes gesetzt.
    4. Spurgeon macht deutlich, dass man Teile des Textes auch anders deuten könnte. Er aber hat sich, nachdem er ein einziges Opfer für die Sünden dargebracht hat, das für immer gilt, zur Rechten Gottes gesetzt. Man könnte auch übersetzen: Er aber hat sich, nachdem er ein einziges Opfer für die Sünden dargebracht hat, für immer zur Rechten Gottes gesetzt. Beides ist erlaubt und beides ist korrekt, obwohl die geläufigere Übersetzung vermutlich vorgezogen werden sollte.
    5. Als Jesus den Platz zur Rechten Gottes beanspruchte, betrachtete der Hohepriester dies als Blasphemie – als ob Jesus behauptete, Gott selbst zu sein (Markus 14, 62-63).
  2. Bis seine Feinde als Schemel für seine Füße hingelegt werden: Dies ist ein Ausblick auf die Vollendung des Werkes Jesu, und jeder Teil ist damit verbunden. Die Fleischwerdung führt zu seinem vollkommenen Leben; sein vollkommenes Leben führt zu seinem Tod zur Versöhnung; sein Tod zur Versöhnung führt zu seiner Auferstehung; seine Auferstehung führt zu seiner Himmelfahrt zur Herrlichkeit; seine Himmelfahrt zur Herrlichkeit führt zu seiner Wiederkunft und seinem Triumph über alle Feinde.
  3. Hat er die für immer vollendet, welche geheiligt werden: Hier wird deutlich, dass das Werk Jesu nur bei denen wirkungsvoll ist, welche geheiligt werden. Das Werk Jesu ist in der Lage, jeden Menschen zu erretten, aber es ist nur erfolgreich darin, die zu erretten, welche geheiligt (für Gott ausgesondert) werden.
    1. „Welch herrliches Wort! Die, für die Christus gestorben ist, sind durch seinen Tod vollkommen gemacht. Das bedeutet nicht, dass er sie als Menschen vollkommen gemacht hätte, als wären sie keine Sünder mehr, sondern dass er die, für die er gestorben ist, vollkommen frei von der Schuld der Sünde machte. Als Christus ihre Sünden auf sich nahm, verblieb die Sünde nicht mehr auf ihnen, weil die Sünde nicht zur gleichen Zeit an zwei verschiedenen Orten sein konnte.“ (Spurgeon)
  4. Das bezeugt uns aber auch der Heilige Geist … spricht der Herr: In diesem Abschnitt zeigt der Verfasser des Hebräerbriefes deutlich, dass der Heilige Geist der Herr ist, der Yahweh des Alten Testaments. Wenn der Heilige Geist spricht, spricht der Herr.
    1. „Wir haben in diesem Abschnitt die dreifache Offenbarung Gottes, eine sehr eindeutige geistliche und praktische Veranschaulichung der Heiligen Dreifaltigkeit, im Willen Gottes (Hebräer 10, 9), im Werk Christi (Hebräer 10, 12) und im Zeugnis des Geistes (Hebräer 10, 15).“ (Thomas)
  5. Das ist der Bund: In diesen Versen, die aus Jeremia zitiert werden, weist der Verfasser des Hebräerbriefes auf die Verheißungen des Neuen Bundes hin, der durch den Messias eingesetzt wurde.
    1. Den ich mit ihnen schließen will nach diesen Tagen: Der Neue Bund ist neu. Er kommt nach diesen Tagen.
    2. Ich will meine Gesetze in ihre Herzen geben: Im Neuen Bund geht es um eine innere Verwandlung. Gott verändert die Herzen von Menschen und schreibt sein Gesetz in ihre Herzen.
    3. An ihre Sünden und ihre Gesetzlosigkeiten will ich nicht mehr gedenken: Der Neue Bund bietet vollständige Vergebung an. Diese Vergebung ist so vollständig, dass Gott sagen kann, dass er sich im Lichte des Neuen Bundes noch nicht einmal an unsere Sünden erinnert (oder ihrer gedenkt)!
    4. Ein Christ muss danach streben, mit seinen Sünden genau das zu tun, was Gott getan hat: sie vergessen. Wir müssen immer daran denken, dass ein Gläubiger keinesfalls ‚auf Bewährung‘ ist. Vor Gott hat seine vergangene Sünde keinen Einfluss auf das gegenwärtige Handeln Gottes.
    5. „Die Vergebung der Sünden ist das Merkmal des neuen Bundes. Im Buch Jeremia wird die vollständige Vergebung der Sünden versprochen. Wenn die Vergebung vollständig ist, bleibt für die levitischen Opfer unter dem Neuen Bund kein Platz mehr.“ (Vincent)
  6. Wo aber Vergebung für diese ist, da gibt es kein Opfer mehr für Sünde: Wo Sünde wirklich vergeben und vergessen ist (wo Vergebung für diese ist), muss kein Sündopfer mehr dargebracht werden.
    1. „Mit den Worten ‚da gibt es kein Opfer mehr für Sünde’ schließen wir den lehrhaften Teil dieses großen Hebräerbriefs ab“ (Newell). Das Folgende ist hauptsächlich Ermahnung.
    2. „Der Christus, der am Kreuz von Golgatha gestorben ist, muss für meine neuen Sünden nicht noch einmal sterben und muss auch keine neue Sühne für die Übertretungen opfern, die ich in der Zukunft vielleicht begehen werde. Nein. Stattdessen hat er ein für alle Mal die ganze Masse der Sünden seines Volkes als riesige Last auf seine Schultern genommen und sie in das Grab geschleudert, in dem er gelegen hat. Dort sind sie begraben und können niemals wieder auferstehen um Zeugnis gegen die Erlösten abzulegen.“ (Spurgeon)
    3. Das Sühnewerk Jesu ist vollbracht. Wenn das für uns nicht ausreicht, dann wird auch nichts Anderes ausreichen. „Gott hat Christus für dich als schuldigen Sünder dargelegt, auf den du dich berufen kannst; und wenn das nicht genug für dich ist, was willst du dann noch haben? Christus hat sich selbst geopfert und ist an unserer Stelle gestorben hat für uns gelitten und ist in seine Herrlichkeit eingegangen; und wenn du dich nicht auf ihn verlassen kannst, was willst du dann noch von ihm? Soll er kommen und wieder sterben? Du hast ihn einmal abgelehnt; du würdest ihn auch ablehnen, wenn er zweimal sterben würde.“ (Spurgeon)

B. Die Entmutigten im Lichte des vollkommenen Opfers Jesu ermutigen

1. Eine Zusammenfassung dessen, was Jesus für sein Volk getan hat

Hebräer 10, 19-21

Hebräer 10, 19-21
Da wir nun, ihr Brüder, kraft des Blutes Jesu Freimütigkeit haben zum Eingang in das Heiligtum, den er uns eingeweiht hat als neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang hindurch, das heißt, durch sein Fleisch, und da wir einen großen Priester über das Haus Gottes haben,

  1. Freimütigkeit haben: Dies ist eine Tatsache, keine Ermahnung. Wir haben Zugang zu Gott und können uns ihm mutig nähern. Es ist ganz einfach: Wir müssen diesen Zugang nutzen und zwar mit Freimütigkeit. Am Versöhnungstag betrat der Hohepriester das Allerheiligste voller Furcht und Zittern, aber wir können das Heiligtum mit Freimütigkeit betreten.
    1. Wir können freimütig sein, weil wir das Heiligtum durch das Blut Jesu betreten. Wenn wir so eintreten würden, wie es der Hohepriester im Alten Testament tat, mit dem Blut von Tieren, könnten wir keine Freimütigkeit haben. Aber mit dem Blut Jesu, das einen neuen und lebendigen Weg für uns eingeweiht hat, können wir wirklich mit Freimütigkeit in die Gegenwart Gottes kommen.
    2. Diese Freimütigkeit ist der komplette Gegensatz zu der Art und Weise, wie der Hohepriester das Heiligtum unter dem Alten Bund betrat. „Er ging mit Furcht und Zittern, weil er mit dem Tod zu rechnen hatte, wenn er die kleinste Kleinigkeit, die im Gesetz vorgeschrieben war vergessen hätte. Echte Gläubige können sogar mit Zuversicht vor den Thron Gottes treten, da sie das unendlich verdienstvolle Blut des großen Sühneopfers in die göttliche Gegenwart tragen; und da sie durch dieses Blut gerechtfertigt sind, haben sie ein Recht auf alle Segnungen des ewigen Reiches.“ (Clarke)
    3. Da wir nun Freimütigkeit haben zum Eingang: „Besonders zu beachten ist das Wort ‚haben‘, das, wie auch sonst, immer eine gegenwärtige und bewusste Erfahrung impliziert. Es ist unmöglich, die ‚Gegenwartsformen des gesegneten Lebens‘, zu denen diese gehört, überzubewerten.“ (Thomas)
  2. Als neuen und lebendigen Weg: Das bedeutet, dass das Opfer Jesu Gott immer frisch in Erinnerung ist. Obwohl es vor Jahrhunderten geschehen ist, ist es nicht ‚schal‘ oder ‚fad‘ geworden. Es bedeutet, dass ein lebendiger Jesus uns in die Gegenwart Gottes hineinführt.
    1. Newell über den neuen und lebendigen Weg: „Er ist ewig, so als ob Jesus gerade jetzt unsere Sünden an seinem eigenen Leib am Kreuz getragen hätte, als ob er gerade jetzt gesagt hätte: ‚Es ist vollbracht’ und als ob der Soldat gerade jetzt seine Seite durchstoßen hätte und Blut und Wasser aus der Wunde getreten wäre. Er wird in Ewigkeit immer frisch erschlagen sein.“ (Clarke)
    2. „Das ist eindeutig ein Hinweis auf das Blut der Opfer, das noch nicht geronnen war und daher gesprenkelt werden konnte, weil das Tier gerade frisch geschlachtet war. Das Blut der jüdischen Tieropfer konnte für Opferzwecke genutzt werden, solange es warm und flüssig war.“ (Clarke)
    3. Es ist ein lebendiger Weg. Unter dem Alten Bund hatte der Hohepriester durch das Blut eines toten Tieres Zugang. Jetzt unter dem Neuen Bund haben wir Zugang durch das vollkommene Opfer des sündlosen Sohnes Gottes; es ist so, als ob der lebendige, auferstandene Jesus uns in den Thronsaal Gottes hineinführt.
  3. Durch den Vorhang hindurch: Der Vorhang trennte das Allerheiligste (Heiligtum) vom Heiligen. Um das Allerheiligste zu betreten, musste man durch den Vorhang gehen. Dieser Vorhang, der die Menschen von der persönlichen Gegenwart Gottes trennte, ist nun für immer geöffnet, weil er von oben nach unten in zwei Teile gerissen ist (Matthäus 27, 51).
    1. Das heißt, durch sein Fleisch: Der Verfasser des Hebräerbriefes zieht hier einen Vergleich zwischen dem Vorhang, der zwischen Gott und den Menschen stand, und dem Leib Jesu. Jesu Leib wurde genauso wie der Vorhang ‚zerrissen‘. Beide weisen darauf hin, dass wir jetzt freimütig zu Gott kommen können.
    2. „Für die Gläubigen ist der Schleier nicht aufgerollt, sondern zerrissen. Der Schleier wurde nicht abgenommen und sorgfältig zusammengefaltet und weggelegt, damit er zu einem späteren Zeitpunkt wieder an seinen Platz gehängt werden kann. Oh nein! Sondern die göttliche Hand nahm ihn und zerriss ihn von oben bis unten. Es kann nie wieder aufgehängt werden; das ist unmöglich. Zwischen denen, die in Christus Jesus sind, und dem großen Gott wird es nie wieder eine Trennung geben.“ (Spurgeon)
    3. „Er scheint darauf hinzuweisen, dass sein Lebenssaft erst durch das Zerreißen des Leibes Jesu am Kreuz für seinen vorrangigen Zweck, die Erlösung der Menschen, zur Verfügung stand.“ (Robinson)
  4. Da wir einen großen Priester über das Haus Gottes haben: Wir haben einen Hohepriester, der dem Haus Gottes vorsteht, um sicherzustellen, dass der Gläubige uneingeschränkten Zugang erhält.
    1. „Die Verbindung von Weg und Priester gibt uns Zuversicht, befreit uns von Angst und allen anderen Hemmungen und ermöglicht es uns, als wir selbst in die Gegenwart Gottes zu treten.“ (Robinson)
    2. „Das ‚Haus Gottes‘, über das er sein Amt als Hohepriester ausübt, ist natürlich die Gemeinschaft des Volkes Gottes.“ (Bruce)

2. Lasst uns angesichts dessen, was Jesus getan hat, vor Gott treten

Hebräer 10, 22

Hebräer 10, 22
So lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in völliger Gewissheit des Glaubens, durch Besprengung der Herzen los vom bösen Gewissen und am Leib gewaschen mit reinem Wasser.

  1. So lasst uns hinzutreten: Mit der vollkommenen Reinigung, die uns zur Verfügung steht und die in den Verheißungen des Neuen Bundes in den hebräischen Schriften (Besprengung der Herzen) und in der christlichen Praxis der Taufe (am Leib gewaschen) beschrieben wird, können wir uns Gott auf eine Weise nähern, zu Gott hinzutreten, die jemandem unter dem Alten Bund nie möglich war. Das Werk Jesu macht es möglich, dass wir in völliger Gewissheit des Glaubens hinzutreten können.
    1. „Deshalb ist der Aufruf an mich keine Aufforderung, mich vorzubereiten oder mir einen Weg zu Gott zu bahnen. Es geht einfach darum, zu kommen, sich zu nähern, und einzutreten. Das tue ich durch meinen großen Hohenpriester, aber das kann ich durch ihn tun, ohne zu zögern und ohne Angst zu haben.“ (Morgan)
    2. Am Leib gewaschen: „Was die christliche Taufe von der Vielzahl der in den Religionen der alten Welt praktizierten Waschungen unterscheidet, ist, dass sie mehr als ein äußerer Ritus ist, der den Körper von rituellen Verunreinigungen reinigt. Die Taufe ist das äußere Zeichen einer inneren Reinigung, und letztere war die wichtigere.“ (Morris)
    3. Besprengung der Herzen … Am Leib gewaschen: „Diese Partizipien drücken nicht die Bedingungen für die Annäherung zu Gott aus, die noch nicht erreicht wurden, sondern die Bedingungen, die bereits erfüllt sind.“ (Dods)
  2. So lasst uns hinzutreten: Wir können hinzutreten, weil verschiedene Probleme geklärt sind. Das Problem des Zugangs zu Gott ist geklärt. Das Problem eines vollkommenen Hohenpriesters ist geklärt. Das Problem der moralischen und geistlichen Unreinheit ist geklärt.
    1. Die Ermutigung, hinzuzutreten, wäre nicht gegeben worden, wenn sie nicht notwendig gewesen wäre. Diese entmutigten Christen hatten ein Problem damit, hinzuzutreten. Das war ihr eigentliches Problem: Sie hatten ihre innige Beziehung zu Jesus verloren, und auch sonst lief nichts mehr rund.
    2. Vielleicht dachten sie, dass sie viele Probleme hätten: Verfolgung, schwierige Beziehungen, kulturelle oder wirtschaftliche Probleme. Aber ihr eigentliches Problem war, dass sie in ihrer Beziehung mit Gott nicht auf dem richtigen Weg waren. Sie sind nicht auf der Grundlage dessen, was Jesus am Kreuz, durch das leere Grab und im Himmel getan hat, auf Gott zugegangen.
    3. Wenn wir schwierige Zeiten durchmachen, sollten wir uns daran erinnern, dass viele Menschen schon weit Schlimmeres durchgemacht haben und dabei eine bessere Einstellung und mehr Freude hatten als es bei dir jetzt der Fall ist. Wo liegt der Unterschied? Sie wussten, wie man hinzutritt.
    4. Es war wichtig, dass die ursprünglichen Leser dieses Briefes daran erinnert wurden, dass sie diese innige Beziehung und Nähe niemals mit Hilfe der Strukturen des Alten Bundes zurückgewinnen konnten.

3. Lasst uns angesichts dessen, was Jesus getan hat, an der Wahrheit festhalten

Hebräer 10, 23

Hebräer 10, 23
Lasst uns festhalten am Bekenntnis der Hoffnung, ohne zu wanken — denn er ist treu, der die Verheißung gegeben hat.

  1. Lasst uns festhalten am Bekenntnis der Hoffnung, ohne zu wanken: Die Entmutigung ließ sie von der Wahrheit abkommen. Ein erneuertes Vertrauen in die Größe Jesu und in den Neuen Bund wird dafür sorgen, dass sie im Glauben stark bleiben.
    1. „Diese Ermahnung, ‚Lasst uns festhalten‘, könnte auf dem Umschlag der Bibel eines jeden Christen stehen. Wir leben in einer so unbeständigen Zeit, dass wir alle ermahnt werden müssen, in der Wahrheit verwurzelt und geerdet, bestätigt und gefestigt zu sein.“ (Spurgeon)
    2. Ohne zu wanken: „Das so übersetzte griechische Wort wird nur hier im Neuen Testament verwendet und beruht auf der Vorstellung eines aufrechten Objekts, das sich überhaupt nicht neigt. Im christlichen Leben ist kein Platz für eine Hoffnung, die einmal fest und ein anderes Mal wackelig ist.“ (Guthrie)
  2. Denn er ist treu, der die Verheißung gegeben hat: Wir können stark bleiben, weil der, der die Verheißung gegeben hat, treu ist. Es ist viel besser, auf seine Treue zu vertrauen als auf unsere!

4. Lasst uns im Angesicht dessen, was Jesus getan hat, nach der Gemeinschaft des Volkes Gottes streben

Hebräer 10, 24-25

Hebräer 10, 24-25
Und lasst uns aufeinander achtgeben, damit wir uns gegenseitig anspornen zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unsere eigene Versammlung nicht verlassen, wie es einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das umso mehr, als ihr den Tag herannahen seht!

  1. Und lasst uns aufeinander achtgeben: Entmutigung führte dazu, dass sie Gemeinschaft mieden, obwohl sie sie gerade in dieser Zeit am meisten gebraucht hätten. Jesus begegnet uns in unserem Nächsten, damit wir uns gegenseitig zur Liebe und zu guten Werken anspornen.
    1. Aufeinander: „Dies ist die einzige Stelle, an der der Autor den Ausdruck ‚aufeinander‘ (allelous) verwendet, obwohl er im NT häufig zu finden ist. Er bezieht sich auf eine gemeinsame Tätigkeit, bei der sich die Gläubigen gegenseitig ermutigen, und nicht auf eine Tätigkeit, bei der die Leiter den anderen vorschreiben, was sie zu tun haben.“ (Morris)
    2. „Der Begriff ‚anspornen‘ ist stark formuliert. Ein bemerkenswerter Begriff, der `Anstiftung´ bedeutet und entweder, wie hier, in einem guten Sinn oder, wie in Apostelgeschichte 15, 39, in einem schlechten Sinn (d.h. Streit) verwendet wird. Es scheint darauf hinzudeuten, dass es nicht selbstverständlich ist, sich gegenseitig zu lieben.“ (Guthrie)
    3. Liebe ist hier das altgriechische Wort agape, das im Neuen Testament mit Bedeutung gefüllt wird. „Die Liebe braucht Anregung und Gesellschaft. Der Glaube und die Hoffnung können von einem Einzelgänger, in einer Mönchszelle oder auf einer einsamen Insel praktiziert werden. Aber die Liebe kann nur in einer Gemeinschaft ausgeübt werden.“ (Robinson)
  2. Indem wir unsere eigene Versammlung nicht verlassen: Wenn wir die Gemeinschaft verlassen, öffnen wir der Entmutigung Tür und Tor. Wo Christen einander nicht anspornen, verschlimmert sich diese Situation.
    1. Viele gehen zur Gemeinde, wenn sie sich gerade danach fühlen. Aber unsere Motivation nach Gemeinschaft muss sein, dass wir Gott gehorchen und anderen geben möchten. Wir können und sollten uns mit Gläubigen versammeln, um diejenigen zu ermutigen, die sich gegen die Flut der Entmutigung stemmen müssen.
      1. Wie versammeln uns, um etwas von Gott zu empfangen.
      2. Wie versammeln uns, um Gott etwas zu geben
      3. Wie versammeln uns, um andere durch unseren Glauben zu ermutigen.
      4. Wie versammeln uns, um einander zu segnen.
      5. Wie versammeln uns, um zusammenzuarbeiten.
    2. „Jeder Christ der ersten Stunde, der versuchte, ohne die Unterstützung der Gemeinschaft wie ein frommer Zeitgenosse zu leben, lief in einer Zeit, in der es keine öffentliche Meinung gab, die ihn unterstützte, ernsthaft Gefahr.“ (Moffatt, zitiert von Morris)
    3. Weil es so wichtig ist, dass sich die Christen versammeln, müssen Dinge, die ihrer Versammlung entgegenwirken, als ernste Gefahren betrachtet werden. „Das Schisma [Kirchenspaltung] ist das Zerreißen der Venen und Arterien des mystischen Leibes Christi selbst. Wir dürfen uns nur im Sinne der unerträglichen Verfolgung, der Häresie, des Götzendienstes und des Antichristentums trennen.“ (Trapp)
    4. „Dr. Mackintosh hat treffend darauf hingewiesen, dass das Wort `Heiliger´ niemals in der Einzahl vorkommt, sondern `zwangsläufig im Plural’.“ (Thomas)
    5. Versammlung: „Die Aufforderung, die Versammlung nicht zu verlassen, bezieht sich vermutlich auf gottesdienstliche Zusammenkünfte, obwohl dies nicht angegeben wird. Möglicherweise ist die Formulierung absichtlich zweideutig gehalten, um auch andere Versammlungen informellerer Art einzuschließen, aber das griechische Wort (episynagoge) deutet auf eine offizielle Versammlung hin.“ (Guthrie)
  3. Und das umso mehr, als ihr den Tag herannahen seht! Je näher die Wiederkunft Jesu kommt, desto intensivere Gemeinschaft sollten wir mit den Kindern Gottes, unserer eigenen Versammlung, haben.
    1. Als ihr den Tag herannahen seht: „Im vorliegenden Zusammenhang ist zu beachten, dass das Verb im Indikativ steht und eine vollendete Realität wiedergibt – ihr seht – und nicht, wie die vorangehenden Verben, in Form einer Ermahnung. Die Tatsache, dass es diesen Tag gibt, wird als klar angesehen. Sie ist nicht als geheim zu betrachten. Die Christen sollten so leben, als sei der Anbruch des Tages so nahe, dass seine Ankunft nur noch hinter dem Horizont verborgen ist.“ (Guthrie)
    2. „Jede nachfolgende christliche Generation ist angehalten, wie die Generation der Endzeit zu leben, wenn sie als christliche Generation leben will.“ (Bruce)

C. Eine weitere Warnung: Harrt aus

1. Die Gefahr, das perfekte Opfer, das Jesus für uns gebracht hat, bewusst abzulehnen

Hebräer 10, 26-31

Hebräer 10, 26-31
Denn wenn wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, so bleibt für die Sünden kein Opfer mehr übrig, sondern nur ein schreckliches Erwarten des Gerichts und ein Zorneseifer des Feuers, der die Widerspenstigen verzehren wird. Wenn jemand das Gesetz Moses verwirft, muss er ohne Erbarmen sterben auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin; wie viel schlimmerer Strafe, meint ihr, wird derjenige schuldig erachtet werden, der den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes, durch das er geheiligt wurde, für gemein geachtet und den Geist der Gnade geschmäht hat? Denn wir kennen ja den, der sagt: »Die Rache ist mein; ich will vergelten!, spricht der Herr«, und weiter: »Der Herr wird sein Volk richten«. Es ist schrecklich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!

  1. Denn wenn wir mutwillig sündigen: Der Ausdruck ‚mutwillig sündigen‘ wird in Hebräer 10, 29 definiert. Er beschreibt jemanden, der den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes, durch das er geheiligt wurde, für gemein geachtet und den Geist der Gnade geschmäht hat. Es ist eine bewusste, wohl durchdachte Ablehnung des großartigen Werks, das Jesus am Kreuz für uns vollbracht hat.
    1. Mutwillig sündigen: In gewisser Hinsicht ist jede Sünde eine ‚mutwillige Sünde‘. Aber der Verfasser des Hebräerbriefes spricht hier von etwas, das für die entmutigten jüdischen Christen viel wichtiger und entscheidender war. Sie dachten darüber nach, ihren einzigartig christlichen Glauben zu verlassen und zum Judentum mit seinem Opfersystem zurückzukehren. Dies bedeutete aber, Jesus den Rücken zuzukehren.
    2. „Hier wird keine Person beschrieben, die der Versuchung zur Sünde nicht standhalten konnte. Ein Mensch begeht vielleicht einen Fehler oder er sündigt bewusst, aber trotzdem leugnet er damit nicht das Evangelium oder den Herrn, der ihn erkauft hat. Das ist eine ernste Sache und es ist gefährlich, aber nicht hoffnungslos.“ (Clarke)
    3. „Der Gedanke scheint eng mit dem vorhergehenden Vers verbunden zu sein und deutet darauf hin, dass, wenn wir unsere Brüder und Schwestern im Stich lassen, dies leicht dazu führen kann, dass wir Christus verlassen.“ (Thomas)
  2. So bleibt für die Sünden kein Opfer mehr übrig: Für den, der das Sündopfer Jesu ablehnt, steht kein anderes Opfer zur Verfügung, das ihn reinigen könnte.
    1. „Wenn dieser große Weg der Erlösung, dieses mächtigste aller Opfer, abgelehnt wird, bleibt kein anderes Opfer übrig.“ (Morgan)
  3. Wie viel schlimmerer Strafe: Wer Jesu Opfer ablehnt, dem ist eine schreckliche Strafe gewiss, noch gewisser als unter dem Alten Bund.
  4. Denn wenn wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben: Wenn wir mutwillig sündigen, indem wir das Werk Jesu am Kreuz ablehnen, weil wir es für nicht ausreichend halten, haben wir:
    1. Den Sohn Gottes mit Füßen getreten: Wir entehren ihn, wenn wir das großartigste Werk, das er für uns getan hat, ablehnen. Wir werten ihn ab, indem wir das abwerten, was er getan hat. Zu diesem Text bemerkt Vincent: „Er wird in der Septuaginta häufig für verderben, besiegen, verächtlich behandeln verwendet. Der starke Ausdruck ist absichtlich gewählt, um das Gefühl der furchtbaren Empörung zu vermitteln, die mit der Abkehr von Christus und der Rückkehr zum Judentum verbunden ist.“
    2. Das Blut des Bundes … für gemein geachtet: Wir schätzen das Blut Jesu nicht höher als das der unzähligen Tieropfer unter dem Alten Bund. Vincent: „Hier lässt das Wort zwei Erklärungen zu: (1) dass das Blut Christi als gewöhnliches Blut angesehen wurde, das keinen heiligeren Charakter oder besonderen Wert hatte als das Blut eines gewöhnlichen Menschen; (2) dass die Weigerung, das Blut Christi als das eines Heilands und Erlösers zu betrachten, bedeutete, dass sein Blut so unrein war wie das eines Sünders.“
    3. Den Geist der Gnade geschmäht: Wenn wir Jesus und sein vollendetes Werk für uns ablehnen, beleidigen wir damit den Heiligen Geist, der die Aufgabe hat, uns Jesus und sein Werk zu präsentieren (Johannes 16, 8-15).
    4. Rache: „Eine unglückliche Übersetzung, da sie die Vorstellung von Rachsucht vermittelt, die dem griechischen Wort nicht innewohnt. Es geht darum, allen Parteien in vollem Umfang Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.“ (Vincent)
  5. Es ist schrecklich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen: Es ist tatsächlich schrecklich, eines Tages dem Gott gegenüberzustehen, den man bewusst abgelehnt und beleidigt hat.
    1. In die Hände des lebendigen Gottes: In die Hände des lebendigen Gottes zu fallen bedeutet daher, sich seiner Liebe zu widersetzen, seine Erlösung abzulehnen, die Warnungen seines Geistes zu verachten und so über den Punkt hinaus zu verharren, an dem Gott immer wieder Gnade walten lassen kann.“ (Newell)

2. Fass‘ dir ein Herz, auch wenn du gerade entmutigt bist und erinnere dich daran, wie du früher in schwierigen Situationen an Gott festgehalten hast

Hebräer 10, 32-34

Hebräer 10, 32-34
Erinnert euch aber an die früheren Tage, in denen ihr, nachdem ihr erleuchtet wurdet, viel Kampf erduldet habt, der mit Leiden verbunden war, da ihr teils selbst Schmähungen und Bedrängnissen öffentlich preisgegeben wart, teils mit denen Gemeinschaft hattet, die so behandelt wurden. Denn ihr hattet Mitleid mit mir in meinen Ketten bewiesen und den Raub eurer Güter mit Freuden hingenommen, weil ihr in euch selbst gewiss seid, dass ihr ein besseres und bleibendes Gut in den Himmeln besitzt.

  1. Erinnert euch aber an die früheren Tage: Diese Christen hatten bereits für Jesus gelitten; sie waren aus der jüdischen Gemeinschaft ausgeschlossen und vielleicht sogar für tot erklärt worden. Dies war geschehen, nachdem sie zum Glauben an Jesus gekommen waren (nachdem ihr erleuchtet wurdet).
  2. Viel Kampf erduldet habt, der mit Leiden verbunden war: Ihre Verfolgung zeigte sich in vielerlei Hinsicht. Sie waren Schmähungen und Bedrängnissen öffentlich preisgegeben und hatten mit denen Gemeinschaft, die so behandelt wurden, unter anderem auch mit dem Verfasser des Hebräerbriefes (denn ihr hattet Mitleid mit mir in meinen Ketten bewiesen). Auch in wirtschaftlicher Sicht hatten sie Verfolgung erlitten (den Raub eurer Güter). Die Betonung liegt hier darauf, dass sie diese Dinge erlebt und sie hingenommen hatten. Diese Erinnerung an ihr früheres Ausharren sollte sie dazu ermutigen, auch in Zukunft stark zu sein.
    1. Clarke über viel Kampf … der mit Leiden verbunden war: „Es handelt sich um eine Anspielung auf die Wettkämpfe bei den griechischen Spielen oder auf die Vorführungen der Gladiatoren bei den öffentlichen Veranstaltungen.“
    2. Teils selbst Schmähungen und Bedrängnissen öffentlich preisgegeben: Hier wird das gleiche altgriechische Wort verwendet wie in 1. Korinther 4, 9: Denn wir sind der Welt ein Schauspiel geworden, und das sowohl für die Engel als auch für die Menschen. Der Gedanke ist, dass wir zum Theater für eine zuschauende Welt gemacht werden. „Griechisch, auf eine Bühne gestellt; man kann es entweder wörtlich oder im übertragenen Sinn verstehen, auf die Christen traf beides zu.“ (Trapp)
  3. Weil ihr in euch selbst gewiss seid, dass ihr ein besseres und bleibendes Gut in den Himmeln besitzt: Sie haben die Zeit der Verfolgung überstanden, indem sie den Blick auf den Himmel richteten. Die Aussage des Hebräerschreibers ist klar: Ihr könnt auch diese Zeit der Entmutigung überstehen.

3. Ziehe Kraft aus den Erfahrungen der Vergangenheit, um für die Zukunft gewappnet zu sein

Hebräer 10, 35-39

Hebräer 10, 35-39
So werft nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat! Denn standhaftes Ausharren tut euch not, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt, die Verheißung erlangt. Denn noch eine kleine, ganz kleine Weile, dann wird der kommen, der kommen soll, und wird nicht auf sich warten lassen. »Der Gerechte aber wird aus Glauben leben«; doch: »Wenn er feige zurückweicht, so wird meine Seele kein Wohlgefallen an ihm haben«. Wir aber gehören nicht zu denen, die feige zurückweichen zum Verderben, sondern zu denen, die glauben zur Errettung der Seele.

  1. So werft nun eure Zuversicht nicht weg: Diese entmutigten Christen liefen Gefahr, ihre Zuversicht auf Jesus wegzuwerfen und zu einer auf dem Alten Bund basierenden Beziehung zu Gott zurückzukehren.
    1. Werft nun eure Zuversicht nicht weg: „Werft sie nicht weg … weder Menschen noch Teufel können sie euch wegnehmen, und Gott wird sie euch nie nehmen, wenn ihr treu bleibt. Es geht hier um feige Soldaten, die ihre Schilde wegwerfen und vor der Schlacht weglaufen. Dies ist dein Schild, dein Glaube an Christus, der dir die Erkenntnis des Heils gibt; halte es fest, und es wird dich bewahren.“ (Clarke)
  2. Denn standhaftes Ausharren tut euch not: Sie und auch wir müssen standhaft Ausharren um die Verheißung Gottes empfangen zu können, nachdem wir den Willen Gottes getan haben. Die härtesten und deprimierendsten Anfechtungen erleben wir dann, wenn wir Gottes Willen deutlich gehört haben, die Erfüllung seiner Zusagen aber sehr weit weg zu sein scheint. Deswegen müssen wir Ausharren. Unsere Treue in Zeiten, in denen Verheißungen scheinbar nicht erfüllt werden, ist der Maßstab unseres Gehorsams und unserer geistlichen Reife.
    1. Die Fähigkeit des Ausharrens wächst durch Anfechtungen, die Bewährung unseres Glaubens (Jakobus 1, 2-4).
  3. Der Gerechte aber wird aus Glauben leben: Wir müssen den Fußstapfen der Gerechten folgen, die aus Glauben leben werden. Sie harren aus, bis Gottes Verheißungen erfüllt sind.
    1. Jedes Wort in Habakuk 2, 4 ist wichtig. Der Herr zitiert diesen Vers dreimal im Neuen Testament um seine Wichtigkeit zu verdeutlichen.
      1. In Römer 1, 17 zitiert Paulus Habakuk 2, 4 mit der Betonung auf Glauben: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“
      2. In Galater 3, 11 zitiert Paulus Habakuk 2, 4 mit der Betonung auf gerecht: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“
      3. Hier in Hebräer 10, 38 liegt die Betonung auf leben: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
  4. Wir aber gehören nicht zu denen, die feige zurückweichen zum Verderben, sondern zu denen, die glauben zur Errettung der Seele: Das ist eine tröstliche Schlussfolgerung. Wir gehören zu denen, die ausharren und wir werden die Verheißung Gottes erhalten. Wir werden nicht zu alten Traditionen zurückweichen oder zu einer auf dem Alten Bund basierenden Beziehung zu Gott oder zu irgendeinem anderen Ersatz für Jesus zurückkehren.
    1. „Das Zurückweichen im christlichen Leben ist manchmal auf Enttäuschungen zurückzuführen, manchmal auf Niedergeschlagenheit, manchmal auf Entmutigung, aber immer auf mangelndes Vertrauen.“ (Thomas)
    2. Zur Errettung der Seele: „Altgriechisch, für das Geben der Seele. Eine Redewendung von den Kaufleuten, die entweder mehr bekommen oder das, was sie haben, verlieren; oder vielleicht auch von den Spielern, die einen Einsatz auf Lager haben, egal ob die Welt mit ihnen geht.“ (Trapp)
    3. Zur Errettung der Seele: „Das Wort ‚erretten‘ bezieht sich nicht auf das, was allgemein als Erlösung von der Sünde verstanden wird, sondern ist ein Wort, das ‚vollständiger Besitz‘ bedeutet. Der Glaube ist zuerst empfänglich, indem er seine Segel ausbreitet, um die Brise der Offenbarung Gottes aufzufangen, und dann ist er empfänglich für sein Wort und seine Gnade.“ (Thomas)

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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