Markus 1 – Der Anfang des Evangeliums

A. Einleitung: Der einzigartige Charakter des Markus-Evangeliums

1. In Offenbarung 4, 7 werden die Cherubim um Gottes Thron als Wesen mit vier Gesichtern beschrieben: jeweils mit dem eines Löwen, dem eines Stiers, dem eines Menschen und dem eines Adlers. Im Lauf der Zeit hat die Kirche jedem Evangelium eines dieser ‚Gesichter‘ zugeordnet, dem Charakter und der Botschaft des jeweiligen Evangeliums entsprechend. In den Kathedralen Europas findet man dieses Motiv immer wieder in Schnitzereien oder auf Gemälden, wo jedes dieser Geschöpfe dargestellt wird, typischerweise mit einem Buch. Traditionell ist das Geschöpf, das das Markus-Evangelium symbolisiert, der Stier oder der Ochse – ein Geschöpf der Arbeit und des Dienstes. Das Markus-Evangelium zeigt Jesus als den Diener Gottes, als einen Arbeiter Gottes

  1. Aus diesem Grund ist das Markus-Evangelium ein ‚geschäftiges‘ Buch. In diesem Evangelium ist Jesus scheinbar am aktivsten und ein Ereignis folgt auf das andere. Eines der Schlüsselwörter ist sogleich, es kommt im Markus-Evangelium mehr als 40-mal vor. Wir sehen Jesus als einen Diener – damit beschäftigt, Bedürfnisse zu erfüllen und damit befasst, Gottes Messias zu sein.
  2. Im Markus-Evangelium liegt die Betonung mehr auf den Taten als auf den Worten Jesu. „Das Markus-Evangelium stellt Christus in Handlungen dar. Es gibt ein Mindestmaß an Reden und ein Höchstmaß an Taten.“ (Robertson)

2. Die kirchliche Überlieferung besagt, dass der Apostel Petrus die Hauptquelle des Markus-Evangeliums ist. Manche halten es sogar für „das Evangelium des Petrus“

  1. Ein Hinweis auf Petrus´ Einfluss ist, dass dieser sehr liebevoll über Markus spricht und ihn in 1. Petrus 5, 13 sogar als meinen Sohn Markus bezeichnet. Er schrieb in 1. Petrus 5, 13 auch, dass Markus bei ihm war.
    1. Markus (der in Textstellen wie Apostelgeschichte 12, 25 auch Johannes-Markus genannt wird) scheiterte in seinem Dienst, wie es in der Apostelgeschichte von Paulus dargestellt wird (Apostelgeschichte 15, 36-41). Seine Beziehung zu Paulus wurde am Ende aber wieder hergestellt (2. Timotheus 4, 11).
    2. Petrus wusste genau wie Markus, wie es ist, in der Nachfolge Jesu zu scheitern, nachdem er ihn dreimal verleugnet hatte. Auch er wurde am Ende wieder zurückgeführt.
  2. Ein weiterer Hinweis auf Petrus´ Einfluss sind die lebendigen Augenzeugenberichte dieses Evangeliums. Es ist „voller auffälliger Details, die offenbar aus den Reden von Petrus stammen, die Markus gehört hatte, wie z.B. grünes Gras (6, 39), zweitausend Schweine (5, 13), ringsumher ansehen (3, 5 und 34)“. (Robertson)
    1. „Das Markus-Evangelium ist voll von pulsierendem Leben und es quillt über vor anschaulichen Details. Wir sehen alles mit Petrus´ Augen und fangen quasi das Bild und die Gesten Jesu ein, wie er bei den Menschen war und sein Werk verrichtet hat, die Körper der Menschen zu heilen und die Seelen der Menschen zu retten.“ (Robertson)
  3. Ein drittes Indiz für den Einfluss von Petrus ist, dass „Petrus gewöhnlich auf Aramäisch sprach und Markus mehr aramäische Ausdrücke als die anderen verwendete, wie z.B. Boanerges (3, 17), Talita kumi (5, 41), Korban (7, 11), Ephatha (7, 34) und Abba (14, 36)“. (Robertson)

3. Viele glauben, dass Markus das erste der vier Evangelien ist und dass es in Rom verfasst wurde

  1. Die meisten Gelehrten sind sich einig, dass das Markus-Evangelium das erste der vier geschriebenen Evangelien war, während einige glauben, dass Matthäus vielleicht doch das erste war.
    1. „Eines der deutlichsten Ergebnisse des Studiums der Evangelien durch moderne Kritiker ist die frühe Datierung des Markus-Evangeliums. Wie früh genau, ist nicht eindeutig bekannt, aber es gibt führende Gelehrte, die den Zeitpunkt 50 n. Chr. für sehr wahrscheinlich halten.“ (Robertson)
  2. Markus gehörte nicht zu den zwölf Jüngern. Vielleicht ist seine einzige Erwähnung im Evangelium der flüchtige Hinweis in Markus 14, 51-52. Als Jugendlicher gehörte er womöglich zu der größeren Gruppe, die Jesus nachfolgte.
  3. Die Urgemeinde traf sich in Jerusalem im Haus von Markus´ Mutter Maria (Apostelgeschichte 12, 12).
  4. Für die hart arbeitenden und leistungsorientierten Römer schrieb Markus ein Evangelium, das Jesus als Diener Gottes hervorhebt. Da sich niemand um den Stammbaum eines Knechts kümmert, enthält das Markus-Evangelium keinerlei Angaben zur Abstammung von Jesus.
    1. Ein weiteres Anzeichen dafür, dass Markus sein Evangelium eher für die Römer konzipiert hat, ist, dass hier mehr lateinische Wörter verwendet werden als in jedem anderen Evangelium. „Es fallen auch mehr lateinische Phrasen und Redewendungen wie centurio (15, 39), quadrans (12, 42), flagellare (15, 15), speculator (6, 27), census (12, 14), sextarius (7, 4), praetorium (15, 6), als in den anderen Evangelien.“ (Robertson)
    2. Wenn Bibelübersetzer Menschen aufsuchen, die die Heilige Schrift noch nie in ihrer eigenen Sprache erhalten haben, so beginnen sie gewöhnlich mit der Übersetzung des Markus-Evangeliums. Es ist das meistübersetzte Buch der Welt. Das liegt zum einen daran, dass es das kürzeste Evangelium ist, zum anderen aber auch daran, dass dieses Evangelium für Menschen geschrieben wurde, die mit dem Judentum des ersten Jahrhunderts nicht vertraut waren. Markus schrieb es für die Römer.

B. Johannes der Täufer und die Vorbereitung auf das Kommen Jesu, des Messias

1. Der Ort und das Wirken Johannes des Täufers

Markus 1, 1-5

Markus 1, 1-5
Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Wie geschrieben steht in den Propheten:
»Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her,
der deinen Weg vor dir bereiten wird.«
»Die Stimme eines Rufenden [ertönt] in der Wüste:
Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Pfade eben!«
So begann Johannes in der Wüste, taufte und verkündigte eine Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden. Und es ging zu ihm hinaus das ganze Land Judäa und die Bewohner von Jerusalem, und es wurden von ihm alle im Jordan getauft, die ihre Sünden bekannten.

  1. Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes: Jede große Geschichte hat einen Anfang, und Markus führt uns zu seinem Anfang des Evangeliums. Das altgriechische Wort für Evangelium bedeutet ‚gute Nachricht‘, somit ist dieses Buch die gute Nachricht von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.
    1. Jedes Wort in Markus‘ Beschreibung von Jesus ist relevant. Es ist die gute Nachricht von Jesus – einer wahrhaftigen historischen Person, die wie andere Menschen auch hier auf dieser Erde gelebt hat. Es ist die gute Nachricht von Christus (was ‚Messias‘ bedeutet) – der verheißene Erlöser der Menschen. Und außerdem ist es die gute Nachricht vom Sohn Gottes. Alle Menschen kommen zwar von Gott und sind somit Söhne und Töchter Gottes, aber Jesus ist der einzige Sohn Gottes, der auch Gott der Sohn ist.
    2. Lane über das Wort Evangelium: „Bei den Römern bedeutete es ‚frohe Botschaft‘ und wurde mit der Verehrung des Kaisers in Verbindung gebracht, dessen Geburtstag, Volljährigkeit und Machtübernahme Festanlässe für die ganze Welt darstellten. Die Berichte über solche Feste wurden in den Inschriften und Papyri des Kaiserzeitalters als ‚Evangelien‘ bezeichnet. Eine Kalenderinschrift aus der Zeit um 9 v. Chr., die in Priene in Kleinasien gefunden wurde, berichtet über den Kaiser Oktavian (Augustus): „Der Geburtstag des Gottes war für die Welt der Beginn der frohen Botschaft, die aus diesem Grund verkündet wurde“. Diese Inschrift ähnelt in bemerkenswerter Weise der Anfangszeile bei Markus und verdeutlicht den wesentlichen Inhalt eines Evangeliums in der Antike: ein historisches Ereignis, das eine neue Situation für die Welt einleitet.
  2. Wie geschrieben steht in den Propheten [im Alten Testament]: Zuallererst teilt Markus über den Dienst Johannes´ des Täufers mit, dass er bereits im Alten Testament prophezeit wurde (Maleachi 3, 1 und Jesaja 40, 3). Diese Passagen sagten diesen Vorläufer voraus, der den Weg des Herrn vorbereiten würde – diesen Vorläufer, den Gott meinen Boten nennen würde.
    1. Meinen Boten ist von großer Bedeutung, weil dies die erste authentisch prophetische Botschaft an Israel seit 300 Jahren ist (Hanna und Simeon in Lukas 2 seien einmal ausgenommen). Man nahm schon an, Gott hätte aufgehört, Propheten zu senden, weil er nichts mehr zu sagen hätte, aber Johannes zeigt, dass dies absolut nicht der Fall war.
    2. Falls wir uns gefragt haben, was Markus damit gemeint hat, als er Jesus den Sohn Gottes genannt hat, so hat er es hier verdeutlicht. Markus sagt, dass der Dienst Johannes´ des Täufers darin bestand, den Weg des Herrn zu bereiten, und er bereitete den Weg Jesu vor. Für Markus ist Jesus nach seinem Verständnis der Herr.
  3. Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Pfade eben: Die von Markus zitierte Stelle (Jesaja 40, 3) hatte den Bau einer großen Straße für die Ankunft eines majestätischen Königs im Sinn. Aus diesem Anlass sollte man die Löcher, die sich auf dem Weg befinden, füllen und die Hügel einebnen.
    1. Der Gedanke, den Weg des Herrn zu bereiten, ist ein Wortspiel, denn die tatsächliche Vorbereitung muss in unseren Herzen geschehen. Der Bau einer Straße kommt dieser Vorbereitung sehr nahe, die Gott in unseren Herzen tun muss. Beides ist teuer, für beides muss man sich mit den unterschiedlichsten Problemen und Gegebenheiten auseinandersetzen, und beides benötigt einen erfahrenen Ingenieur.
    2. Jesus war der kommende Messias und König, Johannes der Täufer war der Rufende in der Wüste. Durch seine Botschaft der Buße wirkte er daran mit, den Weg des Herrn zu bereiten. Wir übersehen oft, wie wichtig die Vorbereitungsarbeiten für den Herrn sind. Jedes große Werk Gottes beginnt mit einer großartigen Vorbereitung. Johannes erfüllte diesen wichtigen Dienst auf wundervolle Weise. „Johannes war Gottes Planierraupe, um diese Autobahn zu bauen.“ (Steadman)
  4. So begann Johannes in der Wüste, taufte und verkündigte eine Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden: Hier wird beschrieben, wie Johannes den Weg bereitete. Er taufte und bot dabei eine zeremonielle Waschung an zur Bekennung der Sünden und um etwas zu tun, um Buße zu zeigen.
    1. Taufe bedeutet einfach ‚untertauchen oder überwältigen‘. Johannes hat die Menschen nicht nur mit Wasser besprenkelt, als er taufte. Wie es bei einigen anderen jüdischen zeremoniellen Waschungen üblich war, tauchte Johannes diejenigen, die er taufte, vollständig unter. „Daher war die Taufe natürlich nicht nur ein Besprenkeln mit Wasser, sondern ein Bad, in dem sein ganzer Körper gebadet wurde.“ (Barclay)
    2. Bei der Taufe in den jüdischen Gemeinden wurde bereits ein zeremonielles Untertauchen durchgeführt, in der Regel jedoch nur bei Heiden, die Juden werden wollten. Für einen Juden zu Johannes‘ Zeiten bedeutete die Taufe im Wesentlichen: „Ich bekenne, dass ich von Gott so weit entfernt bin wie ein Heide und dass ich mit ihm ins Reine kommen muss“. Dies war ein echtes Werk des Heiligen Geistes.
    3. Die Taufe durch Johannes könnte möglicherweise eine derartige Taufe nichtjüdischer Bekehrter gewesen sein oder auch eine zeremonielle Waschung, die von den Juden zu dieser Zeit praktiziert wurde. Obwohl Johannes´ Taufe vermutlich mit diesen Riten vergleichbar war, war sie gleichzeitig einzigartig – so einzigartig, dass Johannes einfach als ‚der Täufer‘ bekannt geworden war. Wenn viele Menschen das getan hätten, was Johannes gemacht hatte, wäre es kein einzigartiger Titel gewesen.
    4. Die christliche Taufe ist dahingehend vergleichbar mit der des Johannes, dass sie Buße zeigt, aber sie ist auch noch mehr. Sie bedeutet in Christus hinein getauft zu werden, das heißt in seinen Tod und seine Auferstehung (Römer 6, 3).
  5. Das ganze Land Judäa und die Bewohner von Jerusalem: Johannes´ Wirken stieß auf große Resonanz. Viele Menschen erkannten ihre Sündhaftigkeit und ihr Bedürfnis, sich auf den Messias vorzubereiten. Sie waren auch bereit, etwas dafür zu tun.
    1. Johannes´ wichtigste Botschaft war nicht „Du bist ein Sünder, du musst Buße tun“, sondern: „Der Messias kommt.“ Der Aufruf zur Buße war die Antwort auf die Nachricht, dass der Messias kommen würde.

2. Johannes der Täufer: ein Mensch und seine Botschaft

Markus 1, 6-8

Markus 1, 6-8
Johannes aber war bekleidet mit Kamelhaaren und trug einen ledernen Gürtel um seine Lenden, und er aß Heuschrecken und wilden Honig. Und er verkündigte und sprach: Es kommt einer nach mir, der stärker ist als ich, und ich bin nicht würdig, ihm gebückt seinen Schuhriemen zu lösen. Ich habe euch mit Wasser getauft; er aber wird euch mit Heiligem Geist taufen.

  1. Bekleidet mit Kamelhaar und trug einen ledernen Gürtel: Was seine Persönlichkeit und seinen Dienst betraf, so war Johannes der Täufer dem mutigen Elia (2. Könige 1, 8) sehr ähnlich, der Israel furchtlos zur Buße aufrief.
  2. Es kommt einer nach mir, der stärker ist als ich: Die Botschaft von Johannes dem Täufer war schlicht. Johannes predigte und wies auf Jesus hin, nicht auf sich selbst.
  3. Und ich bin nicht würdig, ihm gebückt seinen Schuhriemen zu lösen: Dies mag wie eine geistliche Übertreibung von Johannes klingen. Aber Johannes sagte dies, weil die Rabbiner zu seiner Zeit lehrten, dass ein Lehrer von seinen Anhängern so ziemlich alles verlangen konnte, außer dass sie ihnen ihre Sandalen ausziehen mussten. Das war zu viel. Aber Johannes erklärte, dass er nicht einmal würdig sein würde, dies für Jesus zu tun.
    1. Babylonischer Talmud, Ketubot 96a: „Sämtliche Dienste, die ein Sklave für seinen Herrn tut, sollte ein Schüler für seinen Lehrer tun, mit Ausnahme des Ausziehens seiner Schuhe“. (Zitiert in Lane)
  4. Er aber wird euch mit Heiligem Geist taufen: Johannes erkannte, dass seine Taufe nur eine Vorbereitung auf das war, was Jesus vollbringen würde. Der Messias würde ein Untertauchen in den Heiligen Geist bewirken, was viel mehr sein würde als das Untertauchen in Wasser als Zeichen der Umkehr.
    1. Johannes´ Taufe konnte Reue veranschaulichen, aber sie konnte weder wirklich von der Sünde reinigen noch den Heiligen Geist so vermitteln, wie es Jesus nach Vollendung seines Werkes am Kreuz tun würde.

3. Die Taufe Jesu Christi und die Versuchung in der Wüste

Markus 1, 9-11

Markus 1, 9-11
Und es geschah in jenen Tagen, dass Jesus von Nazareth in Galiläa kam und sich von Johannes im Jordan taufen ließ. Und sogleich, als er aus dem Wasser stieg, sah er den Himmel zerrissen und den Geist wie eine Taube auf ihn herabsteigen. Und eine Stimme ertönte aus dem Himmel: Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!

  1. Und es geschah in jenen Tagen, dass Jesus von Nazareth in Galiläa kam und sich von Johannes im Jordan taufen ließ: Jesus wurde nicht deshalb getauft, weil er von der Sünde gereinigt werden musste; er war ohne Sünde, das hatte Johannes bereits erkannt (Matthäus 3, 14). Stattdessen wurde Jesus entsprechend seiner gesamten Mission auf Erden getauft: den Willen des Vaters zu tun und sich mit dem sündigen Menschen zu identifizieren.
    1. Jesus brauchte nicht getauft zu werden. Er hätte auch nicht an unserer Stelle an einem Kreuz sterben müssen. Er tat beides, um seine Solidarität mit den gefallenen Menschen zum Ausdruck zu bringen.
  2. Und sogleich: Das altgriechische Wort ist eutus – und dies ist die erste von mehr als 40 Stellen, an denen dieses Wort im Markus-Evangelium verwendet wird.
  3. Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe: Als diese Stimme Gottes des Vaters aus dem Himmel sprach, wusste jeder, dass Jesus nicht einfach ein weiterer Mensch war, der getauft wurde. Alle wussten, dass Jesus der vollkommene Sohn Gottes ist (an dem ich Wohlgefallen habe), der sich mit dem sündigen Menschen abgibt. Dadurch wusste jeder, dass Jesus anders war. Jesus wurde getauft, um sich mit dem sündigen Menschen auf eine Stufe zu stellen, aber er wurde auch getauft, um mit dem sündigen Menschen auf eine Stufe gestellt zu werden.
    1. Diese seltsame Szene hatte einen bescheidenen Anfang:
      1. Jesus: Ein gewöhnlicher, unauffälliger Name.
      2. Von Nazareth: Ein unauffälliges, verachtetes Dorf.
      3. In Galiläa: Die am wenigsten geistliche Region, nicht die ‚gläubigste‘ Region der damaligen Gegend.
      4. Sich … taufen ließ: Auf eine Stufe gestellt mit dem sündigen Menschen.
      5. Im Jordan: Ein unauffälliger – oft sogar unangenehmer – Fluss. „Die frühe rabbinische Tradition nimmt den Fluss Jordan ausdrücklich für die Reinigung aus, [gemäß] der Mischna, Parah VIII. 10.“ (Lane)
    2. Diese Szene zeigte auch große Herrlichkeit:
      1. Den Himmel zerrissen: Der Himmel hat sich dafür weit geöffnet. Der altgriechische Ausdruck hierfür ist sehr ausdrucksstark. Er hat die Bedeutung, dass der Himmel in zwei Hälften gerissen wurde, „entzweigerissen werden, ein plötzliches Ereignis“. (Bruce)
      2. Den Geist … auf ihn herabsteigen: Der Geist Gottes war gegenwärtig, und auf gewisse Weise war seine Gegenwart erkennbar.
      3. Wie eine Taube: Lukas 3, 22 drückt es so aus: und der Heilige Geist stieg in leiblicher Gestalt wie eine Taube auf ihn herab. Auf gewisse Weise war der Geist gegenwärtig und ‚flog‘ wie eine Taube auf Jesus herab.
      4. Eine Stimme ertönte aus dem Himmel: Es ist selten in der Bibel, dass wir lesen, dass Gott hörbar vom Himmel spricht, aber dieser ist einer dieser herrlichen Momente.
      5. Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe: Was gibt es Herrlicheres, als dass Gott der Vater dich öffentlich lobt und bejaht?
  4. Sah … den Geist wie eine Taube auf ihn herabsteigen: Das war nicht nur eine flatternde Wolke, die über Jesus schwebte; sie hatte tatsächlich die Gestalt einer Taube. Lukas 3, 22 sagt, und der Heilige Geist stieg in leiblicher Gestalt wie eine Taube auf ihn herab. Das bedeutet nicht, dass der Heilige Geist eine Taube war, sondern er erschien wie eine Taube. Wir wissen auch, dass Johannes der Täufer sah, wie der Heilige Geist auf Jesus herabkam (Johannes 1, 32).
    1. Der Heilige Geist wird aufgrund von 1. Mose 1, 2 mit einer Taube in Verbindung gebracht, weil das Schweben des Geistes über den Wassern bei der Schöpfung einigen alten Rabbinern dem Schweben einer Taube zu ähneln schien. Außerdem sind Tauben sanfte, nicht bedrohliche Vögel; sie sträuben sich nicht, und sie wehren sich nicht. Sie repräsentieren das sanfte, treue Werk des Heiligen Geistes.
    2. Dies ist eine der bekannten Passagen des Neuen Testaments, die uns die gesamte Trinität veranschaulicht. Gott der Sohn wird getauft, Gott der Vater spricht vom Himmel und Gott der Heilige Geist schwebt herab wie eine Taube.
    3. Bisher sehen wir im Markus-Evangelium vier Zeugen, von denen jeder von der Identität Jesu Zeugnis ablegt. Welche weiteren Beweise brauchen wir?
      1. Markus sagte, Jesus sei der Sohn Gottes (Markus 1, 1).
      2. Die Propheten sagten, Jesus sei der Herr (Markus 1, 2-3).
      3. Johannes der Täufer sagte, Jesus sei einer nach mir, der stärker ist als ich (Markus 1, 7-8).
      4. Gott der Vater sagte, Jesus sei der geliebte Sohn Gottes (Markus 1, 10-11).

4. Die Versuchung Jesu in der Wüste unter den wilden Tieren

Markus 1, 12-13

Markus 1, 12-13
Und sogleich treibt ihn der Geist in die Wüste hinaus. Und er war 40 Tage dort in der Wüste und wurde von dem Satan versucht; und er war bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.

  1. Sogleich treibt ihn der Geist in die Wüste hinaus: Nach dem dramatischen Erscheinen des Heiligen Geistes bei seiner Taufe bestand das Wirken des Geistes in Jesus darin, ihn zu führen – vielmehr in die Wüste zu treiben.
    1. „Markus hat ein seltsames Wort benutzt. Der Geist ‘treibt ihn … hinaus’; wörtlich: ‚der Geist stößt ihn‘. Genau darum handelt es sich, wenn Christus später Dämonenaustreibungen vollbringt.“ (Morgan)
  2. Und er war 40 Tage dort in der Wüste und wurde von dem Satan versucht: Jesus wurde durch seine Taufe mit Sündern auf eine Stufe gestellt. Genauso wurde er mit denselben Versuchungen wie die Sünder konfrontiert. Hebräer 4, 15 erinnert uns daran: Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der kein Mitleid haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern einen, der in allem versucht worden ist in ähnlicher Weise [wie wir], doch ohne Sünde.
    1. 40 – wie die 40 Tage Jesu in der Wüste – ist eine Zahl, die oft eine Zeit der Prüfung oder des Urteils symbolisiert. In der Sintflut bei Noah regnete es 40 Tage und 40 Nächte lang. Das Volk Israel war 40 Jahre lang in der Wüste unterwegs. Mose hütete 40 Jahre lang Schafe in der Wüste. Dies ist die Zeit der Prüfung Jesu.
  3. 40 Tage … von dem Satan versucht: Matthäus und Lukas beschreiben detailliert drei Versuchungen, denen Jesus in diesen Tagen ausgesetzt war, und wie Jesus jedes Mal dem Satan widerstand, indem er sich auf das Wort Gottes stützte. Markus teilt uns mit, dass Jesus mehr als nur den drei dramatischen Versuchungen ausgesetzt war, die Matthäus und Lukas beschrieben haben. Diese gesamte Zeit war eine Zeit der Prüfung.
  4. War bei den wilden Tieren: Matthäus und Lukas erwähnen dies nicht, aber es ist bedeutsam. In der altgriechischen Grammatik liegt die Betonung auf ‚bei‘. Mit anderen Worten: Jesus war mit den wilden Tieren in Frieden. Dies zeigt somit zwei Dinge:
      1. Jesus ist der zweite Adam und so wie Adam vor dem Sündenfall genießt er eine friedliche Beziehung zu allen Tieren.
      2. Jesus bleibt trotz aller Versuchungen ohne Sünde und hat Autorität über die wilden Tiere.
    1. „Diese gefallenen Geschöpfe sahen in Christus das vollkommene Ebenbild Gottes und verehrten ihn deshalb als ihren Herrn, wie sie Adam vor seinem Fall verehrt hatten.“ (Trapp)
  5. Und die Engel dienten ihm: Markus‘ Aussage ist hier, dass die Engel ihm am Ende dieser Zeit der intensiven Versuchung dienten. Dies zeigt die Autorität Jesu, nicht nur über die wilden Tiere, sondern auch über die Engel. Sie sind seine Diener.
    1. „Moralisch siegreich war er der Herr über die ihm untergeordnete Schöpfung und die Engel standen für ihn bereit, denn das ist die wahre Aussagekraft des Wortes. So wird er als Mensch Gottes gezeigt, vollkommen trotz der Versuchung!“ (Morgan)

C. Vier Jünger werden berufen

1. Der Beginn des Wirkens Jesu in Galiläa

Markus 1, 14a

Markus 1, 14a
Nachdem aber Johannes gefangen genommen worden war, kam Jesus nach Galiläa

  1. Nachdem aber Johannes gefangen genommen worden war: Eine detaillierte Beschreibung des Schicksals von Johannes im Gefängnis findet sich in Markus 6, 17-28.
  2. Kam Jesus nach Galiläa: Jesus verbrachte die meiste Zeit in Galiläa und ging gewöhnlich nur zu den bestimmten Festen nach Jerusalem hinauf. Galiläa war ein großes besiedeltes Gebiet nördlich von Judäa und Jerusalem, wo Juden und Heiden zusammenlebten, wenn auch für gewöhnlich in ihren eigenen Städten.
    1. Galiläa war keine kleine Region im Hinterland. Dem altjüdischen Historiker Josephus zufolge handelte es sich bei Galiläa um ein Gebiet, dass etwa 100 mal 50 Kilometer und 204 Dörfer umfasste, keines davon mit weniger als 15.000 Einwohnern. Das heißt, dass in dieser Region mehr als 3 Millionen Menschen lebten.

2. Was Jesus in seinem Dienst tat

Markus 1, 14b-15

Markus 1, 14b-15
Und verkündigte das Evangelium vom Reich Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!

  1. Verkündigte das Evangelium vom Reich Gottes: Jesus war ein Prediger und er überbrachte die Botschaft von Gottes Herrschaft auf Erden, wenn auch nicht in der Weise, wie es vom Volk erwartet oder herbeigesehnt wurde. Die meisten Menschen wollten ein politisches Königreich, das die unterdrückerische römische Besatzung ablösen würde.
    1. Entgegen den Erwartungen der meisten Menschen zu seiner Zeit brachte Jesus ein Reich der Liebe, nicht der Unterwerfung; der Gnade, nicht des Gesetzes; der Demut, nicht des Stolzes; für alle Menschen, nicht nur für die Juden; von den Menschen freiwillig zu empfangen, nicht mit Gewalt aufzuzwingen.
    2. Das Markus-Evangelium – und der Rest dieses Kapitels – wird das Werk Jesu und seine erstaunlichen Wunder hervorheben. Aber mit dieser einleitenden Erklärung erinnert uns Markus daran, dss der Schwerpunkt des Wirkens Jesu in der Verkündigung des Evangeliums vom Reich Gottes lag. Jesus war ein Prediger, der herrliche Wunder tat, nicht ein Wundertäter, der manchmal predigte.
  2. Sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe: Als Jesus das Evangelium vom Reich Gottes verkündigte, wollte er, dass die Menschen erfahren, dass es nahe ist – so nah wie ihre eigene Hand. Es war nicht so weit entfernt oder so traumhaft, wie sie es sich vorgestellt hatten. Jetzt war für sie die Zeit gekommen, dem Reich Gottes zu begegnen.
    1. Die Zeit ist erfüllt: Es gibt zwei altgriechische Wörter, die sich mit Zeit übersetzen lassen. Das eine ist chronos, was einfach die chronologische Zeit bedeutet. Das andere ist kairos, was „die strategische Gelegenheit, der entscheidende Zeitpunkt“ bedeutet. Jesus benutzte dieses zweite Wort, als er sagte: „Die Zeit ist erfüllt“. Sein Gedanke war: „Der strategische Zeitpunkt für das Reich Gottes ist jetzt. Jetzt ist die Gelegenheit. Lasst sie nicht an dir vorbeiziehen.“
  3. Sprach … Tut Buße: Als Jesus das Evangelium vom Reich Gottes verkündigte, wollte er, dass die Menschen erfahren, wie es ist, dieses Reich zu betreten. Sie konnten nicht auf demselben Weg in das Reich Gottes gelangen, den sie bisher beschritten hatten. Sie mussten ihre Richtung ändern, um das Reich Gottes zu erfahren.
    1. Manche Menschen glauben, dass es bei der Buße vor allem um Gefühle geht, insbesondere, dass man die eigenen Sünden bereut. Es ist wunderbar, wenn die eigenen Sünden einem leidtun, aber Buße ist kein emotionales Wort. Es ist ein Wort der Tat. Jesus sagte uns, wir sollten unsere gesamte Haltung ändern und nicht nur bedauern, was wir getan haben. Buße spricht von einem Richtungswechsel, nicht von Trauer im Herzen.
    2. Buße beschreibt nicht etwas, das wir tun müssen, bevor wir zu Gott kommen; sie beschreibt, wie es ist, zu Gott zu kommen. Wenn du in New York bist und ich dir sage, du sollst nach Los Angeles kommen, dann brauche ich eigentlich nicht explizit zu sagen: „Verlasse New York und komm nach Los Angeles.“ Nach Los Angeles zu kommen, heißt, New York zu verlassen, und wenn ich New York nicht verlassen habe, kann ich ganz sicher nicht nach Los Angeles kommen. Wir können nicht in das Reich Gottes kommen, wenn wir nicht unsere Sünde und unser selbstsüchtiges Leben verlassen.
  4. Sprach … glaubt: Als Jesus das Evangelium vom Reich Gottes verkündigte, wollte er, dass die Menschen wissen, wie es ist, im Reich Gottes zu leben. Bei dem Königreich, von dem Jesus predigte, ging es nicht nur um eine moralische Erneuerung. Es ging darum, Gott zu vertrauen, ihn beim Wort zu nehmen und in einer Beziehung zu leben, in der man von ihm abhängig ist.
    1. Das altgriechische Wort, das Jesus für ‚glaubt‘ (pisteuo) verwendete, bedeutet viel mehr als Wissen oder Übereinstimmung im Geist. Es spricht von einer Beziehung des Vertrauens und der Abhängigkeit.
    2. „Es gibt viele Menschen, die das Evangelium annehmen aber sie glauben nicht daran. Es war ein Appell, es nicht nur als eine intellektuell korrekte Aussage zu akzeptieren, sondern darin zu ruhen, darin zu verweilen. Es war ein Aufruf, das Herz darin zur Ruhe kommen zu lassen.“ (Morgan)

3. Die Berufung der ersten vier Jünger

Markus 1, 16-20

Markus 1, 16-20
Als er aber am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und dessen Bruder Andreas; die warfen das Netz aus im See, denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: Folgt mir nach, und ich will euch zu Menschenfischern machen! Da verließen sie sogleich ihre Netze und folgten ihm nach. Und als er von dort ein wenig weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes, die auch im Schiff waren und die Netze flickten. Und sogleich berief er sie; und sie ließen ihren Vater Zebedäus samt den Tagelöhnern im Schiff und folgten ihm nach.

  1. Sah er Simon und dessen Bruder Andreas: Es war nicht das erste Mal, dass Jesus dieser Gruppe von Männern begegnete. Johannes 1, 35-4, 54 beschreibt ihre vorangegangene Begegnung.
  2. Denn sie waren Fischer: Es waren gewöhnliche Männer, ohne theologische Ausbildung oder einen besonderen Status in der Welt. Jesus begegnete ihnen, als sie sich als gewöhnliche Männer abmühten. Jesus wählte diese Jünger nicht aus dem Grund aus, wer sie waren, sondern darum, was Jesus durch sie tun konnte.
    1. „Sicherlich würden die guten Eigenschaften erfolgreicher Fischer auch für den Erfolg im schwierigen Dienst der Gewinnung verlorener Seelen sorgen: Mut, die Fähigkeit zur Zusammenarbeit, Geduld, Energie, Durchhaltevermögen, Glaube und Ausdauer. Berufsfischer konnten es sich nun mal nicht leisten, Drückeberger oder Nörgler zu sein!“ (Wiersbe)
  3. Folgt mir nach: Mit dieser Einladung zeigt Jesus, worum es im Christentum geht: Jesus nachzufolgen. Grundsätzlich geht es im Christentum nicht um theologische Systeme, Regeln oder gar darum, Menschen zu helfen – es geht darum, Jesus nachzufolgen.
    1. „Nichtsdestotrotz ist es wahr, dass zu neutestamentlichen Zeiten der Ausdruck ‚folgen‘ auch einen ethischen Aspekt hatte, denn es ist immer der Vorgesetzte, der vorausgeht, und der Untergebene folgt: daher wurde zumindest eine Rabbiner-Jünger-Beziehung angedeutet.“ (Cole)
  4. Ich will euch zu Menschenfischern machen: Jesus sagte, er werde sie zu Menschenfischern machen. Wenn diese Männer in der Nachfolge Jesu etwas so Wundervolles empfingen, war es für sie einfach nur richtig, es an andere weiterzugeben und Menschen für genau dieses Reich Gottes zu ‚fischen‘.
    1. Als Jesus sie berief, Menschenfischer zu sein, rief er sie auf, das zu tun, was er tat. Er war der größte Menschenfischer aller Zeiten. Aber er wollte, dass auch andere die Arbeit tun, die er tat; zuerst diese vier, dann zwölf, dann hunderte, dann tausende und abertausende im Laufe der Jahrhunderte.
    2. Ich will euch zu Menschenfischern machen: „Dies deutet einen schrittweisen Ausbildungsprozess an.“ (Bruce)
  5. Die Netze flickten: „Der Begriff, den Markus verwendet, bedeutet, die Netze ordnungsgemäß in Stand zu halten oder vorzubereiten, und schließt somit das Reinigen, Reparieren und Falten der Netze zur Vorbereitung für den Fischfang am nächsten Abend ein.“ (Lane) Bezeichnenderweise wird eine Ableitung desselben Wortes in Epheser 4, 12 verwendet, wo Paulus das Werk der Zurüstung der Heiligen beschreibt. Wie Strong’s Definition besagt, bedeutet ‚zurüsten‘ demnach, etwas gründlich zu vervollständigen, zu reparieren oder anzupassen, einzupassen, einzurahmen, zu flicken, zu perfektionieren, perfekt zusammenzufügen, vorzubereiten oder wiederherzustellen.

D. Ein ereignisreicher Tag in Galiläa

1. Jesus lehrt in der Synagoge

Markus 1, 21-22

Markus 1, 21-22
Und sie begaben sich nach Kapernaum; und er ging am Sabbat sogleich in die Synagoge und lehrte. Und sie erstaunten über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten.

  1. Sie begaben sich nach Kapernaum: In Kapernaum kann man heute die Überreste einer alten jüdischen Synagoge besichtigen, die noch immer das Fundament desselben Gebäudes hat, in dem Jesus gelehrt hat.
  2. Und er ging am Sabbat sogleich in die Synagoge und lehrte: Normalerweise hatte die Synagoge keine festen Lehrer. Stattdessen gab es den Brauch der ‚Freiheit der Synagoge‘. Gelehrte Gäste wurden eingeladen, über die Schriftlesung für diesen Tag zu sprechen. Dieser Brauch gab Jesus die Gelegenheit zu predigen.
  3. Sie erstaunten über seine Lehre: Wir erfahren nicht, was genau Jesus lehrte, aber wir erfahren, welche Wirkung die Lehre auf seine Zuhörer hatte. Sie hatten noch nie jemanden gehört, der auf diese Weise lehrte.
  4. Denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten: Die Schriftgelehrten zu Jesu Zeiten lehrten selten mutig. Sie zitierten oft einfach eine Vielzahl von Rabbinern und interpretierten es. Aber Jesus lehrte mit Mut.
    1. Jesus lehrte mit Vollmacht, weil er Vollmacht hatte. Er überbrachte eine göttliche Botschaft und war zuversichtlich, dass sie von Gott kam. Er zitierte nicht Menschen, sondern Gott.
    2. Jesus lehrte mit Autorität, weil er wusste, wovon er sprach. Du kannst nicht mit Autorität lehren, wenn du mit deiner Materie nicht vertraut bist.
    3. Jesus lehrte mit Autorität, weil er glaubte, was er lehrte. Wenn man glaubt, was man lehrt, erreicht es den Zuhörer mit Autorität.
    4. Zuerst sahen wir den unterworfenen Jesus – seinem Vater unterworfen in der Taufe, dem Heiligen Geist unterworfen, als er in die Wüste hinausging. Jetzt sehen wir die Vollmacht Jesu. Vollmacht fließt aus der Unterwerfung. Wir können uns Gottes tatsächlich vorhandener Vollmacht nicht sicher sein, wenn wir uns nicht auch Gott unterwerfen.
      1. Jesus zeigte Vollmacht, als er mit den wilden Tieren zusammen war.
      2. Jesus zeigte Vollmacht, als die Engel ihm dienten.
      3. Jesus zeigte Vollmacht, indem er die Gegenwart des Reiches Gottes verkündete und den Menschen befahl, Buße zu tun und zu glauben.
      4. Jesus zeigte Vollmacht, indem er Jünger berief ihm selbst nachzufolgen.
      5. Jesus wird noch viele weitere markante Zeichen der Vollmacht zeigen.

2. Austreibung eines unreinen Geistes

Markus 1, 23-24

Markus 1, 23-24
Und es war in ihrer Synagoge ein Mensch mit einem unreinen Geist, der schrie und sprach: Lass ab! Was haben wir mit dir zu tun, Jesus, du Nazarener? Bist du gekommen, um uns zu verderben? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes!

  1. Ein Mensch mit einem unreinen Geist: Bei der Beschreibung des Mannes, der von einem Dämon besessen war, verwendete Markus denselben grammatikalischen Ausdruck, mit dem Paulus das Wesen des Christen ‚in Christus‘ beschrieb (1. Korinther 1, 30). Dieser unreine Geist war der böse Herr über das Leben dieses armen Mannes.
    1. Die Ähnlichkeit in der Formulierung zwischen dem Christen, der Jesus hat, und diesem Mann, der einen Dämon hat, zeigt, dass Jesus in uns ist und wir in ihm sind. Wir sind quasi auf eine gute Weise ‚von Jesus besessen‘, denn seine Erfüllung und sein Einfluss sind nur zum Guten bestimmt.
    2. So wie Jesus in uns leben kann, so kann in einem Menschen, in dem Jesus nicht wohnt, ein Dämon wohnen, wenn eine Einladung dazu bewusst oder unbewusst ausgesprochen wird. Es ist gefährlich, sich Dingen wie Spiritismus, Astrologie, okkulten Praktiken und Drogen auszusetzen. Sie öffnen Türen zur dämonischen Welt, die besser verschlossen bleiben sollten.
  2. Ich weiß, wer Du bist: der Heilige Gottes! Der Dämon selbst bezeugte, dass Jesus heilig und rein war. Die Dämonen gaben zu, dass ihre Versuchungen in der Wüste Jesus nicht versuchen konnten.

3. Jesus tadelt den Geist und erntet großen Beifall

Markus 1, 25-28

Markus 1, 25-28
Aber Jesus befahl ihm und sprach: Verstumme und fahre aus von ihm! Da zerrte ihn der unreine Geist hin und her, schrie mit lauter Stimme und fuhr von ihm aus. Und sie erstaunten alle, sodass sie sich untereinander fragten und sprachen: Was ist das? Was für eine neue Lehre ist dies? Mit Vollmacht gebietet er auch den unreinen Geistern, und sie gehorchen ihm! Und das Gerücht von ihm verbreitete sich sogleich in das ganze umliegende Gebiet von Galiläa.

  1. Jesus befahl ihm: Jesus brauchte sich nicht auf Hokuspokus oder Zeremonien zu verlassen. Er demonstrierte einfach die Autorität Gottes.
  2. Verstumme: Jesus sagte Dämonen oft, sie sollten schweigen. Heute ermutigen viele selbsternannte Dämonenaustreiber die Dämonen, zu sprechen, oder sie glauben sogar, was die Dämonen sagen. Jesus vermied eine solche Theatralik und befreite lediglich den befallenen Mann.
  3. Verstumme und fahre aus von ihm! Zu Jesu Zeiten gab es noch andere Exorzisten. Er war nicht der Einzige, der versuchte, Dämonen auszutreiben. Aber es gab einen großen Unterschied zwischen Jesus und anderen Exorzisten. Sie benutzten lange, ausgefallene, aufwendige, abergläubische Zeremonien und scheiterten oft. Jesus scheiterte niemals dabei, einen Dämon auszutreiben, und er benutzte nie eine aufwendige Zeremonie.
    1. Lane beschreibt einen antiken Bericht von Josephus über das Werk eines antiken Exorzisten namens Eleasar zur Zeit Jesu: „Er steckte dem Besessenen einen Ring an die Nase, der unter seinem Siegel eine der von Salomo vorgeschriebenen Wurzeln hatte, und sobald der Mann daran gerochen hatte, zog er den Dämon durch dessen Nasenlöcher heraus, und wenn der Mann sofort umfiel, beschwor er den Dämon, nie wieder zu ihm zurückzukehren, indem er Salomos Namen aussprach und die Beschwörungsformeln aufsagte, die er verfasst hatte. Um die Umstehenden zu überzeugen und ihnen zu beweisen, dass er diese Kraft besaß, stellte Eleasar ein wenig entfernt einen Becher oder ein Fußbecken mit Wasser auf und befahl dem Dämon, wenn dieser aus dem Mann herausfuhr, das Gefäß umzustoßen und den Zuschauern dadurch mitzuteilen, dass er den Mann verlassen hatte.“
    2. „Das Volk war an den Gebrauch magischer Formeln durch die jüdischen Exorzisten gewöhnt (Matthäus 12, 27; Apostelgeschichte 19, 13), aber hier war es etwas völlig anderes.“ (Robertson)

4. Die Heilung von Petrus´ Schwiegermutter und weiteren Kranken

Markus 1, 29-31

Markus 1, 29-31
Und sogleich verließen sie die Synagoge und gingen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas. Simons Schwiegermutter aber lag krank am Fieber danieder, und sogleich sagten sie ihm von ihr. Und er trat hinzu, ergriff ihre Hand und richtete sie auf; und das Fieber verließ sie sogleich, und sie diente ihnen.

  1. Gingen … in das Haus des Simon und Andreas: Jesus kam in dieses bescheidene Haus in Kapernaum und begegnete einer kranken Frau. Jesus hat nicht nur „eine Show für die Masse gemacht“. Hier diente er einer einzelnen Person in einem privaten Haus. Jesu Interesse bestand darin, die Bedürfnisse Einzelner zu erfüllen und nicht darin, sich selbst zu erhöhen. Er brauchte keine gewaltige Menschenmenge um sich herum, um seinen Dienst zu fördern.
  2. Und er trat hinzu, ergriff ihre Hand und richtete sie auf; und das Fieber verließ sie sogleich: Bei dieser Heilung der Schwiegermutter von Petrus zeigte Jesus sowohl Bescheidenheit als auch Macht. Jesus heilte mit derselben Autorität, mit der er Dämonen austrieb.
    1. „Petrus‘ Schwiegermutter litt an dem, was der Talmud ‚ein brennendes Fieber‘ nannte. Es war und ist immer noch sehr verbreitet in diesem Teil Galiläas. Der Talmud legt die Methoden fest, wie damit umzugehen ist. Ein Messer aus Eisen wurde mit einem Zopf aus Haaren an einen Dornbusch gebunden. An aufeinanderfolgenden Tagen wiederholte man zuerst die Verse 2. Mose 3, 2-3, dann 2. Mose 3, 4 und schließlich 2. Mose 3, 5. Dann wurde eine bestimmte magische Formel ausgesprochen und so sollte die Heilung herbeigeführt werden. Jesus ließ all diese Hilfsmittel der Heilmethoden des Volks völlig außer Acht, und mit einer Geste und einem Wort einzigartiger Autorität und Macht heilte er die Frau.“ (Barclay)
  3. Und sie diente ihnen: Petrus´ Schwiegermutter reagierte so, wie wir es tun sollten, wenn Jesus uns segnet. Sie diente Jesus sofort aus Dankbarkeit.

5. Heilung in einer Menschenmenge

Markus 1, 32-34

Markus 1, 32-34
Als es aber Abend geworden und die Sonne untergegangen war, brachten sie alle Kranken und Besessenen zu ihm. Und die ganze Stadt war vor der Tür versammelt. Und er heilte viele, die an mancherlei Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus und ließ die Dämonen nicht reden, denn sie kannten ihn.

  1. Als … die Sonne untergegangen war: Jesus diente nach Sonnenuntergang und beendete den Sabbat (Markus 1, 21). Frei von den Sabbatbeschränkungen für Reisen und Aktivitäten kamen die Menschen zu Jesus, um geheilt zu werden.
  2. Und er heilte viele: Es war ein langer Tag, und dann diente Jesus nach Einbruch der Dunkelheit der ganzen Stadt, die sich vor der Tür versammelt hatte. Jesus arbeitete sehr hart, um den Bedürfnissen anderer zu dienen, und stellte ihre Bedürfnisse immer vor seine eigenen.

E. Predigen und Heilen in Galiläa

1. Jesus betet an einem einsamen Ort

Markus 1, 35

Markus 1, 35
Und am Morgen, als es noch sehr dunkel war, stand er auf, ging hinaus an einen einsamen Ort und betete dort.

  1. Und am Morgen: Nach einem langen Tag würden wir es Jesus sicher verzeihen, wenn er ausschlafen würde. Doch da er aufstand, als es noch sehr dunkel war, nahm er sich weniger Zeit zum Schlafen und mehr Zeit zum Beten.
    1. „Sieh niemandem ins Gesicht, bevor du das Gesicht Gottes gesehen hast. Sprich mit niemandem, bis du nicht mit dem Höchsten gesprochen hast.“ (Spurgeon)
  2. Und betete: Jesus brauchte nicht zu beten, weil er schwach war, sondern weil er stark war, und die Quelle seiner Stärke war seine Beziehung zu Gott, seinem Vater. Jesus wusste, dass Druck und Hektik uns zum Gebet hintreiben sollten, nicht vom Gebet weg.
    1. Wir wissen nicht genau, wofür Jesus gebetet hat, aber mehr als alles andere nutzte Jesus diese Gebetszeit für jene enge, innige Gemeinschaft mit Gott dem Vater, nach der er sich sehnte und die seine Seele nährte und stärkte. Wir können auch vermuten, dass Jesus für sich selbst gebetet hat. Er betete für seine Jünger. Er betete für diejenigen, die er am Vorabend getroffen und denen er gedient hatte. Er betete für diejenigen, die er treffen und denen er am kommenden Tag dienen würde.
  3. Ein einsamer Ort: Jesus wusste, wie wichtig die Zeit allein mit Gott war. Während es für uns gut und wichtig ist, mit anderen in der Gegenwart Gottes zusammenzukommen, gibt es vieles in unserem christlichen Leben, das nur an einem einsamen Ort mit Gott gelernt und erfahren werden kann.
    1. „Wehe dem Mann, dessen Hingabe von allen beobachtet wird und der niemals ein heimliches Flehen spricht. Das Gebet im Stillen ist das Geheimnis des Gebets, die Seele des Gebets, das Siegel des Gebets, die Kraft des Gebets. Wenn man nicht allein betet, betet man überhaupt nicht. Es ist mir egal, ob man auf der Straße, in der Kirche, in der Kaserne oder in der Kathedrale betet; aber das Herz muss im Verborgenen mit Gott sprechen, sonst hat man nicht gebetet.“ (Spurgeon)
    2. „Es gibt im öffentlichen und privaten Gebet eine geeinte Kraft und ein geeintes Interesse, aber im geheimen Gebet gibt es den Vorteil der freieren und umfassenderen Kommunikation unserer Seelen mit Gott. Christus wählt dafür den Morgen, als die Zeit, die am ehesten frei von Ablenkungen und Gesellschaft ist, und einen einsamen Ort als am geeignetsten für eine geheime Sache.“ (Poole)
    3. Dieser Abschnitt zeigt uns viele Dinge über das Gebetsleben Jesu.
      1. Für Jesus war die Gemeinschaft mit Gott mehr als nur der Sabbat.
      2. Jesus wollte allein sein, um zu beten.
      3. Jesus wollte allein sein, damit er seinem Vater sein Herz ausschütten konnte.

2. Die Reise durch Galiläa

Markus 1, 36-39

Markus 1, 36-39
Und es folgten ihm Simon und die, welche bei ihm waren; und als sie ihn gefunden hatten, sprachen sie zu ihm: Jedermann sucht dich! Und er spricht zu ihnen: Lasst uns in die umliegenden Orte gehen, damit ich auch dort verkündige; denn dazu bin ich gekommen! Und er verkündigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die Dämonen aus.

  1. Und es folgten ihm Simon und die, welche bei ihm waren: In einer anderen Bibelübersetzung heißt es: Simon und die anderen suchten ihn [Hoffnung für Alle]: Es war noch ein früher Zeitpunkt der Beziehung Jesu zu seinen Jüngern. Als sie ihn kennen lernten, erfuhren sie, dass er sich, wann immer sie ihn nicht finden konnten, wahrscheinlich im einsamen Gebet befand.
  2. Jedermann sucht dich: Die Jünger vermuteten womöglich, Jesus würde sich über seine Beliebtheit freuen und mehr Zeit mit der Menge verbringen wollen, die er am Tag zuvor versammelt und beeindruckt hatte.
  3. Lasst uns in die umliegenden Orte gehen: Jesus blieb nicht in dieser Stadt, um dort „auf der Popularitätswelle zu schwimmen“. Er wusste, dass sein Dienst darin bestand, in ganz Galiläa zu verkündigen. Sein Dienst bestand nicht darin, berühmt zu sein oder den Ruhm zu genießen.
    1. Der eindeutige Schwerpunkt des Dienstes Jesu liegt auf dem Predigen: dazu bin ich gekommen. Das heilende und wundertätige Wirken Jesu war beeindruckend und herrlich, aber doch war es nie sein Schwerpunkt.

3. Die Heilung eines Aussätzigen

Markus 1, 40

Markus 1, 40
Und es kam ein Aussätziger zu ihm, bat ihn, fiel vor ihm auf die Knie und sprach zu ihm: Wenn du willst, kannst du mich reinigen!

  1. Es kam ein Aussätziger zu ihm: Lepra war eine der entsetzlichen Krankheiten der Antike. Heute noch sind weltweit 15 Millionen Menschen von Lepra betroffen, vor allem in Entwicklungsländern.
    1. Lepra beginnt mit kleinen roten Flecken auf der Haut. Nach kurzer Zeit werden die Flecken größer und fangen an, weiß zu werden, und sie sehen glänzend oder schuppig aus. Die Flecken breiten sich bald über den ganzen Körper aus und die Haare beginnen auszufallen – zuerst am Kopf, dann sogar an den Augenbrauen. Im Laufe der Zeit lockern sich Fingernägel und Zehennägel; sie beginnen zu faulen und fallen schließlich ab. Dann beginnen die Gelenke von Fingern und Zehen zu faulen und fallen Stück für Stück ab. Das Zahnfleisch beginnt zu schrumpfen und es kann die Zähne nicht mehr halten, so dass jeder einzelne Zahn verloren geht. Die Lepra frisst weiter am Gesicht, bis die Nase, der Gaumen und sogar die Augen verfaulen – und der Leprakranke verkümmert, bis er stirbt.
    2. So schrecklich das körperliche Leiden auch war, das Schlimmste an der Lepra war vielleicht die Art und Weise, wie die Menschen den Leprakranken behandelten. Im Alten Testament sagte Gott, wenn es Aussätzige im Volk Israel gab, sollten sie sorgfältig unter Quarantäne gestellt und untersucht werden (3. Mose 13-14). Die Aussätzigen mussten sich wie Menschen kleiden, die um die Toten trauerten, weil sie als lebendige Tote betrachtet wurden. Sie mussten die Menschen in ihrer Umgebung warnen, indem sie schrien: ‚Unrein! Unrein!‘, wenn Menschen in ihrer Nähe waren. Dies geschah nicht, weil die Lepra hoch ansteckend war. Es lag daran, dass Gott diese Krankheit als ein markantes Beispiel für die Sünde und ihre Auswirkungen auf uns benutzte.
    3. Die Menschen zu Jesu Zeiten gingen noch weiter, als es das Alte Testament ihnen vorschrieb. Damals dachten sie zwei Dinge über einen Aussätzigen: du bist der wandelnde Tod und du verdienst es, denn es ist Gottes Strafe für dich. Der jüdische Brauch besagte, dass man einen Aussätzigen nicht einmal grüßen sollte. Er besagte weiter, man müsse zwei Meter Abstand zu einem Aussätzigen halten. Ein Rabbiner prahlte damit, dass er auf einer Straße, auf der er einen Aussätzigen sehen würde, nicht einmal ein Ei kaufen würde, und ein anderer prahlte, dass er Steine auf Aussätzige warf, um sie von ihm fernzuhalten. Ein anderer Rabbiner erlaubte einem Aussätzigen nicht einmal, sich das Gesicht zu waschen.
  2. Bat ihn, fiel vor ihm auf die Knie: Wenn wir also wissen, wie schrecklich diese Krankheit war, überrascht es uns nicht, dass der Aussätzige so verzweifelt auf Jesus zugegangen ist.
  3. Kannst du mich reinigen: Der Aussätzige glaubte wirklich an die Kraft Jesu und vertraute darauf, dass Jesus ihn heilen könnte. Dies zeigt, dass der Aussätzige großen Glauben hatte, denn soweit wir wissen, hatte Jesus während seines Dienstes noch keinen Aussätzigen geheilt.
    1. Damals wusste jeder, dass nur Gott einen Aussätzigen heilen konnte. Es gab kein Heilmittel und niemand wurde einfach gesund. Ein Aussätziger könnte ohne eine direkte Heilung von Gott niemals gesund werden.
  4. Mich reinigen: Der Aussätzige wusste, was er von Jesus brauchte. Er bat nicht darum, geheilt, sondern gereinigt zu werden. Der Aussätzige brauchte viel mehr als Heilung.
    1. Was immer du glaubst, dass du von Gott brauchst, was du am meisten von Jesus brauchst ist Reinigung – Reinigung von der Sünde und von einem selbstsüchtigen Leben.

4. Jesus reinigt den Aussätzigen

Markus 1, 41-45

Markus 1, 41-45
Da erbarmte sich Jesus über ihn, streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach zu ihm: Ich will; sei gereinigt! Und während er redete, wich der Aussatz sogleich von ihm, und er wurde rein. Und er ermahnte ihn ernstlich und schickte ihn sogleich fort und sprach zu ihm: Hab acht, sage niemand etwas; sondern geh hin, zeige dich dem Priester und opfere für deine Reinigung, was Mose befohlen hat, ihnen zum Zeugnis! Er aber ging und fing an, es vielfach zu verkündigen, und breitete die Sache überall aus, sodass Jesus nicht mehr öffentlich in eine Stadt hineingehen konnte, sondern er war draußen an einsamen Orten; und sie kamen von allen Seiten zu ihm.

  1. Da erbarmte sich Jesus über ihn: Wir sind oft voller Mitgefühl, wenn wir kranken Menschen begegnen, aber Leprakranke weckten normalerweise kein Mitgefühl. Ihr ganzes Erscheinungsbild war zu abstoßend und für gewöhnlich erregten sie bei den Menschen Ekel anstatt Mitgefühl.
    1. Lukas beschreibt, dass dieser Mann voll Aussatz war (Lukas 5, 12), was bedeutet, dass sich die Krankheit im fortgeschrittenen Stadium befand. Der ganze Körper und das Leben dieses Mannes verfaulten.
  2. Streckte die Hand aus, rührte ihn an: Jesus heilte viele Menschen auf ganz unterschiedliche Weise, aber hier entschied er sich dafür, diesen Mann durch eine Berührung zu heilen. Er hätte ein Wort sagen oder auch nur einen Gedanken denken können und der Mann wäre geheilt worden, aber Jesus gebrauchte eine Berührung.
    1. Dies war wichtig, weil es den Menschen verboten war, diesen Mann aufgrund seiner Lepra zu berühren. Da sich seine Krankheit im fortgeschrittenen Stadium befand, war er bereits lange Zeit ein Aussätziger. Es war daher lange her, dass er eine liebevolle Berührung gespürt hatte.
    2. Es war gegen das jüdische Zeremonialgesetz, einen Aussätzigen zu berühren. Doch Jesus brach dieses Gesetz nicht, denn sobald er den Mann berührt hatte, war dieser nicht länger ein Aussätziger.
  3. Zeige dich dem Priester: Jesus befahl dem ehemaligen Aussätzigen, zu den Priestern zu gehen, um die Zeremonie durchzuführen, die das Gesetz vorschreibt, wenn ein Aussätziger gereinigt wird. Jesus tat dies zunächst, um das Gesetz Gottes zu ehren, aber auch für die Priester zum Zeugnis, dass eine unheilbare Krankheit geheilt worden war.
    1. Bei den Elementen, die in der levitischen Zeremonie für die Reinigung eines Aussätzigen verwendet werden (Zedernholz, Ysop und Scharlachrot), handelt es sich um dieselben Elemente, die für die Reinigung einer Person verwendet werden, die durch einen toten Körper verunreinigt wurde (4. Mose 19, 6+13+18 und 3. Mose 14, 4-7).
    2. Da die Leprakranken nie geheilt wurden, hatten die Priester diese Zeremonie noch nie durchgeführt. Als sie das Verfahren für diese Zeremonie nachschlagen und sie zum ersten Mal durchführen mussten, war dies ein deutlicher Beweis dafür, dass der Messias unter ihnen war.
  4. Hab acht, sage niemand etwas … Er aber ging und fing an, es vielfach zu verkündigen: Der Mann mag es gut gemeint haben und vielleicht gedacht haben, dass er Jesus damit helfen würde, aber sein Ungehorsam behinderte den Dienst Jesu: sodass Jesus nicht mehr öffentlich in eine Stadt hineingehen konnte. Das Beste ist es, Jesus immer zu gehorchen. Wir sollten niemals meinen, dass wir einen besseren Plan haben als er.

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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