Markus 14 – Jesu Verrat, Verhaftung und Prozess

A. Vorbereitungen auf den Tod

1. Die Machthaber beschließen, Jesus zu töten

Markus 14, 1-2

Markus 14, 1-2
Es war aber zwei Tage vor dem Passah und dem Fest der ungesäuerten Brote. Und die obersten Priester und die Schriftgelehrten suchten, wie sie ihn mit List ergreifen und töten könnten; sie sprachen aber: Nicht während des Festes, damit kein Aufruhr unter dem Volk entsteht!

  1. Es war aber zwei Tage vor dem Passah: Der Zeitpunkt ist bedeutsam, denn zu Passah war nicht nur die Erwartung des Messias groß, Jerusalem war auch noch überfüllt, voller Menschenmassen, die den Messias erwarteten. Da das Passahfest daran erinnert, dass Gott einen großen Retter eingesetzt und Israel aus der Unterdrückung befreit hat, war es eine Zeit großer patriotischer und messianischer Erwartung. Die Römer waren in Alarmbereitschaft und auf jede noch so kleine Revolte vorbereitet.
    1. Es wurden alle möglichen Vorbereitungen für das Passahfest getroffen. Einen Monat im Voraus wurde in jeder Synagoge und in jeder jüdischen Schule die Bedeutung des Passahfestes erklärt, so dass niemand unvorbereitet war. Als die Pilger nach Jerusalem strömten, stellten sie fest, dass jedes Grab in der Nähe einer Straße mit frischer Tünche gestrichen worden war, was verhindern sollte, dass sie sich versehentlich beschmutzten, indem sie gegen ein Grab stießen.
    2. Jeder männliche Jude, der im Umkreis von etwa 24 Kilometern um Jerusalem lebte, musste zum Passahfest nach Jerusalem kommen. Viele kamen von weit her – einschließlich aus Galiläa. Viele Menschen, die Jesus in Galiläa gehört und gesehen hatten, waren hier, voller Respekt und mit großer Erwartung an Jesus.
    3. Die Feste Passah und das Fest der ungesäuerten Brote wurden nacheinander abgehalten. „Üblicherweise wurden die beiden Feste zusammengelegt und aus praktischen Gründen als das siebentägige ‚Fest des Passah‘ bezeichnet.“ (Lane)
  2. Wie sie ihn mit List ergreifen und töten könnten: Als die obersten Priester und die Schriftgelehrten den Mord an einem Unschuldigen planten, zeigte sich, dass sie Gott nicht fürchteten. Dennoch fürchteten sie das Volk (damit kein Aufruhr unter dem Volk entsteht). Diese religiösen Führer hatten keine Angst davor, den Sohn Gottes zu ermorden; sie glaubten lediglich, dass sie es auf politisch kluge Weise tun müssten.
  3. Nicht während des Festes: Die religiösen Führer wollten Jesus eigentlich nicht während des Passahfestes töten, aber sie taten es dennoch während dieser Zeit. Dies zeigt deutlich, dass Jesus alles unter Kontrolle hatte, und obwohl die Führer nach der bösen Neigung ihres Herzens handelten, erfüllten ihre Taten die Prophezeiung und den Plan Jesu.
    1. Gemäß Johannes 11, 57 scheint es, als ob die religiösen Führer ursprünglich die Absicht hatten, Jesus während des Festes zu ergreifen. Als sie aber die Beliebtheit Jesu bei seinem triumphalen Einzug und seine Autorität auf dem Tempelberg sahen, änderten sie ihre Meinung und beschlossen, es nach dem Fest zu tun. Ihr Plan änderte sich erneut, als Judas sich freiwillig meldete, um eine ungestörte Verhaftung im Stillen zu arrangieren.

2. Was die Frau getan hat: Jesus wird mit Duftöl gesalbt

Markus 14, 3

Markus 14, 3
Und als er in Bethanien im Haus Simons des Aussätzigen war und zu Tisch saß, da kam eine Frau mit einem Alabasterfläschchen voll Salböl, echter, kostbarer Narde; und sie zerbrach das Alabasterfläschchen und goss es aus auf sein Haupt.

  1. Da kam eine Frau: Johannes berichtet uns über dieses Ereignis (Johannes 12, 1-8), dass es sich hier um Maria von Bethanien handelte, die Schwester von Lazarus und Martha.
    1. Hier passiert nicht dasselbe wie damals, als eine sündige Frau das Alabastergefäß mit Salbe brachte, es zerbrach und die Füße Jesu salbte. Dieser Anlass war besonders, aber er war insofern anders, dass die Frau von ihrem eigenen Gefühl der Sündhaftigkeit und der Verehrung gegenüber dem vergebenden Herrn überwältigt war. Maria scheint sich auf Jesus allein zu konzentrieren, nicht auf ihre eigene vergebene Sünde. Es ist schon großartig, Jesus für alles zu lieben, was er für uns getan hat; noch großartiger kann es sein, ihn einfach für das zu lieben, was er ist, in all seiner Herrlichkeit und Majestät.
  2. Mit einem Alabasterfläschchen voll Salböl, echter, kostbarer Narde: Dies war eine verschwenderische Demonstration der Hingabe an Jesus. Oft wurden Gewürze und Salben als Wertanlage verwendet, weil sie klein und gut transportierbar waren und leicht verkauft werden konnten.
    1. „Anfang des ersten Jahrhunderts bemerkte Plinius der Ältere, dass ‚die beste Salbe in Alabaster konserviert ist‘. Der Wert des Duftöls und seine Bezeichnung als Narde deuten darauf hin, dass es sich um ein Familienerbstück handelte, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde, von der Mutter an die Tochter.“ (Lane)
  3. Sie zerbrach das Alabasterfläschchen und goss es aus auf sein Haupt: Es war eine kleine Flasche mit einem dünnen Hals und das Zerbrechen des Flaschenhalses öffnete die Flasche. Markus´ Wortlaut deutet darauf hin, dass sie den gesamten Inhalt der Flasche auf den Kopf von Jesus ausgegossen hat.
    1. Wenn ein Gast zu einer Mahlzeit eintraf, war es üblich, den Kopf des Gastes mit einem Tupfer Öl zu salben. Hier ging diese Frau viel weiter als bei einer üblichen Begrüßung. Sie goss den gesamten Inhalt eines Alabasterfläschchens voll Salböl auf das Haupt Jesu.
    2. Dies war ein wunderbarer, einfühlsamer Akt von Maria. Jesus ritt gerade als König in Jerusalem ein – und sollten Könige nicht gesalbt werden? Maria verstand das, aber die Jünger taten es nicht.
    3. Maria tat dies ohne ein Wort. Wir gehen davon aus, dass ihre Schwester Martha eine gute Rednerin war, aber Maria war eine Frau der Tat. Sie kündigte nicht an, was sie vorhatte, und sie beschrieb auch nicht, wie sie es tat. Sie hat es auch nicht erklärt, nachdem sie es getan hatte. Sie tat es einfach.
    4. „Wenn wir alle mehr tun und weniger reden würden, wäre es vielleicht ein Segen für uns selbst, vielleicht auch für andere. Bemühen wir uns in unserem Dienst für den Herrn, immer mehr im Verborgenen zu bleiben; so sehr es der stolze Wunsch auch ist, die Aufmerksamkeit der Menschen zu erregen, so lasst uns doch versuchen, dies zu vermeiden.“ (Spurgeon)
    5. Als Maria fertig war, schaute sie nicht zu den Jüngern und fragte sie nicht nach ihrer Meinung darüber, was sie getan hatte. „Du solltest dich über eine solche untätige Abhängigkeit von der Meinung der Menschen erheben; was kümmert es dich, was dein Mitstreiter denkt? Für deinen eigenen Meister stehst oder fällst du. Wenn du etwas Gutes getan hast, tu es wieder. Du kennst die Geschichte des Mannes, der auf den Hauptmann zugeritten kommt und sagt: ‘Sir, wir haben dem Feind ein Gewehr abgenommen.’ ‘Geh und nimm ihm noch ein weiteres ab’, sagte der Offizier nüchtern. Das ist der beste Rat, den ich einem Freund geben kann, der von seinem eigenen Erfolg begeistert ist. Es bleibt noch so viel zu tun, so dass wir keine Zeit haben, darüber nachzudenken, was bereits getan worden ist.“ (Spurgeon)

3. Die Reaktion auf das, was die Frau getan hat

Markus 14, 4-9

Markus 14, 4-9
Es wurden aber etliche unwillig bei sich selbst und sprachen: Wozu ist diese Verschwendung des Salböls geschehen? Man hätte dies doch um mehr als 300 Denare verkaufen und den Armen geben können! Und sie murrten über sie. Jesus aber sprach: Lasst sie! Warum bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, und ihr könnt ihnen Gutes tun, wann immer ihr wollt; mich aber habt ihr nicht allezeit. Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus zum Begräbnis gesalbt. Wahrlich, ich sage euch: Wo immer dieses Evangelium verkündigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch von dem sprechen, was diese getan hat, zu ihrem Gedenken!

  1. Es wurden aber etliche unwillig: In Johannes 12, 1-8 steht, dass es ausgerechnet Judas war, der über die Kosten empört war. Seine Empörung war völlig eigennützig. In Johannes 12, 6 steht: Das sagte er aber nicht, weil er sich um die Armen kümmerte, sondern weil er ein Dieb war und den Beutel hatte und trug, was eingelegt wurde.
    1. Sie murrten über sie: Es ist einfach, diejenigen zu kritisieren, die Jesus mehr Liebe zeigen als wir selbst. Manchmal wollen wir jemanden als Fanatiker hinstellen, der mehr Hingabe für Jesus hat als wir selbst.
    2. Judas mag mit der Kritik begonnen haben, aber er war nicht lange der einzige. Markus machte deutlich, dass sie über sie murrten. Jeder schaute auf das Öl auf Jesu Kopf und hielt es für Verschwendung. Maria begann sich wahrscheinlich zu fragen, ob sie etwas falsch gemacht hatte.
    3. „Es ist interessant, dass das Wort, das in Markus 14, 4 mit ‚verschwenden‘ übersetzt wird, in Johannes 17, 12 mit ‚Verderben‘ übersetzt und auf Judas angewandt wird! Judas kritisierte Maria wegen ‚Geldverschwendung‘, er aber vergeudete sein ganzes Leben!“ (Wiersbe)
  2. Man hätte dies doch um mehr als 300 Denare verkaufen können: Dieses spezielle Alabasterfläschchen scheint mehr als der Jahreslohn eines Arbeiters wert gewesen zu sein. „Ich werde mich immer Judas gegenüber verpflichtet fühlen, dass er den Preis für dieses Gefäß teurer Narde berechnet hatte. Er hat das getan, um sie zu beschuldigen, aber wir werden seine Zahlen stehen lassen und es ihr umso höher anrechnen, je mehr er es dem Konto der Verschwendung zurechnet. Ich hätte nie erfahren, was es gekostet hat, und du hätten es auch nie erfahren, wenn Judas es nicht in seinem Taschenbuch notiert hätte.“ (Spurgeon)
  3. Lasst sie! Warum bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan: Die Jünger dachten, dass diese extravagante Salbung mit Öl eine Verschwendung war, aber Jesus empfing sie als gutes Werk. Mit ihrer einfachen Liebe und Hingabe an Jesus verstand Maria, was die Jünger nicht verstanden – dass Jesus im Begriff war zu sterben und sie verstand dieses Geschenk als Vorbereitung für seine Begräbnis.
    1. Sie hat ein gutes Werk … getan: „Im Griechischen gibt es zwei Worte für ‚gut‘. Es gibt den Begriff agathos, der eine Sache beschreibt, die moralisch gut ist; und es gibt den Begriff kalos, der eine Sache beschreibt, die nicht nur gut ist, sondern auch schön. Eine Sache mag agathos sein, und doch ist sie hart, ernst, streng, unattraktiv. Aber etwas, das kalos ist, ist gefällig und lieblich, mit einem gewissen Hauch von Charme.“ (Barclay)
    2. Jesus machte ihr das größte Kompliment: Sie hat getan, was sie konnte. Gott erwartet von uns nicht mehr als wir tun können; aber hüte dich davor, deine Ziele so niedrig anzusetzen, dass du glaubst, nichts zu tun, sei alles, was du tun kannst. „Es kann kein größeres Lob geben als dieses. Nicht jeder kann große Dinge für Christus tun, aber es ist gut, wenn jeder tut, was er kann, als wäre es für den Herrn selbst.“ (Ironside)
  4. Sie hat meinen Leib im Voraus zum Begräbnis gesalbt: Marias Tat war umso kostbarer, weil sie geplant war. Es war keine spontane Aktion aus dem Moment heraus. Sie wurde im Voraus sorgfältig geplant.
    1. Offenbar hörte Maria zu und glaubte an die Lehre Jesu auf eine Weise, auf die es die anderen Jünger eben nicht taten. Als er sagte, dass er an bösartige Menschen ausgeliefert, verspottet, gegeißelt und gekreuzigt werden würde, glaubte sie es. Sie sagte: „Wenn mein kostbarer Jesus auf diese Weise verspottet und gequält werden wird, dann erlaube mir, ihm eine besondere Ehre zu erweisen.“
    2. Es scheint, als ob die Jünger nicht über den Tod Jesu nachdenken wollten. Als Petrus davon hörte, versuchte er, es Jesus auszureden. Maria hatte eine andere Art von Frömmigkeit, und anstatt über seinen Tod zu debattieren oder ihn zu leugnen, machte sie ihn zum Anlass tiefer Hingabe.
    3. „Nichts bringt so viel Leben in den Menschen wie ein sterbender Erlöser. Komm Christus nahe und trage das Gedenken an ihn jeden Tag in dir, und du wirst richtige königliche Taten tun. Kommt, lasst uns die Sünde niederschlagen, denn Christus wurde niedergeschlagen. Kommt, lasst uns all unseren Stolz begraben, denn Christus wurde begraben. Kommt, lasst uns auferstehen zu neuem Leben, denn Christus ist auferstanden. Lasst uns mit unserem gekreuzigten Herrn in seinem großen Ziel vereinigt sein – lasst uns mit ihm leben und sterben, und dann wird jedes Handeln in unserem Leben wunderschön sein.“ (Spurgeon)
  5. Wo immer dieses Evangelium verkündigt wird in der ganzen Welt: Jesus wusste, dass er sterben würde, aber sein Vertrauen ließ kein bisschen nach. Er wusste auch, dass er von den Toten auferstehen würde und dass dieses Evangelium in der ganzen Welt verkündigt werden würde.
  6. Zu ihrem Gedenken: Die Jünger sehnten sich nach Ruhm und Einfluss, aber diese Frau fand eine bleibende Erinnerung. Sie fand sie nicht durch die Sehnsucht nach einer bedeutenden Position, sondern einfach dadurch, dass sie Jesus liebte und ihm diente.
    1. Es gibt in uns allen eine Tendenz, diese Geschichte zu betrachten und zu sagen: „Ich liebe Jesus auch. Sag mir, was ich tun soll, um es zu zeigen.“ Aber ein Teil der großen Liebe der Frau zeigte sich darin, dass sie auf die Idee kam, ihre Liebe zu Jesus auf diese Weise auszudrücken. Wenn sie dies auf einen Befehl hin getan hätte, wäre es niemals so kostbar gewesen. „’Oh‘, ruft ein Bruder, ‚sag mir, was ich für Jesus tun könnte!‘ Nein, aber, Bruder, ich darf dir das nicht sagen. Das beste an der ganzen Sache ist doch der geheiligte Einfallsreichtum deines Geistes, aus deiner eigenen glühenden Seele heraus sich etwas für ihn auszudenken.“ (Spurgeon)

4. Judas willigt ein, Jesus zu verraten und ändert damit die Pläne der jüdischen Herrscher

Markus 14, 10-11

Markus 14, 10-11
Da ging Judas Ischariot, einer von den Zwölfen, hin zu den obersten Priestern, um ihn an sie zu verraten. Sie aber waren erfreut, als sie das hörten, und versprachen, ihm Geld zu geben. Und er suchte eine gute Gelegenheit, um ihn zu verraten.

  1. Judas Ischariot, einer von den Zwölfen: Oft wird über Judas´ Motiv spekuliert. Vielleicht wurden seine Gefühle verletzt, als Jesus ihn zurechtgewiesen hat, nachdem Maria das Öl über Jesu Füße (beschrieben in Johannes 12, 3, abweichend von Markus 14, 3) gegossen hatte. Vielleicht war es schlichte Gier. Manche spekulieren, dass Judas Jesus zu einer offenen Zurschaustellung seiner messianischen Herrlichkeit zwingen wollte.
    1. Matthäus 26, 15 macht deutlich, dass Judas mit den religiösen Führern um das Leben Jesu feilschte. Er fragte sie: „Was seid ihr bereit, mir zu geben, wenn ich ihn euch ausliefere?“ Sicherlich war ein Teil seiner Motivation pure Habgier.
    2. Was auch immer die Motivation von Judas war, es war sein Beweggrund. Gott benutzte das böse Werk eines willigen Satans, der einen willigen Judas benutzte. Gott hat bestimmt, dass diese Dinge geschehen, aber er veranlasste Judas nicht zur Sünde.
  2. Sie aber waren erfreut, als sie das hörten: Die religiösen Führer wollten Jesus schon seit langer Zeit beseitigen (Markus 3, 6). Nun hatten sie einen wertvollen Verbündeten – einen Jünger, der bereit war, ihn zu verraten.

B. Das letzte Passahfest Jesu mit seinen Jüngern

1. Vorbereitung für das Passahfest, das Fest zur Erinnerung an die Erlösung Israels

Markus 14, 12-16

Markus 14, 12-16
Und am ersten Tag der ungesäuerten Brote, als man das Passahlamm schlachtete, sprachen seine Jünger zu ihm: Wo willst du, dass wir hingehen und das Passah zubereiten, damit du es essen kannst? Und er sendet zwei seiner Jünger und spricht zu ihnen: Geht in die Stadt; da wird euch ein Mensch begegnen, der einen Wasserkrug trägt; dem folgt, und wo er hineingeht, da sagt zu dem Hausherrn: Der Meister lässt fragen: Wo ist das Gastzimmer, in dem ich mit meinen Jüngern das Passah essen kann? Und er wird euch einen großen Obersaal zeigen, der mit Polstern belegt und hergerichtet ist; dort bereitet es für uns zu. Und seine Jünger gingen hin und kamen in die Stadt und fanden es, wie er ihnen gesagt hatte; und sie bereiteten das Passah.

  1. Ein Mensch [ein Mann] … der einen Wasserkrug trägt: Das war ein ungewöhnlicher Anblick. Frauen trugen Flüssigkeiten für gewöhnlich in Krügen, Männer trugen Flüssigkeiten normalerweise in Behältern aus Tierhaut. Daher war ein Mensch … ,der einen Wasserkrug trägt, für die Jünger ein unverkennbares Zeichen.
  2. Der Meister lässt fragen: Wo ist das Gastzimmer: Diese Szene impliziert Geheimhaltung, und Jesus hatte guten Grund, im Stillen Vorkehrungen für das Passahfest zu treffen. Jesus wollte nicht, dass Judas ihn verrät, bevor er eine letzte wichtige Ansprache an die Jünger halten konnte.
    1. „Der Herr muss viele unbekannte Jünger gehabt haben, auf die er sich in solchen Momenten verlassen konnte, die dienten ohne zu fragen.“ (Cole)
  3. Und sie bereiteten das Passah: Es scheint einen Unterschied zu geben zwischen den synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas) und dem Johannes-Evangelium das Passahfest betreffend. Die synoptischen Evangelien deuten an, dass Jesus am Tag nach dem Passahfest gekreuzigt wurde und dass dieses Mahl am Tag davor stattfand. Johannes beschreibt eher, dass Jesus am Tag des Passahfestes selbst gekreuzigt wurde, als Passahlamm (Johannes 18, 28 und 19, 14).
    1. „Die vielleicht beste Erklärung ist, dass verschiedene Kalender in Gebrauch waren. Jesus starb, als die Passahopfer nach dem offiziellen Kalender geschlachtet wurden; aber er hatte das Passahfest mit seinen Anhängern am Vorabend nach einem inoffiziellen Kalender abgehalten.“ (Morris)
    2. Keines der synoptischen Evangelien erwähnt ein Lamm beim Passahmahl. Einige glauben, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass sie vor dem ‚offiziellen‘ Passah-Tag kein Lamm bekommen konnten. Jesus mag es so gewollt haben, um den Gedanken zu betonen, dass er das Passahopfer war.

2. Jesus gibt Judas eine Chance zur Umkehr

Markus 14, 17-21

Markus 14, 17-21
Und als es Abend geworden war, kam er mit den Zwölfen. Und als sie zu Tisch saßen und aßen, sprach Jesus: Wahrlich, ich sage euch: Einer von euch, der mit mir isst, wird mich verraten! Da fingen sie an, betrübt zu werden, und fragten ihn einer nach dem anderen: Doch nicht ich? Und der Nächste: Doch nicht ich? Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Einer von den Zwölfen, der mit mir [das Brot] in die Schüssel eintaucht! Der Sohn des Menschen geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; aber wehe jenem Menschen, durch den der Sohn des Menschen verraten wird! Es wäre für jenen Menschen besser, wenn er nicht geboren wäre!

  1. Und als sie zu Tisch saßen: Beim ersten Passahfest befahl ihnen Gott, das Mahl stehend zu essen und bereit, Ägypten zu verlassen (2. Mose 12, 11). Seit das Volk Israel in das verheißene Land gekommen war, glaubten sie, dass sie das Passahmahl sitzend oder liegend essen könnten, denn nun ruhten sie in dem Land, das Gott ihnen gegeben hatte.
  2. Einer von euch, der mit mir isst, wird mich verraten: Die Jünger hörten viele überraschende Dinge von Jesus, aber dies war sicherlich eines der überraschendsten Dinge, die sie je gehört hatten. Nicht einer von ihnen verdächtigte Judas, und die Vorstellung, dass einer von ihnen versuchen würde, Jesus zu verraten und zu töten, muss ihnen absurd erschienen sein.
  3. Einer von den Zwölfen der mit mir [das Brot] in die Schüssel eintaucht: Als Jesus sprach, der mit mir … eintaucht, hat er Judas nicht herausgestellt (obwohl Judas, der auf dem Ehrenplatz sitzt, den besonderen Anteil bekommen hätte). Alle Jünger tauchten mit ihm das Brot ein, so dass dieser Satz den Verräter als einen Freund bezeichnete.
    1. In der Kultur des Nahen Ostens galt und gilt der Verrat an einem Freund nach einem Essen mit ihm als die schlimmste Art des Verrats.
  4. Wehe jenem Menschen, durch den der Sohn des Menschen verraten wird! Judas wird zu Recht als einer der berühmt berüchtigtsten Sünder aller Zeiten angesehen. Obwohl seine Taten die Prophezeiung erfüllten (Der Sohn des Menschen geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht), verurteilte ihn sein eigenes böses Motiv. Judas wird sich am Tag des Gerichts nicht vor Gott rechtfertigen können, indem er behauptet: „Ich habe die Prophezeiung erfüllt.“
    1. In der Warnung Jesu sehen wir eine tiefe Liebe zu Judas. Das war seine letzte flüchtige Gelegenheit, sich von seinem bösen Plan abzuwenden. Es ist bemerkenswert, sich daran zu erinnern, dass Jesus sowohl Maria als auch Judas liebte. Man möchte fast meinen, er habe Maria geliebt und Judas gehasst, aber das ist nicht der Fall. Wenn wir seine Liebe zu Judas außer Acht lassen – abgelehnte Liebe wohlgemerkt – wenn wir diese Liebe übersehen, übersehen wir die ganze Geschichte.

3. Das letzte Abendmahl

Markus 14, 22-25

Markus 14, 22-25
Und während sie aßen, nahm Jesus Brot, sprach den Segen, brach es, gab es ihnen und sprach: Nehmt, esst! Das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen denselben; und sie tranken alle daraus. Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut, das des neuen Bundes, welches für viele vergossen wird. Wahrlich, ich sage euch: Ich werde nicht mehr von dem Gewächs des Weinstocks trinken bis zu jenem Tag, da ich es neu trinken werde im Reich Gottes.

  1. Nahm Jesus Brot, sprach den Segen, brach es: Als das Brot am Passahfest in die Höhe gehoben wurde, sagte der Leiter des Mahles: „Dies ist das Brot der Bedrängnis, das unsere Väter im Land Ägypten aßen. Jeder, der Hunger hat, soll kommen und essen; jeder, der in Not ist, soll kommen und das Passahmahl essen“.
    1. Alles, was beim Passahmahl gegessen wurde, hatte eine symbolische Bedeutung. Die bitteren Kräuter erinnerten an die Bitterkeit der Sklaverei; das Salzwasser erinnerte an die Tränen, die während der Unterdrückung durch die Ägypter vergossen wurden. Das Hauptgericht des Mahles – ein Lamm, das frisch für dieses Haus geopfert wurde – hatte keine symbolische Bedeutung im Zusammenhang mit den Leiden in Ägypten. Es war das sündentragende Opfer, das dem Gericht Gottes erlaubte, am gläubigen Haus vorüberzugehen.
  2. Nehmt, esst! Das ist mein Leib … Das ist mein Blut, das des neuen Bundes: Jesus erklärte nicht wie üblich die Bedeutung der einzelnen Speisen. Er deutete sie um auf sich selbst, und der Fokus lag nicht mehr auf dem Leiden Israels in Ägypten, sondern auf dem sündentragenden Leiden Jesu an ihrer Stelle.
  3. Das ist mein Leib: Christen haben jahrhundertelang über die wahre Natur von Brot und Kelch beim Abendmahl debattiert.
    1. Die römisch-katholische Kirche vertritt die Auffassung der Transsubstantiation (Wandlung), sie lehrt, dass das Brot und der Wein tatsächlich zum Leib und Blut Jesu werden.
    2. Martin Luther vertrat die Idee der Konsubstantiation, die lehrt, dass das Brot Brot bleibt und der Wein Wein, aber durch den Glauben sind sie dasselbe wie der tatsächliche Leib Jesu. Luther glaubte nicht an die römisch-katholische Lehre von der Transsubstantiation, aber er war nicht weit davon entfernt.
    3. Johannes Calvin lehrte, dass die Gegenwart Jesu in Brot und Wein real ist, aber nur geistlich, nicht physisch. Zwingli lehrte, dass das Brot und der Wein Symbole sind, die den Körper und das Blut Jesu repräsentieren.
    4. Gemäß der Heiligen Schrift können wir nun verstehen, dass das Brot und der Kelch nicht nur Symbole sind, sondern kraftvolle Bilder, an denen wir teilhaben, in die wir eintreten können, wenn wir den Tisch des Herrn als das neue Passah betrachten.
  4. Nehmt, esst: Wir dürfen uns nicht zu sehr damit beschäftigen, was denn nun das Brot und der Kelch bedeuten, damit wir dabei nicht vergessen, mit ihnen das zu tun, was Jesus gesagt hat. Wir sollen nehmen und essen.
    1. Nehmen bedeutet, dass es Dir nicht aufgezwungen wird. Du sollst es empfangen. Essen bedeutet, dass es für Dich absolut lebensnotwendig ist. Ohne Essen und Trinken gehen wir zugrunde. Ohne Jesus gehen wir zugrunde. Es bedeutet auch, dass Du Jesus in Dein Innerstes aufnehmen sollst.
  5. Das ist mein Blut, das des neuen Bundes, welches für viele vergossen wird: Jenseits aller Kontroversen darüber, was die Elemente dieses Abendmahls sind und was sie denn nun wirklich bedeuten, sticht die Ankündigung eines neuen Bund von Jesus hervor.
    1. Kein gewöhnlicher Mensch könnte jemals einen neuen Bund zwischen Gott und den Menschen schließen, aber Jesus ist der Mann Gottes. Er hat die Vollmacht, einen neuen Bund zu schließen, der mit Blut besiegelt ist, so wie der alte Bund mit Blut besiegelt war (2. Mose 24, 8).
    2. Dieser Bund ist auf eine innere Wandlung ausgerichtet, die uns von aller Sünde reinigt: Denn ich werde ihre Missetat vergeben und an ihre Sünde nicht mehr gedenken (Jeremia 31, 34). Diese Verwandlung legt Gottes Wort und Willen in uns hinein: Ich will mein Gesetz in ihr Innerstes hineinlegen und es auf ihre Herzen schreiben (Jeremia 31, 33). In diesem Bund geht es um eine neue, enge Beziehung zu Gott: Und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein (Jeremia 31, 33).
  6. Bis zu jenem Tag, da ich es neu trinken werde im Reich Gottes: Jesus hat noch kein Passahfest im Himmel gefeiert. Er wartet immer noch darauf, dass sein ganzes Volk bei ihm versammelt werden wird, und dann wird es ein großes Abendmahl geben – das Hochzeitsmahl des Lammes (Offenbarung 19, 9). Das ist die Erfüllung im Reich Gottes, nach der sich Jesus sehnte.

4. Jesus sagt die Abkehr der Jünger und die Verleugnung durch Petrus voraus

Markus 14, 26-31

Markus 14, 26-31
Und nachdem sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg. Und Jesus spricht zu ihnen: Ihr werdet in dieser Nacht alle an mir Anstoß nehmen; denn es steht geschrieben:
»Ich werde den Hirten schlagen,
und die Schafe werden sich zerstreuen«.
Aber nach meiner Auferweckung will ich euch nach Galiläa vorangehen. Petrus aber sagte zu ihm: Wenn auch alle an dir Anstoß nehmen, doch nicht ich! Und Jesus spricht zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen! Er aber sagte desto mehr: Wenn ich auch mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen! Das Gleiche sagten aber auch alle.

  1. Nachdem sie den Lobgesang gesungen hatten: Wir denken nicht oft daran, dass Jesus gesungen hat, aber er hat es getan. Er erhob seine Stimme in Anbetung und Lobpreis zu Gott dem Vater. Wir können uns unaufhörlich fragen, wie seine Stimme geklungen haben mag, aber wir wissen mit Sicherheit, dass er nicht nur mit seiner Stimme gesungen hat, sondern sein ganzes Herz zum Lobpreis erhoben hat. Das erinnert uns daran, dass Gott mit Gesang gepriesen werden will.
    1. Es ist bemerkenswert, dass Jesus in dieser Nacht vor seiner Kreuzigung singen konnte. Könntest du unter solchen Umständen singen? Würdest Du Jesus erlauben, Dein Lobpreisleiter zu sein? „Was! Ein Christ schweigt, wenn andere seinen Herrn loben? Nein; er muss sich dem Lied anschließen. Satan versucht, Gottes Volk stumm zu machen, aber er kann es nicht, denn der Herr hat in seiner ganzen Familie kein sprachloses Kind. Sie können alle sprechen, und sie können alle rufen, auch wenn sie nicht alle singen können, und ich denke, es gibt Zeiten, in denen sie alle singen können; ja, sie müssen, denn Sie kennen die Verheißung: ‘Dann wird die Zunge des Stummen singen.’ Wenn Jesus die Melodie anführt, wenn es in der Familie des Herrn stille Menschen geben sollte, dann müssen sie anfangen, den Namen des Herrn zu loben.“ (Spurgeon)
    2. Das bedeutet, dass wir zu Gott unserem Vater singen sollten – so wie Jesus es getan hat – denn das ist etwas, das ihm gefällt, und wenn wir jemanden lieben, wollen wir die Dinge tun, die ihm gefallen. Es ist wirklich egal, ob es uns gefällt oder nicht.
    3. „Was ist Singen anderes als emotionaler Ausdruck? Oh! Der Wert und die Macht der Emotion. Böse Emotionen bringen den Herrn des Lebens und der Herrlichkeit um! Reine Emotionen ermöglichen die Rettung der Gefallenen.“ (Morgan)
  2. Den Lobgesang gesungen hatten: Es ist wunderbar, dass Jesus gesungen hat, aber was hat er gesungen? Ein Passahmahl endete immer mit dem Singen von drei Psalmen, die als Hallel bekannt sind, den Psalmen 116-118. Sicherlich haben die Worte dieser Psalmen Jesus geholfen, als er sie in der Nacht vor seiner Kreuzigung sang.
    1. „Als Jesus aufstand, um nach Gethsemane zu gehen, hatte er Psalm 118 noch auf seinen Lippen. Er enthielt eine angemessene Beschreibung davon, wie Gott seinen Messias durch Not und Leiden zur Herrlichkeit führen würde.“ (Lane)
  3. Gingen Sie hinaus an den Ölberg: „Jesus verweilte mit ihnen im Abendmahlssaal während der wunderbaren Rede und dem Gebet in Johannes 14 bis 17. Vielleicht sind sie nach Johannes 14, 31 auf die Straße gegangen.“ (Robertson)
    1. „Unser Herr wusste, dass seine Zeit nun gekommen war und er tatsächlich in die Hände seiner Feinde ausgeliefert werden musste. Damit er nun weder dem Hausherrn der Familie, bei der er sich befand, noch der Stadt Unruhe bereitete, verließ er, obwohl es schon Mitternacht war, die Stadt.“ (Ironside)
  4. Ihr werdet … alle an mir Anstoß nehmen: Jesus sagte das nicht, um seine Jünger zu verdammen, sondern um ihnen deutlich zu machen, dass er die Situation wirklich unter Kontrolle hatte, und um zu zeigen, dass die Schrift bezüglich des Leidens des Messias erfüllt werden muss.
    1. Es war nicht das erste Mal, dass Jesus Petrus und die anderen Jünger davor gewarnt hatte, dass sie ihn im Stich lassen würden. Aus einer sorgfältigen Rekonstruktion der Evangelien geht hervor, dass Jesus sie zuerst im Obergemach und jetzt wieder im Garten Gethsemane, davor gewarnt hat.
  5. Aber nach meiner Auferweckung: Dies zeigt, dass Jesus bereits über das Kreuz hinausblickte. Er hatte seine Augen auf die vor ihm liegende Freude gerichtet (Hebräer 12, 2).
  6. Wenn auch alle an dir Anstoß nehmen, doch nicht ich: Wir fragen uns, wie Petrus so etwas jemals sagen konnte. Tragischerweise war Petrus sich sowohl der geistlichen Realität als auch des geistlichen Kampfes, den Jesus deutlich sah, nicht bewusst. Petrus schaute nur darauf, wie er sich im Moment fühlte, und im Moment fühlte er sich ziemlich mutig.
    1. „Es ist manchmal leichter, eine große Last für Christus zu tragen als eine kleine. Einige von uns könnten leichter Märtyrer auf dem Scheiterhaufen sein, als Bekennende unter spöttischen Nachbarn.“ (MacLaren)
  7. Wahrlich, ich sage dir: Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen: Petrus würde trotz seiner kühnen Ankündigung, dass er niemals zum Stolpern gebracht werden könnte, in dem versagen, was er für seine Stärke hielt – Mut und Kühnheit. Durch diese feierliche Warnung gab Jesus Petrus die Gelegenheit, sich zu besinnen und über seine eigene Schwäche nachzudenken.
    1. Leider war es eine Gelegenheit, die Petrus nicht nutzte: Er aber sagte desto mehr: Wenn ich auch mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen! Jesus kannte Petrus weitaus besser als Petrus sich selbst und da er sich selbst überschätzte, wurde Petrus auf einen Rückschlag vorbereitet.
    2. Er aber sagte desto mehr: „Dieses starke zusammengesetzte Adverb kommt nur bei Markus vor und ist wahrscheinlich Petrus´ eigene Aussage zu dieser Äußerung.“ (Robertson) [Anmerkung zur deutschen Ausgabe: Dieses Zitat bezieht sich auf das zusammengesetzte Adverb in der englischen New King James Bibelübersetzung, wo es heißt: „But he spoke more vehemently“]
    3. Auch die übrigen Jünger überschätzten ihre Stärke und verließen sich in der kritischen Stunde nicht auf den Herrn: Das Gleiche sagten aber auch alle. Der Apostel Paulus warnte uns davor, dort zu fallen, wo wir denken, dass wir stark sind: Darum, wer meint, er stehe, der sehe zu, dass er nicht falle (1. Korinther 10, 12). Wenn wir glauben, dass wir außerhalb der Reichweite einiger Sünden sind, sind wir kurz vor dem Fall.

C. Gebet und Verhaftung Jesu in Gethsemane

1. Jesu Gebet der Verzweiflung

Markus 14, 32-36

Markus 14, 32-36
Und sie kommen zu einem Grundstück namens Gethsemane. Und er spricht zu seinen Jüngern: Setzt euch hier hin, bis ich gebetet habe! Und er nahm Petrus und Jakobus und Johannes mit sich; und er fing an, zu erschrecken, und ihm graute sehr. Und er sprach zu ihnen: Meine Seele ist tief betrübt bis zum Tod. Bleibt hier und wacht! Und er ging ein wenig weiter, warf sich auf die Erde und betete, dass, wenn es möglich wäre, die Stunde an ihm vorüberginge. Und er sprach: Abba, Vater! Alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir! Doch nicht, was ich will, sondern was du willst!

  1. Gethsemane: Dies war ein Ort östlich des Tempelberggebiets in Jerusalem, auf der anderen Seite der Schlucht des Baches Kidron und an den unteren Hängen des Ölbergs. Umgeben von alten Olivenbäumen bedeutet Gethsemane ‚Olivenpresse‘. Es war ein Ort, an dem die Oliven aus der Umgebung wegen ihres Öls gepresst wurden. Und hier würde der Sohn Gottes wie eine Olive zerquetscht werden.
  2. Er fing an, zu erschrecken, und ihm graute sehr … Meine Seele ist tief betrübt bis zum Tod: Jesus wusste, was der Wille des Vaters war; dennoch ertrug er diese Qualen. Es lag daran, dass Jesus ein Opfer für die Sünden sein sollte, und er war kein unwissendes Opfertier. Er war auch kein Opfer der Umstände. Er war bereit, sein Leben hinzugeben.
    1. Es war nicht so sehr das Grauen vor körperlicher Folter, was Jesus so zu schaffen machte, sondern es war der Schrecken des Kreuzes – zur Sünde gemacht zu werden (2. Korinther 5, 21). Das ist es, was Jesus erschreckt und wovor ihm graute.
    2. Hebräer 5, 7+8 beschreibt die Qualen Jesu in Gethsemane: Dieser hat in den Tagen seines Fleisches sowohl Bitten als auch Flehen mit lautem Rufen und Tränen dem dargebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte, und ist auch erhört worden um seiner Gottesfurcht willen.
    3. „Seine heilige Seele schauderte vor dem Schrecklichen, am Holz zur Sünde gemacht zu werden. Es war nicht der Tod, sondern der göttliche Zorn gegen die Sünde, die Zurechnung all unserer Sünden auf ihn, die seine Seele mit Schrecken erfüllte. Es gab keinen Konflikt des Willens.“ (Ironside)
  3. Abba, Vater: In diesem Moment tiefer Bedrängnis fühlte sich Jesus nicht weit von Gott, dem Vater, entfernt. Er fühlte sich dem Vater so nahe, dass er den Namen Abba benutzte, den vertrauten Namen eines Kindes für Papa.
  4. Nimm diesen Kelch von mir: Als Antwort auf die tief bewegten Gebete Jesu nahm der Vater den Kelch nicht von Jesus. Stattdessen stärkte er Jesus, damit er den Kelch nehmen und trinken konnte.
    1. Im Alten Testament ist der Kelch wiederholt ein kraftvolles Bild des Zornes und des Gerichts Gottes (Psalm 75, 9; Jesaja 51, 17; Jeremia 25, 15). Jesus wurde sozusagen zum Feind Gottes, der verurteilt wurde und gezwungen war, den Kelch des Zorns des Vaters zu trinken, damit wir nicht aus diesem Kelch trinken müssen – das war die Ursache der Qualen Jesu.
    2. Matthäus 20, 22-23 spricht von einem Kelch, den auch die Nachfolger Jesu trinken müssen. „Jedenfalls kann unser Kelch niemals so tief oder so bitter sein wie der seine und in seinem Kelch waren einige Zutaten, die in unserem nie gefunden werden. Die Bitterkeit der Sünde war da, aber er hat sie für alle, die an ihn glauben, hinweggenommen. Der Zorn seines Vaters war da, aber er hat alles ausgetrunken und keinem aus seinem Volk auch nur einen Tropfen übriggelassen.“ (Spurgeon)
  5. Doch nicht, was ich will, sondern was du willst: In Gethsemane kam Jesus an einen Punkt der Entscheidung. Zwar hatte er sich schon vorher entschieden und zugestimmt, aber jetzt kam er an einen unvergleichlichen Punkt der Entscheidung. Er trank den Kelch auf Golgatha, aber er entschied sich ein für alle Mal dafür, ihn zu trinken, als er in Gethsemane war. Der Kampf des Kreuzes wurde im Garten von Gethsemane gewonnen.
    1. Dieser Kampf in Gethsemane – dem Ort der Vernichtung – nimmt einen wichtigen Stellenwert ein bei der Erfüllung des Erlösungsplans Gottes. Wenn Jesus hier versagt hätte, hätte er auch am Kreuz versagt. Sein Erfolg hier machte den Sieg am Kreuz möglich.
  6. Alles ist dir möglich: Jesus bat nicht um die Erlaubnis, die Menschheit in der Hölle umkommen zu lassen; er bat den Vater: „Wenn es einen anderen möglichen Weg gibt, die Menschheit zu retten, außer dem Todeskampf, der mich am Kreuz erwartet – dann lass es geschehen.“ Doch es gab keinen anderen Weg, also ging Jesus ans Kreuz.
    1. Dieses Gebet Jesu schließt jeden anderen Weg der Erlösung aus. Wenn es einen anderen Weg gibt, war sein Tod nicht notwendig, und sein Gebet wurde nicht erhört.
  7. Doch nicht, was ich will, sondern was du willst: Manchmal wird diese Art des Gebets aus dem Mund eines Christen kritisiert und gesagt, es sei ein Gebet, dem der Glaube fehlt. Aber zu beten, nicht was ich will, sondern was du willst, ist ein Gebet großen Glaubens und Vertrauens in Gott. Wenn ein solches Gebet Gott beleidigt, dann hat Jesus seinen Vater in diesem entscheidenden Augenblick im Garten Gethsemane beleidigt.

2. Die schlafenden Jünger

Markus 14, 37-42

Markus 14, 37-42
Und er kommt und findet sie schlafend. Und er spricht zu Petrus: Simon, schläfst du? Konntest du nicht eine Stunde wachen? Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt! Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Und er ging wiederum hin, betete und sprach dieselben Worte. Und als er zurückkam, fand er sie wieder schlafend; denn die Augen waren ihnen schwer geworden. Und sie wussten nicht, was sie ihm antworten sollten. Und er kommt zum dritten Mal und spricht zu ihnen: Schlaft ihr noch immer und ruht? Es ist genug! Die Stunde ist gekommen. Siehe, der Sohn des Menschen wird in die Hände der Sünder ausgeliefert. Steht auf, lasst uns gehen! Siehe, der mich verrät, ist nahe.

  1. Und er kommt und findet sie schlafend: In diesem Moment großer Qual war Jesus allein. Seine Jünger gaben ihm keinerlei Unterstützung. Obwohl ihnen das nicht zur Ehre gereicht – sie haben Jesus im Stich gelassen – war es so, wie es sein musste: Jesus musste sich dem Schrecken des Kreuzes ganz alleine stellen.
  2. Simon, schläfst du? Jesus war wohl nicht verärgert über seine Jünger. Er sagte dies in Liebe und mit mitfühlendem Verständnis. Er kannte sie schließlich besser, als sie sich selbst kannten.
    1. Petrus muss ein bisschen erschrocken gewesen sein, als er hörte, dass Jesus ihn Simon nannte. Das war der alte schlafende Simon, nicht der neue Mensch Petrus. Petrus war bereit, jedem Angriff zu widerstehen, außer dem Angriff des Sandmanns.
  3. Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt: Jesus wusste, dass Petrus versagen würde; dennoch ermutigte er ihn, zum Sieg zu gelangen, weil er wusste, dass die Kraft im Wachen und Beten zu finden ist. Wenn Petrus aufgewacht wäre (sowohl körperlich als auch geistlich) und sich in Abhängigkeit von Gott begeben hätte, hätte er Jesus in der entscheidenden Stunde nicht verleugnen müssen.
    1. Jesus trug den Sieg am Kreuz davon, weil er im Kampf in Gethsemane erfolgreich war. Petrus – genau wie wir – versagte in der späteren Versuchung, weil er es versäumte, zu wachen und zu beten. Die geistliche Schlacht wird oft gewonnen oder verloren, bevor die Krise kommt.
  4. Und er ging wiederum hin, betete und sprach dieselben Worte: Jesus wiederholte das Gebet, das in Markus 14, 34-36 beschrieben ist. Manche sind der Meinung, dies sei nicht geistlich oder es spiegle einen Mangel an Glauben wider, Gebete zu wiederholen, doch wir können Jesus niemals vorwerfen, nicht geistlich zu sein oder keinen Glauben zu haben.
  5. Und als er zurückkam, fand er sie wieder schlafend … Und er kommt zum dritten Mal und spricht zu ihnen: Schlaft ihr noch immer und ruht? Dreimal betete Jesus; dreimal schaute er nach, ob seine Jünger ihm im Gebet beistehen und um Kraft für die kommende Prüfung beten würden. Sie waren jedes Mal eingeschlafen.
    1. Es war ja schon schlimm genug, dass die Jünger nicht für sich selbst wachten und beteten, aber sie hätten bereit sein sollen, einfach um Jesu willen zu wachen und zu beten. Durch Gebet und Gemeinschaft müssen wir anderen in ihrer Not zur Seite stehen.
    2. „Er sagte ihnen: ‚Schlaft jetzt weiter‘; und sie schliefen; und er wachte über ihnen, während sie schliefen … Er sagte in der Tat: Geht und schlaft weiter; ich kann wachen; und er wachte über sie, während sie schliefen.“ (Morgan)
  6. Es ist genug! Wir sollten nicht annehmen, dass Jesus verärgert oder gereizt war, weil seine Jünger ihm nicht beistanden. Er wollte, dass die Jünger ihm helfen und im Gebet bleiben, nicht um seiner selbst willen, sondern zu ihrem eigenen Nutzen. Jesus konnte allein in der Prüfung am Kreuz bestehen, aber sie, die ohne Gebet waren, konnten es nicht.

3. Jesus von Nazareth wird im Garten Gethsemane verhaftet

Markus 14, 43-52

Markus 14, 43-52
Und sogleich, als er noch redete, erschien Judas, der einer der Zwölf war, und mit ihm eine große Schar mit Schwertern und Stöcken, [gesandt] von den obersten Priestern und den Schriftgelehrten und den Ältesten. Der ihn verriet, hatte ihnen aber ein Zeichen gegeben und gesagt: Der, den ich küssen werde, der ist’s; den ergreift und führt ihn sicher ab! Und als er nun kam, trat er sogleich auf ihn zu und sprach: Rabbi, Rabbi!, und küsste ihn. Sie aber legten ihre Hände an ihn und nahmen ihn fest. Einer aber von denen, die dabeistanden, zog das Schwert, schlug den Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm ein Ohr ab. Und Jesus begann und sprach zu ihnen: Wie gegen einen Räuber seid ihr ausgezogen mit Schwertern und Stöcken, um mich gefangen zu nehmen? Täglich war ich bei euch im Tempel und lehrte, und ihr habt mich nicht ergriffen. Doch damit die Schriften erfüllt werden! Da verließen ihn alle und flohen. Und ein gewisser junger Mann folgte ihm, der ein Leinengewand auf dem bloßen Leib trug; und die jungen Männer ergriffen ihn, er aber ließ das Leinengewand zurück, und entblößt floh er von ihnen.

  1. Der, den ich küssen werde: Anscheinend war Jesus von seinem Aussehen her normal genug, dass Judas ihn identifizieren musste. Er entschied sich dafür, Jesus zu identifizieren, indem er ihn mit einem Kuss begrüßte. Voller Grausamkeit tat Judas so, als sei er liebevoll, und fügte dann noch ‚Rabbi, Rabbi!‘ dem Gruß hinzu.
  2. Einer aber von denen, die dabeistanden, zog das Schwert, schlug den Knecht des Hohenpriesters: Johannes 18, 10 benennt diesen namenlosen Schwertkämpfer als Petrus. Hier war er ein großartiges Beispiel für jemanden, der die Macht dieser Welt in seinen Händen haltend, nur Ohren abschneiden konnte. Als er aber das Wort Gottes aussprach, durchdrang Petrus die Herzen zu Gottes Ehre (Apostelgeschichte 2, 37).
    1. „Wenn die Kirche das Schwert in die Hand nimmt, zeigt sie gewöhnlich, dass sie nicht weiß, wie sie es führen soll und so oft hat es dann den Falschen getroffen.“ (MacLaren)
    2. Lukas beschreibt, dass Jesus den von Petrus angerichteten Schaden geheilt hat (Lukas 22, 51). Es ist nicht das letzte Mal, dass Jesus etwas ausbügeln musste, was durch einen seiner Anhänger verursacht worden war. „Hätte Jesus Malchus nicht geheilt, wäre auch Petrus verhaftet worden; und es hätte womöglich vier Kreuze auf Golgatha gegeben.“ (Barclay)
  3. Doch damit die Schriften erfüllt werden: Jesus wunderte sich, dass sie eine kleine Armee schickten, um ihn zu verhaften. Dennoch hatte er die Befehlsgewalt; mit einem Wort hätte er alle vernichten können, die ihn verhaften wollten. Aber Jesus ging mit, um die Schriften zu erfüllen.
  4. Da verließen ihn alle und flohen: An diesem Punkt zerstreuten sich alle Jünger und rannten davon zu ihrer eigenen Sicherheit. Einige (zumindest Petrus und Johannes) kamen zurück, um aus der Entfernung zu sehen, was passieren würde. Keiner von ihnen stellte sich neben Jesus und sagte: „Ich habe diesem Mann mein Leben gegeben. Was ihr ihm vorwerft, könnt ihr auch mir vorwerfen“. Stattdessen erfüllte sich, was Jesus sagte: Ihr werdet … alle an mir Anstoß nehmen (Markus 14, 27).
  5. Und ein gewisser junger Mann folgte ihm … er aber ließ das Leinengewand zurück, und entblößt floh er von ihnen: Jesus wurde sogar von einem jungen Anhänger verlassen, der in der Verwirrung nackt floh. Seit den frühesten Tagen der Kirche vermuten Kommentatoren, dass dieser junge Mann Markus selbst war. Es war seine bescheidene Art zu sagen: ‚Ich war dabei‘.
    1. Oft vermutet man, dass sich der obere Raum, in dem Jesus nur wenige Stunden zuvor das letzte Abendmahl gehalten hat, in einem Haus von Markus’ Familie befunden hat. In Apostelgeschichte 12, 12 heißt es, dass sich die Jünger im Haus von Markus’ Mutter trafen. Womöglich kam die von Judas angeführte ‚Verhaftungsarmee‘ zuerst zu Markus’ Haus, weil Judas Jesus dort zuletzt gesehen hatte. Als Judas und die Gruppe ankamen und feststellten, dass Jesus und die Jünger nicht mehr dort waren, war es für Judas nicht schwer, anzunehmen, dass sie nach Gethsemane gegangen waren, denn Jesus ging für gewöhnlich dorthin (Lukas 22, 39). Als Judas und die Männer nach Gethsemane aufbrachen, können wir uns das so vorstellen, dass sich der junge Markus eilig in ein einfaches Leinengewand kleidete und sich aufmachte, um Judas und sein Gefolge in Richtung Gethsemane einzuholen, um Jesus zu warnen.
    2. „Normalerweise wird angenommen, dass Markus selbst, der Sohn der Maria (Apostelgeschichte 12, 12), in deren Haus sie vermutlich das Passahmahl gefeiert hatten, Jesus und den Aposteln in den Garten gefolgt war.“ (Robertson)
    3. „Markus’ bescheidener Geist schien zu sagen: Freund Petrus, während der Heilige Geist mich dazu bewegt, von deinem Fehler zu berichten und ihn zu Protokoll zu geben, zwingt er mich auch, mein eigenes Vorwort dazu zu schreiben, denn auch ich wäre in meiner verrückten, irrwitzigen Torheit, unbekleidet wie ich war, auf die Wachen zu gerannt, um meinen Herrn und Meister zu retten; doch beim ersten Anblick dieser brutalen Legionäre, beim ersten Aufblitzen ihrer Schwerter, floh ich eingeschüchtert und ohnmächtig und fürchtete, dass man allzu brutal mit mir umgehen würde.“ (Spurgeon)

D. Der Prozess vor dem Hohen Rat (Sanhedrin)

1. Markus beschrieb weder die Vorverhandlung vor Hannas, der die eigentliche Macht hinter dem Amt des Hohenpriesters war (aufgezeichnet in Johannes 18, 12-13 und 19-23), noch den zweiten Prozess Jesu vor dem Sanhedrin, dem ‚offiziellen‘ Tageslichtprozess, der in Lukas 22, 66-71 aufgezeichnet ist

  1. Es gibt Ähnlichkeiten zwischen den Prozessen, da dieselben Personen beteiligt waren. Tatsächlich gab es drei Phasen des Prozesses Jesu vor den jüdischen Autoritäten und drei Phasen seines Prozesses vor den römischen Autoritäten, und sie sollten nicht verwechselt werden.
  2. Nach seiner Verhaftung wurde Jesus zuerst zu Hannas gebracht, dann zu einem illegalen nächtlichen Gericht des Hohen Rates (welches Markus als nächstes beschreiben wird), dann zu einem offiziellen Tagesgerichtsverfahren des Hohen Rates, dann zu Pilatus, der Jesus zu Herodes schickte, der Jesus zu Pilatus zurückschickte, von wo aus er dann zum Kreuz ging.

2. Jesus wird vor dem Hohen Rat angeklagt

Markus 14, 53-59

Markus 14, 53-59
Und sie führten Jesus ab zum Hohenpriester; und alle obersten Priester und die Ältesten und die Schriftgelehrten kamen bei ihm zusammen. Und Petrus folgte ihm von ferne bis hinein in den Hof des Hohenpriesters; und er saß bei den Dienern und wärmte sich am Feuer. Die obersten Priester aber und der ganze Hohe Rat suchten ein Zeugnis gegen Jesus, um ihn zu töten, und sie fanden keines. Denn viele legten ein falsches Zeugnis gegen ihn ab, doch stimmten die Zeugnisse nicht überein. Und es standen etliche auf, legten ein falsches Zeugnis gegen ihn ab und sprachen: Wir haben ihn sagen hören: Ich will diesen mit Händen gemachten Tempel zerstören und in drei Tagen einen anderen aufbauen, der nicht mit Händen gemacht ist. Aber auch so war ihr Zeugnis nicht übereinstimmend

  1. Sie führten Jesus ab zum Hohenpriester: Dieser Prozess gegen Jesus war nach jüdischem Recht entsetzlich illegal. Es gab vieles im jüdischen Rechtsprozess, was die Rechte der Angeklagten schützen sollte, doch all das wurde von denjenigen, die entschlossen waren, Jesus zu töten, ignoriert und absichtlich übertreten.
  2. Wir haben ihn sagen hören: Ich will diesen mit Händen gemachten Tempel zerstören: Jesus sprach, wie es in Johannes 2, 19 aufgezeichnet ist, deutlich vom Tempel seines Leibes. Jesus sagte nie die von seinen falschen Anklägern berichteten Worte – „diesen mit Händen gemachten Tempel“. Im Wesentlichen beschuldigten sie Jesus, ein Terrorist zu sein, der den Tempel zerstören wollte.
    1. „Der Vorwurf war äußerst schwerwiegend, denn in der gesamten griechisch-römischen Welt wurde die Zerstörung oder Schändung von Kultstätten als Kapitalverbrechen angesehen.“ (Lane)
    2. Morgan zu ihrer Anschuldigung: „Das ist die teuflischste Form der Unwahrheit, denn es ist eine Unwahrheit, in der ein Element der Wahrheit enthalten ist.“ Wir erinnern uns an die Worte Tennysons: „Eine Lüge, die ganz und gar eine Lüge ist, kann man erkennen und bekämpfen; aber eine Lüge, die teilweise der Wahrheit entspricht, ist wesentlich schwerer zu bekämpfen.“
  3. Aber auch so war ihr Zeugnis nicht übereinstimmend: Obwohl es ein falscher Prozess war, konnten die Ankläger Jesu keine gute Anklage zusammenstellen. Die falschen Zeugen widersprachen sich immer wieder gegenseitig.
    1. „Es war schwieriger, sich auf eine konsequente Lüge zu einigen, als die reine Wahrheit zu sagen.“ (Cole)

3. Jesus sagt bei seinem eigenen Prozess aus

Markus 14, 60-62

Markus 14, 60-62
Und der Hohepriester stand auf, trat in die Mitte, fragte Jesus und sprach: Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich aussagen? Er aber schwieg und antwortete nichts. Wieder fragte ihn der Hohepriester und sagte zu ihm: Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten? Jesus aber sprach: Ich bin’s. Und ihr werdet den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen mit den Wolken des Himmels.

  1. Und der Hohepriester stand auf, trat in die Mitte, fragte Jesus: „Um die Sache noch feierlicher zu machen, erhob er sich, um den Mangel an Beweisen durch Wutreden auszugleichen.“ (Robinson)
    1. „Das deutet darauf hin, dass der Hohepriester sich von seinem Sitz erhob und in den Halbkreis des Rates auf Jesus zuging – die Geste eines irritierten, ratlosen Mannes.“ (Bruce)
    2. „Es war ein stillschweigendes Eingeständnis, dass Christus sich bis dahin als unschuldig erwiesen hatte. Der Hohepriester hätte aus dem Angeklagten nichts herausholen müssen, wenn es anderswo genügend Material gegen ihn gegeben hätte. Der Prozess war bis zu diesem Zeitpunkt ein absoluter Fehlschlag gewesen, er wusste das und war wutentbrannt. Nun versuchte er, den Gefangenen einzuschüchtern, um ihm eine Erklärung zu entlocken, die ihm alle weiteren Mühen mit den Zeugen ersparen und die Sache beenden könnte.“ (Spurgeon)
  2. Er aber schwieg und antwortete nichts: Jesus hätte hier eine großartige Verteidigung aufbauen können, indem er all die unterschiedlichen Zeugen seiner Göttlichkeit, seiner Macht und seines Charakters aufgerufen hätte. Die Menschen, die er unterrichtet hatte, die Menschen, die er geheilt hatte, die Toten, die auferstanden waren, die Blinden, die wieder sehen konnten, sogar die Dämonen selbst hatten seine Göttlichkeit bezeugt. Aber Jesus wurde misshandelt, aber er beugte sich und tat seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut (Jesaja 53, 7).
  3. Ich bin’s. Und ihr werdet den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht: Als Jesus unter offiziellem Eid aufgefordert wurde, sich selbst zu belasten, sagte er im Wesentlichen: „Ihr richtet jetzt über mich, aber ich werde der endgültige Richter sein.“ Diese Worte hätten jeden klugen Richter innehalten lassen, aber sie bremsten seine Ankläger nicht.
    1. Hier sehen wir, dass Jesus vor Gericht stand – er schien zu verlieren, aber in Wirklichkeit hatte er gewonnen. Sein Verhalten während seines Prozesses zeigte seine Unschuld und war Teil des Erlösungsplans – den wir als Gottes Geschenk empfangen dürfen.
    2. In Wirklichkeit war es gar nicht Jesus, der vor Gericht stand – vielmehr waren es die religiösen Führer, die vor Gericht standen. Sie schienen zu gewinnen, aber in Wirklichkeit haben sie verloren. Tatsächlich stehen wir alle bei Jesus vor Gericht und werden für das, was wir mit ihm tun, zur Rechenschaft gezogen.

4. Der Hohe Rat verurteilt Jesus zum Tode

Markus 14, 63-65

Markus 14, 63-65
Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sagte: Was brauchen wir weitere Zeugen? Ihr habt die Lästerung gehört. Was meint ihr? Und sie fällten alle das Urteil, dass er des Todes schuldig sei. Und etliche fingen an, ihn anzuspucken und sein Angesicht zu verhüllen und ihn mit Fäusten zu schlagen und zu ihm zu sagen: Weissage! Und die Diener schlugen ihn ins Angesicht.

  1. Da zerriss der Hohepriester seine Kleider … Ihr habt die Lästerung gehört: Zuerst reagierten sie mit selbstgerechtem, melodramatischem Entsetzen, dann mit Beschimpfungen und Brutalität (etliche fingen an, ihn anzuspucken … und ihn … zu schlagen).
  2. Und die Diener schlugen ihn ins Angesicht: So schrecklich das Urteil der religiösen Führer gegen Jesus auch war, so hatte es doch wenigstens einen Grund – Neid und Furcht vor Jesus. Diese Diener, die eine bizarre Freude daran hatten Jesus zu quälen, hatten nicht einmal einen Grund dafür. Sie taten es nur aufgrund dessen, was andere (die religiösen Führer) über Jesus gesagt hatten.
    1. „Sei erstaunt, o Himmel, und erschrecke fürchterlich. Sein Angesicht ist das Licht des Universums, seine Person ist die Herrlichkeit des Himmels, und sie ‚fingen an, ihn zu bespucken‘. Ach, mein Gott, dass Menschen so niederträchtig sein können.“ (Spurgeon)
  3. Und etliche fingen an, ihn anzuspucken und sein Angesicht zu verhüllen und ihn mit Fäusten zu schlagen: Wenn wir verstehen, dass Jesus solche Schmerzen und solche Demütigungen ertrug, sollten wir auf drei Arten reagieren.
    1. Wir sollten selbst mutig Schmerz und Demütigung um Jesu Willen ertragen. „Wie bereit sollten wir sein, Verleumdung und Spott um Jesu Willen zu erfahren. Werde nicht wütend und halte es nicht für seltsam, dass man dich verspottet. Wer bist du, werter Herr? Wer bist du? Was kannst du sein im Vergleich zu Christus? Wenn sie auf ihn gespuckt haben, warum sollten sie nicht auf dich spucken? Wenn sie ihn geschlagen haben, warum sollte man dich dann nicht schlagen? Soll dein Meister die ganze Härte erfahren? Soll er all das Bittere bekommen und du all das Süße? Ein schöner Soldat bist du, wenn du besseres Essen verlangst als dein Hauptmann!“ (Spurgeon)
    2. Wir sollten eifriger sein, Jesus zu preisen. „Wie ernsthaft sollten wir als nächstes unseren lieben Herrn ehren. Wenn die Menschen so eifrig waren, ihn zu beschämen, lasst uns zehnmal so eifrig ihm Ehre zuteilwerden. Gibt es etwas, was wir heute tun können, um ihn zu ehren? Lasst es uns in Angriff nehmen. Können wir irgendein Opfer bringen? Können wir irgendeine schwierige Aufgabe erfüllen, die ihm zur Ehre gereichen würde? Lasst uns nicht zögern, sondern es sofort mit aller Macht tun. Seien wir erfinderisch in der Art und Weise, ihn zu verherrlichen, so wie seine Gegner in den Methoden seiner Beschämung genial waren.“ (Spurgeon)
    3. Wir sollten mehr Gewissheit und Vertrauen haben, das vollbrachte Werk Jesu als unsere Erlösung zu empfangen. „Sicherlich weiß ich, dass der, der dies erlitten hat, da er wahrhaftig der Sohn des Heiligen war, die Fähigkeit haben muss, uns zu retten. Ein solcher Kummer muss eine vollständige Sühne unserer Verfehlungen sein. Ehre sei Gott, dieser Speichel auf seinem Antlitz bedeutet ein reines, strahlendes Gesicht für mich. Diese falschen Anschuldigungen bezüglich seines Charakters bedeuten keine Verurteilung für mich.“ (Spurgeon)

5. Verleugnung durch Petrus

Markus 14, 66-75

Markus 14, 66-75
Und während Petrus unten im Hof war, kam eine von den Mägden des Hohenpriesters. Und als sie Petrus sah, der sich wärmte, blickte sie ihn an und sprach: Auch du warst mit Jesus, dem Nazarener! Er aber leugnete und sprach: Ich weiß nicht und verstehe auch nicht, was du sagst! Und er ging in den Vorhof hinaus, und der Hahn krähte. Und als die Magd ihn sah, begann sie wieder und sprach zu den Umstehenden: Dieser ist einer von ihnen! Er aber leugnete wiederum. Und ein wenig nachher sprachen die Umstehenden nochmals zu Petrus: Wahrhaftig, du bist einer von ihnen! Denn du bist ein Galiläer, und deine Sprache ist gleich. Er aber fing an, [sich] zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem ihr redet! Da krähte der Hahn zum zweiten Mal; und Petrus erinnerte sich an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er begann zu weinen.

  1. Während Petrus unten im Hof war: Als Markus die Geschichte von Petrus‘ Leugnung in Markus 14, 66-72 abschließt, macht er es als Rückblende. Es geschah nicht, als Jesus geschlagen wurde, sondern als er vor Gericht stand.
    1. Petrus’ erstes Problem war, dass er ihm von ferne folgte (Markus 14, 54). Wenn wir uns von Jesus distanzieren, ist es schwierig, zum entscheidenden Zeitpunkt angemessen für ihn einzustehen.
    2. Als nächstes saß Petrus bei den Dienern und wärmte sich am Feuer (Markus 14, 54). Petrus fand Gemeinschaft und Wärme in der Gesellschaft der Gottlosen, nachdem er die Gemeinschaft der fliehenden Jünger aufgegeben hatte. Petrus wollte nur als einer aus dieser Menschenmenge erscheinen, nicht als ein Nachfolger Jesu.
    3. Die Offiziere aus Markus 14, 65, die Jesus geschlagen haben, sind dieselben Menschen wie die Knechte aus Markus 14, 54, weil für beide Gruppen dasselbe altgriechische Wort verwendet wird. Petrus saß dort und verband sich mit denselben Männern, die Jesus geschlagen hatten, und sie schlugen ihn, nur weil ihnen jemand anders gesagt hatte, dass Jesus ein böser Mensch sei.
  2. Ich weiß nicht und verstehe auch nicht, was du sagst: Ein feindseliger Mann mit Autorität hat Jesus verhört. Petrus wurde nicht mit dieser Art von Verhör konfrontiert, sondern nur mit einer Magd. Aber sie reichte schon aus, um Petrus dazu zu bringen, Jesus zu verleugnen. „Ein dummes Weib erschreckt und entmutigt diesen stolzen Kämpfer.“ (Trapp)
    1. Ich weiß nicht und verstehe auch nicht: „Petrus leugnete die Anklage, wobei er die im rabbinischen Recht übliche Form einer formellen, juristischen Leugnung benutzte.“ (Lane)
    2. „Doch all dieses Böse entsprang der Menschenfurcht. Wie viele Leugnungen Christi und seiner Wahrheit sind seitdem aufgrund derselben Ursache entstanden!“ (Clarke)
    3. Petrus dachte, es könnte ihm helfen, sich von der Verbindung mit Jesus zu distanzieren, und er fing an, [sich] zu verfluchen und zu schwören. Wenn wir diese Art von Reden hören, nehmen wir an, dass diese Person kein Anhänger von Jesus Christus ist.
  3. Und er begann zu weinen: Petrus erinnerte sich schließlich an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte, aber er erinnerte sich zu spät daran – es war, nachdem er gesündigt hatte. Dann konnte Petrus nur noch bitterlich weinen – aber er würde zurückkehren.
    1. „Es war nicht das Krähen des Hahns, das Petrus überführte; es war die Erinnerung an die Worte Christi.“ (Wiersbe)
    2. Zwischen Judas und Petrus besteht ein erheblicher Kontrast. Beide verleugneten Jesus auf eine Weise, aber der eine wurde rehabilitiert und der andere nicht. Die Rehabilitierung von Petrus war für Jesus wichtig; nach seiner Auferstehung hatte Jesus ein privates Treffen mit Petrus (Lukas 24, 34) und es gab eine öffentliche Rehabilitierung von Petrus (Johannes 21). Judas endete als Abgefallener, Petrus war ein Abtrünniger, der durch diese Erfahrung, die er gemacht hatte, einen geistlichen Rückschritt erlitten hatte.

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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