Matthäus 12 – Die religiösen Führer lehnen Jesus weiterhin ab

A. Meinungsverschiedenheiten zum Thema Sabbat

1. Die Pharisäer verurteilen die Jünger Jesu dafür, dass sie angeblich am Sabbat Getreide geerntet haben

Matthäus 12, 1-2

Matthäus 12, 1-2
Zu jener Zeit ging Jesus am Sabbat durch die Kornfelder; seine Jünger aber waren hungrig und fingen an, Ähren abzustreifen und zu essen. Als aber die Pharisäer das sahen, sprachen sie zu ihm: Siehe, deine Jünger tun, was am Sabbat zu tun nicht erlaubt ist!

  1. Seine Jünger waren hungrig und fingen an, Ähren abzustreifen und zu essen: Es war nichts Falsches an dem, was sie taten, denn ihre Nachlese galt nach 2. Mose 23, 25 nicht als Stehlen. Das Problem war nur der Tag, an dem sie es taten. Die Rabbiner hatten eine ausführliche Liste von Regeln erstellt, die für den Sabbat relevant waren, und dies verstieß gleich gegen mehrere Punkte auf dieser Liste.
    1. „Wir erfahren nebenbei aus dieser Geschichte, dass unser Herr und seine Jünger arm waren und dass er, der die Menge speiste, seine wunderbare Macht nicht dazu benutzte, seine eigenen Anhänger zu ernähren, sondern sie so lange verließ, bis sie das taten, wozu arme Menschen gezwungen sind, um ihre knurrenden Mägen zu beruhigen.“ (Spurgeon)
    2. Das israelische Gesetz erlaubte es Menschen, die durch ein Gebiet reisten, von den Feldern in der Gegend genug Getreide für eine kleine Mahlzeit zu ernten (5. Mose 23, 25). Den Bauern wurde befohlen, ihr Getreide nicht vollständig zu ernten, um den Reisenden und den Armen zuliebe ein wenig zurückzulassen.
    3. Matthäus hat gerade Jesus zitiert, der uns ein leichtes Joch und eine leichte Last anbietet. Jetzt zeigt er uns, welch schwere Last und welch hartes Joch die religiösen Führer dem Volk auferlegen. Als die Jünger anfingen, Ähren abzustreifen, waren sie in den Augen der religiösen Führer folgender Dinge schuldig:
      1. Ernten
      2. Dreschen
      3. Aussortieren
      4. Essen vorbereiten
        Dies bedeutete vier Verletzungen des Sabbats für einen Mund voll!
    4. Zu dieser Zeit überhäuften viele Rabbiner das Judentum mit aufwendigen Ritualen, die mit dem Sabbat und der Einhaltung anderer Gesetze zusammenhingen. Die alten Rabbiner lehrten, dass ein Mann am Sabbat weder in der rechten noch in der linken Hand, über der Brust oder auf der Schulter etwas tragen durfte; er könnte aber etwas mit dem Handrücken, mit dem Fuß, dem Ellbogen oder im Ohr, auf den Haaren, im Saum seines Hemdes, im Schuh oder in den Sandalen tragen. Am Sabbat war es verboten, einen Knoten zu machen – aber eine Frau konnte einen Knoten in ihrem Gürtel machen. Wenn also ein Eimer mit Wasser aus einem Brunnen gehoben werden musste, durfte man kein Seil an den Eimer binden, aber eine Frau konnte ihren Gürtel an den Eimer und dann an das Seil binden.
    5. „Die Juden waren in Bezug auf die Einhaltung des Sabbats so abergläubisch, dass sie es in ihren Kriegen mit Antiochus Epiphanes und den Römern für ein Verbrechen hielten, sich am Sabbat zu verteidigen: Als ihre Feinde dies feststellten, stimmten sie ihre Handlungen auf diesen Tag ab. Dadurch wurde es Pompejus ermöglicht, Jerusalem einzunehmen.“ (Clarke)
  2. Siehe, deine Jünger tun, was am Sabbat zu tun nicht erlaubt ist: Jesus hat nie gegen Gottes Gebot, den Sabbat zu halten, verstoßen, oder gebilligt, dass seine Jünger Gottes Sabbatgebot verletzt haben, aber er hat oft gegen die gesetzlichen Ergänzungen der Menschen zu diesem Gebot verstoßen, und manchmal scheint er diese menschlichen Ergänzungen absichtlich gebrochen zu haben.
    1. Sogar einige jüdische Menschen zu Jesu Zeiten erkannten, dass die Regeln über den Sabbat meist menschliche Ergänzungen zum Gesetz waren. Carson zitiert eine alte jüdische Schrift, in der es heißt: „Die Regeln über den Sabbat … sind wie Berge, die an einem einzelnen Haar hängen, denn die Heilige Schrift ist spärlich und die Regeln sind zahlreich.“
    2. Die Pharisäer scheinen hier hart daran zu arbeiten, die Jünger zu beaufsichtigen und anzuklagen. Dies war eine größere Verletzung des Sabbats. „Haben sie nicht den Sabbat gebrochen, indem sie über sie wachten?“ (Spurgeon)

2. Jesus verteidigt seine Jünger

Matthäus 12, 3-8

Matthäus 12, 3-8
Er aber sagte zu ihnen: Habt ihr nicht gelesen, was David tat, als er und seine Gefährten hungrig waren? Wie er in das Haus Gottes hineinging und die Schaubrote aß, welche weder er noch seine Gefährten essen durften, sondern allein die Priester? Oder habt ihr nicht im Gesetz gelesen, dass am Sabbat die Priester im Tempel den Sabbat entweihen und doch ohne Schuld sind? Ich sage euch aber: Hier ist einer, der größer ist als der Tempel! Wenn ihr aber wüsstet, was das heißt: »Ich will Barmherzigkeit und nicht Opfer«, so hättet ihr nicht die Unschuldigen verurteilt. Denn der Sohn des Menschen ist Herr auch über den Sabbat.

  1. Habt ihr nicht gelesen, was David tat, als er und seine Gefährten hungrig waren: Der erste von Jesus vorgestellte Grundsatz ist einfach und wird durch Davids Erlebnis mit den Priestern und dem Schaubrot illustriert (1. Samuel 21). Jesus erinnerte sie daran, dass menschliche Bedürfnisse wichtiger sind als die Einhaltung zeremonieller Rituale.
    1. Der Vorfall mit David war eine gültige Verteidigung, denn:
      1. Es ging dabei ums Essen.
      2. Es geschah wahrscheinlich am Sabbat (1. Samuel 21, 6).
      3. Es betraf nicht nur David, sondern auch seine Anhänger.
    2. Der Kontext, in dem David das Brot in 1. Samuel 21 nahm, zeigt, dass es für ihn gerechtfertigt war, dies zu tun. „Das heilige Brot aus Gotteslästerung, Tapferkeit oder Leichtfertigkeit zu essen, könnte für den Täter ein Todesurteil nach sich ziehen; aber dies in dringender Not zu tun, war im Fall Davids nicht als Schuld anzusehen.“ (Spurgeon)
  2. Dass am Sabbat die Priester im Tempel den Sabbat entweihen und doch ohne Schuld sind: Auch der zweite von Jesus vorgestellte Grundsatz ist einfach. Die Priester selbst brechen den Sabbat immer wieder. Vielleicht haben die Pharisäer nicht so viel von der Sabbateinhaltung verstanden, wie sie dachten.
    1. „Das Tempelritual beinhaltete immer Arbeit – das Anzünden des Feuers, das Schlachten und Vorbereiten von Tieren, das Heben der Tiere auf den Altar und eine Menge anderer Dinge. Diese Arbeit wurde am Sabbat sogar verdoppelt, denn am Sabbat wurden die Opfergaben verdoppelt (vgl. z.B. 4. Mose 28, 9).“ (Barclay)
    2. Der Hinweis auf den Abschnitt aus Hosea 6, 6 (Ich will Barmherzigkeit und nicht Opfer) und das mangelnde Verständnis der Pharisäer für diesen Grundsatz war auch eine Weise, auf welche Jesus das Vertrauen der Pharisäer in ihre von Menschen gemachten Traditionen in Frage stellte. Sie benutzten diese Traditionen, um zu rechtfertigen, dass Grundsätze wie das Opfer über Grundsätze wie die Barmherzigkeit gestellt wurden, obwohl Gott wollte, dass sie genau das Gegenteil taten.
    3. „Wo zwei Gesetze in Bezug auf einen bestimmten Umstand miteinander zu kollidieren scheinen, so dass wir nicht beiden gehorchen können, sollten wir das Gesetz befolgen, welches herausragender ist.“ (Poole)
  3. Denn der Sohn des Menschen ist Herr auch über den Sabbat: Der dritte Grundsatz war der dramatischste, basierend darauf, wer Jesus ist. Er ist größer als der Tempel, so sehr sie auch den Tempel geehrt und geschätzt haben. Mehr noch, er ist auch Herr über den Sabbat.
    1. Dies war ein direkter Anspruch auf die Gottheit. Jesus sagte, dass er die Autorität besäße, zu wissen, ob seine Jünger das Sabbatgebot gebrochen haben, weil er auch Herr über den Sabbat ist.
    2. Jesus war in der Tat größer als der Tempel. Wenn man bedenkt, wie hoch der Tempel in den Tagen Jesu geachtet wurde, war dies eine schockierende Aussage. Dennoch beinhaltete der Tempel, so wie er zu Jesu Zeiten stand, nicht die Bundeslade, dieses wichtige Symbol des Thrones und der Gegenwart Gottes. Doch Jesus war ein viel größeres Symbol der Gegenwart Gottes – er war der fleischgewordene Gott! Dem Tempel fehlten auch die Schechina, die Urim und Thummim (Anmerkung: Los- und Orakelsteine des Hohepriesters) und das heilige Feuer vom Himmel. Doch Jesus ist all dies für uns; er ist sicherlich größer als der Tempel.
    3. Da Jesus größer ist als der Tempel, sollten wir ihn auch so betrachten.
      1. Der Tempel wurde mit Liebe und Staunen bewundert; wir sollten Jesus noch mehr bewundern.
      2. Der Tempel wurde freudig besucht; wir sollten mit noch mehr Freude zu Jesus kommen.
      3. Der Tempel wurde als ein heiliger Ort geehrt; wir sollten Jesus noch mehr ehren.
      4. Der Tempel war ein Ort des Opfers und des Dienstes; wir sollten noch mehr für Jesus tun.
      5. Der Tempel war ein Ort der Anbetung; wir sollten Jesus noch mehr anbeten.

3. Ein Streit über das Heilen am Sabbat

Matthäus 12, 9-14

Matthäus 12, 9-14
Und er ging von dort weiter und kam in ihre Synagoge. Und siehe, da war ein Mensch, der hatte eine verdorrte Hand. Und sie fragten ihn und sprachen: Darf man am Sabbat heilen?, damit sie ihn verklagen könnten. Er aber sprach zu ihnen: Welcher Mensch ist unter euch, der ein Schaf hat und, wenn es am Sabbat in eine Grube fällt, es nicht ergreift und herauszieht? Wie viel mehr ist nun ein Mensch wert als ein Schaf! Darum darf man am Sabbat wohl Gutes tun. Dann sprach er zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus, und sie wurde gesund wie die andere.
Da gingen die Pharisäer hinaus und hielten Rat gegen ihn, wie sie ihn umbringen könnten.

  1. Er … kam in ihre Synagoge: Ein allgemeines Leitmotiv in diesem Abschnitt von Matthäus ist der wachsende Widerstand gegen Jesus. Manchmal richtet sich dieser Widerstand direkt gegen ihn und manchmal richtet er sich gegen seine Jünger. Dennoch sehen wir, dass Jesus als gläubiger jüdischer Mann weiterhin wie gewohnt in die Synagoge ging. Man könnte sagen, dass Jesus ein gläubiger Mann war, der auch dann zur Synagoge ging, wenn er einen Grund gehabt hätte, es nicht zu tun.
    1. „Jesus war ein Vorbild darin, an öffentlichen Gottesdiensten teilzunehmen. Die Synagogen hatten keinen göttlichen Auftrag, der sie dazu ermächtigte, aber es liegt in der Natur der Sache, dass es richtig und gut sein muss, sich am Feiertag zur Anbetung Gottes zu treffen, und deshalb war Jesus dort. Es gab nichts Neues für ihn zu erfahren, und doch ging er an dem Tag, den Gott der Herr geheiligt hatte, zur Versammlung hinauf.“ (Spurgeon)
  2. Ein Mensch, der hatte eine verdorrte Hand: Die religiösen Führer sahen in dem Mann mit der verdorrten Hand bestenfalls einen interessanten Präzedenzfall. Wahrscheinlicher ist, dass sie den Mann als Köder benutzten, um Jesus im Hinblick auf das Sabbatgebot in eine Falle zu locken. Im Gegensatz dazu betrachtete Jesus den Mann mit barmherzigen Augen.
    1. Diese Ankläger wussten auch, dass Jesus etwas tun würde, als er diesen Mann in Not sah. Somit hatten diese Kritiker mehr Glauben als viele von uns. Wir scheinen manchmal zu bezweifeln, dass Jesus tatsächlich oder sogar auf wundersame Weise die Bedürfnisse anderer erfüllen will.
  3. Darf man am Sabbat heilen: Jesus entlarvte ihre Heuchelei, indem er zeigte, dass sie sich mehr um ihren eigenen Besitz, als um die Not des Mannes sorgten und er argumentierte überzeugend, dass es nicht falsch sein kann, am Sabbat Gutes zu tun. Dann heilte Jesus den Mann aus reiner Barmherzigkeit.
    1. „Die verdorrte Hand war buchstäblich ‚trocken‘, d. h. leblos, vielleicht gelähmt; der Mann war also nicht in unmittelbarer Todesgefahr, was allein eine Behandlung am Sabbat gemäß Mischna Traktat Joma Kap. 8 (Blatt 84 b) rechtfertigte. Er konnte genauso gut am nächsten Tag geheilt werden.“ (France) (In diesem Mischnatraktat wird erläutert, dass es erlaubt ist, am Sabbat Leben zu retten.)
  4. Strecke deine Hand aus: Als Jesus dem Mann befahl, „strecke deine Hand aus“, befahl er dem Mann, etwas zu tun, was in seinem gegenwärtigen Zustand eigentlich unmöglich wäre. Aber Jesus gab ihm sowohl den Befehl als auch die Fähigkeit dazu, ihn zu erfüllen, und der Mann befolgte ihn und wurde geheilt.
    1. „Die Hand des Mannes war verdorrt; durch Gottes Gnade konnte er noch seine Füße nutzen: Er benutzt sie, um zum öffentlichen Gottesdienst zu kommen, und Jesus begegnet ihm dort und heilt ihn.“ (Clarke)
    2. „Er streckte seine wiederhergestellte Hand in der Annahme aus, dass die Hand erst nach der Wiederherstellung ausgestreckt werden könne. Die Heilung und das Ausstrecken können als zeitgleich geschehen betrachtet werden.“ (Bruce)
    3. „Christus benutzte manchmal die Zeremonie des Handauflegens; hier tut er es nicht, um uns wissen zu lassen, dass dies nur ein Zeichen dessen war, was durch seine Macht getan wurde.“ (Poole)
  5. Da gingen die Pharisäer hinaus und hielten Rat gegen ihn, wie sie ihn umbringen könnten: Als Reaktion auf diese Darstellung von Mitgefühl, Macht und Weisheit antworteten die Pharisäer mit ihren harten Herzen nicht mit ehrfürchtiger Anbetung und Unterwerfung, sondern mit verhärteter, mörderischer Ablehnung.
    1. Dies ist eine deutliche Veränderung im Widerstand der religiösen Führer gegen Jesus. „Bisher begnügten sie sich damit, Fehler zu finden; jetzt kommt es zur Verschwörung gegen sein Leben – ein Anerkennen seiner Macht … Das ist die böse Frucht der Auseinandersetzungen um den Sabbat.“ (Bruce)
    2. Lukas 6, 11 beschreibt, dass die Kritiker Jesu mit Unverstand erfüllt waren, als Jesus diesen Mann heilte. Was war wohl eine Verletzung des Sabbats: Als Jesus einen Mann heilte, oder als diese hasserfüllten Männer den Mord an einem gottesfürchtigen Mann planten, der sich nie gegen jemanden versündigt hatte?

4. Trotz der Ablehnung seitens der religiösen Führer folgt das einfache Volk Jesus immer noch und er bleibt Gottes auserwählter Diener

Matthäus 12, 15-21

Matthäus 12, 15-21
Jesus aber zog sich von dort zurück, als er es bemerkte. Und es folgte ihm eine große Menge nach, und er heilte sie alle. Und er befahl ihnen, dass sie ihn nicht offenbar machen sollten, damit erfüllt würde, was durch den Propheten Jesaja geredet wurde, der spricht:
»Siehe, mein Knecht, den ich erwählt habe,
mein Geliebter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat!
Ich will meinen Geist auf ihn legen,
und er wird den Heiden das Recht verkündigen.
Er wird nicht streiten noch schreien,
und niemand wird auf den Gassen seine Stimme hören.
Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen,
und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen,
bis er das Recht zum Sieg hinausführt.
Und die Heiden werden auf seinen Namen hoffen.«

  1. Jesus aber zog sich von dort zurück, als er es bemerkte: Eine Zeitlang zog sich Jesus etwas aus dem öffentlichen Dienst zurück, als sich der Widerstand gegen ihn erhob. Dies geschah nicht aus Feigheit, sondern aus Respekt vor dem Zeitpunkt, den Gott der Vater für den Verlauf und den Höhepunkt seines Dienstes gewählt hatte. Es durfte nicht zugelassen werden, dass dieser Höhepunkt zu früh erreicht wurde.
  2. Es folgte ihm eine große Menge nach, und er heilte sie alle: Jesus tat, was er konnte, um dem Druck der Menschenmenge zu entgehen, aber die Menschenmenge folgte ihm einfach. Dennoch reagierte er mit Mitleid und heilte sie alle.
    1. Dies ist einer der wenigen Hinweise in den Evangelien, dass Jesus bei einer bestimmten Gelegenheit alle geheilt hat, dennoch ist er hier wichtig und angemessen. Matthäus möchte uns wissen lassen, dass der Druck der Menschenmenge Jesus nicht ungeduldig oder zornig gemacht hat. Er möchte uns auch wissen lassen, dass die Entschlossenheit dieser Menschenmenge ein Beweis für ihren Glauben war; deshalb wurden alle geheilt.
  3. Siehe, mein Knecht, den ich erwählt habe: Das Zitat aus Jesaja 42, 1-5 spricht von dem sanften Charakter des Messias, der der Knecht Jahwes ist. Dies war eine übliche und wichtige Bezeichnung für Jesus.
    1. Jesus beschrieb sich in Matthäus 20, 25-28, Matthäus 23, 11, Markus 9, 35 und Markus 10, 43-45 selbst als einen Diener. Petrus gibt unserem Erlöser in seiner Predigt in Apostelgeschichte 3 den Titel sein Knecht Jesus (Apostelgeschichte 3, 13 und 3, 26). In Apostelgeschichte 4 spricht das betende Volk Gottes von ihrem heiligen Knecht Jesus (Apostelgeschichte 4, 27+30). Aber Jesus ist nicht nur ein Knecht. Er ist der Knecht, und jeder sollte, wie der Herr sagt, meinen Knecht sehen.
    2. Jesus, der Knecht, ist ein Vorbild für uns als Diener, aber er ist so viel mehr als das. Er ist unser Diener. Er dient uns nicht nur durch das, was er in der Vergangenheit getan hat, sondern er dient uns auch jeden Tag durch seine beständige Liebe, Fürsorge, Führung und Fürbitte. Jesus hörte nicht auf zu dienen, als er in den Himmel kam; er dient seinem ganzen Volk vom Himmel aus wirkungsvoller als je zuvor.
  4. Er wird nicht streiten noch schreien, und niemand wird auf den Gassen seine Stimme hören: Das bedeutet nicht, dass Jesus nie laut gesprochen hat. Es bezieht sich auf sein sanftes, bescheidenes Herz und seine Taten. Jesus war keine Persönlichkeit, die andere überwältigt hat und laut oder überschwänglich geredet hat. Stattdessen beeindruckte Jesus andere durch den Geist Gottes, der auf ihm lag.
  5. Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen: Dies ist ein weiterer Hinweis auf den sanften Charakter Jesu. Ein Schilfrohr ist eine ziemlich zerbrechliche Pflanze, doch wenn ein Schilfrohr geknickt ist, wird der Diener so sanft mit ihm umgehen, dass er es nicht zerbricht. Und wenn Flachs, der als Docht für eine Öllampe verwendet wird, nicht brennt, sondern nur raucht, wird er ihn nicht auslöschen. Stattdessen wird der Diener den glimmenden Docht sanft nähren und die Flamme wieder entfachen.
    1. Oft haben wir das Gefühl, dass Gott mit unseren Schwächen und unserem Versagen grob umgeht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Er geht sanft und liebevoll mit ihnen um und unterstützt sie so lange, bis das geknickte Rohr stark ist und der glimmende Docht richtig in Flammen steht.
    2. Jesus sieht den Wert eines geknickten Rohres, auch wenn niemand sonst es kann. Er kann mit einem geknickten Rohr schöne Musik machen, weil er seine Kraft hineinsteckt! Obwohl ein glimmender Docht eigentlich zu nichts gut ist, weiß Jesus, dass er wertvoll für das ist, was er sein kann, wenn er mit Öl genährt wird. Viele von uns sind wie das geknickte Rohr, und wir müssen durch seinen Geist mit Kraft gestärkt zu werden an dem inneren Menschen (Epheser 3, 16). Andere sind wie der glimmende Docht und können nur dann wieder hell für den Herrn brennen, wenn wir in Öl getränkt werden, wobei ein ständiger Nachschub kommt, da wir mit dem Heiligen Geist erfüllt sind.
  6. Und die Heiden werden auf seinen Namen hoffen: Schließlich spricht das Zitat aus Jesaja 42 auch vom letzten Dienst Jesu an den Heiden. Dies war für die jüdischen Leser des Matthäusevangeliums etwas Überraschendes – und vielleicht sogar anstößig – aber es ist laut Jesaja 42 offensichtlich biblisch.

B. Anhaltende Ablehnung durch die religiösen Führer

1. Jesus befreit einen Mann, der von einem Dämon besessen ist

Matthäus 12, 22-24

Matthäus 12, 22-24
Da wurde ein Besessener zu ihm gebracht, der blind und stumm war, und er heilte ihn, sodass der Blinde und Stumme sowohl redete als auch sah. Und die Volksmenge staunte und sprach: Ist dieser nicht etwa der Sohn Davids? Als aber die Pharisäer es hörten, sprachen sie: Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus als durch Beelzebul, den Obersten der Dämonen!

  1. Er heilte ihn, sodass der Blinde und Stumme sowohl redete als auch sah: Wieder zeigte Jesus seine absolute Macht und Autorität über Dämonen und trieb dämonische Mächte aus, was die damaligen Traditionen für unmöglich hielten.
  2. Ist dieser nicht etwa der Sohn Davids: Die Menge reagierte mit messianischer Erwartung, aber die religiösen Führer reagierten, indem sie die Macht Jesu dem Fürsten der Dämonen zuschrieben (Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus als durch Beelzebul, den Obersten der Dämonen).
    1. „Der Vorwurf der Pharisäer läuft auf eine Anklage wegen Zauberei hinaus, die in der späteren jüdischen Hetze gegen Jesus weiterhin erhoben wurde.“ (France)
    2. „Lasst andere mit den Pharisäern tadeln; lasst uns mit der Menge staunen.“ (Trapp)

2. Jesus antwortet auf den Vorwurf, er wirke durch die Macht Satans

Matthäus 12, 25-29

Matthäus 12, 25-29
Da aber Jesus ihre Gedanken kannte, sprach er zu ihnen: Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet, und keine Stadt, kein Haus, das mit sich selbst uneins ist, kann bestehen. Wenn nun der Satan den Satan austreibt, so ist er mit sich selbst uneins. Wie kann dann sein Reich bestehen? Und wenn ich die Dämonen durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein. Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen! Oder wie kann jemand in das Haus des Starken hineingehen und seinen Hausrat rauben, wenn er nicht zuerst den Starken bindet? Erst dann kann er sein Haus berauben.

  1. Aber Jesus kannte ihre Gedanken: Das war bemerkenswert, aber nicht unbedingt ein Zeichen der Göttlichkeit Jesu. Der Heilige Geist kann einem Menschen die Gabe der übernatürlichen Erkenntnis geben (das Wort der Erkenntnis, das in 1. Korinther 12, 8 erwähnt wird).
  2. Jedes Reich, das mit sich selbst uneins ist, wird verwüstet: Jesus stellte logischerweise fest, dass es für Satan keinen Sinn ergibt, Satan auszutreiben. Die Pharisäer sollten erklären, wie Satan von dem Werk, das Jesus gerade getan hatte, profitierte.
    1. „Ein Teufel mag nachgeben und einem anderen Platz machen, um einen größeren Vorteil für die ganze Gemeinschaft zu erlangen, aber einer streitet nie mit einem anderen.“ (Poole)
    2. „Satan mag böse sein, das sagt er in der Tat, aber er ist kein Narr.“ (Bruce) „Welchen Fehler die Dämonen auch immer haben, sie streiten nicht miteinander; dieser Fehler ist den Dienern eines besseren Meisters vorbehalten.“ (Spurgeon)
  3. Durch wen treiben eure Söhne sie aus: Jesus stellte eine Frage, die auf ihrer (falschen) Vermutung beruhte, dass er durch die Macht Satans handelte. Wenn das wahr wäre, wie haben dann ihre eigenen jüdischen Exorzisten sie vertrieben?
    1. „Die jüdischen Exorzisten arbeiteten auf konventionelle Weise mit Kräutern und magischen Formeln, und die Ergebnisse waren wahrscheinlich unbedeutend. Die Vorgehensweise war durch den Brauch geduldet und harmlos. Aber beim Teufelsaustreiben, wie auch bei allen anderen Dingen, war Jesus einzigartig und seine Methode war zu wirkungsvoll. Seine Macht, die für alle sichtbar war, war sein Vergehen.“ (Bruce)
    2. „Neid veranlasst Menschen oft dazu, bei dem einen etwas zu verurteilen, was sie bei einem anderen billigen.“ (Spurgeon)
    3. Ich treibe die Dämonen durch den Geist Gottes aus: „Obwohl unser Herr seine ganz eigene Macht hatte, ehrte er den Geist Gottes und wirkte durch dessen Kraft und erwähnte die Tatsache, dass er dies tat.“ (Spurgeon)
  4. Erst dann kann er sein Haus berauben: Mit einem Vergleich erklärte Jesus seine Autorität, Satans Macht zu binden. Er ist stärker als der Starke. Damit stellte Jesus ein wertvolles Prinzip in der geistlichen Kriegsführung vor, da wir uns daran erinnern, dass Jesus uns die Erlaubnis gibt, seinen Namen und seine Autorität zu benutzen, was uns die Kraft gibt, die wir brauchen, um den Starken zu binden.
    1. Jesus machte auch deutlich, dass er der Stärkere war, der kein Gefangener des Starken war. Seine Botschaft lautete: „Ich stehe nicht unter der Macht Satans. Stattdessen beweise ich, dass ich stärker bin als er, indem ich ihn aus denen verstoße, die er besessen hat.“ „Allein die Tatsache, dass ich so erfolgreich in Satans Territorium eindringen konnte, beweist, dass er gebunden und machtlos ist, Widerstand zu leisten.“ (Barclay)
    2. Jesus blickt auf jedes Leben, das von der Herrschaft Satans befreit wurde, und sagt: „Ich plündere das Reich Satans, ein Leben nach dem anderen.“ Es gibt nichts in unserem Leben, das unter der Herrschaft Satans bleiben muss. Derjenige, der den Starken bindet und sein Haus beraubt, ist unser auferstandener Herr.

3. Jesus offenbart die verzweifelte Lage derer, die verhärtet genug sein könnten, um sein Wirken der satanischen Macht zuzuschreiben

Matthäus 12, 30-32

Matthäus 12, 30-32
»Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut! Darum sage ich euch: Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben werden; aber die Lästerung des Geistes wird den Menschen nicht vergeben werden. Und wer ein Wort redet gegen den Sohn des Menschen, dem wird vergeben werden; wer aber gegen den Heiligen Geist redet, dem wird nicht vergeben werden, weder in dieser Weltzeit noch in der zukünftigen«.

  1. Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich: Jesus beseitigte zunächst die falsche Vorstellung darüber, ihm oder seinem Werk neutral gegenüberzustehen. Wenn einer nicht für ihn ist, dann ist dieser gegen ihn. Wenn man nicht mit Jesus arbeitet, entweder durch aktiven Widerstand oder durch passive Missachtung, dann arbeitet man gegen Jesus (wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut).
    1. „In der Welt sind nur zwei Kräfte am Werk, das Sammeln und das Zerstreuen. Wer das eine tut, handelt gegen das andere.“ (Morgan)
  2. Die Lästerung des Geistes wird nicht vergeben werden: Jesus warnte die religiösen Führer eindringlich davor, ihn abzulehnen. Ihre Ablehnung Jesu – besonders in Anbetracht dessen, was sie von Jesus und seinem Werk gesehen hatten – zeigte, dass sie das Wirken des Heiligen Geistes völlig ablehnten. Dieses Werk besteht darin, Jesus zu bezeugen, daher die Warnung, diese unverzeihliche Sünde zu begehen.
    1. Das hauptsächliche Wirken des Heiligen Geistes ist es, von Jesus Zeugnis abzulegen (so wird der von mir Zeugnis geben, Johannes 15, 26). Wenn dieses Zeugnis Jesu vollständig und endgültig zurückgewiesen wird, hat man den Heiligen Geist wirklich gelästert und ihn im Wesentlichen in Bezug auf sein Zeugnis über Jesus als Lügner bezeichnet. Die religiösen Führer standen kurz davor, das zu tun.
    2. Jesus aus der Ferne oder mit wenig Informationen zurückzuweisen, ist schlecht; das Zeugnis des Heiligen Geistes über Jesus zurückzuweisen, ist verhängnisvoll.
  3. Es wird nicht vergeben werden, weder in dieser Weltzeit noch in der zukünftigen: Die ewigen Folgen dieser Sünde zwingen uns dazu, sie äußerst ernst zu nehmen. Wie kann man also wissen, ob sie tatsächlich den Heiligen Geist gelästert haben? Die Tatsache, dass man Jesus nahe sein möchte, zeigt grundlegend, dass man sich dieser Sünde nicht schuldig gemacht hat. Wiederholte Ablehnung Jesu macht uns allerdings noch verstockter ihm gegenüber und bringt uns dazu, ihn vollständig und endgültig abzulehnen.
    1. Manche Menschen äußern – zum Spaß oder als Mutprobe – absichtlich Worte, von denen sie annehmen, dass sie die Sünde der Lästerung des Geistes begehen. Sie nehmen es auf die leichte Schulter mit der Ewigkeit zu scherzen. Doch wahre Lästerung des Geistes ist mehr als eine Aneinanderreihung von Worten; sie ist eine entschiedene Lebenseinstellung, die das Zeugnis des Heiligen Geistes über Jesus ablehnt. Selbst wenn jemand absichtlich solche Dinge gesagt hat, kann er immer noch Buße tun und eine entschiedene Ablehnung Jesu verhindern.
    2. „Viele aufrichtige Menschen wurden durch die Befürchtung, dass sie die unverzeihliche Sünde begangen haben schwer beunruhigt; aber es sei bemerkt, dass kein Mensch, der an die göttliche Sendung Jesu Christi glaubt, jemals diese Sünde begehen kann: Darum soll das Herz keines Menschen daran scheitern, von nun an und für immer, Amen.“ (Clarke)

4. Die Worte der religiösen Führer offenbaren die Bosheit in ihren Herzen

Matthäus 12, 33-37

Matthäus 12, 33-37
Entweder pflanzt einen guten Baum, so wird die Frucht gut, oder pflanzt einen schlechten Baum, so wird die Frucht schlecht! Denn an der Frucht erkennt man den Baum. Schlangenbrut, wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid? Denn wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund. Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz des Herzens das Gute hervor, und der böse Mensch bringt aus seinem bösen Schatz Böses hervor. Ich sage euch aber, dass die Menschen am Tag des Gerichts Rechenschaft geben müssen von jedem unnützen Wort, das sie geredet haben. Denn nach deinen Worten wirst du gerechtfertigt, und nach deinen Worten wirst du verurteilt werden!

  1. An der Frucht erkennt man den Baum: Die schlechte Frucht ihrer Worte (als sie Jesus verdammten) verriet die schlechte Wurzel, die in ihren Herzen wächst. Wenn sie ihr Herz mit Gott in Einklang bringen würden, wären auch ihre Worte über Jesus gerecht.
  2. Schlangenbrut: Mit diesen Worten bezeichnete Jesus die religiösen Führer im Wesentlichen als ‚Söhne Satans‘. Sie waren eine Generation, die mit der Schlange und nicht mit Gott verbunden war. Diese böse Natur war es, die sie dazu brachte, schlecht von Jesus zu sprechen (wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid).
  3. Wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund: Unsere Worte offenbaren unser Herz. Wenn es im Herzen dieser religiösen Führer einen guten Schatz gäbe, würde er sich in guten Dingen zeigen.
    1. Dass die Menschen am Tag des Gerichts Rechenschaft geben müssen von jedem unnützen Wort, das sie geredet haben: „Wir müssen die Verantwortung für unnütze und vergeudete Worte übernehmen; was ist dann erst mit den bösen und gemeinen?“ (Trapp)
    2. Adam Clarke sagte, die Bedeutung des altgriechischen Wortes, das für ein unnützes Wort verwendet wird, sei „ein Wort, das nichts tut, das weder Gnade noch Belehrung für diejenigen bringt, die es hören“. Wenn dies wahr ist, könnten sich viele Prediger dieser Sünde schuldig machen.
  4. Nach deinen Worten wirst du gerechtfertigt, und nach deinen Worten wirst du verurteilt werden: Damit antwortete Jesus auf einen vorweggenommenen Einwand – dass er zu viel aus bloßen Worten gemacht habe. Stattdessen kann jemand zurecht anhand seiner Worte beurteilt werden, weil Worte das Herz widerspiegeln.
    1. Paulus schrieb ebenfalls über die Bedeutung unserer Worte: Denn wenn du mit deinem Mund Jesus als den Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. (Römer 10, 9)

C. Die Schriftgelehrten und Pharisäer fordern ein Zeichen von Jesus

1. Jesus antwortet auf die Bitte der Schriftgelehrten und Pharisäer

Matthäus 12, 38-40

Matthäus 12, 38-40
Da antworteten etliche der Schriftgelehrten und Pharisäer und sprachen: Meister, wir wollen von dir ein Zeichen sehen! Er aber erwiderte und sprach zu ihnen: Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen; aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als nur das Zeichen des Propheten Jona. Denn gleichwie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Riesenfisches war, so wird der Sohn des Menschen drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein.

  1. Meister, wir wollen von dir ein Zeichen sehen: Ihr Wunsch, ein Zeichen zu sehen, ist in Wirklichkeit der Wunsch, einen Weg zu finden, um ihn abzulehnen. Wenn Jesus ein Zeichen gäbe, würden sie einen Weg finden, um dies gegen ihn zu verwenden und damit zu beweisen, dass Jesus der war, für den sie ihn bereits hielten – ein Abgesandter Satans (Matthäus 12, 24).
    1. „Der scheinbare Respekt und die Ernsthaftigkeit der Bitte sind nur vorgetäuscht: ‚Herr Lehrer, wir wollen von dir (mit Nachdruck) ein Zeichen sehen‘. Es erinnert an die spöttische Huldigung der Soldaten bei der Passion (Matthäus 27, 27-31).“ (Bruce)
    2. „Hatte Christus ihnen nicht genug Zeichen gegeben? Was war mit all den Wundern, die er direkt vor ihren Augen vollbracht hatte? Sie äußern dies entweder aus reiner Neugier … oder sie sagen es in direktem Widerspruch dazu.“ (Poole)
  2. Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen: Jesus verurteilte ihre Forderung nach einem Zeichen, vor allem deshalb, weil vor ihren Augen bereits unzählige Zeichen geschehen waren. Man überschätzt doch leicht die Macht von Wundern, Herzen von Zweiflern und Skeptikern zu verändern.
  3. Das Zeichen des Propheten Jona: Jesus versprach ihnen ein Zeichen, aber das große Zeichen, das er zeigen würde, war das Zeichen eines auferstandenen Jesus. Jonas Wirken als Prophet war weit mehr als nur seine Predigt in Ninive; sein Leben war auch eine Prophezeiung des Todes und der Auferstehung Jesu.
  4. Denn gleichwie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Riesenfisches war: Jona war in der Tat ein Bild des Werkes Jesu. Jona gab sein Leben, um den Zorn Gottes zu besänftigen, der über andere kam. Aber der Tod behielt ihn nicht; nach drei Tagen und Nächten der Gefangenschaft war er am Leben und frei. Dies ist ein herrliches Bild von Jesus, an einem unerwarteten Ort.
    1. Da sich Jesus hier auf drei Tage und drei Nächte bezieht, meinen manche, dass Jesus mindestens 72 Stunden im Grab verbringen musste. Dies bringt meist die zeitliche Abfolge des Todes und der Auferstehung Jesu durcheinander und ist unnötig – denn es berücksichtigt nicht die Verwendung antiker Redewendungen. Rabbi Eleazar ben Azariah (um das Jahr 100 n. Chr.; zitiert in Clarke und anderen Quellen) erklärte diese Redeweise, indem er schrieb: „Ein Tag und eine Nacht machen einen ganzen Tag aus, und ein Teil eines ganzen Tages wird als ganzer Tag gerechnet.“ Dies zeigt, dass zu Jesu Zeiten der Ausdruck drei Tage und drei Nächte nicht unbedingt einen vollen 72-Stunden-Zeitraum bedeutete, sondern einen Zeitraum, der mindestens die Anteile von drei Tagen und drei Nächten umfasste. Es mag andere gute Gründe dafür geben, die traditionelle zeitliche Abfolge von Jesu Tod und Auferstehung in Frage zu stellen, aber sie ist nicht notwendig, um die Worte Jesu hier zu bestätigen.
    2. Wenn Jesus am ersten oder am fünften Tag von den Toten auferstanden wäre, könnten wir sagen: „Jesus war ein Lügner und ein falscher Prophet. Er sagte, er würde am dritten Tag auferstehen, aber er hat sich geirrt.“ Aber Jesus hat sich nicht geirrt. Das tut er nie.
    3. Dennoch sollten wir hier den zentralen Punkt nicht übersehen. „Ihr bittet um ein Zeichen – ich bin Gottes Zeichen. Ihr habt mich nicht erkannt. Die Bewohner von Ninive erkannten Gottes Warnung in Jona; die Königin von Saba erkannte Gottes Weisheit in Salomo.“ (Barclay)

2. Jesus verkündet die Verurteilung der religiösen Führer durch die Bewohner von Ninive und die Königin des Südens

Matthäus 12, 41-42

Matthäus 12, 41-42
Die Männer von Ninive werden im Gericht auftreten gegen dieses Geschlecht und werden es verurteilen, denn sie taten Buße auf die Verkündigung des Jona hin; und siehe, hier ist einer, der größer ist als Jona! Die Königin des Südens wird im Gericht auftreten gegen dieses Geschlecht und wird es verurteilen, denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören; und siehe, hier ist einer, der größer ist als Salomo!

  1. Die Männer von Ninive werden im Gericht auftreten gegen dieses Geschlecht und werden es verurteilen: Einfach gesagt, im helleren Licht sollte es noch deutlicher zu sehen sein. Sowohl Ninive als auch die Königin des Südens taten Buße, obwohl in ihrer Mitte ein geringeres Licht leuchtete. Die Ablehnung des größeren Lichtes durch die religiösen Führer war nicht zu rechtfertigen.
    1. Adam Clarke beschrieb auf verschiedene Weise, dass das Zeugnis Jesu größer war als das von Jona.
      1. „Christus, der zu den Juden predigte, war in seinem Wesen, seiner Person und seinem Auftrag unendlich viel größer als Jona.“
      2. „Jona predigte in Ninive nur vierzig Tage Buße, und Christus predigte mehrere Jahre lang unter den Juden.“
      3. „Jona vollbrachte keine Wunder, um seine Rede zu unterstreichen; aber Christus vollbrachte Wunder an jedem Tag, an jedem Ort, zu dem er ging, und das auf alle möglichen Arten.“
      4. „Trotz alledem tat das Volk von Judäa nicht Buße, das Volk von Ninive aber schon.“
  2. Siehe, hier ist einer, der größer ist als Salomo: Salomo war der Sohn Davids und einer der großen messianischen Titel von Jesus ist ‚Sohn Davids‘. Jesus war ein viel größerer Sohn Davids als Salomo.
    1. Wir sind wiederum von der Größe des Selbstanspruches Jesu beeindruckt. Vor diesen religiösen Führern zu stehen und zu behaupten, größer zu sein als der reichste und weiseste König Israels, war dreist. Dennoch war die scheinbare Kühnheit Jesu völlig gerechtfertigt.

3. Die gefährlichen Folgen davon, dass sie Jesus ablehnten

Matthäus 12, 43-45

Matthäus 12, 43-45
Wenn aber der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist, so durchzieht er wasserlose Stätten und sucht Ruhe und findet sie nicht. Dann spricht er: Ich will in mein Haus zurückkehren, aus dem ich gegangen bin. Und wenn er kommt, findet er es leer, gesäubert und geschmückt. Dann geht er hin und nimmt sieben andere Geister mit sich, die bösartiger sind als er; und sie ziehen ein und wohnen dort, und es wird zuletzt mit diesem Menschen schlimmer als zuerst. So wird es auch sein mit diesem bösen Geschlecht!

  1. Wenn aber der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist: In diesem Zusammenhang ging es Jesus nicht in erster Linie um die Grundsätze dämonischer Besessenheit. Er erklärte, was für ernste Folgen es hatte, ihn so grundsätzlich abzulehnen, wie es die religiösen Führer getan hatten.
    1. Durch diese Ablehnung und den Widerstand gegenüber Jesus würden sie letztendlich viel schlimmer dastehen als je zuvor. Mit diesem bösen Geschlecht – veranschaulicht durch die religiösen Führer, die Jesus ablehnten – wird es zuletzt schlimmer als zuerst. Sie lehnten Jesus in so hohem Maße ab, weil er als politischer und militärischer Messias für ihren Geschmack nicht messianisch genug war. Doch ihr Verlangen nach dieser Art von Messias würde sie im Jahr 70 n. Chr. ins Verderben führen.
    2. Doch die Verwendung der Darstellung zeigt uns einige interessante Grundsätze der Dämonenbesessenheit, und auch, dass Jesus sie als ein reales Phänomen und nicht nur als einen zeitgenössischen Aberglauben ansah. „Wäre dämonische Besessenheit keine Realität gewesen, hätte sich unser Herr hier wohl kaum auf einen Fall dieser Art bezogen, um auf den wahren Zustand des jüdischen Volkes und die Trostlosigkeit hinzuweisen, die über das Volk kommen würde.“ (Clarke)
  2. Wenn aber der unreine Geist von dem Menschen ausgefahren ist, so durchzieht er wasserlose Stätten und sucht Ruhe und findet sie nicht: Offenbar sehnen sich Dämonen (oder zumindest einige von ihnen) nach einem menschlichen Wirt und suchen einen Platz inmitten der Leere, wobei sie dies als eine Einladung betrachten.
    1. „Der Teufel kann nicht ruhen, wenn er den Menschen nichts Böses antun kann.“ (Poole)
    2. Ich will in mein Haus zurückkehren: „Der böse Unhold nennt den Mann ‚Mein Haus‘. Seine Kühnheit ist erstaunlich. Er hat dieses Haus weder gebaut noch gekauft, und er hat kein Recht darauf.“ (Spurgeon)
    3. Ein Dämon kann einen Menschen nur bewohnen, wenn er ihn leer vorfindet – das heißt, ohne den innewohnenden Geist Jesu Christi. Wenn er leer ist, macht es dem Dämon nichts aus, wenn er auch noch gesäubert und geschmückt wurde. „Der Teufel hat nichts dagegen, dass sein Haus gekehrt und geschmückt wird; denn ein Moralapostel kann ebenso sehr sein Sklave sein wie ein Mensch mit schlechten Angewohnheiten. Solange das Herz nicht von seinem großen Feind besetzt ist und er den Menschen für seine eigenen Zwecke benutzen kann, wird der Widersacher der Seelen zulassen, dass so viel Ordnung gemacht wird, wie er will.“ (Spurgeon)
    4. Wenn wir von Jesus erfüllt sind – durch den Geist Gottes wiedergeboren werden – dann können wir nicht leer und deshalb von Dämonen bewohnt sein. „Obwohl er an seiner Kette nach uns zerrt, kann er sich nicht mit seinen Reißzähnen in uns verbeißen.“ (Trapp)
  3. Und es wird zuletzt mit diesem Menschen schlimmer als zuerst: Dies verdeutlicht die Dringlichkeit, mit dem Geist Jesu Christi erfüllt zu werden. Es gibt etwas Schlimmeres, als einfach von Dämonen besessen zu sein; man kann in größerem Maße von großem Elend besessen sein. Die Antwort auf solches Elend ist, mit dem Geist Jesu Christi erfüllt zu werden.

4. Jesus sagt, wer seine wahre Familie ist

Matthäus 12, 46-50

Matthäus 12, 46-50
Während er aber noch zu dem Volk redete, siehe, da standen seine Mutter und seine Brüder draußen und wollten mit ihm reden. Da sprach einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir reden! Er aber antwortete und sprach zu dem, der es ihm sagte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Und er streckte seine Hand aus über seine Jünger und sprach: Seht da, meine Mutter und meine Brüder! Denn wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter!

  1. Seine Mutter und seine Brüder standen draußen und wollten mit ihm reden: Wenn man den Widerstand gegen Jesus im Gesamtzusammenhang betrachtet, kann es gut sein, dass die Familie Jesu dazu auffordern wollte, mit dem, was er tat, weniger Kontroversen hervorzurufen.
    1. „Die Mitglieder seiner Familie waren gekommen, um ihn abzuholen, weil sie dachten, er sei außer sich. Zweifellos hatten die Pharisäer sein Tun gegenüber seinen Verwandten so dargestellt, dass diese dachten, sie müssten ihn mehr zurückhalten.“ (Spurgeon)
  2. Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder: Wir hätten wohl erwartet, dass Jesu Familie bei ihm besondere Vorrechte genießen würde. Es überrascht uns hier fast, dass sie nicht solche Privilegien besaßen.
    1. Wer ist meine Mutter: Maria, die Mutter von Jesus, hatte bei ihm weder damals noch heute eine besondere Gunst. Sie ist ein wunderbares Beispiel für jemanden, der von Gott privilegiert war und zu Jesus stand, aber sich nicht auf einer höheren Ebene befindet als jemand, der den Willen meines Vaters im Himmel tut.
    2. Wer sind meine Brüder: Jesus hatte eindeutig Brüder. Die römisch-katholische Vorstellung von Marias ewiger Jungfräulichkeit steht im Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut der Bibel. Aber die Brüder Jesu schienen seinen Dienst vor seinem Tod und seiner Auferstehung nie unterstützt zu haben (Johannes 7, 5).
    3. „Am naheliegendsten ist ‚Brüder‘ so zu verstehen, dass sich der Begriff auf die Söhne von Maria und Josef und somit auf die Brüder Jesu mütterlicherseits bezieht.“ Bemühungen, ‚Brüder‘ zu etwas anderem zu machen, sind „nichts Geringeres als weit hergeholte Exegese zur Unterstützung eines Glaubenssatzes, der viel später als das Neue Testament entstanden ist.“ (Carson)
  3. Denn wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter: Diese geliebten Menschen, die den Willen Gottes tun, stehen im Gegensatz zu dem bösen und ehebrecherischen Geschlecht, das durch die Pharisäer vertreten wird (Matthäus 12, 39).
    1. „Er schämt sich nicht, sie Brüder zu nennen.“ (Spurgeon)
    2. Wir können dies als eine gnädige Einladung betrachten – auch an diese religiösen Führer, die ihre Feindschaft gegen Jesus noch vertieft und sich gegen ihn verschworen haben. Sie konnten immer noch kommen und Teil seiner Familie sein.
    3. „Das sind die am besten bestätigten Verwandten Christi, die mit ihm durch geistliche Bande verbunden sind, und die dadurch mit ihm eins werden, indem der Geist in ihnen wohnt. Wir gehen im Allgemeinen davon aus, dass die Verwandten Christi einen großen Teil seiner liebevollen Aufmerksamkeit geteilt haben müssen; und zweifellos haben sie das auch getan: aber hier finden wir, dass jeder, der den Willen Gottes tut, von Christus ebenso geschätzt wird wie sein Bruder, seine Schwester oder sogar seine jungfräuliche Mutter.“ (Clarke)
    4. „Das Einzige, was aus diesem Abschnitt noch zu lernen ist, ist, wie sehr Christus Gläubige und Heilige liebt; er liebt sie so sehr wie seine Mutter, Brüder oder Schwestern, und lehrt uns dadurch die Wertschätzung, die wir für solche haben sollten.“ (Poole)

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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