Matthäus 27 – Jesu Prozess, Tod und Begräbnis

A. Der Tod von Judas

1. Jesus wird Pilatus übergeben

Matthäus 27, 1-2

Matthäus 27, 1-2
Als es aber Morgen geworden war, hielten alle obersten Priester und die Ältesten des Volkes einen Rat gegen Jesus, um ihn zu töten. Und sie banden ihn, führten ihn ab und lieferten ihn dem Statthalter Pontius Pilatus aus.

  1. Hielten alle obersten Priester und die Ältesten des Volkes einen Rat gegen Jesus, um ihn zu töten: Hier handelt es sich um die offizielle Versammlung des Sanhedrins (hohen Rats), die auch in Lukas 22, 66-71 beschrieben wird, und die sich an die informelle (und illegale) Nachtsitzung (Matthäus 26, 57-68) anschloss. Der morgendliche Prozess wiederholte im Wesentlichen die vorangegangene, inoffizielle Untersuchung.
    1. „Da es aber gegen alle Rechtsformen verstieß, bei Nacht gegen das Leben eines Menschen vorzugehen, scheinen sie sich für einige Stunden getrennt zu haben, um dann bei Tagesanbruch wieder zusammenzukommen und so zu tun, als ob sie diese Angelegenheit rechtlich korrekt durchgeführt hätten.“ (Clarke)
  2. Sie ( … ) führten ihn ab und lieferten ihn dem Statthalter Pontius Pilatus aus: Der Sanhedrin übergab Jesus an Pontius Pilatus, den römischen Statthalter über Judäa, weil sie nicht die Befugnis hatten, ihn zu töten.
    1. „Pilatus wurde in der Tat von Tiberius Caesar im Jahre 26 n. Chr. zum Präfekten oder Prokurator ernannt. Präfekten regierten kleine, unruhige Gebiete. In Rechtsangelegenheiten hielten sie die gleichen Befugnisse inne wie die sonst viel mächtigeren Prokonsuln und kaiserlichen Gesandten; kurzum, sie hatten die Macht über Leben und Tod.“ (Carson)
    2. „Normalerweise hielten sich die Prokuratoren in Cäsarea, an der Meeresküste, auf. Sie hatten es sich aber zur Gewohnheit gemacht, zur Passahzeit mit einem Trupp Soldaten in Jerusalem zu sein, um dort über den öffentlichen Frieden zu wachen.“ (Bruce)
    3. Philo, der antike jüdische Gelehrte aus Alexandria, beschrieb Pilatus so: „Seine Korruption, seine Frechheit, seine Schändungen, seine Art und Weise, Menschen zu beleidigen, seine Grausamkeit, seine ständigen Morde an noch nicht einmal Verurteilten und seine nicht enden wollende, grundlose und schreckliche Unmenschlichkeit.“ (Barclay)
    4. Als die jüdischen Führer zu Pilatus gingen, hatten sie Grund genug anzunehmen, dass der Prozess in ihrem Sinne ausgehen würde. Die säkulare Geschichtsschreibung zeigt, dass Pilatus ein grausamer, rücksichtsloser Mann war, dem moralische Gefühle anderer völlig egal zu sein schienen. Sicherlich dachten sie, er würde diesen Jesus zum Tode verurteilen.
    5. Pilatus dürfte es nicht interessiert haben, dass Jesus wegen Gotteslästerung angeklagt wurde, da dies für ihn eine religiöse Angelegenheit war, die Rom nichts anging. Also brachten alle Hohepriester und Ältesten Jesus im Wesentlichen mit drei falschen Anschuldigungen zu Pilatus: dass Jesus ein Revolutionär sei; dass er das Volk aufstachelte, keine Steuern zu zahlen; und dass er behauptete, ein König zu sein, der sich gegen den Kaiser auflehnte (Lukas 23, 2).

2. Das Ende des Judas

Matthäus 27, 3-10

Matthäus 27, 3-10
Als nun Judas, der ihn verraten hatte, sah, dass er verurteilt war, reute es ihn; und er brachte die 30 Silberlinge den obersten Priestern und den Ältesten zurück und sprach: Ich habe gesündigt, dass ich unschuldiges Blut verraten habe! Sie aber sprachen: Was geht das uns an? Da sieh du zu! Da warf er die Silberlinge im Tempel hin und machte sich davon, ging hin und erhängte sich. Die obersten Priester aber nahmen die Silberlinge und sprachen: Wir dürfen sie nicht in den Opferkasten legen, weil es Blutgeld ist! Nachdem sie aber Rat gehalten hatten, kauften sie dafür den Acker des Töpfers als Begräbnisstätte für die Fremdlinge. Daher wird jener Acker »Blutacker« genannt bis zum heutigen Tag. Da wurde erfüllt, was durch den Propheten Jeremia gesagt ist, der spricht: »Und sie nahmen die 30 Silberlinge, den Wert dessen, der geschätzt wurde, den die Kinder Israels geschätzt hatten, und gaben sie für den Acker des Töpfers, wie der Herr mir befohlen hatte.«

  1. Reute es ihn; und er brachte die 30 Silberlinge ( … ) zurück: Judas war von Reue erfüllt, nicht von echter Buße oder dem Willen zur Umkehr. Obwohl er genau wusste, was er getan hatte (ich habe gesündigt, dass ich unschuldiges Blut verraten habe), tat Judas das Ergebnis seiner Sünde mehr leid als die Sünde selbst. Es ist ein großer Unterschied, ob man die Sünde (und ihr Ergebnis) bereut oder ob man von der Sünde umkehrt.
    1. Indem Judas das Geld in den Tempel warf (in die „Naos, das innere Heiligtum, in das nur die Priester hinein gehen durften“ nach France), wollte er die Priester in sein Verbrechen mit hineinziehen. Es war seine Art zu sagen: „Auch ihr seid daran schuld“.
    2. „Die Tat eines verzweifelten Mannes, der, vielleicht in der Hoffnung, dass es eine Art Wiedergutmachung für seine Schuld sein könnte, entschlossen ist, das Geld zurückzubringen.“ (Bruce)
    3. All dies geschah, nachdem er sah, dass Jesus verurteilt war. „Vielleicht hatte Judas erwartet, dass sich Jesus auf wundersame Weise von seinen Peinigern befreien würde, und als er sah, dass dieser verurteilt wurde, ergriff ihn das schlechte Gewissen, und er brachte den Lohn für seine Schandtat zu seinen Mittätern zurück.“ (Spurgeon)
    4. Unschuldiges Blut: „Judas war bei unserem Herrn gewesen, in der Öffentlichkeit sowie im Privaten. Wenn er einen Makel in Christi Charakter hätte finden können, wäre dies der Zeitpunkt gewesen, das zu erwähnen; aber selbst der Verräter erklärte in seiner Abschiedsrede, dass Jesus `unschuldig´ war.“ (Spurgeon)
  2. Wir dürfen sie nicht in den Opferkasten legen, weil es Blutgeld ist: Die Heuchelei der Hohepriester ist leicht zu durchschauen. Sie wollten sich nicht mit Blutgeld verunreinigen, auch wenn sie es selbst gezahlt hatten.
    1. Die religiösen Führer behandelten Judas, ihren Handlanger, schlecht. „Verführer sind niemals gute Tröster. Diejenigen, die zu Werkzeugen des Teufels werden, indem sie Menschen zur Sünde auffordern, locken oder verführen, lassen sie dann im Regen stehen, wenn sie wegen ihrer Taten in Bedrängnis geraten sind.“ (Poole)
    2. „Gott hatte in 5. Mose 23, 18 verboten, Hurenlohn (oder auch ‚Hundegeld‘, den Lohn eines männlichen Prostituierten) in den Tempel zu bringen. Dies wurde auf alle schmutzigen Gewinne übertragen.“ (Poole)
    3. „Die Schatzkammer (bzw. der Opferkasten), aus der Judas wahrscheinlich ursprünglich bezahlt worden war, wäre der naheliegende Ort für das im Tempel zurückgelassene Geld gewesen. Seine Bestimmung als Blutgeld machte es jedoch unrein. Ein Begräbnisplatz (selbst ein unreiner Ort) zeigt sich als passende Verwendung dafür.“ (France)
  3. Ging hin und erhängte sich: In seiner unbußfertigen Reue und Verzweiflung beging Judas Suizid. Da er der Sohn des Verderbens war (Johannes 17, 12), wird uns versichert, dass er der ewigen Strafe entgegenging.
    1. Einige sind der Meinung, dass Matthäus‘ Bericht über Judas‘ Tod im Widerspruch zu Apostelgeschichte 1, 18-19 steht. Dort heißt es: „[Judas] stürzte kopfüber hinab, barst mitten entzwei, und alle seine Eingeweide traten heraus.“ Um beide Aussagen zusammenzubringen, gehen viele davon aus, dass Judas sich selbst erhängte und sein Körper dann auf den Boden geworfen wurde und zerbarst.
    2. „Angenommen, Judas hat sich erhängt; kein Jude hätte sich während des Festes der ungesäuerten Brote verunreinigen wollen, indem er den Leichnam begräbt. Die heiße Sonne hätte eine schnelle Verwesung herbeiführen können, bis der Leichnam auf den Boden gefallen und aufgeplatzt wäre.“ (Carson)
  4. Da wurde erfüllt, was durch den Propheten Jeremia gesagt ist: Dieses Zitat wirft Fragen auf, da es sich tatsächlich in Sacharja 11, 12-13 findet. Matthäus schreibt, diese Worte seien durch den Propheten Jeremia gesagt worden, derweil finden wir sie in Sacharja aufgezeichnet!
    1. Manche halten dies für einen Kopierfehler. Vielleicht hatte Matthäus ursprünglich Sacharja geschrieben, aber ein früher Abschriften-Schreiber setzte stattdessen fälschlicherweise Jeremia ein. Dies wurde dann, als sonst seltener Fehler, in nachfolgenden Abschriften wiederholt.
    2. Manche glauben, dass Jeremia diese Prophezeiung gesprochen und Sacharja sie aufgezeichnet hat – das vom Propheten Jeremia gesagte Wort, das aber von Sacharja aufgezeichnet wurde.
    3. Einige meinen, Matthäus beziehe sich auf die Schriftrolle des Jeremia, die das Buch Sacharja enthielt.

B. Jesus vor Pilatus

1. Jesus beeindruckt Pilatus sehr

Matthäus 27, 11-14

Matthäus 27, 11-14
Jesus aber stand vor dem Statthalter; und der Statthalter fragte ihn und sprach: Bist du der König der Juden? Jesus sprach zu ihm: Du sagst es! Und als er von den obersten Priestern und den Ältesten verklagt wurde, antwortete er nichts. Da sprach Pilatus zu ihm: Hörst du nicht, was sie alles gegen dich aussagen? Und er antwortete ihm auch nicht auf ein einziges Wort, sodass der Statthalter sich sehr verwunderte.

  1. Jesus aber stand vor dem Statthalter: Die Geschichtsschreibung zeigt uns, dass Pontius Pilatus ein grausamer und rücksichtsloser Mann war, der sich den Juden gegenüber unfreundlich verhielt und dem nichts, außer der puren Macht, heilig war. Aber so wie er Jesus behandelt, wird er seinem Ruf untreu. Jesus scheint ihn zutiefst beeindruckt zu haben.
    1. Matthäus fasst den Bericht zusammen und erzählt nur vom zweiten Erscheinen Jesu vor Pilatus. Wie Jesus das erste Mal vor Pilatus geführt wird, wird in Lukas 23, 1-6 beschrieben. In der Hoffnung, nicht selbst über Jesus urteilen zu müssen, schickte Pilatus ihn zu Herodes, der unter ihm Galiläa regierte (Lukas 23, 6-12). Jesus weigerte sich, Herodes irgendetwas zu antworten, also wurde er, wie hier von Matthäus beschrieben, erneut Pilatus vorgeführt.
  2. Bist du der König der Juden? Als sie ihn zu Pilatus brachten, klagten die jüdischen Führer Jesus an, sich selbst als König zu präsentieren und sich damit dem Kaiser zu widersetzen (Lukas 23, 2). Sie wollten ihn als gefährlichen Revolutionär gegen das Römische Reich dastehen lassen. Deshalb stellte Pilatus Jesus diese einfache Frage.
    1. „Diese Frage verrät die Art und Weise, wie der Sanhedrin seine Anklage vorgebracht hatte.“ (Bruce)
    2. Wir können nur mutmaßen, was Pilatus dachte, als er Jesus zum ersten Mal erblickte und diesen verprügelten und blutenden Mann vor sich sah. Jesus sah sicher nicht besonders königlich oder majestätisch aus, als er vor Pilatus stand, also war es wahrscheinlich Ironie oder Sarkasmus, als der römische Statthalter fragte: „Bist du der König der Juden?
    3. „Pilatus war offensichtlich nicht über die Anklage, die gegen Jesus erhoben wurde, beunruhigt. Warum nicht? Offenbar sah er auf den ersten Blick, dass der Mann vor ihm wahrscheinlich keinen Herrschaftsanspruch in irgendeinem Sinne erhob, der ihm Sorgen bereiten würde, … Das [du] steht in Vers 11 an hervorgehobener Position und legt diese Annahme nahe: Du, der König der Juden!“ (Bruce)
  3. Du sagst es! Keine imposante Verteidigungsrede, kein spontanes Wunder, um sein eigenes Leben zu retten. Stattdessen gab Jesus Pilatus die gleiche einfache Antwort, die er dem Hohepriester gegeben hatte (Matthäus 26, 64). Das verblüffte Pilatus; er fragte: „Hörst du nicht, was sie alles gegen dich aussagen?“ Pilatus konnte nicht glauben, dass ein so starker, würdevoller Mann – so geschlagen und blutig er war – zu diesen Anschuldigungen schweigen würde. Der Statthalter verwunderte sich sehr.
    1. Es gibt eine Zeit, in der man seine Sache oder sich selbst verteidigen muss, aber das ist nur selten der Fall. Wenn wir uns erheben, um uns selbst zu verteidigen, wären wir meist besser dran, zu schweigen und Gott zu vertrauen, dass er uns verteidigt.
    2. Spurgeon erklärte, warum Pilatus sich sehr verwunderte: „Er hatte bei anderen gefangenen Juden den grimmigen Mut des Fanatismus gesehen; aber in Christus war kein Fanatismus. Er hatte auch in vielen Gefangenen die Bosheit gesehen, die alles tun oder behaupten würde, um dem Tod zu entgehen; aber bei unserem Herrn sah er nichts davon. Er sah in ihm ungewöhnliche Sanftmut und Demut verbunden mit majestätischer Würde. Er sah Unterordnung verbunden mit Unschuld.“ (Spurgeon)

2. Pilatus hofft, Jesus freilassen zu können

Matthäus 27, 15-18

Matthäus 27, 15-18
Aber anlässlich des Festes pflegte der Statthalter der Volksmenge einen Gefangenen freizugeben, welchen sie wollten. Sie hatten aber damals einen berüchtigten Gefangenen namens Barabbas. Als sie nun versammelt waren, sprach Pilatus zu ihnen: Welchen wollt ihr, dass ich euch freilasse, Barabbas oder Jesus, den man Christus nennt? Denn er wusste, dass sie ihn aus Neid ausgeliefert hatten.

  1. Aber anlässlich des Festes pflegte der Statthalter der Volksmenge einen Gefangenen freizugeben, welchen sie wollten: Pilatus befand, dass Jesus etwas anderes – etwas Unschuldiges – an sich hatte, und hoffte, dass der Brauch, einen Gefangenen freizugeben, das Problem lösen könnte.
  2. Einen berüchtigten Gefangenen namens Barabbas: In Markus 15, 7 erfahren wir, was Barabbas berüchtigt machte. Er war einer von mehreren Mitaufrühren, die im Aufruhr einen Mord begangen hatten. Heute würden wir einen Mann wie Barabbas als so etwas wie einen terroristischen Revolutionär betrachten.
  3. Denn er wusste, dass sie ihn aus Neid ausgeliefert hatten: Pilatus durchschaute die manipulativen Äußerungen der religiösen Führer. Er wusste, dass ihr Motiv nichts anderes als Neid war.
    1. Aus Neid: „Es sei daran erinnert, dass Böswilligkeit ebenso oft aus Neid wie aus Zorn entsteht.“ (Clarke)

3. Pilatus steht einerseits unter dem Einfluss seiner Frau, andererseits unter dem der religiösen Führer

Matthäus 27, 19-20

Matthäus 27, 19-20
Als er aber auf dem Richterstuhl saß, sandte seine Frau zu ihm und ließ ihm sagen: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; denn ich habe heute im Traum seinetwegen viel gelitten! Aber die obersten Priester und die Ältesten überredeten die Volksmenge, den Barabbas zu erbitten, Jesus aber umbringen zu lassen.

  1. Als er aber auf dem Richterstuhl saß: Während Pilatus über Jesus zu Gericht saß, versäumte er es, dem Angeklagten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Pilatus hatte alle Beweise, die er brauchte, um das Richtige zu tun – Jesus freizulassen.
      1. Er sah die Stärke und Würde Jesu, und er wusste, dass dies kein Verbrecher oder Revolutionär war
      2. Er wusste, dass es keine gerechte Anklage war, die Jesus vor seinen Richterstuhl brachte – es war nur der Neid der religiösen Führer
      3. Er sah, dass Jesus ein Mann war, der so im Frieden mit seinem Gott war, dass er nicht auf eine einzige Anklage antworten musste
      4. Er hat Jesus bereits für unschuldig erklärt (Ich finde keine Schuld an diesem Menschen, Lukas 23, 4)
  2. Sandte seine Frau zu ihm und ließ ihm sagen: Zusätzlich zu all dem bekam Pilatus noch einen einzigartigen und bemerkenswerten Hinweis – den Traum seiner Frau. Wir können nur mutmaßen, was sie in diesem Traum sah. Vielleicht sah sie Jesus, einen unschuldigen Mann, mit Dornen gekrönt und gekreuzigt. Vielleicht sah sie ihn in Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen. Vielleicht sah sie ihn auf dem herrlich strahlenden Thron des Jüngsten Gerichts, und sie und ihr Mann standen Jesus gegenüber.
    1. Wir wissen, dass die Vision von Jesus in ihrem Traum sie leiden ließ (denn ich habe heute im Traum seinetwegen viel gelitten). „Was auch immer es war, sie hatte in dem Traum wiederholt schmerzhafte Emotionen durchgemacht, und sie erwachte erschrocken und erstaunt.“ (Spurgeon)
    2. Es war eine bemerkenswerte Begebenheit. Sie erwachte am späten Morgen, beunruhigt durch den Traum. Sie erkundigte sich, wo ihr Mann sei, und ihre Diener berichteten ihr, dass er früh zu seinen Pflichten als Statthalter abberufen wurde – die religiösen Führer Jerusalems hätten einen Gefangenen zur Verurteilung vorgeführt. Sofort bat sie einen Boten, zu ihrem Mann zu gehen und ihm von ihrem Traum zu berichten.
    3. „Die meisten Träume vergessen wir ganz; einige wenige finden wir bemerkenswert, und nur hin und wieder prägt sich einer so ein, dass wir uns jahrelang daran erinnern. Aber kaum einer von uns hatte je einen Traum, der uns dazu gebracht hätte, direkt eine Botschaft an einen Richter auf der Richterbank zu schicken.“ (Spurgeon)
    4. Deswegen lag in ihrer Botschaft an Pilatus eine große Dringlichkeit. Es war mutig von ihr, sie überhaupt abzusenden, und sie flehte ihn darin an, nur nichts mit diesem Mann Jesus zu tun zu haben. „Lass ihn gehen. Schick ihn weg. Bestrafe ihn nicht einmal ein bisschen.“ Es war ein Hinweis, eine Warnung, die er tragischerweise ignorierte. All das war die barmherzige Warnung Gottes an Pilatus; eine barmherzige Warnung, die er zurückwies.
  3. Aber die obersten Priester und die Ältesten überredeten die Volksmenge, den Barabbas zu erbitten, Jesus aber umbringen zu lassen: Die religiösen Führer wussten, was den größten Einfluss auf Pilatus ausüben würde. Es war nicht sein eigenes Urteil über Jesus, nicht seine Frau und nicht die religiösen Führer selbst. Der beste Weg, Pilatus unter Druck zu setzen, war die Stimme der Volksmenge.
    1. Wir sehen hier einen Mann, der weiß, was das Richtige ist – der mehrfach und auf überzeugende Art und Weise zu diesem Wissen gelangt ist. Doch er wird das Falsche tun, etwas Schreckliches, aus Gehorsam gegenüber der Volksmenge.
    2. „Aber es scheint, dass die Menschen dies auf Anstiftung durch die Hohepriester hin taten. Wir sehen hier, wie gefährlich schlechte Priester in der Gemeinde Christi sein können. Wenn Pastoren verdorben sind, sind sie in der Lage, ihre Herde dazu zu verleiten, Barabbas vor Jesus, die Welt vor Gott, und die Sinnesfreuden dem Seelenheil vorzuziehen.“ (Clarke)

4. Die Menge fordert die Freilassung von Barabbas und die Kreuzigung Jesu

Matthäus 27, 21-23

Matthäus 27, 21-23
Der Statthalter aber antwortete und sprach zu ihnen: Welchen von diesen beiden wollt ihr, dass ich euch freilasse? Sie sprachen: Den Barabbas! Pilatus spricht zu ihnen: Was soll ich denn mit Jesus tun, den man Christus nennt? Sie sprachen alle zu ihm: Kreuzige ihn! Da sagte der Statthalter: Was hat er denn Böses getan? Sie aber schrien noch viel mehr und sprachen: Kreuzige ihn!

  1. Welche von diesen beiden wollt ihr, dass ich euch freilasse? Sie sprachen: Den Barabbas! Die Stimme der Masse ist nicht immer die Stimme Gottes. Die Volksmenge antwortete nicht auf Pilatus‘ Forderung nach Beweisen, als er fragte: Was hat er denn Böses getan? Sie fuhren nur fort, den Tod Jesu zu verlangen. Sie forderten mehr als seinen Tod – sie wollten, dass er durch Folter und Kreuzigung hingerichtet würde (Kreuzige ihn!).
    1. „Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet der Ruf Kreuzige ihn aus dem Munde der jüdischen Volksmenge kommt, denn die Kreuzigung war eine römische Strafe, die die meisten Juden abscheulich fanden.“ (France)
    2. Sie sprachen alle zu ihm: „Keiner in der Menge hatte heimlich Mitleid mit dem Erlöser; sie alle sprachen: Kreuzige ihn.“ (Spurgeon)
    3. Als die Menge Barabbas anstelle von Jesus wählte, spiegelte das die gefallene Natur der ganzen Menschheit wider. Der Name ‚Bar-abbas‘ klingt sehr wie ‚Sohn des Vaters‘. Sie wählten einen falschen, gewalttätigen Sohn des Vaters anstelle des wahren Sohnes des Vaters. Dies ist ein Vorbote dafür, dass auch der ultimative Barabbas mit offenen Armen empfangen werden wird – derjenige, den der Volksmund als Antichrist bezeichnet.
    4. „Ich bezichtige die Menschheit erneut der größtmöglichen Torheit; denn indem sie Christus kreuzigte, kreuzigte sie ihren besten Freund. Jesus Christus war nicht nur der Freund der Menschen – so sehr, dass er sogar die menschliche Natur auf sich nahm – nein, er war auch der Freund der Sünder, der in die Welt kam, um zu suchen und zu retten, was verloren war.“ (Spurgeon)
    5. Auch heute noch lehnen Menschen Jesus ab und wählen stattdessen etwas anderes. Ihr Barabbas könnte die Begierde sein, es könnte der Rausch sein, der Egoismus, oder die Annehmlichkeiten des Lebens. „Diese wahnwitzige Wahl wird jeden Tag getroffen, wenn Menschen ihre fleischlichen Begierden dem Leben ihrer Seele vorziehen.“ (Trapp)
  2. Sie sprachen: Den Barabbas! Wenn jemand wusste, was es bedeutete, dass Jesus an seiner Stelle starb, dann war es Barabbas. Er war ein Terrorist und ein Mörder, und doch wurde er freigelassen, während Jesus gekreuzigt wurde. Das Kreuz, an dem Jesus hing, war möglicherweise ursprünglich für Barabbas bestimmt gewesen.
    1. Wir können uns vorstellen, wie Barabbas in einer dunklen Gefängniszelle mit einem kleinen Fenster darauf wartete, gekreuzigt zu werden. Durch das Fenster konnte er die Menge hören, die sich, nicht weit entfernt von der Festung Antonia, in der er gefangen gehalten wurde, vor Pilatus versammelt hatte. Vielleicht konnte er nicht hören, wie Pilatus fragte: Welchen von diesen beiden wollt ihr, dass ich euch freilasse? Aber sicher hörte er die Menge zurückschreien: Den Barabbas! Wahrscheinlich konnte er nicht hören, wie die einzelne Stimme, Pilatus‘ Stimme, fragte: Was soll ich denn mit Jesus tun, den man Christus nennt? Aber er hörte sicherlich, wie die Menge als Antwort brüllte: Kreuzige ihn! Wenn alles, was Barabbas von seiner Zelle aus hörte, war, wie der Mob seinen Namen rief, gefolgt von Kreuzige ihn!, und darauf die Soldaten seine Zelle betraten … da dachte er sicherlich, seine Stunde habe geschlagen und er würde einen qualvollen Tod sterben. Aber als die Soldaten dann sagten: „Barabbas, du bist ein schuldiger Mann – aber du wirst freigelassen, weil Jesus an deiner Stelle sterben wird“, kannte Barabbas die Bedeutung des Kreuzes besser als sonst jemand. Wir fragen uns, ob er es sich jemals zu Herzen genommen hat.

5. Pilatus versucht, sich der Verantwortung für Jesu Schicksal zu entziehen

Matthäus 27, 24-25

Matthäus 27, 24-25
Als nun Pilatus sah, dass er nichts ausrichtete, sondern dass vielmehr ein Aufruhr entstand, nahm er Wasser und wusch sich vor der Volksmenge die Hände und sprach: Ich bin unschuldig an dem Blut dieses Gerechten; seht ihr zu! Und das ganze Volk antwortete und sprach: Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder!

  1. Als nun Pilatus sah, dass er nichts ausrichtete: Es war untypisch für Pilatus, sich so den religiösen Führern und der Menge zu beugen. Er hätte eine andere Entscheidung treffen können.
  2. Nahm er Wasser und wusch sich vor der Volksmenge die Hände: Pilatus wusch seine Hände und sagte dadurch: „Es liegt nicht in meiner Macht. Persönlich will ich diesem Jesus nichts Böses, aber so etwas passiert eben.“ Dennoch lagen die Macht und Verantwortung für das, was mit Jesus passieren würde, bei ihm. Zu sagen: „Ich finde keinen Fehler an ihm“, hat nicht gereicht. Sein cleverer Lösungsversuch, einen Gefangenen zum Passahfest freizulassen, ging nicht auf. Seine Hände zu waschen war bedeutungslos. Dadurch konnte er sich nicht der Verantwortung entziehen und wird nun für immer mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht werden, Jesus zur Kreuzigung verurteilt zu haben. Und so hallt es auch im Glaubensbekenntnis durch die Zeitalter (gelitten unter Pontius Pilatus).
    1. „Oh, die Dreistigkeit des Pilatus, vor dem Angesicht Gottes einen Mord zu begehen und ihn dann noch zu leugnen. Diese seltsame Mischung aus Feigheit und Mut haben viele; sie fürchten sich vor einem Menschen, aber nicht vor dem ewigen Gott, der Leib und Seele in der Hölle vernichten kann.“ (Spurgeon)
  3. Ich bin unschuldig an dem Blut dieses Gerechten: In Pilatus‘ Versuch, sich selbst zu rechtfertigen, versteckt sich eine Erklärung der Unschuld Jesu. Indem er Jesus ‚diesen Gerechten‘ nannte, gab er zu, dass Jesus der Unschuldige war – und nicht er selbst. Dass Pilatus ‚Ich bin unschuldigsagte, heißt nicht, dass er unschuldig war.
    1. Seltsamerweise wurde in späteren Phasen des christlichen Antisemitismus versucht, Pilatus zu rehabilitieren und dabei alle Schuld den Juden zuzuschieben. Einige behaupteten sogar, Pilatus und seine Frau seien Christen geworden, und „bis zum heutigen Tag zählt die koptische Kirche sowohl Pilatus als auch seine Frau zu den Heiligen.“ (Barclay)
  4. Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder: Sie waren sich wirklich in keinster Weise bewusst, worum sie da baten. Sie hatten keine Vorstellung von der Herrlichkeit des reinigenden Blutes Jesu und davon, wie wunderbar es sein würde, sein Blut auf uns und unseren Kindern zu haben. Und sie verstanden auch nicht, wie ungeheuerlich dieses Verbrechens war, die Hinrichtung des völlig sündlosen Sohnes Gottes zu fordern, und dass das Gericht vierzig Jahre später in der Zerstörung Jerusalems über ihre Kinder hereinbrechen würde.
    1. Dies ist eine der Passagen, die von übelgesinnten und fehlgeleiteten Christen missbraucht wurde, um zu rechtfertigen, dass sie Juden verfolgten oder deren Verfolgung zuließen. Sie hatten nicht verstanden, dass, selbst wenn hierdurch ein Fluch auf dieses Volk und seine Nachkommen kam, es niemals die Aufgabe der Kirche sein würde, diesen Fluch an den Juden zu vollstrecken. Tatsächlich hat Gott Abraham versprochen: „Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen!“ (1. Mose 12, 3). Die Christen, die böse und töricht genug waren, die Juden zu verfluchen, sind in der Tat selbst auf die eine oder andere Weise von Gott verflucht worden.

C. Das Leiden Jesu Christi

1. Geißelung: der übliche Auftakt vor einer Kreuzigung

Matthäus 27, 26

Matthäus 27, 26
Da gab er ihnen den Barabbas frei; Jesus aber ließ er geißeln und übergab ihn zur Kreuzigung.

  1. Jesus aber ließ er geißeln: Die Hiebe wurden mit einer Peitsche mit mehreren Ledersträngen ausgeführt, von denen jeder an den Enden scharfe Knochen- oder Metallstücke hatte. Sie ließen den Rücken zu bloßem Fleisch werden, und es war nicht ungewöhnlich, dass ein Verbrecher an einer Geißelung starb, noch bevor er gekreuzigt werden konnte.
    1. „Die Geißelung war eine zulässige Einleitung jeder römischen Hinrichtung, und nur Frauen und römische Senatoren oder Soldaten (außer im Falle der Desertation) waren davon ausgenommen.“ (Dr. William Edwards im Artikel „On the Physical Death of Jesus Christ“ [Über den physischen Tod von Jesus Christus] aus dem Journal of the American Medical Association, 3/21/86)
    2. Ziel der Geißelung war es, das Opfer so zu schwächen, dass es kurz vor dem Zusammenbruch und Tod stand. „Wenn die römischen Soldaten wiederholt mit voller Wucht auf den Rücken des Opfers schlugen, verursachten die Eisenkugeln tiefe Prellungen, und die Lederriemen und Schafsknochen zerschnitten die Haut und das Unterhautgewebe. Im Verlauf der Auspeitschung vertieften sich die Risse in die darunterliegende Skelettmuskulatur und wurden zu zerfetzten Wunden aus blutendem Fleisch. Schmerz und Blutverlust leiteten in der Regel den Kreislaufschock ein. Das Ausmaß des Blutverlustes konnte ausschlaggebend dafür werden, wie lange das Opfer am Kreuz überlebte.“ (Edwards)
    3. „Die schwere Geißelung mit ihren intensiven Schmerzen und dem beträchtlichen Blutverlust hat Jesus höchstwahrscheinlich in einen Zustand kurz vor dem Schock gebracht. Außerdem hatte die Hämhidrose (= Blutschwitzen) seine Haut besonders empfindlich gemacht. Die körperlichen und seelischen Misshandlungen durch die Juden und die Römer sowie der Mangel an Nahrung, Wasser und Schlaf trugen ebenfalls zu seinem insgesamt entkräfteten Zustand bei. Der körperliche Zustand Jesu war also schon vor der eigentlichen Kreuzigung bedenklich, möglicherweise sogar lebensbedrohlich.“ (Edwards)
  2. Jesus aber ließ er geißeln: Gewöhnlich wurde bei der Geißelung schwächer zugeschlagen, sobald der Verbrecher seine Taten gestand. Jesus schwieg, da er keine Vergehen zu bekennen hatte, und so gingen die Schläge mit voller Kraft weiter.

2. Jesus wird geschlagen und verspottet

Matthäus 27, 27-31

Matthäus 27, 27-31
Da nahmen die Kriegsknechte des Statthalters Jesus in das Prätorium und versammelten die ganze Schar um ihn. Und sie zogen ihn aus und legten ihm einen Purpurmantel um und flochten eine Krone aus Dornen, setzten sie auf sein Haupt, gaben ihm ein Rohr in die rechte Hand und beugten vor ihm die Knie, verspotteten ihn und sprachen: Sei gegrüßt, König der Juden! Dann spuckten sie ihn an und nahmen das Rohr und schlugen ihn auf das Haupt. Und nachdem sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Mantel aus und legten ihm seine Kleider an. Und sie führten ihn ab, um ihn zu kreuzigen.

  1. Versammelten die ganze Schar um ihn: Zur Durchführung einer Hinrichtung wurde regulär nur eine Gruppe von vier Soldaten, eine sogenannte ‚Quaternion‘, benötigt. Dennoch versammelten sie die ganze Schar (= Garnison) um ihn. Es ging nicht darum, seine Flucht zu verhindern. Es ging nicht darum, eine feindselige Menge daran zu hindern, ihn zu retten. Es ging nicht darum, die Jünger fernzuhalten.
    1. „Hüte dich davor, mit der Masse zu sündigen. Junger Mann, gib die Idee auf, dass du mit der Masse sündigen darfst. Hüte dich vor der Vorstellung, dass, nur weil es viele tun, die Schuld eines jeden Einzelnen weniger schwer wiegen würde.“ (Spurgeon)
    2. „Die Soldaten des Statthalters waren Hilfstruppen, keine römischen Legionäre, und wurden aus der nicht-jüdischen Bevölkerung (z.B. Phönizier, Syrer, evtl. Samariter) der umliegenden Gebiete rekrutiert.“ (France)
    3. Schar: „Die Kompanie wird eine Speira genannt. Eine volle Speira bestand aus sechshundert Mann. Es ist unwahrscheinlich, dass so viele in Jerusalem waren. Diese Soldaten waren Pilatus‘ Leibwache, die ihn von seinem ständigen Hauptquartier in Cäsarea aus begleitete.“ (Barclay)
    4. Prätorium: „Das Prätorium ist nach dem Prätor benannt, einem hohen, römischen Amtsrichter, dessen Aufgabe es war, in Abwesenheit des Konsuls Recht zu sprechen. Dieser Ort könnte im Deutschen als ‚Gerichtshof‘ oder ‚öffentliche Halle‘ bezeichnet werden.“ (Clarke)
  2. Verspotteten ihn und sprachen: Sei gegrüßt, König der Juden! Alles daran zielte darauf ab, Jesus zu demütigen. Die jüdischen Führer hatten Jesus bereits als den Christus verspottet (Matthäus 26, 67-68). Nun verspotteten die römischen Machthaber ihn als König.
      1. Und sie zogen ihn aus: Wenn ein Gefangener gekreuzigt wurde, wurde er oft nackt ans Kreuz genagelt, einfach um ihn noch mehr zu demütigen. Jesus wurde noch nicht einmal gekreuzigt, da begann man schon, ihn zu erniedrigen, und er wurde öffentlich ausgezogen.
      2. Legten ihm einen Purpurmantel um: Könige und Herrscher trugen oft Purpur, denn die Farbsubstanzen zur Herstellung dieser Stoffe waren teuer. Der Purpurmantel war als grausame Ironie gedacht.
      3. Flochten eine Krone aus Dornen: Könige tragen Kronen, aber keine Kronen der Folter. Die typischen Dornensträucher dieser Region haben lange, harte, scharfe Dornen. Dies war eine Krone, die den Kopf des Königs, der sie trug, zerschnitt, durchbohrte und zum Bluten brachte.
      4. Gaben ihm ein Rohr in die rechte Hand: Könige halten Zepter, prachtvolle, verzierte Zepter, die ihre Macht symbolisieren. In ihrem Spott über Jesus gaben sie ihm ein Zepter – ein dünnes, schmächtiges Schilfrohr.
      5. Beugten vor ihm die Knie: Könige werden geehrt, und so erwiesen sie diesem König ihre spöttische Verehrung.
      6. Sei gegrüßt, König der Juden: Könige werden mit ihren königlichen Titeln angesprochen, also verspotteten sie Jesus in ihrer Gehässigkeit mit diesem Titel. Damit wollten sie Jesus demütigen, aber auch die Juden – indem sie sagten: „Das ist der beste König, den sie hervorbringen können.“
    1. Im Gegensatz dazu könnte man es auch so sehen, dass Jesus zu den Königen und Herrschern dieses Zeitalters sagt, ihre Kronen seien falsch und ihre Zepter aus Schilf.
    2. Wir können uns dafür entscheiden, das Gegenteil von dem zu tun, was hier Jesus angetan wurde. „Oh, wären wir doch nur halb so erfinderisch darin, unserem König Ehre zu erweisen, wie diese Soldaten darin waren, seine Erniedrigung zu inszenieren! Lasst uns Christus die wahre Ehrerbietung darbringen, die diese Männer ihm gegenüber vorgaben.“ (Spurgeon)
  3. Dann spuckten sie ihn an und nahmen das Rohr und schlugen ihn auf das Haupt: Sie gingen nun vom Spott zur Grausamkeit über. Sie schnappten sich das ironische Zepter, zogen ihm das Spottgewand aus und begannen, Jesus am Kopf mit ihrer Spucke und ihren Fäuste zu traktieren.
    1. „Sie spuckten ihn an und benutzten den Stab, das Symbol seiner königlichen Autorität, um ihn ‚immer wieder‘ auf den Kopf zu schlagen (Imperfekt des Verbs).“ (Carson)
    2. Selbst die Hände, die die Nägel am Kreuz in seine Hände trieben, taten nur das, was ihnen befohlen wurde. Hier aber spuckten sie ihm ins Gesicht, und das nur zu ihrem Vergnügen. „Aber, meine Brüder, so böse der Mensch auch ist, ich glaube, er war nie so böse – oder besser gesagt, seine Bösartigkeit trat nie so sehr zu Tage – wie in dem Moment, als er all seine Gehässigkeit, seinen Stolz, seine Lust, seinen verzweifelten Trotz, seine abscheuliche Bosheit in Form von Spucke in seinem Mund sammelte und dem Sohn Gottes persönlich ins Gesicht spie.“ (Spurgeon)
    3. Selbst darin nahm Jesus den Platz der Sünder ein. Der rebellische Mensch will ein König sein, ist dabei aber nur eine armselige Art von König. Doch Jesus ertrug sogar die lächerliche Art von Königtum, zu der der sich selbst überlassene Mensch imstande ist.
    4. Es ist uns auch heute noch möglich, Jesus zu verhöhnen, und zwar durch die Art, wie wir leben. „Ihr habt ihn durch eure geheuchelte Anbetung verspottet, damit habt ihr ihm das Purpurgewand umgehängt. Denn dieses Purpurgewand bedeutete, ihn zu einem nominellen König zu machen, einem König, der in Wahrheit kein König ist, sondern nur eine bloße Show. Eure Sonntagsreligion, die unter der Woche vergessen ist, ist ein Zepter aus Schilfrohr, ein machtloses Fähnlein, ein bloßer Schein. Ihr habt ihn sogar in euren Lobliedern und Gebeten verhöhnt und beleidigt, denn eure Religion ist eine herzlose Heuchelei; ihr habt ihm eine Anbetung gebracht, die keine Anbetung war, ein Bekenntnis, das kein Bekenntnis war, und ein Gebet, das kein Gebet war. Ist es nicht so?“ (Spurgeon)
    5. Spurgeon fragt sich, wie Matthäus von der Dornenkrone und dem damit verbundenen Spott erfahren hat. Er fragt sich, ob es nicht einer der Soldaten war, der sich später bekehrte und zum Glauben an Jesus kam. „Das entstellte, aber geduldige Antlitz unseres Herrn hielt eine so starke Predigt, dass zumindest einer, der es betrachtete, seine geheimnisvolle Kraft spüren musste. Wenigstens einer merkte, dass eine solche Geduld übermenschlich war, und nahm den dornengekrönten Heiland als seinen Herrn und König an.“
  4. Und sie führten ihn ab, um ihn zu kreuzigen: Der Marsch zum Ort der Kreuzigung war eine nützliche Propaganda für Rom. Er warnte potenzielle Störenfriede, dass dies ihr Schicksal war, sollten sie Rom herausfordern. Normalerweise führte ein Zenturio zu Pferd die Prozession an, und ein Herold rief das Verbrechen des Verurteilten aus.
    1. „Der Verbrecher wurde auf einem möglichst langen Weg zum Ort der Kreuzigung geführt, damit möglichst viele ihn sehen und durch den grausamen Anblick gewarnt würden.“ (Barclay)
    2. Als Jesus weggeführt wurde, um gekreuzigt zu werden, wurde er – wie die meisten Kreuzigungsopfer – gezwungen, das Holz zu tragen, an dem er hängen würde. Das Gewicht des gesamten Kreuzes betrug typischerweise ca. 136 Kilogramm. Das Opfer trug nur die Querstange, die zwischen 34 und 56 Kilogramm wog. Wenn das Opfer die Querstange trug, wurde es gewöhnlich nackt ausgezogen, und seine Hände waren oft an das Holz gefesselt.
    3. Der vertikale Balken eines Kreuzes wurde normalerweise dauerhaft an einem gut sichtbaren Ort außerhalb der Stadtmauern, neben einer Hauptstraße, befestigt. Es ist wahrscheinlich, dass Jesus bei vielen Gelegenheiten genau an dem Pfosten vorbeiging, an dem er hängen würde.
    4. Als Jesus sagte: „Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Matthäus 16, 24), hatte er genau diese Szene im Sinn. Jeder wusste, was das Kreuz war – ein unerbittliches Werkzeug des Todes und nur des Todes. Beim Kreuz ging es nicht um religiöse Zeremonien; es ging nicht um Traditionen und geistliche Gefühle. Das Kreuz war ein Mittel, um Menschen hinzurichten. Aber in diesen zwanzig Jahrhunderten nach dem Tod Jesu haben wir das Kreuz gesäubert und ritualisiert. Wie würden wir es aufnehmen, wenn Jesus sagen würde: „Geh täglich in die Todeszelle und folge mir nach“? Das Kreuz auf sich zu nehmen war keine Reise, erst recht keine Rundreise; es war eine Einbahnstraße. Es gab kein Rückfahrtticket.

3. Auf dem Weg nach Golgatha (latein calvaria)

Matthäus 27, 32-34

Matthäus 27, 32-34
Als sie aber hinauszogen, fanden sie einen Mann von Kyrene namens Simon; den zwangen sie, ihm das Kreuz zu tragen. Und als sie an den Platz kamen, den man Golgatha nennt, das heißt »Schädelstätte«, gaben sie ihm Essig mit Galle vermischt zu trinken; und als er es gekostet hatte, wollte er nicht trinken.

  1. Einen Mann von Kyrene namens Simon: Dieser Mann war wahrscheinlich ein Besucher in Jerusalem, der als treuer Jude dort war, um das Passahfest zu feiern. Als er Jerusalem besuchte, war er weit von Kyrene in Nordafrika entfernt (etwa 800 Meilen/1300 Kilometer).
  2. Den zwangen sie, ihm das Kreuz zu tragen: Simon wusste wenig bis gar nichts über diesen Jesus und hatte kein Verlangen, mit diesem Mann, der dazu verurteilt war, als Verbrecher zu sterben, in Verbindung gebracht zu werden. Doch die Römer herrschten, und Simon hatte keine Wahl. Den zwangen sie, ihm das Kreuz zu tragen. Vielleicht wurde er ausgewählt, weil er offensichtlich ein Fremder und damit in der Menge auffälliger war.
    1. Wunderbarerweise haben wir Grund zur Annahme, dass Simon erfuhr, was es wirklich bedeutet, sein Kreuz auf sich zu nehmen und Jesus zu folgen. Es gibt einige Hinweise darauf, dass seine Söhne unter den frühen Christen Leiter wurden (Markus 15, 21 und Römer 16, 13).
    2. „Wie leicht wäre es gewesen, das Kreuz zu tragen, wenn er da Jesus schon so gekannt hätte, wie er ihn später kennenlernte!“ (Meyer)
  3. Den Platz kamen, den man Golgatha nennt, das heißt »Schädelstätte«: Es gab einen bestimmten Ort knapp außerhalb der Stadtmauern von Jerusalem, an dem Menschen gekreuzigt wurden. An dieser Schädelstätte starb Jesus für unsere Sünden, und unsere Erlösung wurde vollbracht.
    1. Golgatha – auf Latein calvaria (Lukas 23, 33), ‚Schädelstätte‘. Dieser Ort wurde so genannt, weil es üblich war, dort Verbrecher zu kreuzigen. Als Ort des grausamen, erniedrigenden Todes lag er außerhalb der Stadtmauern, aber wahrscheinlich an einer gut ausgebauten Straße. Es könnte auch sein, dass der Hügel selbst ein schädelartiges Aussehen hatte, wie es bei der als Gartengrab (engl.: Gordon’s Calvary) bekannten Stätte in Jerusalem der Fall ist.
  4. Gaben sie ihm Essig mit Galle vermischt zu trinken; und als er es gekostet hatte, wollte er nicht trinken: Es war üblich, denjenigen, die gekreuzigt werden sollten, ein Getränk zur Betäubung von Schmerz und Bewusstsein zu geben, um ihre Wahrnehmungen für die sie erwartenden Qualen zu mindern. Aber Jesus lehnte jede betäubende Droge ab. Er entschied sich, dem geistlichen und körperlichen Schrecken mit wachen Sinnen zu begegnen.
    1. „Beim ‚Essig‘ handelt es sich um den sauren Wein oder Posca, der von römischen Soldaten getrunken wurde. Bei Markus lehnt Jesus das Getränk ab, anscheinend ohne zu probieren, weil er bei klarem Verstand leiden möchte.“ (Bruce)

4. Jesus wird gekreuzigt

Matthäus 27, 35a

Matthäus 27, 35a
Nachdem sie ihn nun gekreuzigt hatten …

  1. Sie [ … ] gekreuzigt hatten: Eine genaue und vollständige Darstellung der Kreuzigung in den modernen Medien steht noch aus. Wenn sie jemals gemacht würde, wäre sie wegen ihres Schreckens und ihrer Brutalität auf ein erwachsenes Publikum beschränkt.
    (Anmerkung der deutschen Übersetzer: Inzwischen gibt es in „The Passion of Christ“ ein filmisches Werk, das an diese Beschreibung ziemlich nah herankommt.)
    1. Die Bibel erspart uns die blutigen Beschreibungen der körperlichen Qualen Jesu, indem sie einfach sagt: „Nachdem sie ihn nun gekreuzigt hatten“. Das liegt daran, dass zu Matthäus‘ Zeiten jeder den Schrecken der Kreuzigung gut kannte, vor allem aber daran, dass der wichtigere Teil des Leidens Jesu geistlich und nicht körperlich war.
    2. „Die Kreuzigung stammt aus Persien; und ihr Ursprung liegt darin, dass die Erde dem Gott Ormuzd als heilig galt und der Verbrecher von ihr hochgehoben wurde, damit er die Erde, die Eigentum des Gottes war, nicht verunreinigen konnte.“ (Barclay)
    3. 1986 schrieb Dr. William Edwards einen bemerkenswerten Artikel im angesehenen Journal of the American Medical Association mit dem Titel „Über den physischen Tod von Jesus Christus.“ Es folgen einige der Beobachtungen von Dr. Edwards und seinen Mitarbeitern. Die Zitate gehören zum Artikel. Der Großteil des anderen Textes gibt den Inhalt aus dem Artikel wieder.
    4. „Obwohl die Römer die Kreuzigung nicht erfunden haben, perfektionierten sie sie als eine Form der Folter und Todesstrafe, die einen langsamen Tod mit größtmöglichen Schmerzen und Leiden herbeiführen sollte.“
    5. Der Rücken des Opfers wurde durch die Geißelung zunächst aufgerissen. Durch das Ausziehen der Kleidung an der Kreuzigungsstelle wurde das an der Kleidung klebende geronnene Blut erneut von den Wunden abgerissen. Als man die Opfer auf den Boden warf, um die Hände an den Querbalken zu nageln, wurden die Wunden wieder geöffnet, vertieft und mit Schmutz verunreinigt. Während sie am aufrechten Kreuz befestigt waren, schrammten die schmerzhaften Wunden am Rücken bei jedem Atemzug gegen das raue Holz des aufrechten Balkens und wurden weiter verschlimmert.
    6. Wenn der Nagel durch das Handgelenk getrieben wurde, durchtrennte das den Medianusnerv. Dies verursachte in beiden Armen brennende Schmerzen und führte bei den Opfern häufig zu einem krallenartigen Griff.
    7. Abgesehen von den starken Schmerzen hemmte die Kreuzigung die normale Atmung. Das Gewicht des Körpers, das die Arme und Schultern nach unten zog, bewirkte, dass die Atemmuskulatur im Einatmungszustand gehalten wurde, wodurch die Ausatmung behindert wurde. Das Fehlen einer richtigen Atmung führte zu schweren Muskelkrämpfen, die die Atmung noch weiter behinderten. Um gut atmen zu können, musste man sich mit den Füßen hochdrücken und die Ellbogen beugen, wobei man an den Schultern zog. Das Aufsetzen des Körpergewichts auf die Füße erzeugte mehr Schmerzen, und das Beugen der Ellbogen verdrehte die an den Nägeln hängenden Hände. Der Rücken kratzte beim Anheben des Körpers während der Einatmung schmerzhaft gegen den rauen Holzpfosten. Jeder Versuch, richtig Atem zu holen, war qualvoll, anstrengend und führte zu einem früheren Tod.
    8. „Nicht selten haben sich Insekten an den offenen Wunden, Augen, Ohren und Nase des sterbenden und hilflosen Opfers festgesetzt oder sich in diese eingegraben. Raubvögel haben oft an den offenen Stellen gerissen. Darüber hinaus war es üblich, den Leichnam am Kreuz hängen zu lassen, damit er von Raubtieren gefressen werden konnte.“
    9. Der Tod durch Kreuzigung kann viele Ursachen haben: akuter Schock durch Blutverlust, zu starke Erschöpfung, um noch atmen zu können, Dehydrierung, stressbedingter Herzinfarkt oder eine Herzinsuffizient, die zur Herzruptur führt. Wenn das Opfer nicht schnell genug starb, wurden die Beine gebrochen, und das Opfer konnte bald nicht mehr atmen.
    10. Ein römischer Bürger konnte außer auf direkten Befehl Caesars nicht gekreuzigt werden. Gekreuzigt wurden nur die schlimmsten Verbrecher und die niedrigsten Klassen. Kein Wunder, dass der römische Staatsmann Cicero über die Kreuzigung sagte: „Es ist ein Verbrechen, einen römischen Bürger zu fesseln; ihn zu geißeln, ist ein Akt der Bosheit; ihn hinzurichten, ist fast Mord: Was soll ich dazu sagen, ihn zu kreuzigen? Eine Tat, die so abscheulich ist, dass es unmöglich ist, sie in Worte zu fassen.“ Der römische Historiker Tacitus nannte die Kreuzigung „eine Folter, die nur für Sklaven geeignet ist“ – nur für sie geeignet, weil sie als minderwertig angesehen wurden.
    11. Wie schlimm war die Kreuzigung? Das englische Wort ‚excruciating‘ (qualvoll, entsetzlich) kommt von den lateinischen ‚ex‘ (von) und ‚crucis‘ (Kreuz). „Wie abscheulich muss die Sünde vor Gott sein, wenn sie ein solches Opfer erfordert!“ (Kommentator Adam Clarke)
  2. Nachdem sie ihn nun gekreuzigt hatten: Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Jesus nicht als Opfer der Umstände gelitten hat. Er hatte die Kontrolle. Jesus sagte in Johannes 10, 18 über sein Leben: „Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir aus.“ Es ist schrecklich, gezwungen zu sein, solche Qualen zu ertragen, aber es ist bemerkenswert, sich aus Liebe frei dafür zu entscheiden. Können wir jemals wieder zu Recht an der Liebe Gottes zu uns zweifeln? Ging er nicht bis zum Äußersten, um uns diese Liebe zu zeigen?

5. Die römischen Soldaten bei der Kreuzigung Jesu

Matthäus 27, 35b-37

Matthäus 27, 35b-37
… teilten sie seine Kleider unter sich und warfen das Los, damit erfüllt würde, was durch den Propheten gesagt ist:
»Sie haben meine Kleider unter sich geteilt,
und das Los über mein Gewand geworfen«.
Und sie saßen dort und bewachten ihn. Und sie befestigten über seinem Haupt die Inschrift seiner Schuld: »Dies ist Jesus, der König der Juden«.

  1. Teilten sie seine Kleider unter sich und warfen das Los: Jesus verlor am Kreuz sogar seine Kleider. Er wurde als nackter, gedemütigter Mann ans Kreuz genagelt.
    1. Jesus kam bis zu uns auf die Erde hinunter, um uns zu erlösen. Er ließ absolut alles los – sogar seine Kleider – und wurde für uns ganz arm, damit wir in ihm ganz reich werden können.
  2. Damit erfüllt würde: Doch selbst in all dieser Sünde, diesem Schmerz, dieser Todesqual und Ungerechtigkeit brachte Gott alles zur Vollendung. Es mag den Anschein haben, dass Jesus keine Kontrolle über die Ereignisse hat. Doch die unsichtbare Hand Gottes lenkte alle Dinge, sodass bestimmte Prophezeiungen konkret erfüllt wurden.
  3. Und sie saßen dort und bewachten ihn: Damit sollte verhindert werden, dass jemand Jesus vom Kreuz rettet. „Es war bekannt, dass Männer weiterlebten, nachdem sie vom Kreuz abgenommen worden waren.“ (Carson)
  4. Dies ist Jesus, der König der Juden: In Johannes 19, 21 lesen wir, dass die religiösen Führer unter den Juden gegen diesen Titel Einspruch erhoben. Sie hielten ihn für falsch, weil sie nicht glaubten, dass Jesus der König der Juden sei. Sie hielten ihn auch für erniedrigend, weil er die Macht Roms zeigte, selbst den ‚König der Juden‘ zu demütigen und zu foltern. Doch Pilatus wollte daran nichts ändern, und als er gebeten wurde, die Inschrift zu entfernen, antwortete er: „Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben“ (Johannes 19, 22).
    1. „Die schriftliche Anklage (oder Titulus) wurde normalerweise vor einem Verbrecher auf dem Weg zur Hinrichtung hergetragen oder um seinen Hals gehängt und dann am Kreuz befestigt, wodurch die abschreckende Wirkung der Strafe verstärkt wurde.“ (France)
    2. Über seinem Kopf deutet vielleicht darauf hin, dass das Kreuz Jesu die traditionelle t-Form und nicht die häufig verwendete T-Form hatte.“ (France)

6. Jesus wird am Kreuz verspottet

Matthäus 27, 38-44

Matthäus 27, 38-44
Dann wurden mit ihm zwei Räuber gekreuzigt, einer zur Rechten, der andere zur Linken. Aber die Vorübergehenden lästerten ihn, schüttelten den Kopf und sprachen: Der du den Tempel zerstörst und in drei Tagen aufbaust, rette dich selbst! Wenn du Gottes Sohn bist, so steige vom Kreuz herab! Gleicherweise spotteten aber auch die obersten Priester samt den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen: Andere hat er gerettet, sich selbst kann er nicht retten! Ist er der König Israels, so steige er nun vom Kreuz herab, und wir wollen ihm glauben! Er hat auf Gott vertraut; der befreie ihn jetzt, wenn er Lust an ihm hat; denn er hat ja gesagt: Ich bin Gottes Sohn! Ebenso schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren.

  1. Dann wurden mit ihm zwei Räuber gekreuzigt, einer zur Rechten, der andere zur Linken: Bei seiner Kreuzigung stand Jesus im Mittelpunkt der menschlichen Sünde. Die Ablehnung Jesu durch sein Volk findet ihren endgültigen Tiefpunkt in der Verspottung durch die Verbrecher. Sogar die Kriminellen lehnten ihn ab.
    1. „Die Juden stellten ihn zwischen diese beiden, vielleicht um anzudeuten, dass er der schlimmste der drei Verbrecher war.“ (Clarke)
    2. Einer dieser Räuber bereute und vertraute auf Jesus, der andere tat es nicht (Lukas 23, 39-43).
  2. Aber die Vorübergehenden lästerten ihn, schüttelten den Kopf: Trotz der größten Liebesbezeugung von Jesus wurde er nicht geehrt. Stattdessen wurde er gelästert, und seine Feinde spotteten und sagten: „Rette dich selbst! Wenn du Gottes Sohn bist, so steige vom Kreuz herab.
    1. „Nichts quält einen Menschen unter Schmerzen mehr als Spott. Als Jesus Christus am dringendsten Worte des Mitgefühls und freundliche Blicke benötigte, lästerten ihn die Vorübergehenden und schüttelten den Kopf.“ (Spurgeon)
    2. Bezeichnenderweise verspotteten sie Jesus dafür, wer er wirklich war und ist.
      1. Sie verspotteten ihn als Erlöser
      2. Sie verspotteten ihn als König
      3. Sie verspotteten ihn als einen Gläubigen, der auf Gott vertraute
      4. Sie verspotteten ihn als den Sohn Gottes
    3. Sie taten so, als ob sie ihm glauben würden, wenn er tun würde, was sie sagten. Doch gerade weil er sich selbst nicht gerettet hat, kann er andere retten. Die Liebe hielt Jesus am Kreuz, nicht Nägel! Jesus hat mehr vollbracht als vom Kreuz herabzusteigen; er ist von den Toten auferstanden, und doch glaubten sie ihm selbst dann nicht.
    4. Jesus zeigte uns auch, wie wir die Verachtung und den Spott dieser Welt betrachten sollten – und zwar, sie überhaupt nicht zu beachten. „Verachtung! Verachten wir den Hohn. Lacht die Welt über uns? Lasst uns über das Lachen der Welt lachen und zu ihr sagen: ´Verachtest du uns? Du verachtest uns nicht halb so viel, wie wir dich verachten. Unsere Väter verachteten dein Schwert, o Welt, deine Verliese, deine Kerker, deine Gestelle, deine Galgen, deine Pfähle, und glaubst du, dass wir vor deinem Spott und Hohn erzittern werden?´“ (Spurgeon)
  3. Ebenso schmähten ihn auch die Räuber, die mit ihm gekreuzigt waren: Es gab viele Tiefpunkte bei der Tortur Jesu am Kreuz, aber dies ist sicherlich einer der tiefsten. Selbst unter den drei Gekreuzigten wurde Jesus in die ‚niedrigste‘ Position gebracht.
    1. Dies war der Höhepunkt der Liebe Gottes zu den Menschen: dies für unsere Erlösung zu ertragen. Aber es war auch der Gipfel des Hasses des Menschen gegen Gott; Gott kam auf die Erde, und das ist es, was der Mensch ihm angetan hat.
    2. Jesus musste dies allein vor dem Stadttor, außerhalb der Gemeinschaft erleiden. Er war aus zwei Gründen von der Gemeinschaft abgeschnitten. Erstens, damit wir uns seiner Gemeinschaft anschließen können. Zweitens, damit unsere Isolation Erlösung findet, indem wir uns mit ihm in dieser Erfahrung eins machen können.

D. Der Tod von Jesus

1. Eine ungewöhnliche Finsternis auf dem Land

Matthäus 27, 45

Matthäus 27, 45
Aber von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde.

  1. Aber von der sechsten Stunde an kam [ … ] bis zur neunten Stunde: Nach der römischen Zeitrechnung war dies ungefähr von 12:00 Uhr mittags bis 15:00 Uhr nachmittags. Diese ungewöhnliche Dunkelheit dauerte etwa drei Stunden, viel länger als jede natürliche Sonnenfinsternis.
    1. Dies war nicht die gesamte Zeit, in der Jesus am Kreuz hing, sondern die letzte Phase. Nach Markus 15, 25 und 15, 34 können wir vermuten, dass Jesus etwa 6 Stunden lang am Kreuz hing (ungefähr zwischen 9:00 Uhr morgens und 15:00 Uhr nachmittags).
    2. Die ersten drei Stunden der Kreuzesqualen Jesu fanden bei normalem Tageslicht statt, sodass alle sehen konnten, dass es sich am Kreuz tatsächlich um Jesus und nicht um einen Ersatzmann oder einen Betrüger handelte.
    3. Diese Dunkelheit war besonders bemerkenswert, weil sie sich während eines Vollmondes ereignete – Passah wurde immer während eines Vollmondes gefeiert – und während eines Vollmondes ist es unmöglich, dass es eine natürliche Sonnenfinsternis gibt.
  2. [Es] kam eine Finsternis über das ganze Land: Die bemerkenswerte Finsternis über der ganzen Erde zeigte die Todesqual der Schöpfung durch das Leiden des Schöpfers.
    1. „Die Finsternis ist das Symbol des Zornes Gottes, der auf die fiel, die seinen eingeborenen Sohn töteten. Gott war zornig, und sein Grimm löschte das Licht der Welt … Das Symbol sagt uns auch, was unser Herr Jesus Christus ertragen musste. Die Finsternis außerhalb von ihm war der Ausdruck der Finsternis, die in ihm war. In Gethsemane fiel eine dichte Finsternis auf den Geist unseres Herrn.“ (Spurgeon)
    2. Es gab zeitgenössische Beweise für diese ungewöhnliche Dunkelheit. „Origenes (in der 4. Folge seiner Schrift ‚Contra Celsum‘, deutscher Titel: ‚Gegen Celsus‘, ii,33) und Eusebius (in seiner ‚Chronik‘)) zitierten die Worte Phlegons (eines römischen Historikers), in denen er von einer außergewöhnlichen Sonnenfinsternis sowie von einem Erdbeben um die Zeit der Kreuzigung sprach.“ (Geldenhuys in seinem Kommentar zu Lukas)
    3. Der römische Historiker Phlegon schrieb: „Im vierten Jahr der 202. Olympiade gab es eine außergewöhnliche Sonnenfinsternis: Zur sechsten Stunde verwandelte sich der Tag in eine dunkle Nacht, sodass die Sterne am Himmel zu sehen waren; und es gab ein Erdbeben.“ (zitiert in Clarke)

2. Jesus schreit in Todesangst zum Vater

Matthäus 27, 46-49

Matthäus 27, 46-49
Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eli, Eli, lama sabachthani, das heißt: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« Etliche der Anwesenden sprachen, als sie es hörten: Der ruft den Elia! Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen Schwamm, füllte ihn mit Essig, steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken. Die Übrigen aber sprachen: Halt, lasst uns sehen, ob Elia kommt, um ihn zu retten!

  1. Mein Gott, mein Gott: Indem er Psalm 22 zitierte, verkündete Jesus die Erfüllung dieser Prophezeiung, sowohl in ihrem Todeskampf als auch in ihrem Jubel. In dem Psalm heißt es weiter: „Ja, du hast mich erhört [ … ]! So will ich meinen Brüdern deinen Namen verkündigen; inmitten der Gemeinde will ich dich loben.“ (Psalm 22, 22b-23)
    1. „Es ist wahrscheinlich, dass Jesus Hebräisch sprach. Dagegen spricht nicht, dass die Zuschauer nicht verstehen konnten, was er sagte, denn die Äußerung war nicht für die Ohren der Menschen bestimmt.“ (Bruce)
    2. Rief (anaboao, wird nur hier im Neuen Testament verwendet) ist ein starkes Verb, das eine intensive Emotion oder eine Bitte an Gott ausdrückt.“ (France)
    3. „Dies ist bemerkenswerter Weise das einzige Mal in den synoptischen Evangelien, dass Jesus sich an Gott wendet, ohne ihn ‚Vater‘ zu nennen.“ (France)
  2. Warum hast du mich verlassen? Jesus hatte in seinem Leben (sowohl physisch als auch emotional) große Schmerzen und schweres Leid erfahren. Dennoch war er nie von seinem Vater getrennt gewesen. In diesem Augenblick erfuhr er etwas, was er noch nie erlebt hatte. Es war eine entscheidende Erkenntnis, dass Jesus sich in diesem Augenblick, zu Recht, vom Vater verlassen fühlte.
    1. „Sein einziges Stöhnen bezieht sich auf seinen Gott. Es ist nicht: ‚Warum hat Petrus mich verlassen? Warum hat Judas mich verraten?‘ Diese Dinge sprachen von großem Schmerz, aber das hier war heftiger. Dieser Schicksalsschlag hat ihn bis ins Mark getroffen.“ (Spurgeon)
    2. In diesem Augenblick fand eine heilige Transaktion statt. Gott der Vater betrachtete Gott den Sohn, als wäre dieser ein Sünder. Wie der Apostel Paulus später schreiben würde, hat er den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm [zur] Gerechtigkeit Gottes würden (2. Korinther 5, 21).
    3. Doch Jesus ertrug nicht nur den Entzug der Gemeinschaft des Vaters, sondern auch die tatsächliche Ausgießung des Zornes des Vaters über ihn als Stellvertreter für die sündige Menschheit.
    4. So schrecklich dies auch war, erfüllte es doch Gottes guten und liebevollen Plan der Erlösung. Deshalb konnte Jesaja sagen: Aber dem Herrn gefiel es, ihn zu zerschlagen (Jesaja 53, 10).
    5. Zugleich können wir nicht sagen, dass die Trennung zwischen dem Vater und dem Sohn am Kreuz vollständig war. Paulus machte dies in 2. Korinther 5, 19 deutlich: Gott war in Christus und versöhnte am Kreuz die Welt mit sich selbst.
    6. „Ich wage sogar zu behaupten, dass, wenn es möglich gewesen wäre, die Liebe Gottes zu seinem Sohn zu verstärken, er sich mehr an ihm erfreut hätte, als er als leidender Stellvertreter seines auserwählten Volkes dastand, als er sich je zuvor an ihm erfreut hat.“ (Spurgeon)
  3. Warum hast du mich verlassen? Die Qual dieses Schreis ist bemerkenswert. Es betrübt den Menschen selten, von Gott getrennt zu sein oder darüber nachzudenken, dass er den Zorn Gottes verdient hat, und doch war dies das eigentliche Leid Jesu am Kreuz. Irgendwann, bevor er starb, bevor der Vorhang entzweigerissen wurde, bevor er schrie, dass es vollbracht ist, fand eine furchtbare geistliche Transaktion statt. Gott der Vater legte all die Schuld und den Zorn, die unsere Sünde verdient hatte, auf Gott den Sohn, und er ertrug sie voll und ganz. Darin stillte er den Zorn Gottes, der sich eigentlich gegen uns richtete.
    1. So schrecklich das physische Leiden Jesu auch war, dieses geistliche Leiden – der Akt, an unserer Stelle für die Sünde verurteilt zu werden – war es, was Jesus am Kreuz wirklich fürchtete. Das war der Kelch – der Kelch des gerechten Zornes Gottes -, von dem zu trinken er panische Angst hatte (Lukas 22, 39-46; Psalm 75, 9; Jesaja 51, 17; Jeremia 25, 15). Am Kreuz wurde Jesus gewissermaßen zum Feind Gottes, der gerichtet und gezwungen wurde, den Kelch des Zornes des Vaters zu trinken. Er tat es, damit wir diesen Kelch nicht trinken müssen.
    2. Jesaja 53, 3-5 bringt es kraftvoll zum Ausdruck: Verachtet war er und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut; wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, so verachtet war er, und wir achteten ihn nicht. Fürwahr, er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen; wir aber hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt. Doch er wurde um unserer Übertretungen willen durchbohrt, wegen unserer Missetaten zerschlagen; die Strafe lag auf ihm, damit wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt worden.
    3. „Sein Vater ließ nun jenen heiligen Strom der friedlichen und liebevollen Gemeinschaft versiegen, der bis dahin durch sein ganzes irdisches Leben geflossen war. Wir verlieren nur ein paar Tropfen, wenn wir unsere freudige Erfahrung der himmlischen Gemeinschaft verlieren; und doch ist der Verlust tödlich: Aber für unseren Herrn Jesus Christus war das Meer ausgetrocknet – ich meine sein Meer der Gemeinschaft mit dem unendlichen Gott.“ (Spurgeon)
    4. Warum? Wir können uns die Antwort auf die Frage von Jesus vorstellen: „Weil du, mein Sohn, dich entschieden hast, den Platz der schuldigen Sünder einzunehmen. Du, der du niemals gesündigt hast, hast das unendliche Opfer gebracht, zur Sünde zu werden und meinen gerechten Zorn auf Sünde und Sünder zu empfangen. Du tust dies wegen deiner großen Liebe und wegen meiner großen Liebe.“ Dann könnte der Vater dem Sohn einen Blick auf seine Belohnung gewähren – die mit Rechtschaffenheit bekleidete Menge seines Volkes auf den goldenen Straßen des Himmels, „sie alle sangen, um ihren Erlöser zu loben, sie alle sangen den Namen [Jahwes] und des Lammes; und das war ein Teil der Antwort auf seine Frage.“ (Spurgeon)
    5. Das Wissen um diese Qual des Sohnes Gottes am Kreuz sollte einen Einfluss darauf haben, wie wir die Sünde sehen: „Oh meine Herren, wenn ich einen lieben Bruder hätte, der ermordet wurde, was würden Sie von mir denken, wenn ich das Messer, das mit seinem Blut befleckt wurde, schätzen würde? – Wenn ich mit dem Mörder befreundet wäre und täglich mit dem Mörder verkehrte, der meinem Bruder den Dolch ins Herz gestoßen hat, was würden Sie von mir denken? Sicherlich muss auch ich an diesem Verbrechen beteiligt sein! Die Sünde hat Christus ermordet; willst du ihr ein Freund sein? Die Sünde hat das Herz des menschgewordenen Gottes durchbohrt; kannst du sie lieben?“ (Spurgeon)
  4. Der ruft den Elia: Traurigerweise wurde Jesus bis zum bitteren Ende missverstanden und verspottet. Diese Zuschauer hielten das alles für einen interessanten Versuch, um zu sehen, ob Elia tatsächlich kommen würde.
    1. Als Jesus am Kreuz hing, wurde er von seinen Zuhörern missverstanden, weil sie seine Worte falsch interpretierten. Er sagte: „Eli, Eli, lama sabachthani“. Sie verstanden nicht nur falsch, was sie hörten (Jesus sagte: ‚Eli‘, nicht ‚Elia‘)), sondern sie hörten auch nur ein Wort von dem, was er sagte. Das wird auch beim wahren Nachfolger Jesu nicht ausreichen; wir wollen nicht nur ein Wort von Jesus hören, sondern jedes Wort, das aus dem Mund Gottes kommt.
    2. Eins der ersten Dinge, die wir über Jesus wissen, ist, dass er missverstanden wurde. Als Joseph und Maria ihn in Jerusalem zurückließen, verstanden sie nicht, dass er sich um die Angelegenheiten seines Vaters kümmern musste. Jetzt, am Ende seines irdischen Wirkens, wird er auch am Kreuz missverstanden.
    3. Jesus wusste, was es heißt, wenn seine Motive missverstanden werden. Er heilte Menschen, und andere sagten, er habe es durch den Teufel getan. Er streckte die Hand nach Sündern aus, und die Menschen nannten ihn ein betrunkenes Schwein. Die Nachfolger Jesu haben seine Motive auch manchmal falsch verstanden.
    4. Jesus wusste, was es heißt, wenn seine Worte missverstanden werden. Er sagte: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten“, und sprach dabei zweifellos von seinem Körper, als er es sagte. Dennoch bestanden die Leute darauf, dass er vom echten Tempel in Jerusalem sprach. Ein anderes Mal wusste er, dass Lazarus tot war, und er erzählte anderen, dass Lazarus eingeschlafen sei. Sie haben Jesus missverstanden und dachten, er meinte, Lazarus bekäme die dringend benötigte Ruhe, um wieder gesund zu werden. Die Nachfolger Jesu werden in dem, was sie sagen, auch manchmal falsch verstanden.
    5. Jesus wusste, was es heißt, wenn sein Schweigen missverstanden wird. Als er zum ersten Mal vor Pilatus erschien, schickte Pilatus ihn zu Herodes. Als Herodes Jesus befragte, sagte er kein Wort. Herodes verstand das Schweigen Jesu falsch und sah es als Schwäche und Machtlosigkeit an. Herodes war blind für die Macht und Würde im Schweigen Jesu. Auch bei den Nachfolgern Jesu wird ihr Schweigen manchmal missverstanden.

3. Der Tod Jesu

Matthäus 27, 50

Matthäus 27, 50
Jesus aber schrie nochmals mit lauter Stimme und gab den Geist auf.

  1. Jesus aber schrie nochmals mit lauter Stimme: Die meisten Kreuzigungsopfer verbrachten ihre letzten Stunden vor dem Tod in völliger Erschöpfung oder Bewusstlosigkeit. Bei Jesus war es nicht so; obwohl er ungeheuer gequält worden und geschwächt war, war er bis zum Augenblick seines Todes bei Bewusstsein und konnte sprechen.
    1. „Die Kirchenväter fanden in dem lauten Schrei einen Beweis dafür, dass Jesus freiwillig und nicht an körperlicher Erschöpfung starb. Einige moderne Kommentatoren sehen den Schrei im Gegensatz dazu als Ausdruck dafür an, dass er an einem gebrochenen Herzen stirbt.“ (Bruce)
    2. Johannes 19, 30 teilt uns mit, dass Jesus sagte: ‚Es ist vollbracht‘, was im Altgriechischen ein Wort ist – und zwar tetelestai, was ‚voll bezahlt‘ bedeutet. Dies war der Schrei eines Siegers, denn Jesus bezahlte den Preis für die Sünde, den wir hätten bezahlen müssen vollständig, und vollendete das ewige Ziel des Kreuzes.
  2. Und gab den Geist auf: Niemand nahm Jesus das Leben weg. Jesus hat, anders als jeder andere Mensch, den Geist aufgegeben. Der Tod hatte nicht das Recht, Hand an den sündlosen Sohn Gottes zu legen. Er nahm den Platz der Sünder ein, war oder wurde aber selbst nie ein Sünder. Deshalb konnte er nicht sterben, es sei denn, er gab den Geist auf.
    1. Wie Jesus sagte, weil ich mein Leben lasse, damit ich es wieder nehme. Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir aus. Ich habe Vollmacht, es zu lassen, und habe Vollmacht, es wieder zu nehmen. (Johannes 10, 17-18)
    2. „Jeder Mensch ist seit dem Sündenfall nicht nur dem Tod ausgesetzt, sondern hat ihn verdient, so wie alle ihr Leben wegen der Sünde verwirkt haben. Jesus Christus, der unbefleckt geboren wurde und nie gesündigt hat, hatte sein Leben nicht eingebüßt und kann daher von Natur aus und zurecht als unsterblich angesehen werden.“ (Clarke)
    3. „Er gab sein Leben auf, weil er es so gewollt hat, als er es gewollt hat und so, wie er es gewollt hat.“ (Augustinus)

4. Die unmittelbaren Folgen des Todes Jesu

Matthäus 27, 51-56

Matthäus 27, 51-56
Und siehe, der Vorhang im Tempel riss von oben bis unten entzwei, und die Erde erbebte, und die Felsen spalteten sich. Und die Gräber öffneten sich, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen wurden auferweckt und gingen aus den Gräbern hervor nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen. Als aber der Hauptmann und die, welche mit ihm Jesus bewachten, das Erdbeben sahen und was da geschah, fürchteten sie sich sehr und sprachen: Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn! Es waren aber dort viele Frauen, die von ferne zusahen, welche Jesus von Galiläa her gefolgt waren und ihm gedient hatten; unter ihnen waren Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus und Joses, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.

  1. Der Vorhang im Tempel riss von oben bis unten entzwei: Der Vorhang war das, was den heiligen Ort vom heiligsten Ort des Tempels trennte. Er machte anschaulich die Trennung zwischen Gott und Mensch sichtbar. Es ist bemerkenswert, dass der Vorhang von oben bis unten zerrissen wurde, es war also Gott, der ihn zerrissen hat.
    1. „Als wäre er über den frevelhaften Mord an seinem Herrn schockiert, zerriss der Tempel sein Gewand, wie im Entsetzen über dieses furchtbare Verbrechen.“ (Spurgeon)
    2. In Apostelgeschichte 6, 7 heißt es, dass in den Tagen der frühen Kirche eine große Zahl von Priestern dem Glauben gehorsam wurde. Vielleicht hat ihnen dieser zerrissene Vorhang die Größe des Werkes Jesu vor Augen geführt. Wahrscheinlich wurde der zerrissene Vorhang auf diese Weise auch allgemein bekannt.
    3. „Es ist kein kleiner Riss, durch den wir ein wenig hindurchsehen können; sondern es ist ein Riss, der von oben nach unten geht. Es gibt einen Eingang, der für die größten Sünder gemacht wurde. Wäre nur ein kleines Loch hineingeschnitten worden, so hätten sich die kleineren Sünder hindurchschummeln können; aber welch ein Akt der überfließenden Barmherzigkeit ist es, dass der Vorhang in der Mitte, von oben nach unten gerissen ist, damit der größte aller Sünder problemlos hindurchpasst!“ (Spurgeon)
  2. Die Erde erbebte, und die Felsen spalteten sich: Die Natur selbst wurde durch den Tod des Sohnes Gottes erschüttert.
    1. „Die Herzen der Menschen reagierten nicht auf die qualvollen Schreie des sterbenden Erlösers, aber die Felsen taten es: Die Felsen spalteten sich. Er starb nicht für Steine; doch die Steine waren mitfühlender als die Herzen der Menschen, für die er sein Blut vergoss.“ (Spurgeon)
    2. Zwischen dem Ende von Matthäus 27, 51 und dem Anfang von Matthäus 27, 52 sollte es wahrscheinlich eine Pause geben. Wir sollten nicht davon ausgehen, dass das Erdbeben, das sich bei der Kreuzigung ereignete und Felsen spaltete, auch Gräber von einigen der rechtschaffenen Toten öffnete, die in diesen offenen Gräbern drei Tage lang warteten, bis sie nach seiner Auferstehung aus den Gräbern hervorgingen. Es ist leichter zu verstehen, dass Matthäus wollte, dass wir erkennen, dass das Erdbeben an dem Tag geschah, an dem Jesus gekreuzigt wurde. An dem Tag, an dem er offenbart wurde und auferstanden ist, war die Strahlkraft des neuen Lebens so groß, dass sie einige der gerechten Toten wiederbelebt hat.
  3. Und gingen aus den Gräbern hervor nach seiner Auferstehung: Dies ist eine der seltsamsten Stellen im Matthäus-Evangelium. Wir wissen von diesem Ereignis aus keiner anderen Quelle, und Matthäus sagt uns nicht sehr viel. Wir wissen also wirklich nicht, worum es ich dabei handelte, aber anscheinend starben diese wiederbelebten Heiligen erneut, weil sie in dem Sinne von den Toten auferweckt wurden, wie es auch bei Lazarus geschehen war – nicht, um ein Leben der Auferstehung zu leben, sondern um erneut zu sterben.
    1. Sie wurden auferweckt, „Nicht, um, wie bis zu diesem Zeitpunkt, mit den Menschen zu sprechen, sondern um Christus, der sie auferweckt hat, in den Himmel zu begleiten und so ein großes sichtbares Zeichen der lebenspendenden Kraft Christi zu sein.“ (Trapp)
    2. „Diese ersten Wunder, die im Zusammenhang mit dem Tod Christi geschahen, waren typisch für geistliche Wunder, die fortgesetzt werden, bis er wiederkommt – steinerne Herzen werden zerrissen, Gräber der Sünde werden geöffnet, diejenigen, die in Sünden und Übertretungen gestorben und in Gräbern der Lust und des Bösen begraben worden sind, werden mit neuem Leben erfüllt, stehen von den Toten auf und gehen in die heilige Stadt, das neue Jerusalem.“ (Spurgeon)
  4. Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn! Die Szene bei der Kreuzigung Jesu war so beeindruckend, dass sogar ein abgebrühter römischer Hauptmann bekannte, dass dieser Gottes Sohn war. Dieser Mann hatte den Tod von vielleicht Hunderten von anderen Männern durch die Kreuzigung überwacht, aber er wusste, dass Jesus etwas absolut Einzigartiges an sich hatte.
    1. Dieser war Gottes Sohn: Das Einzige, was falsch ist, ist seine Verbform; Jesus ist Gottes Sohn. Der römische Hauptmann schien anzunehmen, dass er nicht mehr der Sohn Gottes sei.
    2. „Es gibt Menschen, die meinen, dass diese Soldaten, die Scharfrichter unseres Erlösers, durch die Wunder, die sie gesehen hatten, gemäß dem, was Christus in Lukas 23, 34 für sie gebetet hatte, wirklich bekehrt wurden.“ (Trapp)
  5. Es waren aber dort viele Frauen, die von ferne zusahen, welche Jesus von Galiläa her gefolgt waren und ihm gedient hatten: Der Einfluss von Jesus beschränkte sich nicht nur auf harte und abgebrühte Männer wie den römischen Hauptmann, sondern auch auf Frauen, sogar auf Frauen wie Maria Magdalena (die ehemals von Dämonen besessene Frau, die (gemäß Lukas 8, 2) Jesus von Galiläa aus nachfolgte).
    1. Viele Frauen: „Es gereicht ihnen zu ihrer ewigen Ehre, dass diese Frauen mehr Mut und liebevolle Verbundenheit mit ihrem Herrn und Meister bewiesen als die Jünger, die versprochen hatten, mit ihm zu sterben, statt ihn zu verlassen.“ (Clarke)
    2. Denk daran, wer dort am Kreuz war.
      1. Männer und Frauen
      2. Juden und Heiden.
      3. Reiche und Arme
      4. Prominente und Außenseiter.
      5. Religiöse und Gottlose
      6. Schuldige und Unschuldige
      7. Menschen, die Jesus hassten, und Menschen, die ihn liebten
      8. Unterdrücker und Unterdrückte
      9. Weinende und Spötter
      10. Gebildete und Ungebildete
      11. Die tief Betroffenen und die Gleichgültigen
      12. Verschiedene Rassen, verschiedene Nationalitäten, verschiedene Sprachen, verschiedene Klassen
    3. „Diese gemischte Menge war sicherlich eine Prophezeiung. Alle möglichen verschiedenen Menschen wurden von diesem Kreuz angezogen.“ (Morgan)

E. Das Begräbnis Jesu

1. Joseph von Arimathia legt Jesus in sein eigenes Grab

Matthäus 27, 57-61

Matthäus 27, 57-61
Als es nun Abend geworden war, kam ein reicher Mann von Arimathia namens Joseph, der auch ein Jünger Jesu geworden war. Dieser ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu. Da befahl Pilatus, dass ihm der Leib gegeben werde. Und Joseph nahm den Leib, wickelte ihn in reine Leinwand und legte ihn in sein neues Grab, das er im Felsen hatte aushauen lassen; und er wälzte einen großen Stein vor den Eingang des Grabes und ging davon. Es waren aber dort Maria Magdalena und die andere Maria, die saßen dem Grab gegenüber.

  1. Dieser ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu: Gewöhnlich wurden die Leichen gekreuzigter Verbrecher an ihren Kreuzen zurückgelassen, um zu verrotten oder von wilden Tieren gefressen zu werden. Aber die Juden wollten nicht, dass während der Passahzeit so etwas Schreckliches zu sehen ist, und die Römer waren dafür bekannt, dass sie die Leichen der Hingerichteten deren Freunden oder Verwandten überließen, damit diese sie angemessen bestatten konnten.
  2. Joseph nahm den Leib, wickelte ihn in reine Leinwand: Joseph befolgte die Begräbnisbräuche seiner Zeit – so gut er konnte, wenn man bedenkt, dass sie nur sehr wenig Zeit hatten, weil der Sabbat anbrach (Lukas 23, 54).
  3. Legte ihn in sein neues Grab: Er kam aus dem Schoß einer Jungfrau in die Welt; er kam wieder aus einem jungfräulichen, neuen Grab heraus. In dieses Grab war noch nie ein Leichnam gelegt worden, sodass es keine mögliche Verwirrung darüber geben konnte, welcher Leichnam herauskam, als ein Leichnam herauskam und das Grab dann leer war.
    1. „Es handelte sich um ein neues Grab, in das zuvor keine Überreste gelegt worden waren; so könnte man weder vermuten, ein anderer wäre auferstanden, in dem Moment, wenn er aus dem Grab herauskäme, noch könnte man sich vorstellen, dass er auferstanden wäre, indem er die Gebeine eines alten Propheten berührte, wie es dem erging, der in Elisas Grab gelegt worden war.“ (Spurgeon)
  4. Er wälzte einen großen Stein vor den Eingang des Grabes: Dies war die übliche Art, ein teures Grab zu versiegeln. Ein reicher Mann wie Joseph von Arimathia hatte wahrscheinlich ein in den Felsen gehauenes Grab; dieses Grab befand sich in einem Garten in der Nähe des Kreuzigungsortes (Johannes 19, 41). Das Grab hatte gewöhnlich einen kleinen Eingang und vielleicht ein oder mehrere Fächer, in denen die Leichen aufgebahrt wurden, nachdem sie mit Gewürzen, Salben und Leinenstreifen ein wenig mumifiziert worden waren. Normalerweise ließen die Juden diese Leichen einige Jahre lang in Ruhe, bis sie bis auf die Knochen verwest waren, dann wurden die Knochen in ein kleines steinernes Kästchen, ein sogenanntes Ossarium, abgelegt. Das Ossarium blieb zusammen mit den Überresten anderer Familienmitglieder in der Grabstätte.
    1. Die Tür zum Grab bestand in der Regel aus einem schweren, kreisförmigen Stein, der in einer Rille lief und in einer dafür angefertigten Vertiefung im Felsen ruhte, so dass er nur von mehreren starken Männern bewegt werden konnte. Dies geschah, um sicherzustellen, dass niemand die Überreste stören würde.
    2. Er wälzte einen großen Stein: „Die übliche Art, die Tür des Grabes zu schließen; die Juden nannten den Stein golal, die Walze.“ (Bruce)
    3. Johannes 19, 41 sagt uns ausdrücklich, dass das Grab Josephs von Arimathia, in das Jesus gelegt wurde, in der Nähe des Ortes von Jesu Kreuzigung lag (und jeder der beiden vorgeschlagenen Orte für Jesu Tod und Auferstehung bestätigt dies). Wahrscheinlich gefiel es Joseph nicht, dass der Wert seines Familiengrabes abnahm, weil die Römer beschlossen, Menschen in der Nähe zu kreuzigen – doch es erinnert uns daran, dass das Kreuz und die Macht der Auferstehung in Gottes Plan immer dauerhaft und eng miteinander verbunden sind.
    4. Gräber wie dieses waren sehr teuer. Es war ein ziemliches Opfer für Joseph von Arimathia, seins aufzugeben – aber Jesus würde es nur ein paar Tage lang benutzen!

2. Das Grab wird versiegelt und bewacht

Matthäus 27, 62-66

Matthäus 27, 62-66
Am anderen Tag nun, der auf den Rüsttag folgt, versammelten sich die obersten Priester und die Pharisäer bei Pilatus und sprachen: Herr, wir erinnern uns, dass dieser Verführer sprach, als er noch lebte: Nach drei Tagen werde ich auferstehen. So befiehl nun, dass das Grab sicher bewacht wird bis zum dritten Tag, damit nicht etwa seine Jünger in der Nacht kommen, ihn stehlen und zum Volk sagen: Er ist aus den Toten auferstanden!, und der letzte Betrug schlimmer wird als der erste. Pilatus aber sprach zu ihnen: Ihr sollt eine Wache haben! Geht hin und bewacht es, so gut ihr könnt! Da gingen sie hin, versiegelten den Stein und bewachten das Grab mit der Wache.

  1. Herr: Sie gaben Pilatus einen Titel, der Ehre und Respekt ausdrückte. Aber am Tag zuvor lehnten dieselben religiösen Anführer den König der Könige ab. Sie verspotteten und verachteten Jesus ganz offen, aber sie ehrten Pilatus.
    1. Am anderen Tag: „Es muss bedeuten, dass die Hohepriester und Pharisäer tatsächlich am Sabbat mit ihrer Bitte an Pilatus herantraten. Wenn sie das getan haben, wird ganz deutlich, wie radikal sie das Sabbatgesetz gebrochen haben.“ (Barclay)
  2. Wir erinnern uns, dass dieser Verführer sprach ( … ): Nach drei Tagen werde ich auferstehen: Ironischerweise erinnerten sich die Feinde Jesu besser an seine Verheißung der Auferstehung als seine eigenen Jünger.
  3. Als er noch lebte: Darin geben die Feinde von Jesus zu, dass Jesus tot ist. Sie glaubten nicht an die ‚Ohnmachts-Theorie‘, eine Vermutung, die die Auferstehung leugnet und besagt, dass Jesus nie wirklich gestorben ist, sondern nur am Kreuz ‚in Ohnmacht fiel‘ und dann irgendwie auf wunderbare Weise im Grab wiederbelebt wurde.
    1. In einem humorvollen Leserbrief an eine christliche Zeitschrift wurde die ‚Ohnmachts-Theorie‘ genauer untersucht:
      Lieber Eutychus: Unser Prediger sagte zu Ostern, dass Jesus gerade am Kreuz in Ohnmacht gefallen sei und dass die Jünger ihn wieder gesund gepflegt hätten. Wie denken Sie darüber? Mit Grüßen, die Verwirrten
      Liebe Verwirrte: Versetzen Sie Ihrem Prediger mit einer neunschwänzigen Geißel 39 schwere Schläge, nageln Sie ihn an ein Kreuz; hängen Sie ihn 6 Stunden lang in die Sonne; stoßen Sie ihm einen Speer durchs Herz; balsamieren Sie ihn; legen Sie ihn 36 Stunden lang in ein luftleeres Grab und sehen Sie, was passiert. Mit freundlichen Grüßen, Eutychus
  4. Damit nicht etwa seine Jünger in der Nacht kommen, ihn stehlen: Sie können sich nicht vor den Jüngern gefürchtet haben. Sie wussten, dass sie Angst hatten und sich versteckt hielten. Sie wussten, dass sie von der Kreuzigungsszene geflohen waren. Ihre Geheimdienstquellen und Informanten ließen sie wissen, dass die Jünger entsetzt waren. Sie fürchteten sich vielmehr vor der Macht Jesu.
    1. Schaut euch doch ihre Worte an: und zum Volk sagen: Er ist aus den Toten auferstanden! Wenn das geschehen würde, warum sagen sie dann nicht einfach zu den Jüngern: „Wo ist Jesus? Bringt den angeblich lebendigen Leib eures auferstandenen Herrn doch her!“ Sie wussten, dass es den Jüngern nichts nützen würde, den Körper Jesu zu stehlen, denn sie konnten keinen toten Körper präsentieren und behaupten, er sei lebendig. Das würde nichts beweisen. Wovor sie sich wirklich fürchteten, war die Kraft der Auferstehung Jesu.
    2. Es ist traurig, dass die religiösen Führer Angst vor der Auferstehungskraft Jesu hatten, aber zumindest glaubten sie, dass sie wahr war. Am Samstagmorgen hielten die Hohepriester und die Pharisäer eine bessere Auferstehungspredigt als die Jünger.
    3. „Justinus sagt, dass solche Geschichten noch in der Mitte des zweiten Jahrhunderts aktiv verbreitet wurden (Dialog mit dem Juden Tryphon 108). Die Tatsache einer solchen Propaganda an sich deutet darauf hin, dass nicht geleugnet werden konnte, dass das Grab leer war; die Frage war nur, wie es leer geworden war.“ (France)
  5. So befiehl nun, dass das Grab sicher bewacht wird … Ihr sollt eine Wache haben! Geht hin und bewacht es, so gut ihr könnt!: Dies zeigt, dass sowohl die jüdischen Führer als auch die Römer sich der Notwendigkeit bewusst waren, das Grab zu bewachen, und dass sie alle notwendigen Maßnahmen ergriffen haben, um es zu sichern. Diese Sicherheitsmaßnahmen waren einfach ein größeres Zeugnis für das Wunder der Auferstehung. Wenn das Grab Jesu unbewacht gewesen wäre, hätte man vermuten können, dass eine oder mehrere unbekannte Personen den Leichnam gestohlen haben, und es wäre schwer, dies zu widerlegen. Da das Grab jedoch so gut bewacht war, können wir sicher sein, dass sein Leichnam nicht gestohlen wurde.
    1. Ihr sollt eine Wache haben war Pilatus‘ Versprechen, eine römische Wache zur Verfügung zu stellen. „Es ist unwahrscheinlich, dass die Juden überhaupt die Erlaubnis von Pilatus gebraucht hätten, um ihre eigene Polizei einzusetzen; außerdem ist das Wort für Wache (einzigartig im Neuen Testament) eine Umschreibung des lateinischen Wortes custodia. Es ist daher wahrscheinlicher, dass es Pilatus‘ Truppen waren, die eingesetzt wurden; den jüdischen Leitern geht es um maximale Sicherheit.“ (France)
    2. „Eitle Menschen! Als ob die gleiche Kraft, die notwendig war, um die Toten aufzuwecken und mit neuem Leben zu erfüllen, nicht auch den Stein entfernen und die von ihnen aufgestellte Wache überwinden könnte. Aber durch ihre übertriebene Sorgfalt und ihren Fleiß haben sie, anstatt die Auferstehung Christi zu verhindern, wie sie es beabsichtigt hatten, der ganzen Welt die Wahrheit und den Glauben daran bestätigt.“ (Poole)
  6. Versiegelten den Stein und bewachten das Grab mit der Wache: Hier werden die Maßnahmen zur Sicherung des Grabes Jesu beschrieben.
    1. Das Grab war durch einen Stein gesichert, der ein materielles Hindernis darstellte. Diese Steine waren groß und in eine schräge Vertiefung gesetzt. Dies war ein echtes Hindernis. Der Stein konnte mit Sicherheit nicht von innen weggerollt werden. Die Jünger hätten den Stein wegrollen können, wenn genug von ihnen dagewesen wären – aber nicht leise. Außerdem hätten sie zusammenarbeiten müssen, um ihn wegzurollen, und das ist eher unwahrscheinlich.
    2. Das Grab war durch ein Siegel abgesichert, das ein von Menschen gemachtes Hindernis darstellte. Das Siegel war ein Seil, das den Stein, der den Eingang zum Grab bedeckte, seitlich überlappte. Auf beiden Seiten des Durchgangs befand sich ein Wachsklumpen, der das Seil über dem Stein befestigte. Man konnte den Stein nicht bewegen, ohne das Siegel zu brechen. Es war wichtig, dass die Wachen der Versiegelung beiwohnten, denn sie waren für alles verantwortlich, was versiegelt wurde. Diese römischen Wachen beobachteten aufmerksam, wie der Stein versiegelt wurde, denn sie wussten, dass ihre Karriere und vielleicht auch ihr Leben auf dem Spiel stand. Das römische Siegel trug die gesetzliche Autorität. Es war mehr als ein Absperrband, das einen modernen Tatort abgrenzt; ein römisches Siegel zu brechen bedeutete, sich der römischen Autorität zu widersetzen. Dieser Stein wurde durch die Autorität des Römischen Reiches abgesichert.
    3. Das Grab wurde von einer Wache gesichert, die ein Hindernis durch menschliche Kraft darstellte. Eine typische römische Wache bestand aus vier Soldaten. Zwei hielten Wache, während die anderen sich ausruhten. Diese Wache bestand vielleicht aus noch mehr. Die Soldaten könnten mit Schwert, Schild, Speer, Dolch, Rüstung voll ausgerüstet gewesen sein. Wir sollten uns auch daran erinnern, dass dies römische Soldaten waren. Sie kümmerten sich weder um Jesus noch um jüdische Gesetze oder Rituale. Sie waren gerufen worden, um das Grab eines Verbrechers zu sichern. Für sie war das einzig Heilige an diesem Grab das römische Siegel, denn wenn dieses gebrochen worden würde, wäre ihre Karriere ruiniert und sie hätten selbst hingerichtet werden können. Soldaten, die kaltblütig genug waren, um um die Kleidung eines Sterbenden zu spielen, waren nicht die Art von Männern, die sich von zitternden Jüngern austricksen ließen oder ihr Leben aufs Spiel setzten, indem sie auf ihrem Posten einschliefen.
    4. Keines dieser Hindernisse war von Bedeutung. Vor ihm brechen alle zusammen!
      1. Materielle Hindernisse stehen dem auferstandenen Jesus nicht im Wege
      2. Die menschliche Autorität kann vor dem auferstandenen Jesus nicht bestehen
      3. Menschliche Kraft bricht vor dem auferstandenen Jesus zusammen.

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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