Johannes 13 – Jesus, der liebende Knecht

Alexander Maclaren schrieb über diesen beeindruckenden Abschnitt, Johannes 13-17: „Nirgendwo sonst ist seine Rede gleichzeitig so einfach und so tief. Nirgendwo sonst haben wir das Herz Gottes uns so offenbart … Die unvergänglichen Worte, die Christus bei jenem Abendmahl im Obergemach sprach, sind seine bedeutendste Selbstoffenbarung, die er mit Worten gab; in gleicher Weise ist das Kreuz, das auf dieses Abendmahl folgte, seine vollkommenste Selbstoffenbarung, die er durch sein Handeln gab.

A. Jesus wäscht den Jüngern die Füße

1. Jesus und seine Jünger bei einem letzten Treffen vor seiner Verhaftung

Johannes 13, 1

Johannes 13, 1
Vor dem Passahfest aber, da Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, aus dieser Welt zum Vater zu gehen: Wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.

  1. Vor dem Passahfest: Dies gibt uns einen Zeitbezug. Jesus war im Begriff, ein Mahl mit seinen Jüngern zu teilen. Die Gelehrten sind sich nicht einig, ob dieses Mahl tatsächlich am Passahfest stattfand oder ob es das Passahmahl war, welches sie aber einen Tag früher feierten.
    1. Die Chronologie ist ein Problem, denn in einigen Abschnitten scheint es, dass Jesus am Tag des Passahfestes gekreuzigt wurde. In anderen Abschnitten scheint es, dass Jesus am Tag nach Passah gekreuzigt wurde. Es gibt unzählige mögliche Lösungen für das Problem, aber es ist schwer zu sagen, welche die endgültige Antwort ist.
    2. „Die Verben für ‚liegend‘ [Johannes 13, 23] … legen nahe, dass dieses Mahl, obwohl es ‚vor dem (offiziellen) Passahfest‘ (Vers 1) stattfand, von den Teilnehmern dennoch als Passahmahl gefeiert wurde.“ (Bruce)
    3. Diese Debatte hat dazu geführt, dass es in der Christenheit einen Unterschied hinsichtlich folgender Praxis gibt. „Seit jeher verwendet die westliche Christenheit ungesäuertes Brot für die Eucharistie, während die östliche Christenheit seit jeher darauf besteht, dass das Brot gesäuert wird. Der Osten behauptet zu Recht, dass das Letzte Abendmahl in der Nacht gegessen wurde, bevor die Nation das Passahfest aß, und schließt daraus, dass es deshalb mit gewöhnlichem gesäuertem Brot gegessen wurde. Der Westen behauptet zu Recht, dass das von unserem Herrn und den zwölf Jüngern gegessene Passahfest ein echtes Passahfest war, wie er selbst es nennt (Lukas 22, 15) und wie es alle Synoptiker übereinstimmend nennen, und folgert daraus, dass es deshalb mit dem vollen mosaischen Ritual und deshalb mit ungesäuertem Brot gegessen wurde.“ (Trench)
  2. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war: Jesus lebte sein Leben in Erwartung dieser Stunde. Er wusste, wann sie noch nicht gekommen war (Johannes 2, 4). Bis zu diesem Zeitpunkt genoss Jesus einen einzigartigen Schutz, weil seine Stunde noch nicht gekommen war (Johannes 7, 30; 8, 20). Nun wusste Jesus, dass seine Stunde gekommen war. Er sprach von diesem Bewusstsein in Johannes 12, 23-27 und sagte sogar: darum bin ich in diese Stunde gekommen.
    1. Seine Stunde war tatsächlich gekommen. Das öffentliche Wirken Jesu war vorüber. In knapp 24 Stunden würde Jesus am Kreuz hängen. Dies war der Anfang vom Ende, und Jesus nutzte diese letzten kostbaren Stunden, um seinen Jüngern zu dienen und sie vorzubereiten.
  3. Aus dieser Welt zum Vater zu gehen: Das Kreuz wird in Johannes 13, 1 nicht ausdrücklich erwähnt, wirft aber einen Schatten auf fast jedes Wort. Wir sehen den Schatten des Kreuzes über den Worten, dass seine Stunde gekommen war. Wir sehen den Schatten des Kreuzes, wenn es heißt so liebte er sie bis ans Ende. Genauso sehen wir den Schatten des Kreuzes, wenn es heißt, Jesus würde aus dieser Welt zum Vater gehen. An dieser Stelle ist dies nur sehr zurückhaltend formuliert, aber unter der weichen Hülle verbirgt sich eine steinharte Realität. Jesus würde aus dieser Welt nur durch das Kreuz gehen.
    1. „Wenn man in ein fernes Land aufbricht und alle notwendigen Geschäfte mit der Außenwelt abgewickelt hat, ist man gerne bereit, die wenigen verbleibenden Stunden in der vertrauten Intimität im Familienkreis zu verbringen.“ (Morrison)
  4. So liebte er sie: Gewiss, Jesus liebte seine Jünger. Er führte sie, lehrte sie, sorgte für sie und beschützte sie. Was Jesus ihnen gab, war bereits mehr, als jeder andere Lehrer oder Leiter seinen Jüngern geben würde oder konnte.
  5. Die Seinen geliebt hatte: Es gibt eine Liebe, die Jesus für alle Menschen hat, und dann gibt es eine Liebe für die Seinen. Es ist nicht so sehr, dass die Liebe Jesu anders ist, sondern die Dynamik der Liebesbeziehung ist anders. Die Liebe Jesu zu den Seinen ist größer, weil sie eine Antwort hat, und hier Liebe mit Liebe erwidert wird.
    1. Jesus hat einige Dinge für alle Menschen getan. Er hat auch alles für einige Menschen getan – für die Seinen, die in der Welt waren.
    2. „Die umfassendere Liebe Gottes zu ‚der Welt‘ (Johannes 3, 16) wird nicht durch diese konzentrierte Liebe Jesu zu seinen Freunden verdrängt, sondern sie sind es, die sie in ihrer Fülle erfahren.“ (Bruce)
    3. Diese Jünger und alle Jünger waren und sind wirklich die Seinen, zu Jesus gehörenden Jünger.
      1. Sie waren die Seinen, weil er sie auserwählte
      2. Sie waren die Seinen, weil er sich ihnen selbst hingab
      3. Sie waren die Seinen, weil sein Vater sie ihm schenkte
      4. Sie waren die Seinen, weil er sie bald erkaufen würde
      5. Sie waren die Seinen, weil er sie eroberte
      6. Sie waren die Seinen, weil sie sich ihm hingaben
  6. So liebte er sie bis ans Ende: Jesus hatte die Seinen geliebt. Aber er hatte die Liebe zu ihnen noch nicht beendet. Er würde sie bis ans Ende lieben. Die Idee hinter dem Satz bis ans Ende ist „in vollem Umfang, bis zum Äußersten.“
    1. „’In vollem Umfang‘ ist eine bessere Wiedergabe des ursprünglichen eis telos als SLT ‚bis ans Ende‘. Es bedeutet nicht, dass Jesus seine Jünger nur bis zum Ende seines Lebens geliebt hat, sondern dass seine Liebe keine Grenzen kennt.“ (Tenney)
    2. Bis ans Ende bedeutet bis ans Ende des irdischen Lebens Jesu. Obwohl die Jünger ihn aufgegeben haben, hat er sie nie aufgegeben. Obwohl sie aufhörten, an Jesus zu denken, und nur noch an sich selbst dachten, hörte er nie auf, an sie zu denken. Wessen Probleme waren schlimmer – die von Jesus oder die der Jünger? Wer war mehr um den anderen besorgt? Er liebte sie bis ans Ende.
    3. Bis ans Ende bedeutet eine Liebe, die niemals enden wird. Jesus wird nie aufhören, die Seinen zu lieben. Es ist keine Liebe, die kommt und geht, die heute hier ist und morgen weg.
    4. Bis ans Ende bedeutet eine Liebe, die das vollste Ausmaß erreicht. In einigen Übersetzungen heißt es: „Er liebte sie bis zum Äußersten.“ Jesus goss den Kelch seiner Liebe für uns bis auf den letzten Tropfen aus.

2. Das Herz des Judas und das Herz Jesu

Johannes 13, 2-3

Johannes 13, 2-3
Und während des Mahls, als schon der Teufel dem Judas, Simons Sohn, dem Ischariot, ins Herz gegeben hatte, ihn zu verraten, da Jesus wusste, dass ihm der Vater alles in die Hände gegeben hatte und dass er von Gott ausgegangen war und zu Gott hinging,

  1. Und während des Mahls: In einigen Manuskripten wird das Mahl bereits als beendet beschrieben, anstatt wie hier noch im Gange (‚während‘ des Mahls). Eine Deutung mit ‚während‘ des Mahls macht wahrscheinlich mehr Sinn – der Unterschied ist ein einziger Buchstabe in den antiken griechischen Manuskripten.
    1. „’Das Abendmahl war nun im Gange‘ ist eine bessere Lesart als die Variante ‚Das Abendmahl war beendet‘, vor allem weil die Fortsetzung (Verse 13-30) deutlich macht, dass das Abendmahl nicht beendet war. Der Punkt ist, dass das Abendmahl bereits begonnen hatte, als Jesus vom Tisch aufstand und begann, den Jüngern die Füße zu waschen.“ (Bruce)
    2. „In einigen biblischen Handschriften (sog. MSS) steht beendet (genomenou) und in anderen ‚während sie noch im Gange sind‘ (ginomenou). Beide Lesarten sind gut belegt.“ (Tasker)
  2. Als schon der Teufel dem Judas ( … ) ins Herz gegeben hatte: Vielleicht ist eine bessere Übersetzung: Der Teufel hatte sich bereits entschieden, dass Judas Iskariot, Simons Sohn, ihn verraten sollte. Satan suchte nach einem Mann, der Jesus verraten sollte, und hatte Judas wahrscheinlich schon lange bearbeitet. Nun war die Wahl getroffen. Judas war sein Mann.
    1. Bruce bevorzugt die Lesart, dass es das Herz des Teufels war, das den bösen Impuls gegen Jesus hegte, und dass der Teufel dies aus seinem Herzen Judas eingeprägte.
  3. Da Jesus wusste, dass ihm der Vater alles in die Hände gegeben hatte: Das war nicht etwas, das Jesus erst zu dieser Stunde erfuhr. Einige Jahre zuvor sagte Jesus in seinem Dienst, dass der Vater den Sohn liebt und alles in seine Hand gegeben hat. (Johannes 3, 35) Das bedeutet aber, dass es zu dieser besonderen Zeit und unter diesen besonderen Umständen wichtig war, dass Jesus wusste, dass ihm der Vater alles in die Hände gegeben hatte.
    1. Es war wichtig wegen der Stunde. Jesus war im Begriff, sich der Qual der Kreuzigung und dem Schrecken zu stellen, an der Stelle der schuldigen Sünder vor dem gerechten Zorn Gottes, des Vaters, zu stehen. Gleichzeitig ging Jesus in diese Situation als Sieger, nicht als Opfer. Er hätte jederzeit aussteigen können, wann immer er wollte, denn der Vater hatte alles in seine Hände gegeben.
    2. Es war aufgrund der Umstände wichtig. Jesus war im Begriff, sich zu erniedrigen, indem er sich buchstäblich im demütigen Dienst an seinen Jüngern bückte. Da er in dieser demütigen Weise diente, tat er es nicht aus Schwäche. Er tat es aus einer Position vollständiger Autorität, weil ihm der Vater alles in die Hände gegeben hatte.
    3. Die Evangelien verraten uns oft weder das Motiv noch den Gedankengang hinter dem, was Jesus getan hat. Dies ist hier anders. Johannes erzählt uns in den folgenden Kapiteln genau, warum Jesus ihnen die Füße gewaschen und mit so viel Liebe zu ihnen gesprochen hat. Vielleicht fragte er Jesus, und Jesus sagte es ihm.
    4. „Johannes sagt viel mehr über das innere Bewusstsein Jesu als die Synoptiker, entweder weil er aufmerksamer war oder weil Jesus sich ihm anvertraute.“ (Tenney)
  4. Und dass er von Gott ausgegangen war und zu Gott hinging: Jesus kannte nicht nur seine Autorität, er kannte auch seine Beziehung zu Gott. Er kannte seine Identität als jemand, der von Gott ausgegangen war, und als jemand, der zu Gott hinging. Da er seine Vergangenheit und seine Zukunft mit Gott dem Vater kannte, beschloss er, ihn in der Gegenwart zu verherrlichen.
    1. Manchmal denken oder sagen Menschen bei der Forderung nach einer besseren Behandlung: „Wissen Sie, wer ich bin?“ Jesus kannte seine Größe besser als jeder andere, und das brachte ihn dazu, andere besser zu behandeln, anstatt zu erwarten, besser behandelt zu werden.
    2. „Nicht trotz, sondern wegen seines Bewusstseins über seinen göttlichen Ursprung und sein göttliches Ziel erhob er sich vom Abendmahl und nahm die Kleidung und Haltung eines Sklaven an; denn ein Diener in Wahrheit war er; und zwar kein anderer als der ideale Diener, der in der Prophezeiung Jesajas beschrieben wird.“ (Tasker)

3. Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße

Johannes 13, 4-5

Johannes 13, 4-5
stand er vom Mahl auf, legte sein Obergewand ab, nahm einen Schurz und umgürtete sich; darauf goss er Wasser in das Becken und fing an, den Jüngern die Füße zu waschen und sie mit dem Schurz zu trocknen, mit dem er umgürtet war.

  1. Stand er vom Mahl auf, legte sein Obergewand ab: Mit kurzen, anschaulichen Aussagen beschrieb Johannes das Bemerkenswerte, das Jesus an diesem unvergesslichen Abend tat. Wir haben den Eindruck, dass sich Johannes noch an jedes Detail erinnern konnte, als er diese Worte viele Jahre später schrieb.
    1. „Johannes Bericht liest sich wie der eines Augenzeugen, der mit Staunen und Spannung zugesehen hatte – kurze Stakkato-Sätze.“ (Trench)
    2. „Jeder Schritt in der ganzen erstaunlichen Szene hat sich in Johannes Gedächtnis eingeprägt. Als nächstes gießt Jesus Wasser in das Becken, das der Hausherr als Teil der notwendigen Vorkehrungen bereitgestellt hatte.“ (Dods)
  2. Fing an, den Jüngern die Füße zu waschen: In diesem Moment, der eine tiefe Bedeutung hat, tat Jesus etwas, das fast verrückt wirken musste. Er begann, die Arbeit des niedrigsten Dieners im Haushalt zu tun. Er fing an, den Jüngern die Füße zu waschen.
    1. In diesem entscheidenden Augenblick, an diesem Abend vor der Folter des Kreuzes, dachte Jesus nicht an sich selbst. Er dachte an seine Jünger. Das war wirklich Liebe bis zum Ende. Schließlich behandelten die Jünger Jesu ihn schlecht und waren im Begriff, ihn noch schlechter zu behandeln, indem sie ihn völlig verließen; und doch liebte er sie.
    2. Jesus gab sich ganz der Fußwaschung hin. Er war gründlich in der Arbeit. Zuerst stand er vom Mahl auf. Dann legte Jesus sein Obergewand ab, das ihn daran erinnern sollte, was in nur wenigen Stunden auf ihn wartete, wenn er seines Obergewands entkleidet und gekreuzigt werden würde. Dann nahm Jesus ein Schurz und umgürtete sich. Schließlich goss Jesus Wasser in ein Becken. Hätte Jesus nur das Bild eines Dieners zeigen wollte, dann hätte er all diese Vorbereitungsarbeit von einem Diener oder einem der Jünger erledigen lassen. Dann hätte er schnell ein paar schmutzige Füße mit einem feuchten Tuch abgewischt und die Arbeit als erledigt betrachtet. Das würde das Bild von Dienerschaft und liebevoller Führung vermitteln, aber Jesus gab sich selbst dieser Arbeit ganz hin.
    3. Dies war ein extremer Akt der Dienerschaft. Gemäß den jüdischen Gesetzen und Traditionen bezüglich der Beziehung zwischen einem Lehrer und seinen Schülern hatte ein Lehrer kein Recht, von seinen Schülern zu verlangen oder zu erwarten, dass sie ihm die Füße waschen. Und es war absolut undenkbar, dass der Meister seinem Schüler die Füße waschen würde.
  3. Und sie mit dem Schurz zu trocknen, mit dem er umgürtet war: Als Jesus um den Tisch herumging und die Füße seiner Jünger wusch und trocknete, war es eine dramatische Szene. Lukas 22, 23 sagt, dass die Jünger den Raum betraten und darüber debattierten, wer der Größte war. Durch das, was er tat, veranschaulichte Jesus wahre Größe.
    1. Es war Brauch, dass der unterste Diener des Hauses den Gästen die Füße wusch, wenn sie das Haus betraten, insbesondere bei einem feierlichen Essen wie diesem. Aus irgendeinem Grund geschah dies nicht, als Jesus und die Jünger den Raum betraten. Sie aßen ihre Mahlzeit mit schmutzigen Füßen.
    2. Das war unangenehmer, als wir vielleicht denken. Erstens waren die Füße wegen der Sandalen, die sie trugen, und wegen der Straßen, auf denen sie gingen, schmutzig. Zweitens aßen die Jünger eine förmliche Mahlzeit wie diese an einem Tisch, der als Triclinium bekannt ist. Dies war ein niedriger (Couchtischhöhe), U-förmiger Tisch. Die Gäste saßen, und ihr Status bei der Mahlzeit spiegelte sich darin wider, wie nahe sie dem Gastgeber oder dem Leiter der Mahlzeit standen. Da der Tisch niedrig war, saßen sie nicht auf Stühlen. Sie lehnten sich auf Kissen, mit den Füßen hinter ihnen. Die ungewaschenen Füße waren leicht zu sehen und vielleicht zu riechen.
    3. Keiner der Jünger war daran interessiert, den anderen die Füße zu waschen. Jeder von ihnen hätte Jesus gern die Füße gewaschen. Aber sie konnten nicht seine waschen, ohne auch die Bereitschaft zu zeigen, den anderen ebenfalls die Füße zu waschen; und das wäre ein unerträgliches Eingeständnis der Minderwertigkeit unter ihren Mitbewerbern um die Spitzenpositionen in der Hierarchie der Jünger gewesen. Und somit wurde niemandem die Füße gewaschen.
  4. Fing an, den Jüngern die Füße zu waschen: In all dem spielte Jesus den Jüngern ein Gleichnis vor. Jesus wusste, dass Taten lauter sprechen als Worte. Als er also die stolzen, streitenden Jünger über wahre Demut lehren wollte, sagte er es nicht nur – er zeigte es. Er zeigte es auf eine Weise, die sein ganzes Werk für die Seinen veranschaulichte.
      1. Jesus stand vom Mahl auf, ein Ort der Ruhe und des Trostes.
      2. Jesus erhob sich von seinem Thron im Himmel, einem Ort der Ruhe und des Trostes.
      3. Jesus legte sein Obergewand ab, legte also seine Bekleidung ab.
      4. Jesus legte seine Herrlichkeit ab, legte also seine himmlische Bekleidung ab.
      5. Jesus nahm einen Schurz und umgürtete sich, da er bereit war, zu arbeiten.
      6. Jesus nahm die Gestalt eines Dieners an und kam, bereit zu arbeiten.
      7. Jesus goss Wasser in ein Becken, bereit zu reinigen.
      8. Jesus vergoss sein Blut, um uns von der Schuld und der Strafe der Sünde zu reinigen.
      9. Jesus setzte sich wieder zu Tisch (Johannes 13, 12), nachdem er ihnen die Füße gewaschen hatte.
        Jesus setzte sich zur rechten Hand Gottes des Vaters, nachdem er uns gereinigt hatte,
    1. „Es ist ein Gleichnis in Aktion, das das große Prinzip des demütigen Dienstes veranschaulicht und das seine höchste Verkörperung im Kreuz findet.“ (Morris)
    2. „’In dem Wissen, dass er von Gott kam und zu Gott ging‘, und dass, selbst als er dort vor diesen Männern kniete, ‚der Vater alle Dinge in seine Hände gegeben hatte‘, was tat er? Triumphierte er? Zeigte er seine Majestät? Ließ er seine Macht aufleuchten? Verlangte er Dienst? Er ‚gürtete sich mit einem Handtuch und wusch seinen Jüngern die Füße‘! “ (Maclaren)
    3. „Die Gestalt Gottes wurde nicht gegen die Gestalt eines Dieners ausgetauscht; sie wurde in der Gestalt eines Dieners offenbart. Bei der Fußwaschung sahen die Jünger, obwohl sie es damals noch nicht verstanden, eine seltene Entfaltung der Autorität und Herrlichkeit des fleischgewordenen Wortes und eine seltene Offenbarung des Charakters des Vaters selbst.“ (Bruce)
    4. Jahrzehnte später, als Petrus an Christen über Demut schrieb, formulierte er es so: ihr alle sollt euch gegenseitig unterordnen und mit Demut bekleiden! (1. Petrus 5, 5). Noch wörtlicher schrieb Petrus: „Wickelt die Schürze der Demut um euch selbst.“ Was Jesus hier tat, blieb in seinem Verstand und in seinem Herzen.

4. Jesus überzeugt Petrus von seinen Einwänden und wäscht ihm die Füße

Johannes 13, 6-8

Johannes 13, 6-8
Da kommt er zu Simon Petrus, und dieser spricht zu ihm: Herr, du wäschst mir die Füße? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was ich tue, verstehst du jetzt nicht; du wirst es aber danach erkennen. Petrus spricht zu ihm: Auf keinen Fall sollst du mir die Füße waschen! Jesus antwortete ihm: Wenn ich dich nicht wasche, so hast du keine Gemeinschaft mit mir.

  1. Auf keinen Fall sollst du mir die Füße waschen: Vielleicht dachte Petrus: „All diese anderen Jünger haben den Sinn verfehlt, weil sie Jesus ihre Füße waschen ließen. Er möchte, dass wir protestieren und verkünden, dass er zu groß und wir zu unwürdig sind, um uns von ihm die Füße waschen zu lassen.“ Petrus machte also diese dramatische Aussage.
    1. „Dies war eine maßlose Bescheidenheit, eine stolze Demut.“ (Trapp)
    2. Gleichzeitig fühlte sich Petrus eindeutig unwohl dabei, dass Jesus ihm einen so demütigen Dienst erwies. Dieses Beispiel des dienenden Herzens Jesu ließ Petrus und die anderen im Vergleich dazu stolz aussehen.
    3. „Das Wort mir ist hier nicht betont. Sich seine Füße waschen zu lassen, war damals ganz selbstverständlich; was Petrus stört und kränkt, ist die Tatsache, Wer ihm hier die Füße waschen möchte.“ (Alford)
  2. Wenn ich dich nicht wasche, so hast du keine Gemeinschaft mit mir. Petrus musste dies von Jesus annehmen. Er wurde zum Vorbild für uns. Wenn wir den demütigen Dienst Jesu, uns zu reinigen, nicht annehmen, haben wir keine Gemeinschaft mit ihm.
      1. Petrus predigte die frohe Botschaft vom Reich Gottes und trieb im Namen Jesu Dämonen aus – und seine Füße mussten immer noch gewaschen werden.
      2. Petrus sah Jesus in seiner Herrlichkeit zusammen mit Mose und Elias verklärt, eine erstaunliche geistliche Erfahrung – und seine Füße mussten immer noch gewaschen werden.
      3. Petrus eigene Füße gingen in einem erstaunlichen Akt des Glaubens auf dem Wasser – und seine Füße mussten immer noch gewaschen werden.
    1. Diese Fußwaschung war eine kraftvolle Lektion in Demut, aber sie war mehr als das. Sie zeigt auch, dass Jesus keine Gemeinschaft, keine tiefe Verbindung mit denen hat, die nicht von ihm gereinigt wurden.
    2. „Diese wohl gemeinte, aber falsche Demut sollte ihn daran hindern (und hält viele davon ab), sich zu bücken, um durch die Hände des Herrn jene geistliche Waschung zu empfangen, die absolut notwendig ist, um an ihm Anteil zu haben.“ (Alford)
    3. Wir sind dankbar, dass Jesus nicht gesagt hat: „Wenn ihr nicht große Heiligkeit habt, habt ihr keinen Anteil an mir.“ Wir sind dankbar, dass Er nicht gesagt hat: „Wenn du kein Bibelkenner bist, hast du keinen Anteil an Mir.“ Gemeinschaft mit Jesus zu haben, beginnt einfach damit, etwas von ihm zu empfangen, und nicht damit, dass wir selbst etwas erreichen.
    4. Diese Aussage Jesu zeigt uns auch, dass die buchstäbliche Fußwaschung nicht so wichtig war. Judas ließ sich buchstäblich die Füße waschen, aber er hatte keine Gemeinschaft mit Jesus, weil Judas sich von Jesus nicht in dem Sinne waschen ließ, wie Jesus es hier gemeint hatte.
    5. „Es ist nicht entscheidend welcher Teil des Körpers gewaschen wird; was vielmehr zählt, ist, dass man den demütigen Dienst Jesu annimmt.“ (Morris)

5. Petrus fordert Jesus auf, ihn vollständig zu waschen

Johannes 13, 9-11

Johannes 13, 9-11
Simon Petrus spricht zu ihm: Herr, nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt! Jesus spricht zu ihm: Wer gebadet ist, hat es nicht nötig, gewaschen zu werden, ausgenommen die Füße, sondern er ist ganz rein. Und ihr seid rein, aber nicht alle. Denn er kannte seinen Verräter; darum sagte er: Ihr seid nicht alle rein.

  1. Herr, nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt: Petrus, der darum bat, vollständig gewaschen zu werden, zögerte immer noch, Jesus tun zu lassen, was er wollte. Petrus wollte Jesus sagen, was er tun sollte. Jesus – der Diener aller – war und ist immer noch der von Gott ernannte Leiter. Er wollte nicht zulassen, dass Petrus diese Situation beherrschte und die Dinge auf einen falschen Kurs brachte.
    1. „Die Demut des Petrus ist echt genug, dass er die Widersprüchlichkeit erkennt, die darin besteht, dass Jesus ihm die Füße wäscht. Aber nicht tief genug, um ihm die Widersprüchlichkeit bewusst zu machen, dass er sich seinem Meister auf diese Weise widersetzt und ihm etwas vorschreibt.“ (Dods)
    2. „Gerade sagte er seinem Meister noch, er tue zu viel, jetzt sagt er ihm, er tue zu wenig.“ (Dods)
    3. Manchmal zeigen wir das Herz eines Dieners, indem wir den Dienst anderer für uns annehmen. Wenn wir nur dienen und uns weigern, uns dienen zu lassen, kann das ein Zeichen tief verwurzelten und gut verborgenen Stolzes sein. „Die Demut des Menschen beginnt nicht mit dem Dienen; sie beginnt mit der Bereitschaft, es zu empfangen. Denn es kann viel Stolz und Herablassung in unserer Dienstbereitschaft liegen.“ (Temple)
  2. Wer gebadet ist, hat es nicht nötig, gewaschen zu werden, ausgenommen die Füße: In der langen biblischen Tradition der körperlichen Waschung zur Veranschaulichung der geistlichen Reinigung lehrte Jesus, dass es ein anfängliches Baden gibt, das sich von einer laufenden Reinigung unterscheidet. Wir müssen durch unser Vertrauen in Jesus und das, was er am Kreuz für uns getan hat, gebadet werden; es gibt einen Sinn, in dem das ein für alle Mal getan wird. Doch danach müssen uns in der laufenden Beziehung zu Jesus und im Vertrauen auf ihn ständig die Füße gewaschen werden.
    1. „Der Priester Gottes wurde, als er zuerst geweiht wurde, von Kopf bis Fuß gewaschen und so in den Dienst des Heiligtums getauft; aber jedes Mal, wenn er ging, um Opfer zu bringen, sollten seine Füße und Hände im goldenen Becken gewaschen werden.“ (Spurgeon)

6. Jesus erklärt, was er getan hat, und ruft seine Jünger auf, seinem Beispiel zu folgen

Johannes 13, 12-14

Johannes 13, 12-14
Nachdem er nun ihre Füße gewaschen und sein Obergewand angezogen hatte, setzte er sich wieder zu Tisch und sprach zu ihnen: Versteht ihr, was ich euch getan habe? Ihr nennt mich Meister und Herr und sagt es mit Recht; denn ich bin es auch. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr einander die Füße waschen;

  1. Versteht ihr, was ich euch getan habe?: Das ganze Leben Jesu war eine Lektion und ein Beispiel für die Jünger. Hier hielt er es für wichtig, die Aufmerksamkeit besonders auf die Lektion dessen zu lenken, was er gerade getan hatte. Das Waschen ihrer Füße bedeutete etwas, und Jesus wollte das Verständnis dafür nicht dem Zufall überlassen.
  2. Ihr nennt mich Meister und Herr und sagt es mit Recht; denn ich bin es auch: Jesus erkannte und ermutigte die Hingabe der Jünger an ihn. Er war ihr Meister und Er war ihr Herr, und in diesem Sinne hatten sie keinen anderen Meister oder Herrn.
  3. So sollt auch ihr einander die Füße waschen: Als ihr Meister und Herr gebot Jesus ihnen einander dieselbe demütige, aufopfernde Liebe zu erweisen. Das Beispiel Jesu sollte ihre Haltung und ihr Handeln prägen. Das galt und gilt für jeden Nachfolger Jesu Christi (alle, die ihn Meister und Herrn nennen), sollte aber noch mehr für diejenigen gelten, die unter Gottes Volk Führer sind oder sein wollen.
    1. „Wenn es irgendeine Tat der Güte oder Liebe gibt, die wir für das aller gemeinste und dunkelste Volk Gottes tun können, sollten wir bereit sein, sie zu tun – um Diener derjenigen zu sein, die Gott dienen.“ (Spurgeon)
    2. So sollt auch ihr einander die Füße waschen: Einige versuchen, dies mit Fußwaschzeremonien zu erfüllen. Sicherlich kann dies, wenn es mit dem rechten Herzen geschieht, ein Segen sein, aber Jesus hat hier nicht von einer Zeremonie gesprochen. „Jedes Jahr halten sie eine theatralische Fußwaschungszeremonie ab, und wenn sie diese leere und nackte Zeremonie hinter sich gebracht haben, denken sie, sie hätten ihre Pflicht gut erfüllt, und sind dann frei, ihre Brüder zu verachten. Aber mehr noch, wenn sie zwölf Männern die Füße gewaschen haben, quälen sie alle Glieder Christi auf grausame Weise und spucken so Christus selbst ins Gesicht. Diese zeremonielle Komödie ist nichts anderes als eine schändliche Verhöhnung Christi. Jedenfalls schreibt Christus hier keine jährliche Zeremonie vor, sondern sagt uns, dass wir unser ganzes Leben lang bereit sein sollen, unseren Brüdern die Füße zu waschen.“ (Calvin, zitiert in Morris)
    3. „Die studierte Formalität des Pedilaviums (d.h. der Fußwaschung) am Gründonnerstag, wenn Bischöfe, Äbte und Landesherren traditionell die Füße der Armen gewaschen haben, mag an das Wirken unseres Herrn erinnern, aber auf diese Art und Weise ausgeführt kann sie wohl kaum Jesu Absicht und Herz dahinter erfüllen.“ (Bruce)
  4. Einander die Füße waschen: Wir würden, wie die Jünger, gerne die Füße Jesu waschen. Aber Er sagt uns, dass wir einander die Füße waschen sollen. Alles, was wir füreinander tun, was den Schmutz der Welt und den Staub der Niederlage und Entmutigung wegspült, ist Fußwaschung.
    1. Es fällt uns leicht, diejenigen zu kritisieren, die schmutzige Füße haben, anstatt sie zu waschen. „In der Welt wird kritisiert: Das ist das tägliche Geschäft der öffentlichen Presse, und es ist ebenso das tägliche Geschäft im privaten Kreis. Wir hören Klatsch und Tratsch sagen: ‚Seht ihr diesen Fleck? Was für einen schrecklichen Weg muss dieser Mann heute Morgen gegangen sein: Seht euch seine Füße an! Er ist tief durch den Dreck gegangen, das ist offensichtlich, denn man kann den Dreck an ihm sehen.‘
      Das ist der Weg der Welt. Der Weg Christi ist ganz anders. Er sagt nichts, sondern nimmt das Becken und beginnt, den Fleck wegzuwaschen. Urteile und verurteile nicht, sondern bemühe dich um die Wiederherstellung und Behebung des Fehlers. “ (Spurgeon)
    2. Wenn wir uns gegenseitig die Füße waschen wollen, sollten wir auf die Temperatur des Wassers achten. Manchmal versuchen wir, jemanden mit zu heißem Wasser zu waschen – wir sind zu inbrünstig und eifrig. Manchmal ist unser Wasser zu kalt – wir sind kalt und in unserem Herzen zu weit entfernt von ihnen. Die Temperatur muss in der Mitte liegen. Wir sollten auch daran denken, dass wir die Füße eines anderen Menschen nicht trocken reinigen können. Jesus wusch uns durch das Wasserbad im Wort, (Epheser 5, 26), wir sollten dasselbe ‚Wasser‘ im Dienst an anderen Menschen verwenden.

7. Wie wichtig es ist, dem Beispiel Jesu für demütigen Dienst zu folgen

Johannes 13, 15-17

Johannes 13, 15-17
denn ein Vorbild habe ich euch gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr, noch der Gesandte größer als der ihn gesandt hat. Wenn ihr dies wisst, glückselig seid ihr, wenn ihr es tut!

  1. Denn ein Vorbild habe ich euch gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe: Jesus war weit mehr als ein Vorbild für die Jünger, und sie brauchten auch mehr als ein Vorbild. Doch Jesus war sicherlich ein Vorbild für diese Jünger und alle, die ihm folgen würden. Sie müssen sich an ihm ein Vorbild nehmen, sowohl für ihre Haltung als auch für ihr Handeln.
    1. „Es gibt zu viele von uns, die bekennen ganz bereit zu sein, Jesus Christus als dem Reiniger unserer Seelen zu vertrauen, die nicht annähernd so bereit sind sein Beispiel als Vorbild für unser Leben zu akzeptieren.“ (Maclaren)
  2. Der Knecht ist nicht größer als sein Herr, noch der Gesandte größer als der ihn gesandt hat: Wenn Jesus – der unser Herr ist und der uns sendet – wenn dieser Jesus demütig auf diese Weise diente, ist es für seine Diener und Gesandten noch angemessener, dies zu tun.
    1. Der Gesandte: „Dieses Vorkommen des Substantivs, das mit ‘einer, der gesandt ist‘ (griechisch apostolos) übersetzt wird, ist das einzige in diesem Evangelium, und es wird in keinem offiziellen Sinn verwendet.“ (Bruce)
    2. „Er gibt die Zusicherung, dass diejenigen, die er als seine Apostel aussendet, mit ihm selbst und mit Gott identifiziert werden.“ (Dods)
  3. Wenn ihr dies wisst, glückselig seid ihr, wenn ihr es tut: Die Theorie, demütig zu sein und ein Diener zu sein, ist nicht sehr viel wert. Aber die Praxis, ein Diener zu sein, gefällt Gott, erfüllt unsere Berufung und bringt Segen und Freude.
    1. „Wenn es in der Kirche eine Position gibt, in der der Arbeiter hart schuften muss und keinen Dank dafür bekommt, dann nehmt sie an und seid zufrieden damit. Wenn du einen Dienst verrichten kannst, den nur wenige jemals selbst tun wollen werden oder den nur wenige zu schätzen wissen, wenn er von anderen verrichtet wird; dann übe ihn dennoch mit heiliger Freude aus. Begehre bescheidene Arbeit, und wenn du sie bekommst, dann sei damit zufrieden, sie fortzusetzen. Es gibt keinen großen Ansturm auf die niedrigsten Aufgaben, das heißt du wirst niemanden berauben, wenn du diese Aufgabe tust.“ (Spurgeon)

B. Jesus schickt Judas weg, nachdem er ihn bevorzugt hat

1. Jesus offenbart, dass einer am Tisch ihn verraten wird

Johannes 13, 18-20

Johannes 13, 18-20
Ich rede nicht von euch allen; ich weiß, welche ich erwählt habe. Doch muss die Schrift erfüllt werden: »Der mit mir das Brot isst, hat seine Ferse gegen mich erhoben«. Jetzt sage ich es euch, ehe es geschieht, damit ihr glaubt, wenn es geschehen ist, dass ich es bin. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer den aufnimmt, den ich senden werde, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat.

  1. Ich weiß, welche ich erwählt habe: Wenn Jesus Menschen erwählt, kennt er sie. Seine Auswahl beruht immer auf dem Wissen, wer sie sind und was sie tun werden. Es war wichtig für Jesus, den Jüngern zu sagen, dass er von dem Verrat, der bald geschehen würde, nicht überrascht war.
  2. Hat seine Ferse gegen mich erhoben: Jesus hatte Psalm 41, 10 im Sinn, als er dies sagte. Darin geht es um einen verräterischen, unerwarteten Angriff beziehungsweise das grausame Ausnutzen von jemandem. In der biblischen Kultur der Gastfreundschaft und des gemeinsam am Tisch Sitzens, war es ein großer Verrat, wenn jemand, der mit mir Brot isst, danach seine Ferse gegen mich erhebt.
  3. Jetzt sage ich es euch, ehe es geschieht, damit ihr glaubt, wenn es geschehen ist, dass ich es bin: Jesus hat seinen Jüngern nicht gesagt, dass einer von ihnen ihn verraten würde, weil er es gerade erst erfahren hat. Er wusste es die ganze Zeit. Jesus sagte ihnen das, damit die treuen Jünger ihm weiterhin vertrauen würden.
  4. Wer den aufnimmt, den ich senden werde, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat: Jesus erinnerte alle seine Jünger – die Gläubigen und Judas – daran, dass sein Werk noch nicht vollendet war. Judas würde nicht gewinnen; das Werk Jesu würde weitergehen und sie würden als seine Vertreter gesandt werden. Er wollte auch, dass Judas wusste, dass die Ablehnung von Ihm die Ablehnung des Gottes bedeutet, der Jesus gesandt hat.

2. Jesus identifiziert Judas als seinen Verräter und zeigt Judas ein letztes Mal seine Liebe

Johannes 13, 21-26

Johannes 13, 21-26
Als Jesus dies gesagt hatte, wurde er im Geist erschüttert, und er bezeugte und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten! Da sahen die Jünger einander an und wussten nicht, von wem er redete. Einer seiner Jünger aber, den Jesus liebte, hatte [bei Tisch] seinen Platz an der Seite Jesu. Diesem winkt nun Simon Petrus, dass er forschen solle, wer es sei, von dem er rede. Da lehnt sich jener an die Brust Jesu und spricht zu ihm: Herr, wer ist’s? Jesus antwortete: Der ist’s, dem ich den eingetauchten Bissen geben werde. Und er taucht den Bissen ein und gibt ihn dem Judas, Simons Sohn, dem Ischariot.

  1. Wurde er im Geist erschüttert: Judas‘ Verrat an Jesus erschütterte ihn. Jesus war nicht gefühllos oder emotional losgelöst von den Ereignissen rund um sein Leiden, seine Passion. Er liebte Judas und war um des Judas willen beunruhigt, viel mehr als um seiner selbst willen.
    1. „Obwohl Johannes Jesus als jemanden darstellt, der die Situation unter Kontrolle hat, möchte er nicht, dass wir von Jesus den Eindruck bekommen, er wäre von den Ereignissen, die er durchlebt, unbeeindruckt und sie würden ihm nicht nahe gehen.“ (Morris)
  2. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer von euch wird mich verraten: Indem Jesus enthüllte, dass einer von ihnen ein Verräter war, zeigte er, dass er die Kontrolle über diese Ereignisse hatte; er wurde nicht überrascht.
  3. Und wussten nicht, von wem er redete: Es war für die anderen Jünger nicht offensichtlich, dass Judas der Verräter war. Es gab nichts Verdächtiges an ihm. Sie fragten sich, ob Jesus eine Art zufälligen, unbeabsichtigten Verrat meinte, einen, den jeder von ihnen begehen könnte (Matthäus 26, 22).
  4. Diesem winkt nun Simon Petrus, dass er forschen solle, wer es sei, von dem er rede: Die Frage des Petrus an Johannes (hier als der Jünger erwähnt, den Jesus liebte) mag durch den Wunsch veranlasst worden sein, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Petrus konnte Jesus nicht diskret fragen, also bat er Johannes dies zu tun.
    1. „Die Tatsache, dass Petrus dem Jünger, den Jesus liebte, zuwinkte, um Informationen über die Identität des Verräters zu erhalten, lässt vermuten, dass er nicht neben Jesus stand; sonst hätte er direkt mit ihm sprechen können.“ (Tasker)
    2. Den Jesus liebte: Johannes bezog sich in seinem Evangelium viermal mit diesem Satz auf sich selbst, und jeder ist in irgendeiner Weise mit dem Kreuz verbunden.
      1. Hier im oberen Raum (Johannes 13, 23)
      2. Am Kreuz Jesu (Johannes 19, 26)
      3. Am leeren Grab (Johannes 20, 2)
      4. Mit dem auferstandenen Jesus am See Genezareth (Johannes 21, 20)
    3. „Wir wissen, dass es Johannes gewesen sein muss, aus vielen Gründen; aber er sagt es trotzdem nicht. Er versteckt Johannes hinter der Liebe Jesu, was beweist, dass Johannes sich der Liebe Christi rühmte, sich aber nicht egoistisch damit brüstete.“ (Spurgeon)
  5. Da lehnt sich jener an die Brust Jesu und spricht zu ihm: Bei einer besonderen oder zeremoniellen Mahlzeit wie dieser lagen sie auf dem Bauch um einen U-förmigen Tisch, lehnten sich auf den linken Ellbogen und aßen mit der rechten Hand. Es scheint, dass Johannes von seiner Position neben Jesus aus sich zurücklehnen und nahe genug sein konnte, um leise zu Jesus zu sprechen und dennoch gehört zu werden.
    1. Ein Jünger saß an jeder Seite von Jesus. „Einer von ihnen war Johannes, der Göttliche, und der andere war Judas, der Verräter. Einer von ihnen war der Seher der Apokalypse, der andere war der Sohn des Verderbens.“ (Spurgeon)
    2. „Der Ehrenplatz befand sich links von der Hauptperson und damit etwas hinter ihr. Der zweite Platz war zu seiner Rechten und der Gast dort würde seinen Kopf an der Brust des Gastgebers haben. Offensichtlich war dies die Position des geliebten Jüngers.“ (Morris)
    3. „Die normale Haltung am Tisch war sitzend, wie rabbinische Quellen deutlich genug zeigen; liegend war die Haltung, die für besondere Mahlzeiten, wie Feiern Hochzeitsfeste und dergleichen, vorbehalten war.“ (Bruce)
    4. „Die Verben für ‚liegend‘ deuten darauf hin, dass dieses Mahl, obwohl es ‚vor dem Passahfest‘ (Johannes 13, 1) stattfand, von den Teilnehmern dennoch als Passahfest behandelt wurde.“ (Bruce)
  6. Der ist’s, dem ich den eingetauchten Bissen geben werde: Das Überreichen des eingetauchten Brotes wurde als besondere Ehre bezeichnet, so etwas wie ein Toast bei einem Bankett. Es war ein Zeichen der Höflichkeit und Wertschätzung.
    1. „Es scheint nicht unwahrscheinlich, dass Judas auf dem Ehrenplatz saß. Aus Matthäus‘ Bericht geht relativ klar hervor, dass Jesus zu ihm sprechen konnte, ohne dass die anderen Jünger mithören konnten (Matthäus 26, 25).“ (Morris)
    2. „Wenn Jesus dem Judas einen besonderen Bissen aus der gewöhnlichen Speise darbringt, so wie ein Gastgeber üblicherweise einem Ehrengast etwas anbietet, so ist dies ein Zeichen göttlicher Liebe, die stets versucht, Böses durch Gutes zu überwinden.“ (Tasker)
    3. Manchmal stellen wir uns vor, dass Menschen gegen uns sind, wenn sie es im Grunde nicht sind, und das macht uns misstrauisch, unleidlich und ängstlich. Jesus wusste, dass Judas gegen ihn war, doch seine Liebe und Güte schien größer statt kleiner zu werden. Jesus gab Judas sogar die Chance, Buße zu tun, ohne ihn gegenüber allen anderen Jüngern als Verräter zu entlarven.
    4. Zu Beginn dieses Abendessens zeigte die Fußwaschung einen Grad an aufopfernder Liebe und Dienst, der bis dahin und vor Jesu Opfer am Kreuz noch nicht erlebt worden war. Nun zeigte die Übergabe des eingetauchten Brotes an Judas den Höhepunkt der Feindesliebe, noch bevor Jesus ans Kreuz ging.
    5. Jesus zeigte nur Johannes wer der Verräter war und anscheinend keinem der anderen Jünger. Johannes hielt Judas nicht auf oder stellte sich ihm entgegen, und er erklärte nicht, weshalb. Vielleicht begriff er nicht sofort, was Jesus sagte, oder fand es so schockierend, dass es ihn vorübergehend verwirrte.

3. Der Weggang von Judas

Johannes 13, 27-30

Johannes 13, 27-30
Und nach dem Bissen, da fuhr der Satan in ihn. Da spricht Jesus zu ihm: Was du tun willst, das tue bald! Es verstand aber keiner von denen, die zu Tisch saßen, wozu er ihm dies sagte. Denn etliche meinten, weil Judas den Beutel hatte, sage Jesus zu ihm: Kaufe, was wir zum Fest benötigen!, oder er solle den Armen etwas geben. Als nun jener den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus. Es war aber Nacht.

  1. Und nach dem Bissen, da fuhr der Satan in ihn: Es war bereits im Herzen von Judas, Jesus zu verraten (Johannes 13, 2). Doch als Judas die Liebe und Gunst Jesu zurückwies, brach eine Barriere in ihm, und Satan fuhr in ihn.
    1. „Indem Judas den eingetunkten Bissen annimmt, zeigt er, dass er der werbenden Liebe gegenüber völlig gleichgültig und verschlossen ist; und von diesem Moment an ist er gänzlich das Werkzeug Satans.“ (Tasker)
    2. „Satan hätte nicht in ihn fahren können, wenn er ihm nicht Einlass gewährt hätte. Wäre er bereit gewesen, dem Gegner ‚Nein‘ zu sagen, hätte ihm die ganze Kraft der Fürbitte seines Meisters an Ort und Stelle zur Verfügung gestanden, um ihn zu stärken.“ (Bruce)
  2. Was du tun willst, das tue bald: Jesus wusste, dass Judas nun über jeden Appell an Gewissen und Herz hinaus war. Auf seinen Kurs gesetzt, war es am besten, es zu Ende zu bringen. Judas glaubte, dass er jetzt der Meister sei; dass Jesus mit dem, was Judas tat, fertig werden müsse. Je früher dieser Irrglaube ein Ende fand, desto besser.
    1. Matthäus 26, 25 sagt uns noch etwas anderes, was Jesus zu Judas sagte. Als Jesus sagte, dass einer von ihnen ihn verraten würde (Johannes 13, 21), fragten sie alle: Bin ich es? Als Judas – direkt neben Jesus sitzend – dies fragte, sagte Jesus unter vier Augen zu ihm: Du hast es gesagt (Matthäus 26, 25). Herausragend ist, dass Judas wusste, dass Jesus wusste, dass dieser Jünger seinen Meister verraten würde.
    2. „Zwei Dinge sprachen ihn also im Moment an: Erstens die Überzeugung, dass er entdeckt worden war, und zweitens die wunderbare Gewissheit, dass er immer noch geliebt wurde, denn das Geschenk des Bissens war ein Zeichen der Freundlichkeit. Er verschloss sein Herz vor beiden; und als er sein Herz vor Christus verschloss, öffnete er es dem Teufel.“ (Maclaren)
  3. Es verstand aber keiner von denen, die zu Tisch saßen, wozu er ihm dies sagte: Hätten sie (vor allem Petrus) davon gewusst, hätten sie Judas aufgehalten. Sie glaubten, Judas hätte Geschäfte im Namen der Gruppe zu erledigen, entweder um die Ausgaben für das Abendessen zu bezahlen oder er solle den Armen etwas geben.
    1. Er solle den Armen etwas geben: „Es ist bekannt, dass unser Herr und seine Jünger von öffentlicher Nächstenliebe lebten; und doch gaben sie Almosen aus dem, was sie so empfangen hatten. Daraus lernen wir, dass selbst von denen, die von der Nächstenliebe leben, erwartet wird, dass sie ein wenig mit denen teilen, die in tieferer Not sind.“ (Clarke)
  4. Ging er sogleich hinaus: Mit dem Geschmack des Bissens, der die Liebe und Gunst Jesu zeigte, noch im Mund, verließ Judas seine Mitjünger, verließ seinen Meister und ging hinaus in die Nacht. Vielleicht veranlassten die Ereignisse früher beim Abendessen Judas zu der Entscheidung, dass er nichts mit einem fußwaschenden Messias zu tun haben wollte. Mit einem Messias, der eine solch demütige Tat vollbringen würde.
    1. „Seine Tat war jedoch mehr als ein zufälliger Akt des Verrats; er verkaufte sich an die Macht des Bösen.“ (Tenney)
    2. Judas zeigt uns, dass der gefallene Mensch mehr als ein Beispiel und sogar mehr als eine gute Lehre braucht. Judas hatte das beste Vorbild und den größten Lehrer und war dennoch verloren.

C. Ein neues Gebot

1. Jesus erklärt das Kreuz als höchste Verherrlichung, nicht als höchste Erniedrigung

Johannes 13, 31-32

Johannes 13, 31-32
Als er nun hinausgegangen war, sprach Jesus: Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht durch ihn! Wenn Gott verherrlicht ist durch ihn, so wird Gott auch ihn verherrlichen durch sich selbst, und er wird ihn sogleich verherrlichen.

  1. Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht: Als Judas ging, wusste Jesus, dass alles für seine Verhaftung, die Prozesse, die Demütigung, die Verurteilung, die Schläge, die Kreuzigung und das Begräbnis in Bewegung gesetzt wurde. Er sprach vom kommenden Tod als Verherrlichung (Johannes 12, 23). Nun sollte es geschehen.
    1. „Anders als einige [Theologen] dachten, war es nicht so, dass die Anwesenheit von Judas die große Vollendung verhinderte, die diese Verherrlichung (durch den Tod Jesu) mit sich brachte; vielmehr war es so, dass, als Judas ging, um sein Werk zu verrichten, die große Vollendung erst begann.“ (Alford)
  2. Verherrlicht … verherrlicht … verherrlicht … verherrlichen … verherrlichen: Jesus machte fünf Hinweise auf die Verherrlichung innerhalb von zwei Versen. Mit gutem Grund blickte die Welt auf das Kreuz und konnte nur sagen: gedemütigt, entehrt, verflucht. Jesus blickte auf das Kreuz und da er wusste, was an ihm vollbracht werden würde, konnte er wahrhaftig sagen: verherrlicht.
    1. Das Kreuz hat das Herz Jesu am vollkommensten offenbart; und für Jesus bedeutete das Erkennen, verherrlicht zu werden. Die Liebe Jesu sollte auf eine neue Art und Weise offenbart werden. „Wenn sein Tod seine Verherrlichung ist, dann deshalb, weil durch diesen Tod etwas geschehen ist, was nicht ganz durch das Leben, wie gerecht auch immer; durch die Worte, wie weise und zärtlich auch immer; durch die Werke der Kraft, wie wiederherstellend und heilend auch immer, geschehen ist.“ (Maclaren)
    2. „Jesus blickt auf das Kreuz, während er von Herrlichkeit spricht. Origenes verwendet den markanten Ausdruck ‚demütige Herrlichkeit‘, um diese Vorstellung von Herrlichkeit auszudrücken.“ (Morris)
    3. „Er nennt seinen Tod seinen Ruhm, er schätzt seine Dornenkrone kostbarer als Salomos Diadem; er betrachtet seine Striemen als Pailletten, seine Schläge ins Gesicht als Goldbarren, seine Wunden als Edelsteine, sein Bespuckt-Werden als süße Salbe, sein Kreuz als seinen Thron.“ (Trapp)

2. Jesus offenbart deutlich seinen baldigen Abschied

Johannes 13, 33

Johannes 13, 33
Kinder, nur noch eine kleine Weile bin ich bei euch. Ihr werdet mich suchen, und wie ich zu den Juden sagte: Wohin ich gehe, dorthin könnt ihr nicht kommen!, so sage ich es jetzt auch zu euch.

  1. Kinder: Dies ist der einzige Ort in den Evangelien, an dem Jesus seine Jünger als Kinder ansprach. Er meinte das nicht als Beleidigung. Er meinte es mit einem Gefühl der Zärtlichkeit, Fürsorge und Anerkennung ihrer gegenwärtigen Abhängigkeit und Unreife.
  2. Nur noch eine kleine Weile bin ich bei euch … . Wohin ich gehe, dorthin könnt ihr nicht kommen: Das wäre für die Jünger wie ein Erdbeben gewesen. Sie hatten buchstäblich alles verlassen, um Jesus nachzufolgen, und erwarteten hochrangige Beamte in seiner Regierung zu sein, sobald er als Messias die politische Kontrolle über Israel übernahm. Nach drei Jahren hörten sie ihn nun sagen, dass er gehen würde.

3. Jesus erzählt von einem neuen Gebot

Johannes 13, 34-35

Johannes 13, 34-35
Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander lieben sollt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.

  1. Ein neues Gebot: Das griechische Wort, das hier für neu verwendet wird, impliziert eher Frische oder das Gegenteil von überholt als neu oder anders. Dieses Gebot wurde nicht einfach neu erfunden, sondern es wird auf eine neue, frische Weise präsentiert.
    1. „’Neu‘ (kainen) bedeutet Frische oder das Gegenteil von ‚abgenutzt‘ und nicht einfach ‚neu‘ oder ‚anders‘.“ (Tenney)
    2. „Das ‚neue Gebot‘ (mandatum novum in der Vulgata) hat dem Jahrestag des Letzten Abendmahls seinen Namen gegeben: Gründonnerstag.“ (Bruce)
  2. Dass ihr einander lieben sollt: Wir hätten denken können, das neue Gebot sei, dass wir Jesus in herausragender Weise lieben. Stattdessen wies Jesus die Jünger und uns an, einander zu lieben, und betonte, dass es unter den Nachfolgern Jesu Christi eine besondere Gegenwart der Liebe geben sollte.
  3. Wie ich euch geliebt habe: Das Gebot der Liebe war nicht neu; aber das Ausmaß der Liebe, das Jesus gerade gezeigt hat, war neu, ebenso wie es Jesu Opfer am Kreuz sein würde. Die Liebe wurde durch sein Beispiel neu definiert.
    1. „Wir sollen unseren Nächsten lieben wie uns selbst, aber wir sollen unsere Mitchristen lieben wie Christus uns geliebt hat, und das ist weit mehr als wir uns selbst lieben.“ (Spurgeon)
  4. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid: Jesus sagte, dass die Liebe das Erkennungszeichen seiner Jünger sein wird. Es war nicht so, dass die Liebe zur Außenwelt nicht wichtig oder relevant wäre, aber sie war nicht das erste. Es gibt andere Maßnahmen der Jüngerschaft, aber sie kommen nach diesem Zeichen.
      1. Jesus würde uns durch unsere Liebe untereinander als seine Jünger kennzeichnen
      2. Wir können uns durch unsere Liebe untereinander als seine Jünger auszeichnen
      3. Die Welt kann uns durch unsere Liebe untereinander als seine Jünger kennzeichnen
    1. „So berichtet Tertullian den Heiden seiner Zeit (ein Jahrhundert nach der Veröffentlichung dieses Evangeliums) von den Christen: ‚Seht, wie sie einander lieben! ’“ (Bruce)

4. Die Leugnung Jesu durch Petrus wird vorhergesagt

Johannes 13, 36-38

Johannes 13, 36-38
Simon Petrus spricht zu ihm: Herr, wohin gehst du? Jesus antwortete ihm: Wohin ich gehe, dorthin kannst du mir jetzt nicht folgen; du wirst mir aber später folgen. Petrus spricht zu ihm: Herr, warum kann ich dir jetzt nicht folgen? Mein Leben will ich für dich lassen! Jesus antwortete ihm: Dein Leben willst du für mich lassen? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Der Hahn wird nicht krähen, bis du mich dreimal verleugnet hast!

  1. Herr, wohin gehst du? Petrus (und die anderen Jünger) haben Jesus noch nicht verstanden. Petrus dachte vielleicht, dass Jesus ohne sie auf eine lange Reise gehen würde. Petrus verlangte nach einer weiteren Erklärung.
  2. Wohin ich gehe, dorthin kannst du mir jetzt nicht folgen; du wirst mir aber später folgen: Petrus hat es nicht verstanden, Jesus aber schon. Jesus verstand, dass Petrus ihm jetzt nicht bis zum Tod folgen konnte, aber später würde er ihm folgen.
  3. Herr, warum kann ich dir jetzt nicht folgen?: Petrus wusste, dass er der Jünger Jesu war, und die Pflicht des Jüngers war es, dem Rabbiner zu folgen. Petrus fühlte sich in seiner Nachfolge Jesu so sehr verpflichtet, dass er ihm nicht nur nachfolgen würde, sondern auch sein Leben für ihn lassen würde.
    1. Wir glauben Petrus. Er wäre damals sofort für Jesus gestorben, aber er scheiterte später, weil seine Hingabe auf Emotionen beruhte, und in der bevorstehenden Krise würden ihn seine Emotionen im Stich lassen.
    2. Man könnte sagen, dass die Leugnung Jesu durch Judas absichtlich und geplant war; die Leugnung Jesu durch Petrus war zufällig und spontan. Die Leugnung durch Petrus war schrecklich, aber es war nicht dasselbe wie das, was Judas tat.
    3. Wir sehen einen anderen Petrus, wenn sein Weg nicht mehr auf Emotionen, sondern auf dem Werk Jesu am Kreuz und der Kraft des Heiligen Geistes aufbaut. „Christus muss zuerst für Petrus sterben, bevor Petrus für ihn sterben kann.“ (Clarke)
  4. Bis du mich dreimal verleugnet hast: Petrus sagte zuversichtlich, dass er Jesus nachfolgen und sogar für ihn sterben würde. Doch als die Prüfung kam, konnte er es nicht ertragen, um Jesu willen ausgelacht zu werden. Für ihn war die Zunge eines Dienstmädchens schärfer als das Schwert eines Henkers. Noch bevor der nächste Morgen anbrach, leugnete er dreimal, Jesus überhaupt gekannt zu haben.
    1. „Als Petrus protestierte, zeigte ihm unser Herr, dass er all die in ihm lauernde Schwäche besser kannte, als er selbst sie kennen konnte.“ (Morgan)
    2. „‘Hahnenschrei‘ war die dritte der vier römischen Nachtwachen, auf halbem Weg zwischen Mitternacht und Morgengrauen.“ (Bruce)
    3. Die Leugnung wurde in sein Gedächtnis eingebrannt. Als Petrus in Apostelgeschichte 3 predigte, klagte er die Menschen an, Jesus zu verleugnen (Apostelgeschichte 3, 14). Gegen Ende seines Lebens beschrieb er einige gefährliche Männer als diejenigen, die den Herrn verleugneten (2. Petrus 2, 1).

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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